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Nummer 284

Montag, den 5. Dezember 1927

17. Fahrgang

Debatte über die Abrüstungskonferenz.

Zusammentritt der nächsten Tagung der Vorkonferenz am 19. März 1928.

Volk und Wirtschaft.

Von W. Stubbendorf, M. d. R.

Staatspolitische und kulturelle Fragen sind oft in Deutschland geeignet gewesen, die Gemüter zu erhitzen und als schwere Probleme die Gegensätzlichkeiten im deut­schen Volke wachzurufen; ihnen gebührt unbeding ein vordringliches Interesse, wenn die wirtschaftliche Exisenz, das Leben des Volkes sichergestellt ist.

Im gegenwärtigen Moment droht die Gefahr, daß die Sicherheit der Existenzgrundlagen des deutschen Vr.kes verlorengeht. Ein Volk kann auf die Dauer nur von dem leben, was es fortlaufend produziert. Die Geld­marktlage mit ihrer bedrohlichen Versteifung trotz starker Einfuhr auswärtiger Kredite ist der Beweis dafür, daß der innerdeutsche Produktionsüberschuß, wenn er über­haupt vorhanden ist, nur sehr gering sein kann Die seit Beendigung der Inflation mit Ausnahme des Jahres 1926, dem Jahre des englischen Bergarbeiterstreiks, vor­handene stark passive Handelsbilanz läßt darauf schließen, daß das Volk in seiner Gesamtheit anhaltend mehr ver­braucht, als es erzeugt.

Dieser Mehrverbrauch ist bis heute im wesentlichen mit den eingeströmten ausländischen Krediten bezahlt worden. Aber Kredite sind keine Geschenke, sie erfordern eines Tages Rückzahlung, sie erfordern Zinszahlungen, die für Deutschland bereits mehr als jährlich eine Dreiviertel­milliarde ausmachen. Die Bezahlung der Minderproduk­tion des Volkes gegenüber seinem Verbrauch kann nicht auf die Dauer durch ausländische Kredite erfolgen. Früher oder später einmal ist das Kreditvolumen Deutschlands im Ausland erschöpft, und dann ist, wenn bis zu diesem Zeitpunkt die Existenz des deutschen Volkes aus eigener Produktion nicht sichergestellt ist, eine in den Währungs­gründen liegende wirtschaftliche Blockade Deutschlands die logische Folge.

In den Preisen aller Waren, die aus dem Ausland eingeführt werden, ganz gleich, ob es Rohstoffe, Fertig­fabrikate oder Agrarprodukte sind, stecken zu 60, 80 oder gar 90 Prozent ausländische Löhne, die Deutschland mit dem Import der Ware bezahlt, und die der deutschen Ar­beitsgelegenheit Konkurrenz machen. Wenn wir also jähr­lich eine passive Handelsbilanz von 4 bis 5 Millarden für Einfuhrwaren haben, die in deutschen Produktionsstätten mit deutscher Arbeitskraft ebensogut hätten hergestellt werden können, so sind damit für mehrere Milliarden Mark Löhne dem deutschen Arbeitsmarkt entzogen.

Geld in der Binnenwirtschaft ist wandernde Kauf­kraft, die befruchtend das deutsche Wirtschaftsleben durch­zieht; Geld, das für Einfuhrwaren über die Grenze ins Ausland abgeflossen ist, ist dem Blutkreislauf der deut­schen Wirtschaft entzogen. Das für Warenimporte ex­portierte Kapital fehlt der deutschen Wirtschaft, ver­stärkt die Kapitalverknanpung, treibt die Zinssätze und be­lastet also auch von de Kapitalseite her den Produktions­standard der deutsche Wirtschaft.

Deutschland hat ze)lreiche Handelsverträge abgeschlos­sen. Die Handelsverträge in ihrer Gesamtheit haben die Aufgabe, als organisches Ganzes die Produktivität der Eigenwirtschaft zu erhalten, einen Produktionsüberschuß und damit wiederkehrenden Wohlstand zu ermöglichen. Die bisher abgeschlossenen Handelsverträge sind dieser Aufgabe nicht gerecht geworden. Die Wiederherstellung des Ausgleichs zwischen dem Verbrauch des deutschen Volkes und seiner Produktion ist das Kernproblem der Zukunft. Nicht Dogmen oder Doktrinen, sondern die Rückkehr zu reiner wirtschaftlicher Vernunft, wie der Reichsbankprä­sident sie in Bochum gefordert hat, in Staat und Volks­wirtschaft, in der Kommune und in Privathand ist die Voraussetzung für die Erhaltung und eine Wiederge­sundung des deutschen Volkes.

Dr. Siresemann zu aktuellen politischen Fragen.

Nürnberg. In einer anläßlich der Wahlkreistagung der Deutschen Volkspartei veranstalteten öffentlichen Ver­sammlung setzte sich Reichsaußenminister Dr. Strese­mann zunächst mit den Kritikern aus der Nationalliberalen Landespartei in Bayern und ihren Führern auseinander, verteidigte die Außenpolitik der letzten Jahre und verwahrte

sich gegen die Auffassung der Bayerischen Vaterländischen Verbände, daß denjenigen, die mit Marxisten zusammen­gingen, der schärfste Kampf angesagt werden müsse. Dr. Stresemann wandte sich weiter gegen das Schlagwort von der internationalen Versklavung Deutschlands und unterstrich die Ausführungen des Reichs­wirtschaftsminister Curtius im Reichstag. Es sei klar, daß man in Deutschland eine schrankenlose Ueberschreitung der Voranschläge der Regierung durch parlamentarische Rücksich­ten verhindern müsse. Hinsichtlich der

Kritik des Reparationsagenten an der deutschen Finanzgebarung

führte der Redner aus, daß diese Kritik insoweit vollkommen unberechtigt sei, als sie sich mit den in Ausführung des Friedensvertrages Deutschland auferlegten Zahlungen be­schäftige. Die Entschädigung der liquidationsgeschädigten Deutschen könne man nicht zum Gegenstand einer Kritik machen. Der Minister forderte ferner eine Ermäßigung des Uebermaßes der Lasten für die Wirt­schaft.

Auf das Verhältnis zwischen Reich und Ländern übergehend, betonte Dr. Stresemann, daß die Entwicklung seit dem Kriege in der Kompetenzverteilung zwischen Reich und Ländern die Existenzfähigkeit einzelner Länder bedroht habe. Die Verfassung dürfe kein Hinderungs­grund für eine gesunde Entwicklung sein.

Verschleppung der Abrüstungsverhandlungen.

Am 15. März nächste Tagung der Abrüstungskommission.

Genf. In der Vorbereitenden Abrüstungskommission schlug Dr. Benesch als Datum für das nächste Zusammentre­ten der Sicherheitskommission den 20. Februar und weiter die Tagung der Vorbereitenden Kommission nach der März­tagung des Rates vor.

Daraufhin gab Litwinoweine Erklärung av. in welcher er sagte: Nach der Ansicht der Sowjetdelega­tion bestehe

kein Zusammenhang zwischen der Abrüstung und der Sicherheitsfrage.

Er sei immer noch der Ansicht, daß die Abrüstungs­frage unabhängig von der Sicherheitsfrage behandelt werden müsse; denn die Abrüstung allein sei an sich schon ein Element der Sicherheit. Er schlage daher vor, daß die nächste Tagung der Abrüstungskommission auf den 10. Januar angesetzt werden solle, ohne das Zusammentre­ten des Sicherheitskomitees avzuwarten.

Graf Bernstorff stellte einen Zusatzantrag zum An­trag Litwinow, in welchem er, ohne das Datum des 10. Ja­nuars zu verlangen, die Einberufung der nächsten Tagung der Vorbereitenden Abrüstungskommission auf einen mög­lichst frühen Zeitpunkt verlangte. Der englische Delegierte, Lord Cushundun, erbat die Ablehnung beider Anträge Paul-Boncour richtete an die russische Deleaation

Ein Forschungsheim für Weltanschauungskunde.

Im ehemaligen kurfürstlichen Schloß Wittenberg ist ein For­schungsheim für Weltanschauungskunde ins Leben gerufen worden. Alle wichtigen Fragen des modernen Lebens sollen hier von Gesichtspunkten der Weltanschauung behandelt werden. Begründer des Instituts ist Generalsuperintendent Professor Dr. Schöttler.

einen flammenden Appell, nicht durch ihren Antrag die prak­tische Lösung der Abrüstungsfrage unmöglich zu machen.

Nach weiteren Erklärungen des Grafen Bernstorff und Litwinows wurde schließlich das Datum der nächsten Tagung der Vorbereitenden Abrüstungskommission auf den 15. März festgesetzt. Graf Bernstorff stimmte diesem Datum zu, erst nachdem er die Versicherung erhielt, daß die erste Abrüstungs­konferenz,wenn alles gut geht", schon im Jahre 1928 statt­finden soll.

Interessengemeinschaft

und Land.

Schiele vor der rheinischen Landwirtschaft.

Köln. Bei der Generalversammlung des Rheinischen Bauernvereins machte der Reichsernährungsminister Schiele u. a. Ausführungen über die Zeitaufgaben der Landwirtschaft: Hier, am Rhein, sind Stadt und Land, Industrie und Land­wirtschaft in engem Raume verflochten. Dieser Verflechtung entspringen die wichtigsten Aufgaben unserer Gegenwart. Der Drang nach städtischer Zivilisation hat eine Entwurze­lung unserer Bevölkerung herbeigeführt. Auch in weiten Kreisen der Industrie wird jedoch heute die Einsicht immer stärker, daß

nur von der heimatlichen Scholle her wirkliche Hilfe

kommen kann. Obwohl die Landwirtschaft weit mehr Arbeits­kräfte beschäftigt, als ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht, leidet sie geradezu unter Arbeiternot. Durch gesunde Siedlungspolitik nach Osten hin, die von den falsch­verstandenen bodenreformerischen Bestrebungen weit entfernt ist, können wir den Lebensinteressen unserer Städte am besten dienen. Hier erwächst uns ein großes nationales Lebensziel, das nur erreichbar ist, wenn die Unterschätzung der ländlichen Arbeit einer

Höherwertung bäuerlichen Wesens

Platz macht. Solche Ziele setzen die Herstellung eines auf­richtigen und herzlichen Kontaktes zwischen Stadt und Land und die Einheit der Landwirtschaft in einer starken freien Organisation und in ihrer öffentlich-rechtlichen berufsständi­schen Vertretung voraus.

Senator Owen gegen die

Kriegsschuldlüge.

+ New York. Bei der Steubenfeier in Milwaukee erklärte der frühere Senator Robert Owen, daß der Weltkrieg nur von einigen wenigen Männern in den russischen, fran­zösischen und serbischen Außenämtern mit Zustimmung einiger führender Engländer geplant wurde. Die Veröffentlichung von Geheimdepeschen habe jetzt erwiesen, daß der De­peschenwechsel vor Kriegsausbruch nur eine Geste war, um die Völker zu täuschen und die Vorbereitun­gen gegen das unvorbereitete Deutschland zu bemänteln.

Owen wies dabei auf den französich-russi­schen Geheimvertrag hin, der allein den Zweck folgte, bei einer Mobilmachung Oesterreichs Deutschland ge­meinsam anzugreifen. Es stehe fest, daß Deutsch­land den Krieg nicht wollte. Er wurde allein von der Entente herbeigeführt. Diese blockierte sofort die Mittel­mächte, um die Welt mit ihrer Propaganda über Deutschlands angebliche Alleinschuld am Kriege überschwemmen zu können.

Erhöhung des französischen Militär­budgets um eineinhalb Milliarden.

in irreführender Vergleich mit den deutschen Ausgaben.

Paris. Bei Beratung des französischen Militärbudgets n es mehrfach zu Auseinandersetzungen über einen Ver­ich zwischen den französischen und den deutschen Ausgaben das Heer. Der Berichterstatter versuchte krampfhaft, nach­veisen, daß die französischen Militärausgaben für 1928 eine rminderung um 7 Prozent gegenüber 1914 erfahren hätten, d daß sie proportionell geringer seien als die von Deutsch­id gemachten Aufwendungen. Der Berichterstatter kam er um die Tatsache nicht herum, daß das französische Mili­budget gegenüber dem Vorjahre eine Erhöhung um illiarden Francs erfahren habe.

Mehrere der Redner erklärten, daß Deutschlands mili­tische Ausgaben zu einer Gefahr für die Durchführung des wwesplanes und für den Frieden Europas würden. Durch Ausgabe von Milliarden Francs für die deutsche mee sei die Erhöhung des französischen Militärbudgets ge­htfertigt, zumal sie mit Rücksicht auf die Sicherheit des Lan­

Diese Gegenüberstellung der französischen und deutschen Ausgaben für das Militär ergeben ein völlig falsches Bild. Der französische Berichterstatter hat geflissentlich verschwiegen, daß wir oezwungen sind, ein Söldnerheer zu halten,