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Nr. 99.

Alle Kreis= und Lokalpolizeilichen Verordnungen für den Kreis Hörde erlangen gemäß Bekanntmachung der Königl. Regierung durch Veröffentlichung in derSchwerter Zeitung" recht­verbindliche Kraft.

Freitag, den 2s. April I9os

Insertionsgebühr für lokale Anzeigen, die sechsgespaltene Per#­zeile oder deren Raum 10 Pfg., außerhalb 15, Reklame=## 40 Pfg., Druck und Verlag von Carl Braus in Schwent­Fernsprech=Anschluß Nr. 62. Amt Schwerte.

37. Jahrgang.

Eine Schraube ohne Ende

Von unserem Berliner Bureau.

Nachdr. verb.

Eine interessante, freilich nicht unbekannte Tatsache, die aber bisher noch viel zu wenig beachtet ist, obwohl sie äußerst bezeichnend ist, hat dieser Tage ein Berliner Fabrikant ans Licht gebracht. Er hat auf Grund von statistischen Angaben dargetan, daß fast alle Lohnzulagen, die er seinen Arbeitern im Laufe der letzten zehn Jahre ge­währte, durch die unaufhörlich gestiegenen Wohnungs­mieten der Weltstadt aufgebraucht sind. Die Arbeiter ha­ben also von den ihnen zuteil gewordenen Aufbesserun­gen direkt nichts gehabt. Sie haben das Geld dem Be­sitzer desjenigen Hauses, in dem ihr Heim gelegen ist, aus­händigen müssen. So hoch die Löhne in der Großstadt geworden sind, die Steigerung der Wohnungsmieten schreitet noch schneller vorwärts. Drastischer ist das Un­wesen der großstädtischen Grundstücks= und Häuser­spekulation, die eine enorme Ausdehnung gewonnen ha­ben, wohl noch niemals klargestellt worden, deutlicher ist aber auch selten gezeigt, was in den großen Städten eigentlich die Schraube ohne Ende ist, unter deren Druck gerade die wenig bemittelte Bevölkerung seufzt, die die Arbeitsgelegenheiten ebenso verteuert, wie sie den Ar­

beitsvertrag mindert.

Das Wort von demSich fur die Miete quälen ist in Berlin und anderen großen Städten des Reiches längst ein altes, nur hat seine Berechtigung nicht das Zugeständnis der Bau= und Grundstücksspekulanten er­halten können. Die traurige Wahrheit ist indessen voll­inhaltlich erwiesen. Ganz erklärlich ist es, wenn ein so bedeutender Verdienst=Prozentsatz für die Wohnungs­Miete hingegeben werden muß, daß auf anderen Ge­bieten Billigkeit verlangt wird. So sollen die Lebens­mittel äußerst billig sein, ohne daß daran gedacht wird, daß schließlich Jeder verdienen will, daß auch die groß­städtischen Geschäftsleube, die Lebensmittel verkaufen, unter den hohen Bodenpreisen leiden und dementspre­chend aufschlagen müssen. Die hohen Mieten beein­trächtigen ein gesundes Wohnen, eine gesunde Ernähr­ung, aber sie schaffen dem Spekulantentum einen glän­zenden Verdienst, und dieser wird rücksichtslos heraus­gepreßt. Denn ein tatsächlicher Grund für das unge­wöhnliche Emporschrauben der Häuser= und Grundstücks­preise liegt nicht vor, es ist unnötig, Jahr für Jahr Ge­winnste herauszuschlagen, wie z. B. in Berlin geschieht.

Daß die Zahl der mittleren und kleineren Geschäfte we­gen der unausgesetzt steigenden Geschäftsunkosten in den großen Städten rapide abnimmt, ist bekannt; was bleibt, sind die mit Millionen arbeitenden großen Kapitals=Un­ternehmungen. Aber auch für sie fallen die Grundstücks­preise enorm ins Gewicht, in Berlin ist ja schon der Quadratmeter Baugrund nur das Terrain, nicht etwa der Bau mit tausend Mark bezahlt worden. Es ist natürlich, daß unter solchen Umständen, wenn nicht zu teuer an das Publikum verkauft werden soll, aller­billigst eingekauft werden muß, und man braucht ja nur diejenigen deutschen Industriellen, welche an Waren­häuser in den ganz großen Städten liefern, zu fragen, wie von dort die Preise auf das äußerste gedrückt wer­den, so daß ganz unbedingt die Qualität der Waren lei­den muß. Auch das ist eine unliebsame Folge dieser un­aufhörlichen Verteuerung von Grund und Boden, die bisher vergeblich einzuhalten versucht ist.

Die Angelegenheit ist bei dem noch immer andauern­den Zuzuge nach den größten Städten und dem lebhaften Geschäftsverkehr zwischen dort und den Provinzen von allgemeinstem Interesse. Wer die Neigung nach einem Domizil=Wechsel nicht bemeistern kann, der soll sich nur die Tatsache vor Augen halten: so viel du dich auch in der Riesenstadt abmühst, du mühst dich allermeist nur für die Miete. Das ist eine unerfreuliche Tatsache, und es fehlt nicht an Forderungen, daß es so nicht für alle Zeit gehen könne, daß es einmal anders werden müsse. Aber das Wie? ist noch nicht gefunden. Bis es so weit ist, bleibt es aber von Wichtigkeit, hervorzuheben, worunter die lamentierenden Berliner und ihre Schicksalsgenossen in anderen größeren Städten am meisten leiden, die Höhe der Miete ist der Sorgenquell.

Politische Uebersicht.

Von Legendenbildungen über den deutschen Kaiser

erzahlt die Frankfurter Ztg., indem sie eine Anzahl im Auslande geglaubter Gerüchte, die über den Kaiser um­

laufen, als absolut grundlos zurückweist. So ergeht man sich im Ausande in dunklen und geheimnisvollen Andeu­tungen, als ob Kaiser Wilhelm irgendwo oder irgendwann einmal kriegerische Neigungen gegen England verraten hätte. Es ist bekannt genug, daß das Gegenteil der Fall ist. Die häufigen Kundgebungen des Kaisers leisten der Legendenbildung Vorschub. Wenn irgend etwas in der Welt vorgeht, so fragt man, was der Mann dazu sage, den man in Amerika kurzwegethe Emperor und in Frankreichle Kaiser nennt. Und hat der Monarch garnichts gesagt, so wird doch bald irgend eine pointierte Aeußerung erfunden und von einem angeblichen Eingrei­fen erzählt. Unglaublich ist es, was für Unsinn selbst in Berlin und sogar von solchen, die sich gewisser Be­ziehungen zum Hofe und zur Armee rühmen, geglaubt wird. Galt doch in solchen Kreisen bis in die jüngste Zeit die Tochter des Kaisers, die von Jugend an ein gesprächiges Kind gewesen ist, für taubstumm. Und haben doch Männer, die sogar politisch tüchtig sind, im letzten Jahre eine unsinnige Geschichte kolportiert, wonach der Kaiser sich während eines Jagdaufenthaltes in Ostpreu­ßen an einem aktiven Minister vergriffen haben sollte. Natürlich heller Unsinn! Aber wenn solcher Klatsch heimische Gläubige findet, darf man sich nicht wundern, daß über das Wesen und die Absichten des deutschen Kaisers im Auslande zuweilen groteske Vorstellungen verbreitet sind.

Der deutsche Kriegerbund hat ein Schreiben an die ihm angeschlossenen Kriegervereine erlassen, in dem er sich dagegen ausspricht, daß Kriegervereine geschlossen dem deutschen Flottenverein beitreten. Der Flottenver­ein werde mehr oder weniger als politischer Verein ange­sehen. Die Sache ist auch deshalb bedenklich, weil nicht alle bürgerlichen Parteien Anhänger des Flottenvereins und seiner Ziele sind, während in den Kriegervereinen alle bürgerlichen Parteien, also möglicheweise auch Geg­ner des Flottenvereins, vertreten sein können.

Balkan.

= Ein Bruder des Sultans gestorben. Vor noch nicht allzulanger Zeit wurde die Welt durch die Nachricht überrascht, daß der älteste Bruder des Sultans Abdul Hamid, Murad, der nach kurzer Regierung wegen Gei­steskrankheit entfernt worden war und in tiefster Ab­geschlossenheit in einem der Paläste des Sultans mehr als dreißig Jahre seines Lebens verbrachte, gestorben sei. Jetzt wird aus Konstantinopel gemeldet, daß der zweitjüngste Bruder des Sultans, Prinz Admed Kemal= eddin, der seit Monaten krank gewesen, gestorben und am 5. ds. Mts. bestattet worden sei. Diese Nachricht wirkt mehr als überraschend. Es war sowohl von einer Erkrankung wie von dem Tode des Pinzen nicht das ge­ringste bekannt geworden. Daß Krankheit, Tod und Be­gräbnis nun in einer Nachricht bekannt gegeben wird, hat die Vermutung wach gerufen, daß das Ableben des Prinzen Ahmed nicht auf natürlichem Wege erfolgt sei. Man nimmt an, der regierende Sultan habe plötzlich Ver­dacht gegen seinen leiblichen Bruder geschöpft, dieser könnte ihm nach dem Leben trachten, und habe daraufhin den Befehl zu dessen Beseitigung erteilt. Am türkischen Hofe spielt der Mord bekanntlich keine geringe Rolle, und wer auch nur in den Verdacht gerät, dem regierenden Sultan nach dem Leben zu trachten, verschwindet ebenso plötzlich wie lautlos von der Bühne. Infolge eines Herzleidens und zahlreicher schlimmer Erfahrungen hat sich des Sultans Abdul Hamid eine Art Verfolgungs­wahn bemächtigt, der schon viel Unheil angerichtet hat. So ließ er vor zwei Jahren den Thronfolger, den Prin­zen Resched, seinen Bruder verhaften, weil dieser ver­dächtig worden war, ein Komplott gegen ihn geschmiedet zu haben. Der englische Botschafter in Konstantinopel mußte seinen ganzen Einfluß aufwenden, um den grundlos Verdächtigten zu retten. Es ist endlich auch be­kannt, daß Abdul Hamid den Wunsch hegt, die Thron­folge seines Bruders Resched zu Gunsten seines Sohnes Burchaneddin umzustürzen. An Palastintriguen fehlt es am goldenen Horne jedenfalls nicht, und so ist auch der Tod des Prinzen Ahmed in ein mysteriöses Dunkel ein­gehüllt, das vielleicht niemals vollständig aufgeklärt werden wird.

Roschdjestwenski's wurde, nachdem sie die Kamranh=Bucht verlassen, in der Nähe der Nha=Trang=Bucht gesichtet, und es spricht vieles dafür, daß sie gegenwärtig Kurs auf Yai=Ehau hält, welches, 400 Meilen von der Kamranh=

Die Lage zur See.

Die letzten Meldungen aus Ostasien ermöglichen es, sich von dem derzeitigen Aufenthalt der gegnerischen Kriegsschiffe ein genaueres Bild zu machen. Die Flotte

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Bucht entfernt, an der Südküste von Hainan, dem ana­mitischen Festlande gegenüberliegt und zum Sammelplatz der russischen Gesamtflotte bestimmt scheint. Ein russisches Hospitalschiff ist in Batavia eingetroffen. Die Flotte Nebogatow's kann südlich von Ceylon vermutet werden.

Die Flotte Togo's dürfte sich gegenwärtig bei Mo­sampho, einem der Südosthäfen Koreas, aufhalten. Ad­miral Kamimura wird dagegen angeblich jede Stunde in Manila erwartet, und das Geschwader des. vee# Haschima wurde, in Stärke von drei Kriegsschiffen, uu der Höhe der Insel Corregidor gesichtet. Ein japanisches Hospitalschiff passierte die Sadole=Inseln. Eine von Kamimura detachierte Kreuzerpatrouille scheint es ge­wesen zu sein die in den Ostertagen die Kamlunh=Bucht rekognoszierte, dort aber keine russischen Feriegsschig## mehr vorfand. Unsere Karte zeigt die verschiedenen Schiffe da, wo sie nach den letzten Meldungen gesichtet worden sind oder vermutet werden müssen.

Erträgnisse der Börsensteuern.

Der Reichsstempel für die Emission von Wertpa­pieren hat im März die hübsche Summe von 3,35 Mill. Mark erbracht, gegen 2,13 Millionen Mark im Jahre 1904. Damit ist eine Monatseinnahme geliefert wor­den, die innerhalb der letzten 10 Jahre nur vom Januar dieses Jahres, vom Mai 1902 und vom Juni 1900 über­troffen worden ist. Der letztgenannte Monat brachte die ungeheure Ziffer von 9,76 Mill. Mark, weil am 1. Juli 1901 der neue Stempeltarif in Kraft trat und man schleunigst vorher noch zu den billigeren alten Sätzen emittierte, was zu emittieren war. Die Gesamteinnahme für das Rechnungsjahr 1904/05 beträgt 23,16 Mill.