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Die Dreillandertjulr Geroraischaftkavenlsser

zu Bieleleid-Jollenbeek am 16. Juli 1909.

Sender Teilage desVieleselder GenerarAnzeiger!

Das sogenannteKaiserwetter hat uns diesmal mit dem Kaiser zugleich im Stich gelassen. Freilich, daß der Kaiser nicht kam, wußten wir längst. Aber auf gut Wetter wurde doch bis zuletzt gerechnet, obwohl in diesemSommer mit dem guten Wetter nicht allzuviel zu rechnen ist.

Der Teil der offiziellen Feier der 300= jährigen Zugehörigkeit der Graf­schaft Ravensberg zu Preußen, der sich in Bielefeld abspielte, kam im­merhin noch glimpflich davon, denn trotz drohender Wolkenhielt sich das Wetter bis über Mittag hinaus. Aber die Laupt­feier in Jöllenbeck verregnete teilweise, was um so mehr zu bedauern war, als sie sich in Form eines allgemeinen Volksfestes unter freiem Himmel abspielte. Aber da man sich das Wetter nicht aussuchen kann, so mußte es eben auch ohne denlachen­den Himmel gehen.

Der Festakt auf der Sparenburg

begann unter außerordentlich zahlreicher Beteiligung neben den Vertretern der hiesigen Zivil= und Militärbehörden waren u. a. auch die Herren Regierungspräsident Dr. Kruse=Minden und Staatsminister a. D. v. Möller anwesend kurz nach 11 Uhr mit dem LiedeLobe den Herren. Tann folgte eine kurze Festpredigt des Herrn Pastors Michaelis über das Paulus­wort von Gott als dem Herrn der Welt. Ter Prediger ging von dem Gedanken aus, daß wir hier auf der Sparenburg auf hoher Warte ständen, daß der Festtag uns aber dahin führe, die Betrachtung darüber auf eine noch höhere geistige Warte zu stellen. Die Geschichte werde durch große Persön­lichkeiten gemacht, und es seien immer nur einzelne, die aber seien von Gott dazu be­rufen. Nur wer sich auf diese höhere Warte stelle, könne den oft verworrenen Gang der

Die Feier in Bielefeld.

Weltgeschichte recht begreifen; der Schlüssel zur Weltgeschichte sei Gottes Plan. Wer die Geschichte von diesem Standpunkte aus ansieht, der wisse, daß die größte Nieder­lage oft der Beginn oder die Ursache einer glänzenden Erhebung sei, ebenso umgekehrt die höchste Höhe oft nur die letzte Station vor dem Abgrund. Das Thema der Welt­geschichte sei das Reich Gottes, der Kampf zwischen Glauben und Unglauben habe stets dieses letzte Ziel im Hintergrunde. Und deshalb müsse auch diese jetzige Feier der 300jährigen Zugehörigkeit der Grafschaft Ravensberg zu Preußen und dem Hohen­zollernhause, das stets Gott die größte Ehre gegeben habe, unter diesem Zeichen stehen.

Ein Männerchor, gebildet aus den Ver­einenArion.Neue Liedertafel," Kohenzollern,Harmonie," und Lehrer­gesangverein, sang unter Leitung des Herrn Lehrers Wilh. Meyer das LiedDie Him­mel rühmen des Ewigen Ehre, Und daran schloß sich die folgende

Festrede von Herrn Oberrealschuldirektor Dr. Reese:

Hochgeehrte Festversammlung!

Wenn ein Mensch in arbeitsreichem Leben ein Jahrzehnt seines Lebens vollendet, pflegt er wohl innezuhalten in der Arbeit des Werk­tages und auszuruhen, um seinen Geburtstag zu feiern; nicht um sich an einem Feste und im Festtrubel zu berauschen, sondern um dar­über nachzusinnen und nachzudenken, welchen Weg er zurückgelegt hat. Ist der Weg auf­wärts gegangen, wird das Herz von Tankbar­keit erfüllt, der Feiertag in Festesfreude ver­klärt und der Mut für die Zukunft gestärkt durch die Hoffnung auf Vollendung.

Was für den einzelnen Menschen Jahr­zehnte bedeuten, das sind für ein Land und ein Volk Jahrhunderte. Ist ein Jahrhundert nach bedeutungsvollem Abschnitt im Volks­leben wiederum vollendet, so darf man wohl rückwärts schauend die Vergangenheit sinnend und wägend überdenken, einen Tag feiern und alsdann den Blick vorwärts richten auf neue Wege, die, will's Gott, auch auswärts führen mögen für das Volk.

So sehen wir heute auf drei Jahrhunderte zurück, die unser Ravensberger Heimatland unter dem Hohenzollernaar gestanden hat. Lassen wir an diesem Gedenktage unsere Blicke von unseren Bergen über unser Heimatland schweisen und die Vergangenheit vor unserem Geiste vorüberziehen.

Noch heute liegt das Land da, mit seinen Fluren und Hainen, seinen Feldern und Wäl­dern, darinnen fast versteckt die Höfe, wie es vor beinahe 2000 Jahren Tacitus schilderte. Wo unseren Altvorderen ein Hain, eine Flur, eine Quelle gefiel, da ließen sie sich nieder, fern vom Nächsten, auf sich selbst gestellt. Und lassen wir unsere Blicke hinübergleiten den heimatlichen Bergen entlang nach unserem Nachbarländchen, dort steht das Wahrzeichen deutscher Freiheitsliebe, dort reckt Arminius, der Befreier Deutschlands, drohend gen Westen sein Schwert empor. Fast schien es, als ob es schon dem kühnen Manne gelingen wollte, germanische Einheit anzubahnen. Wenn auch das Sachsenland vor römischer Herrschaft be­wahrt geblieben ist, dem fränkischen Ansturm, dem großen Karol erliegt seine Kraft. Auch unser Land wird dem Frankenreiche, dem römi­schen Reiche deutscher Nation eingefügt. Toch gerade unter der Herrschaft eines der glänzend­sten Kaiser, unter Friedrich Rotbart, zersplit­terte das sächsische Herzogtum in viele kleine Herrschaften, wohl mehr als einst auf dem­selben Boden zu Armins Zeiten Stämme ge­haust hatten. Ta, im 12. Jahrhundert, taucht unsere Grafschaft Ravensberg in der Ge­schichte auf; im 13. Jahrhundert wird zuerst diese Bergseste Sparenberg genannt, eines der vielen Zeichen der Zersplitterung unseres Vaterlandes.

Aber von hier aus beginnt auch die deut­sche Politik von neuem, deren Ziel wiederum der Schutz Deutschlands an seiner Westgrenze, deren Ergebnis Deutschlands Einigung ist; doch erst dann, nachdem diese Bergfeste, Biele­feld und das Ravensberger Land in den Besitz des Hauses Hohenzollern gelangt sind. Hier­bei lassen Sie uns etwas eingehender verwei­len. Im Frühling des Jahres 1609 war das Herrscherhaus erloschen, das Ravensberg mit Jülich, Cleve, Berg, Mark und Raven­stein vereinigt hatte. Um die Erbschaft strit­ten vornehmlich der Kurfürst von Branden­burg und der Pfalzgraf von Neuburg, als nächste Anverwandte des erloschenen Her­zogshauses. Als indes der Kaiser die Lande alle als erledigte Reichslehen einziehen wollte, einigten sich die beiden Anwärter auf die Erbschaft am 10. Juni 1609 in Tortmund dahin, daß sie vorläufig gemeinsam von den Landen Besitz ergreifen wollten. Zur Bera