33. Jahrgang. Nummer 8

MilBieleleider Gcheral-Anzeiger und Handeisbian

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Werceen

Dienstag, 10. Januar 1933

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*... eest nn Heoraue!

Keine Gegensätzlichkeiten PapenSchleicher

In Erwarlung der Lippewahlen Wird der Reichstag verschoben?

Paeis wirdi um Kom

de Jouvenel als Verständigungsbotschafter Die Spitze gegen Deutschland

Von unserem Pariser Mitarbeiter F. Paris, 9. 1.

Frankreich beginnt das neue Jahr mit sehr ernsthaft gemeinten Annäherungs­versuchen an Italien, die auch für Deutschlands Stellung sehr wichtig sind. Es wird weiter unten davon die Rede sein. Zu­nächst hat Paul=Boncour durch die Ernennung des Senators Henry de Jouvenel zum außerordentlichen Botschafter in Rom gezeigt, welche Bedeutung er dieser Annäherung bei­mißt. Denn Jouvenel verzichtet keineswegs auf seinen Sitz im Senat, so daß seine diplo­matische Mission nach den geltenden Gesetzes­bestimmungen nur die Dauer von sechs Mo­naten haben kann. Die logische Folgerung daraus ist, daß Frankreich hofft, in dieser Frist die Grundlage einer Verständigung zu schaffen. Auch hat Jouvenel die Mission erst angenommen, nachdem er sich an Ort und Stelle umgesehen und die Akten studiert hat. Vorher war der französische Senator Berenger, Vorsitzender des Finanzausschusses im Senat, in Rom gewesen und hatte Unterredungen mit Mussolini gehabt. Endlich wird Jouvenel sein Amt erst antreten, wenn der Senat Kenntnis von dem sehr ausführlichen Bericht Berengers über die Entwicklung der franzö­sisch=italienischen Beziehungen seit Kriegsende genommen hat. Alles das zeigt, daß man den neuen Schritt sorgfältig vorbereitet.

Frankreich ist aber noch weiter gegangen und hat den Italienern ein wichtiges grund­sätzliches Zugeständnis gemacht. Man hat in Paris anerkannt, daß die Italien bei seinem Eintritt in den Krieg gemachten Verspre­chungen nicht erfüllt wurden. Ohne Frage ist dadurch eine prinzipielle Verhandlungs­basis geschaffen worden. Allerdings fragt es sich, welche Folgerungen Frankreich daraus ziehen will. In den letzten Wochen hat man in Paris nicht ohne Besorgnis die neue Span­nung zwischen Jugoslawien und Ita­lien verfolgt. Die antiitalienischen Kund­gebungen in Dalmatien und die Beschädi­gungen der venetianischen Löwen haben in Paris gerade kein freudiges Echo erweckt, und bei aller Betonung der Freundschaft zu Jugo­slawien hat man doch erkennen lassen, daß übertriebene nationalistische Demonstrationen gegen Italien im Augenblick sehr un­erwünscht sind.

Jouvenel wird also sein Amt mit dem Versuch einer Vermittlung zwischen beiden Ländern beginnen müssen. Nun war bekannt­lich eine der italienischen Kriegsforderungen, die nicht erfüllt wurden, die Vorherr­schaft in der Adria. Man hat ihm dann einige Küstenorte in Dalmatien überlassen, deren Besitz aber Italien nicht befriedigt. Daß Frankreich eine Ausdehnung Italiens auf Kosten Jugoslawiens zulassen wird, ist ausgeschlossen. Man hat in den letzten Tagen in Paris sehr deutlich erklärt, die italienischen Hoffnungen auf kroatische Unterstützung gegen Belgrad seien eine Illusion. Aber man würde in Frankreich nichts dagegen haben, wenn Ita­lien seine wirtschaftlichen Interessen auf dem Balkan verfolgt und man würde ihnen vielleicht sogar eine Kapitalshilfe zukommen lassen, wenn dadurch die Gewähr gegeben wäre, daß Italien sich mit diesem Ventil für sein Expansionsbedürfnis begnügt und keine politische Einkreisung Jugoslawiens verfolgt. Es ist aber andrerseits in Paris erkannt wor­den, daß dieses Expansionsbedürfnis nicht auf dem Balkan allein befriedigt werden kann. Es richtet sich bekanntlich in erster Linie auf Afrika.

In Tunis haben verschiedene französische Regierungen Konzessionen an Italien machen wollen, aber die prinzipielle Forderung, daß die in Tunis geborenen Kinder italienischer Eltern die italienische Staatsangehörigkeit be­sitzen sollen, ist niemals anerkannt worden und wird es auch in Zukunft nicht werden. Da­gegen war man schon bereit, in eine Grenz­regulierung einzuwilligen, die Italien näher an den Tschadsee im Herzen Afrikas bringen würde. Neuerdings sind einige, etwas phan­tastische Pläne aufgetaucht, die Italien auf Abessinien und Liberia ablenken wol­len. Italien soll die Ausbeutung der noch un­gehobenen Bodenschätze Abessiniens erhalten, wobei Frankreich ihm bei der Benutzung der französischen Stichbahn von der Küste nach Abessinien und des französischen Hafens Dschi­buti Erleichterungen gewähren würde. Auch ist die Rede von der Uebertragung eines Völ­kerbundsmandates an Italien über Liberia gewesen, weil dieser Negerstaat sich als unfähig zur Selbstverwaltung erwiesen und auch schon

Berlin, 9. 1.

Der angekündigte Besuch des früheren Reichskanzlers von Papen bei Reichskanz­ler von Schleicher hat am Montag vor­mittag stattgefunden.

Ueber die Aussprache, die länger als eine Stunde dauerte, wurde ein amtlicher Be­richt herausgegeben, in dem es u. a. kurz heißt:

Die Aussprache ergab die völlige Halt­losigkeit der Behauptungen über Gegen­sätzlichkeiten zwischen dem Reichskanzler und Herrn von Papen.

Wichtiger als diese persönlichen Gegen­sätze dürfte allerdings die Frage des künftigen Verhältnisses der Regierung Schleicher zur nationalsozialistischen Partei und zu anderen wichtigen Faktoren des öffentlichen Lebens sein, die in der Besprechung sicherlich eine Rolle gespielt hat. Offiziell wird hierüber je­doch ebenso wenig etwas mitgeteilt, wie über die industriellen Wünsche, die Papen im Auf­trage der westdeutschen Wirtschaft dem Reichs­kanzler bei dieser Gelegenheit übermittelt haben dürfte.

Trotzdem also Positives über den Inhalt der Unterredung Papen=Schleicher nicht be­kannt geworden ist, wird diese Aussprache in der gesamten Presse als das große Ereignis des Tages besprochen.

Dabei findet die Auffassung neue Nahrung, daß es falsch ist, das Kölner Gespräch in seiner Bedeutung zu überschätzen.

Das ist nach Ansicht der Stellen, die in ge­wissem Maße unterrichtet sein müssen, in den bisherigen Darstellungen vieler Zeitungen der Fall gewesen.

Sucht man heute die Bilanz der ganzen Besprechungen, Unterredungen und Unterhal­tungen zu ziehen, so bestätigt sich der Ein­druck, daß

irgend etwas Greifbares wenigstens zu­

nächst dabei nicht herausgekommen ist.

Die Nationalsozialisten warten zunächst das Ergebnis der lippischen Landtagswahlen ab.

Es soll für sie eine Art Stichprobe für den Stand ihrer Bewegung sein. Bei der Beur­teilung des zu erwartenden Ausganges dieser Wahlen mehren sich aber schon die Stimmen, die Lippe keineswegs als sicheres Kennzeichen der allgemeinen Stimmung im Lande be­trachten, weil es mit seinen 160000 Ein­wohnern viel zu klein und deshalb der Wucht einer konzentrierten Wahlpropaganda viel zu stark ausgeliefert ist. Wie dem aber auch sei, wird die weitere Entwicklung nach Auffassung politischer Kreise von dem Ausfall der Wahl stark beeinflußt sein. Gelingt es den National­sozialisten, ihre Stellung zu halten, so wird die Entscheidung im Reich wahrscheinlich schneller fallen.

Auf dieser Kalkulation fußt auch die Mög­lichkeit, die lebhaft besprochen wird, daß der

Reichstag unter Umständen gar nicht schon am 24. Jannar, sondern vielleicht erst im Februar zusammentritt.

Geschäftsordnungsmäßig wäre eine solche Ver­

einen Teil seiner Souveränität an die ameri­kanische Firestone Compagny abgetreten habe. (Ford pflanzt dort bekanntlich Gummibäume). Aber diese Vorschläge lassen die von ihnen Be­troffenen doch allzusehr im Hintergrund und zeigen das Bestreben, die Kosten einer An­näherung anderen aufzubürden als daß man sich von ihnen viel versprechen könnte. Frankreich wird schon selbst Opfer bringen müssen, wenn es Italien befriedigen will.

Die schwierigste Frage ist die der Flotte. Es ist vor der Hand nicht zu erkennen, daß Frankreich auf seine Ueberlegenheit verzichten und die Flottengleichheit Italiens anerkennen will. Zwar wird nachdrücklichst versichert,

schiebung durchaus denkbar, doch ist verein­bart, daß der Aeltestenrat sich am 20. Januar noch einmal versammelt, um die Tagesordnung festzusetzen. In dieser Sitzung könnte sich aus dem Mangel einer ausreichenden Tagesordnung her­aus auch sogar eine Mehrheit für einen späteren Termin ergeben.

Unter den Gründen, die für eine solche Verschiebung sprechen, spielen auch Informa­tionen eine Rolle, nach denen

die nationalsozialistische Führung selbst erst für Februar mit den großen Auseinander­setzungen und der endgültigen Entscheidung rechnet.

Wie diese Entscheidung ausfällt, das läßt sich im Augenblick noch nicht übersehen. Auf alle Fälle sind aber die Gerüchte falsch, in denen bezweifelt wird, daß Reichskanzler von Schleicher vom Reichspräsidenten die Auflösungsvollmacht erhält.

Man glaubt in unterrichteten Kreisen be­stimmt zu wissen, daß diese Vollmacht absolut sicher ist. General von Schleicher hat sein gegenwärtiges schweres Amt bestimmt nicht übernommen, ohne sich von vornherein über alle Möglichkeiten Klarheit zu verschaffen und die Art, in der die Propaganda gewisser Kreise in der letzten Zeit gemacht worden ist, war nur noch dazu angetan, diese Position des Reichskanzlers zu stärken.

Moskau, 9. 1.

In der Vollsitzung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rußlands er­stattete Stalin über die Ergebnisse des ersten Fünf=Jahresplanes Bericht.

Stalin hat über die Hauptaufgabe des Fünf=Jahresplans gesprochen, die die Durch­führung folgender Maßnahmen umfaßt: Einführung moderner Technik in Sowjetruß­land.

Selbständigkeit gegenüber dem Welt­kapitalismus,

Schaffung einer wirtschaftlichen Grundlage für den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, Kollektivierung der Landwirtschaft und äußerste Verteidigungsfähigkeit des Landes.

Das Programm der Industriealisierung ist nach Stalins Bericht zu 93,7 von 100 erfolgt.

Der Rest von 6,3 von 100 sei auf Schwierig­keiten bei dem Abschluß von Nichtangriffs­pakten mit verschiedenen Ländern und auf Ver­wicklungen im Fernen Osten zurückzuführen. Die Frage, ob im zweiten Fünf=Jahresplan die gleiche Politik des schnellsten Tempos im

Frankreich hege keinerlei Hegemoniepläne im Mittelmeer und auf dem Balkan, aber schwer­lich wird sich Italien mit solchen platonischen Erklärungen zufrieden geben. Da aber die französische Regierung sich sehr zuversichtlich zeigt, so ist es immerhin nicht ausgeschlossen, daß die Akten Dinge enthalten, von denen die Oeffentlichkeit zur Zeit nichts weiß. Schon Herriot hatte den Weg einer Annäherung an Italien beschritten, und das war sehr bemer­kenswert, da seine Partei, die Radikalsozia­listen, früher aus ideologischen Gründen nichts mit dem Faschismus zu tun haben wollte. Jetzt haben realpolitische Erwägungen die Oberhand gewonnen.

SchleicherHitlerStrasser

Die Gerüchte, daß in Kürze eine Aus­sprache zwischen Hitler und Reichskanzler von Schleicher zu erwarten sei, dauern an, obschon noch nichts Genaues darüber festzustellen ist. An sich liegt eine solche Aussprache ja auch nahe. Schleicher soll nämlich auf der anderen Seite

auch mit Gregor Strasfer Verbindungen angeknüpft

haben zu dem Zwecke, diesen in sein Kabinett aufzunehmen und dadurch wenigstens einen Teil der nationalistischen Reichstagsfraktion für sich zu gewinnen, wenn eine Einigung mit Adolf Hitler nicht gelingen sollte. Vor allem aber dürfte man in Berlin hoffen, durch eine leichter zu erwartende Verständigung mit Strasser auch den Weg zu Hitler selbst zu finden oder diesen wenigstens zur Mitarbeit geneigter zu machen.

DerBayerische Kurier" gegen Papen

DerBayerische Kurier" greift Papen wegen seiner Bemühungen um dieEingliede­rung des konservativen katholischen Volks­teils in die nationale Einheitsfront scharf an und erklärt, Papen werde auf Granit beißen. Der Versuch, die deutschen Katholiken zu spalten, sei schon oft genug gemacht worden seit Bismarcks Zeiten her. Er sei aber stets mißlungen.

Aufbau der sowjetrussischen Industrie möglich wäre, verneint Stalin. Bisher habe der Zuwachs der Produktion 22 Prozent betragen, in Zukunft würden es 1314 Prozent sein.

Hinsichtlich der Entwicklung der Landwirt­schaft in der Sowjetunion wies Stalin auf die Fortschritte der Kollektivierung hin. Gegenwärtig beständen 200000 Kollektiv= wirtschaften und rund 5000 Staatsgüter. Stalin gibt zu, daß die Kollektiven größtenteils noch unrentabel seien, aber in zwei bis drei Jahren rentabel werden würden. Das

Was besprach Hoover mit Laval?

Erklärungen Stimsons im Senat

Washington, 9. 1.

Staatssekretär Stimson erklärte im amerikanischen Senat, daß während der Be­sprechungen zwischen Hoover und dem fran­zösischen Ministerpräsidenten Laval im Jahre 1931

keine Zusicherungen und keine Verpflichtungen

verlangt oder gegeben worden seien, die sich auf die Frage der Revision oder der Aufhebung der Schulden bezogen hätten. Diese Erklärung Stimsons steht im Gegensatz zu Aeußerungen Borahs im Senat.

Es kommt Frankreich und damit sind wir an dem Punkt angelangt, der auch Deutsch­land berührt zweifellos hauptsächlich darauf an, die Revisionsforderungen der in Versailles gezogenen Grenzen aufzuhalten und Deutsch­land der italienischen Unterstüt­zung zu berauben. Denn wenn auch hier und da in Frankreich die Revisionsnotwendig­keit zugegeben wird, so ist die Mehrheit des Parlaments für eine ruhige Behandlung der Frage noch nicht reif. Die Debatte über den Anschluß und die Kredithilfe an Oesterreich hat es ja in diesen Tagen wieder bewiesen. Ge­rade deshalb wird man mit sehr ernsthafteu Bemühungen Frankreichs rechnen müssen.

Kalin verlungsumt dus Tempo

Bericht über die Ergebnisse des ersten Fünsjahresplanes