Hattinger

Ausgabe A 91. Jahrgang

Kreisblatt für den Ennepe=Ruhrkreis

Bezugspreis: Durch Boten frei Haus halbmonatlich 1,08 RM., für Abholer halbmonatlich 0,95 RM. Verlagsleiter Rudolf Hundt. Hauptschriftleiter: Dr. Rudolf Hundt Stellvertreter: Hans Hollender; verantwortlich für Politik u. Handel: Dr. Rudolf Hundt; Sport, Westdeutschland, Kunst und Kultur: Hans Hollender; Lokales: Erich Schmidt Unterhaltung: Hans=Ludolf Flügge, Langenberg; übrige Hattingen=Ruhr; Briefkasten: Fritz W. Deger, E.=Steele. Verautwortlicher Anzeigenleiter: Hermann Büscher, Hattingen=R. Druck und Verlag: C. Hundt sel. Wwe., Hattingen=Ruhr. Drahtanschrift: Kreisblatt Hattingenruhr. Für die Aufbewahrung aller der Schriftleitung unverlangt eingesandten Beiträge lann keine Gewähr übernommen werden.Die Heimat am Mittag" D.=A für Ausgaben Hattinger Zeitung, Bochumer Tageblatt und Tageblatt für Essen=Steele=Kray=Ueberruhr=Kupferdreh II. über 12000

Die große Heimatzeitung in Stadt und Kreis

Nummer 72

Samstag, 25. März

1939

Moskau schlechtes Auskängeschied

Londons Politik in der Sackgasse

kein Vertrauen der kleinen Staaten zu britischen Verlockungen

London, den 25. März.

Die Londoner Morgenpresse muß heute zu­geben, daß sich die britische Regierung mit ihren Bemühungen um die Errichtung einerAnti­agressions=Front völlig festgefahren hat. Den Kommentaren der Blätter ist zu entnehmen, daß vorläufig mit einer Regierungserklärung nicht zu rechnen ist, und daß man zunächst die Rückkehr des britischen Ministers für Außen­handel, Hudson, der offenbar neben seiner Handelsmission auch die Aufgabe hatte, in Mos­kan britische Fühler auszustrecken, sowie den Be­such des polnischen Außenminister Beck in der ersten Aprilwoche in London abwarten will.

Der diplomatische Korrespondent derTimes stellt zunächst zu den englisch=französischen Be­sprechungen fest, daß kein neues Abkom­men getroffen worden sei, daß aber in den Be­ziehungen zwischen den beiden Ländern, die sich zur gegenseitigen Verteidigung verpflichtet hät­ten, verschiedene wichtige Punkte neu präzisiert worden seien. Der Korrespondent stellt dann fest, daß eine gewisse Enttäuschung entstanden sei, weil in der Frage der beabsichtigten Vier­mächtebesprechung zwischen England, Frankreich, Rußland und Polen keine Fortschritte erzielt worden seien.

Der diplomatische Korrespondent desDaily Herald erklärt, daß Polen sich weiterhin bis zum äußersten weigere, sich einer Anti=Agressionser­klärung anzuschließen, und Rußland scheine sich zu weigern, ohne Polen zu unterschreiben. Der Plan hänge also noch immer in der Luft. Vernon Bartlett schreibt imNews Chronicle", daß zehn Tage verstrichen seien, ohne daß man zu einer Einigung gekommen sei.

Mehrere Morgenblätter, die die britischen Ein­kreisungsbemühungen besonders lebhaft begrüßt hatten, sprechen heute ihre Besorgnis über die Verzögerung der Besprechungen offen aus. So meint derDaily Telegraph, jeder ver­borene Tag werde von Deutschland dazu ausge­nutzt, dennächsten Schlag vorzubereiten. Es würde in der Tat beklagenswert sein, wenn in diesen Tagen sogar in der britischen Regierung Uneinigkeit herrsche. Heute lägen die Grenzen der englischen Sicherheit weit jenseits des Rheins.

News Chronicle erklärt, nur ein Versprechen wachsenden Beistandes könne jetzt noch nützen. Die Erklärung Chamberlains, daß England kei­nen oppositionellen Block in Europa errichten wolle, müsse bei Hitler den Eindruck hervor­rufen, daß Chamberlain schwach werde und wieder einmal in seineBefriedung zurückfalle. Dieser Eindruck sollte sofort ausgemerzt werden.

Daily Herald schreibt, der Schaden, der dem britischen Prestige zugefügt worden sei, spiegelt sich in dem Mangel an Vertrauen wider, das die kleinen Mächte zu irgendeinem britischen Vor­haben zur Zusammenarbeit gegen weitere Agres­sionen hätten. Dieser Mangel an Vertrauen sei deutlich in dem Beschluß Rumäniens, mit Deutschland ein Handelsabkommen zu schließen, zum Ausdruck gekommen.

Die Londoner Morgenblätter bemühen sich, den Wert des deutsch=rumänischen Handelsvertrages für Deutschland herabzumindern, indem sie die Ansicht aussprechen, daß Deutschland gar nicht soviel bekommen habe, wie es zunächst ge­schienen hätte. Sie sind gleichzeitig bestrebt, die britische Handelsmission nach Bukarest vorzube­keiten, der sie nach der obigen Behauptung eine Chance prophezeien.Times" führt in diesem Zusammenhang aus, daß das Abtommen voll von Fallen und Klauseln sei.

News Chronicle meint in einem Leitartikel, die britische Handelsmission sollte der rumänischen Regierung so günstige Bedingungen anbieten, daß diese den deutsch=rumänischen Vertrag, durch den Numänien zum wirtschaftlichenVasall" Hitlers werde, nicht ratifiziere.

London nach wie vor unanständig?

Unzureichende Versuche, die Aufmerksamkeit von der inneren Vertrauenskrise der Demokratien abzulenken.

London, den 25. März. Der neue Finanzplan des Reiches, der gestern durch Staatssekretär Reinhardt

bekanntgegeben wurde, wird von der Londoner Morgenpresse dazu benützt, groß aufgemachte Be­richte über diefinanziellen Schwierigkeiten Deutschlands zu veröffentlichen. Diese Berichte sollen offen dazu dienen, den Vertrauensschwund zu übertünchen, der sich in England offenbart hat. Am heutigen Samstag werden, wieDaily Ex­preß feststellt, weitere 20 Millionen Pfund Gold von England nach Amerika verschifft, undDaily

Paris, den 25. März.

In den außenpolitischen Betrachtungen der Frühpresse von Sonnabend wird die überwie­gend negative Milanz der durch die kürz­liche Neuordnung in Mittel= und Östeuropa aus­gelösten diplomatischen Aktivität der westlichen Demokratien gezogen. Einige Blätter machen sich immer noch die Illusion einer Neu­orientierung Italiens und sprechen im Zusamenhang mit der Ueberreichung des Beglau­bigungsschreibens des französischen Botschafters in Burgos trotz der eiskalten Aufnahme Pétains von einerüberlieferten loyalen französisch-spani­schen Freundschaft...

Diese gewollt optimistische Note wird aber überschattet von der Ansicht, daß die Versuche der französisch-britischen Diplomatie zur Bildung einer deutschseindlichen Front der Demokratien bis auf weiteres als gescheitert anzusehen seien. Immer lauter werden die warnenden Stimmen, die sich gegen die neuen Einmischungs­versuche der Sowjets erheben. Charakteristisch ist eine in Sperrdruck hervorgehobene Notiz des Matin": Sowjetrußland möchte durch seine üb­lichen Methoden die demokratischen und pazifisti­schen Nationen zersetzen. Alle Mittel scheinen den Sowjets gut zu sein, um zu ihrem Ziel zu ge­langen. Deshalb arbeite Moskau ununterbrochen daran, den Krieg und die Weltrevolution zu ent­fesseln und möchte sich in einer großen internatio­

Herald erklärt sogar, daß in den letzten Tagen insgesamt 40 Millionen Psund Gold auf der Bank von England herausgezogen worden seien.

Daily Expreß überschreibt seine Meldung auf der ersten Seite:Hitler ladet dem kleinen Mann mehr Steuern auf, gibt dann aber am Schluß seiner Erklärung zu, daß die kleinen Ein­kommen von den neuen Verordnungen überhaupt nicht erfaßt werden.

nalen Konferenz die Pose eines Freundes der De­mokratie und des Friedens geben.

DasPetit Tournal", das Blatt des Obersten de la Rocque, hebt hervor, daß der Plan einer Koalition verworfen zu sein scheine. Als Ursachen gibt das Blatt an: Die Polen und Rumänen lehnen entschieden jede russische Hilfe ab. und die Sowjets weigern sich, irgendwelche präzisen militärischen Verpflichtungen zu über­nehmen.

Paris erwartet die neuen Notverordnungen

Paris, den 25. März.

Nach der Rückkehr des französischen Staats­präsidenten von seiner Reise nach England und nach den wenig erfolgreichen außenpolitischen Ak­tionen Englands und Frankreichs befaßt man sich in Maris wieder mit der Innenpolitik. Gleich am Montag der nächsten Woche wird sich die französische Regierung unter Vorsitz des Staatspräsidenten im Elysée versammeln. Die Zeitungen halten es für wahrscheinlich, daß die zuständigen Minister dem Präsidenten der Repu­blik den neuen Schub von Notverordnungen zur Unterzeichnung vorlegen werden.

DemPetit Parisien zufolge wird der Mi­nisterpräsident in einer Rundsunkansprache die Stellungnahme Frankreichs zur internationalen Lage präzisieren.

Beindes Beitannien

Der boshafte Aerger Englands und die von London angezettelte und aufgepeitschte Agitation gegen Deutschland haben den Briten in den letzten Tagen derart die Augen verschleiert, daß sie nicht einmal bemerken, wie sehr sie sich mit ihrer hef­tigen antideutschen Politik selbst Schaden zufügen. Jeder nüchterne Staatsmann, ja, jeder denkende Bürger eines beliebigen Landes mußte stutzig werden über soviel Eifer Großbritanniens und soviel Sorgen Englands um das Wohl der klei­nen Länder. So kam es, daß das Weltreich Eng­land, daß englische Politiker sich von kleinen Staa­ten in die Schranken weisen lassen mußten. Was half es, daß zum Beispiel Vizeadmiral Usborne, der Chef des britischen Marinenachrichtendienstes, dieser Tage den Jugoslawen in Laibach erklärte: Habt Mut und Vertrauen, das britische Reich wird sich nicht nur selbst, sondern auch die kleinen Län­der verteidigen! Die Haltung Jugoslawiens ist aber alles andere als ein Eingehen auf diese eng­lischeGarantie. Auch Rumänien dürfte nicht sonderlich erbaut gewesen sein von Londons Bitte an Moskau, Rumänien zu schützen, einer Bitte, von der Rumänien selbst nichts wußte. Wirklich, das britische Weltreich scheint es darauf abgesehen zu haben, seiner sehr bewegten Geschichte, die so oft ein Beispiel dafür gibt, wie Großbritannien die kleinen Völker inSchutz" genommen hat, eine Serie plumpester Blamagen hinzuzufügen.

Am Donnerstag ist das deutsch-rumänische Handelsabkommen abgeschlossen worden. Während sich in London gewisse Politiker und Zeitungen belügen ließen und zum Werkzeug einer Panik­mache wurden, haben die deutschen und rumäni­schen Sachverständigen in Bukarest ein Wirt­schaftsabkommen beraten und nunmehr abge­schlossen. Damit aber wurde ein wichtiger Schritt auf dem Wege einer neuen gesunden Ordnung im südosteuropäischen Raum gemacht. Es ist ein Sieg über die Unvernunft und die Versuche poli­tischer Kräfte gewisser Demokratien, jede natür­liche Entwicklung zu hemmen und die Völker in Gegensatz zu ihren Eigeninteressen für fremde Ziele einzuspannen. Das Wirtschaftsabkommen hat eine Lüge hinweggesegt, die englische Zweck­meldung über das angebliche deutsche Ultimatum an Rumänien ist als üble Mache zusammenge­brochen. Beschämt und entlarvt mögen die Lügner und schließlich auch gewisse außerordentlichge­schickte" Diplomaten in den Hintergrund treten. Das alles sind peinliche Blamagen für Groß­britannien. Ob es aber England zum Segen ge­reichen wird, auf der nunmehr eingeschlagenen Linie der Hetze und gleichzeitig der Blamagen weiterzuwirken?

In seiner Erklärung im Unterhaus warf der britische Ministerpräsident Chamberlain die Frage auf, ob etwa die deutsche Regierung danach trachte, Europa zu beherrschen oder etwa noch weiter zu gehen. Die britische Regierung sei in einem solchen Falle ge­nötigt zum Ausdruck zu bringen, daß dies auf den entschiedenen Widerstand Englands undanderer Länder stoßen würde. An­dererseits habe England nicht den Wunsch, ange­messenen Bemühungen Deutschlands, seinen Au­ßenhandel zu erweitern, entgegenzutreten, wenn­gleich entsprechende Unter­haltungen zur Zeit unter­brochen seien. Anschließend erklärte Chamberlain, daß die englische Regierung nicht die These verfolge, weltanschauliche Blocks ge­geneinander aufstellen zu wollen. Diese Erklärung des britischen Ministerprä­sidenten klingt schon we­sentlich nüchterner als das kriegerische Gerede der letz­ten Tage. Wozu aber den­noch die versteckten Drohun­gen? Wenn schließlich Chamberlain Deutschlands gutes Recht auf eine Erwei­terung des Außenhandels anerkennt, so dünkt es un­begreiflich, warum London durch erfundene Zweckmel­dungen Störungen herbei­führen will, wie es auch nicht gerade logisch ist. daß die deutsch=enalischen Wirt­schaftsverhandlungen von

Schlechte Pariser Bilanz

Die antideutsche Koalition vorläusig gescheitert