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Aile Kreis- und Lokalpolizeilichen Uerordnungen für den Kreis Hörde erlangen gemäss Bekanntmachung der Königl. Reglerung durch Ueröfkemlichung in der„Schwerter Zeitung“ rechtsverbincliche Kraft. o o 0 0 O O C O O C o o o Druck u. Verlag von Carl Braus, Schwerte. Fernsprech-Anschluss Nr. 62 Amt Schwerte. Celegr.-Adresse: Braus, Schwerte-Ruhr
Erstes und ältestes Tagesorgan des Kreises. Ö Haupt-Annoncenblatt.
Nr 131.
Freitag, den 5. Juni 1908.
40. Jahrgang.
Neueste
(Letzte Fernsprech=Meldungen.)
Bei der Ueberführung der Leiche Zolas ins Pantheon
wurde ein Attentat auf Dreyfus verübt.
Der Zar empfing gestern den Finanz=Bevollmächtigten der russischen Botschaft in Berlin, von Miller, in Privat=Audienz.
Die Wiener Universität ist gestern früh 8 Uhr geschlossen worden.
Das Kriegsgericht in Warschau fällte wiederum 5 Todesurteile.
Zahlreiche mit der Landfestmachung des Watts vor dem Heinitzpolder bei Emden beschäftigte Arbeiter wurden infolge der durch die entsetzliche Hitze verursachten mephitischen Ausdünstungen des feuchten Seeschlicks ohnmächtig.
Die„Köln. Ztg.“ meldet aus Teheran von gestern: Der Schah verließ die Stadt. Es werden Unruhen befürchtet.
Die Balkanfrage
König Eduard von England wird bekanntlich demnächst mit dem Zaren auf der Reede von Reval zusammentreffen, und es liegt auf der Hand, daß bei dieser Gelegenheit wichtige politische Fragen zur Erörterung kommen werden. Im Gefolge des Zaren wird sich nicht nur der Minister des Aeußeren Iswolski befinden, sondern auch der Ministerpräsident Stolypin, wodurch der politische Charakter der Entrevue deutlich genug gekennzeichnet wird. Es steht außer Frage, daß bei dieser Gelegenheit alle schwebenden Fragen der Weltpolitik zur Erörterung gelangen werden, und wir haben schon mehrfach auseinandergesetzt, daß die Beziehungen zwischen Rußland und England in den Bereich der Besprechungen fallen werden. Freilich wird man englischerseits trotz aller Herzenswünsche nicht gar zu weit gehen dürfen, denn in der Bevölkerung will man nicht viel von einem intimen Verhältnis zu Rußland wissen, wie ja dies schon mehrfach im Parlament zum Ausdruck gekommen ist. Auch gelegentlich der Diskussion über den Etat des Auswärtigen Amtes soll der Besuch des Königs in Reval zur Erörterung gelangen, und es kann auch nicht sehr befriedigend wirken, wenn jetzt in Beantwortung einer Anfrage über die Angelegenheit eines englischen Dampfers, der während des russisch= japanischen Krieges von den Russen zum Sinken gebracht worden war, der Minister des Aeußeren Sir Edward Grey die Mitteilung machen muß, daß die russische Regierung den englischen Vorschlag, ein Schiedsgericht einzusetzen, abgelehnt habe. Aller Pomp, den man von russischer Seite entfalten wird, wird daher an der Themse keinen allzu großen Eindruck hervorrufen, sondern man wird sich auf ein Minimum beschränken. Hierhin gehört vor allem die Regelung der Verhältnisse auf dem Balkan. Es ist wohl noch in Erinnerung, daß England trotz aller Gegnerschaft gegen das österreichische Projekt der Sandschackbahn mit dem russischen Gegenplan durchaus nicht einverstanden war, sondern seine eigenen Wege ging, ebenso wie dies auch in der mazedonischen Frage der Fall ist. Für Mazedonien hat man in England von je etwas übrig gehabt, ebenso wie für die Armenier und namentlich sind es von jeher die Liberalen gewesen, welche sich der Mazedonier warm angenommen haben. Infolgedessen begünstigte man auch die sogenannte mazedonische Bewegung mehr oder weniger, während die übrigen Mächte alles taten, dieselbe nach Möglichkeit einzudämmen, wenn auch unter Ausübung eines Druckes, auf dem Balkan endlich bessere Zustände in Mazedonien herbeizuführen. England war auch hier oft der Outsider, und wenn von den übrigen Mächten die Pforte gedrängt wurde, so beeilte man sich daselbst keineswegs, weil man wußte, daß England abseits steht. Dieses Intrigenspiel sollte zweifellos dazu dienen, den Einfluß Englands am Goldenen Horn, der einst dominierte, inzwischen aber ganz beträchtlich herabgesunken ist, wieder herzustellen. Alle Bemühungen aber haben kaum Erfolg gezeigt, und so sieht man sich schließlich genötigt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich an die Seite der übrigen Mächte zu stellen. Die englische Regierung hat nunmehr ihre Vorschläge bezüglich der mazedonischen Frage der russischen übermittelt, damit diese sich in der Zwischenzeit bis zur Begegnung von Reval über ihre Stellung schlüssig werden kann. Man hütet sich englischerseits sehr wohl, mit neuen Vorschlägen zu kommen und begnügt sich mit der Abänderung einiger russischer Propositionen; indessen dürfte es doch nicht so schnell zu einer Einigung kommen, denn offiziös wird erklärt daß die Schwierigkeiten in gewissen Punkten beseitigt seien, so daß ein vollständiges Einvernehmen demnächst „wahrscheinlich“ sei. Aus dem Diplomatendeutsch in unsere einfache deutsche Sprache übertragen heißt das soviel, daß man noch ziemlich weit vom Ziele ist. Wie auch England sich schließ
Ich delen nag, ie Bboctet der Balaon angsiche der doter doen Mächten herrschenden Stimmung kaum irgend eine Gefahr, denn allerorts besteht die feste Absicht, am Status quo festzuhalten und nur dafür zu sorgen, daß die Ruhe und Ordnung in der Türkei unter gerechter Berücksichtigung der Interessen der einzelnen christlichen Volksstämme aufrecht erhalten werde.
Politische Uebersicht.
Deutschland.
Kein neuer Besuch unsers Kaisers in England. Die Meldung, daß ein erneuter Aufenthalt des Kaisers an der englischen Südküste auch für diesen Herbst schon jetzt in sicherer Aussicht stehen soll, entbehrt laut Berl. N. Nachr. vollständig der Begründung. Auch die damit im Zusammenhange verbreitete Angabe, daß von König Eduard für den November eine Begegnung des Zaren mit Kaiser Wilhelm auf englischem Boden vorbereitet werde, entspricht in keiner Weise den Tatsachen.
Eine nicht veröffentlichte Kaiserrede. Die Berl. N. Nachr. können eine Mitteilung des„Vorwärts“ über eine nicht veröffentlichte Kaiserrede wie folgt richtigstellen: Nicht nach der Parade, sondern nach einer Felddienstübung in Döberitz hat der Kaiser eine längere Ansprache— nicht abgelesen, sondern völlig aus dem Stegreif— gehalten, die sich mit wichtigen Fragen der Truppenausbildung und der Schlagfertigkeit der Armee beschäftigte. Bei dem vertraulichen Charakter derartiger Ausführungen ist es natürlich völlig ausgeschlossen, daß sie in irgend welcher Form der Oeffentlichkeit übermittelt werden.
Der Kaiser und die„Grille". Zur Jubelfeier des Schulschiffes„Grille“ hat der Kaiser an das Kommando der Nordseestation Wilhelmshaven folgende Kabinettsorder erlassen: „Es sind heute 50 Jahre vergangen, seit auf meinem Schulschiff „Grille“ zum ersten Male Flagge und Kommandozeichen gesetzt worden sind. Meine ersten seemännischen Erinnerungen verbinden mich mit diesem Schiffe, auf dem mein Großvater und mein Vater des öfteren gefahren sind und mit dem der erste Admiral aus meinem Hause ins Gefecht gegangen ist. So nehme ich besonderen Anteil an dem heutigen Jubiläum und wünsche den gegenwärtigen Offizieren und Mannschaften der „Grille“ allzeit glückliche Fahrt auf dem bewährten Schiffe.“ — Der Prinz, auf den der Kaiser hier anspielt, war Prinz Adalbert von Preußen, der als Oberbefehlshaber der Seestreitkräfte die„Grille“ 1864 gegen die Dänen führte. Auch 1870 war die„Grille“ im Gefecht. Dann wurde sie königliches Lustfahrzeug und auch der jetzige Kaiser kam an Bord.
Der Kaiser bei Zeppelin? Ein Gerücht, das schon im vorigen Jahre auftauchte, aber keine Bestätigung fand, wiederholt sich. Zu dem neuen Aufstieg des Zeppelin'schen lenkbaren Luftschiffes, der in der vierten Juniwoche stattfinden soll, werden der Kaiser und der König von Württemberg erwartet.
Die preußische Eisenbahnpolitik ist auch in der hessischen Abgeordnetenkammer scharf angzgriffen worden. Es besteht Stimmung für eine Revision des preußisch=hessischen Eisenbahnvertrages, den Abg. Dr. David(Soz.) einen„Räubervertrag“ nannte, wofür er zur Ordnung gerufen wurde. Der Redner meinte weiter, Hessen sei„über's Ohr gehauen“ worden und stützte sich auf eine Broschüre des Eisenbahndirektors Grooß, die den Nachweis erbringe, daß die Entschädigung Hessens auf ungerechter Verteilung beruhe. Finanzminister Gnauth erwiderte, was hier angebracht werde, sei nichts neues. Aus einer Wiederholung nach 12 Jahren ließen sich kaum Revisionsgründe herleiten. Auch bürgerliche Redner traten dem Sozialdemokraten entgegen, hielten aber dafür, daß der Gemeinschaftsvertrag in manchen Punkten reformbedürftig sei.
Von einem deutsch=russischen Geheimvertrage, der gelegentlich der Swinemünder Zusammenkunft unsers Kaisers mit dem Zaren im August vorigen Jahres abgeschlossen sein und den Zweck verfolgen soll, eine Annäherung Englands an Rußland zu verhindern, berichten Londoner Blätter im Tone tiefster Entrüstung. Selbstverständlich ist diese Entrüstung ganz grundlos, da ein solcher Geheimvertrag nicht existiert.— Dieses jüngste Gewächs der Deutschenhetze entspringt einem Blatte, das bisher als ausgesprochen deutschfreundlich galt, dessen Chefredakteur auch zu denjenigen Journalisten gehört, die im vergangenen Jahre ihre Besuchsreise durch Deutschland machten. Nach dem angeblichen Vertrage verpflichtet sich Rußland, eine neue Ostseeflotte zu bauen. Für den Fall, daß die deutsche Flotte in der Nordsee engagiert wäre, gewährleistet Rußland die Integrität der deutschen Ostseeküste. Dagegen verpflichtet sich Deutschland, der Befestigung der Alandinseln keine Opposition zu machen. Dieser Vertrag bildet, wie das Londoner Blatt fortfährt, einen Teil der von Deutschland unternomme
aun Gasche die Kaushung geicen engen and isten zu verhindern. Während der Verhandlungen, die kürzlich zu dem Ostseeabkommen führten, intrigierte Deutschland gegen England und gegen eine Annäherung zwischen England und Rußland.— Das ist die letzte Weisheit eines Londoner Blattes von ausgesprochener Deutschfreundlichkeit! Wie wenig ist da doch auf die englischen Freundschaftsversicherungen gelegentlich der fortgesetzten Besuchsaustausche zu geben!
Landtagswahl.
Die erste im allgemeinen nur schwache Erregung der Landtagswahlen ist zurückgedämmt. Das nüchterne Erwägen und Berechnen des Resultates hebt an. Zunächst geben wir noch einige interessante Wahlergebnisse wieder:
Beuthen=Tarnowitz(bish. natlib.) wurde von den vereinigten Polen und Zentrum erobert. Zentrumskandidat ist Graf Henckel v. Donnersmark.
Breslau=Stadt. Bis jetzt: Vereinigte Parteien(Konservative und Zentrum) 760, vereinigte Liberale 540, Sozialdemokraten 321, zersplittert 10. Einige Bezirke fehlen noch.
Kattowitz=(Land)=Zabrze. Das Zentrum ist durchweg
siegend. Kandidat des Zentrums ist Amtsrichter Göbel.
Magdeburg=(Stadt). Die Wahl des bisherigen Abgeordneten Geh. Kommerzienrat Zuckschwerdt(natlib.) und Kammergerichtsrat Schiffer(natlib.) ist gesichert.
Es ist ferner von eminentem Interesse, daß das polnischultramontane Bündnis in der Provinz Posen gescheitert ist. Die Deutschen behaupten Lissa=Fraustadt und Meseritz=Bomst. Gnesen=Witkowo kann als deutscher Gewinn gesichert gelten. Kolmar=Czarnikau=Filehne und Hohensalza und Strelno bleiben den Deutschen. Die Zeche bezahlt das Zentrum mit dem Verlust von drei schlesischen Sitzen.
Bochum, 4. Juni. Heute fanden in Bochum die Wahlen in der 1. und 2. Abteilung statt. Die Beteiligung war in diesen beiden Klassen ungewöhnlich stark. Das Gesamtergebnis in dem neugebildeten Wahlkreise Bochum(Bochum=Stadt und Land und Stadt Herne) war folgendes: 411 natlib. Wahlmänner, 347 Zentrumswahlmänner und 110 Sozialdemokraten. 121 Stichwahlen sind erforderlich.
Hauptergebnis der Wahlen.
Gestern, 8 Uhr abends, waren bekannt 433 Wahlen. Ihre
Es stellt sich das Bild für die Parteien wie folgt: Gegenüber den Zahlen des alten Landtags gewannen bereits an Mandaten: die Konservativen 6, die Freis. Vereinigung 3, das Zentrum 1, die Polen 2, die Sozialdemokraten 7. Es fehlen am alten Besitzstand bis jetzt den Freikonservativen 2, den Nationalliberalen 13, der Freis. Volkspartei 3, den Antisemiten 2 Mandate.
Berlin, 5. Juni.(vormittags). Als gewählt gelten nicht nur 5, sondern 7 Sozialdemokraten. Es sind dies: Liebknecht (zurzeit in Festungshaft), Ströbel, Borchmann, Hagemann, Hirsch, Wald und Leinert.
Die Presse und die Wahlen.
Berlin, 4. Juni. Von den Berliner Blättern äußern sich die meisten erst heute abend über den Wahlausfall. Die freikonservative„Post“ schreibt:„Ob der Linksliberalismus auch ferner noch das Heil der Zukunft in der Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf Preußen erblicken wird, nachdem die Sozialdemokratie mit Hilfe der Lügen von der Entrechtung der arbeitenden Klassen nicht einen, sondern mehrere Landtags