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Volks=Zeilung

Fortes in fide!

Bochumer Volkszeitung

Nummer 111

Zentralorgan für den rheinisch-westfälischen Industriebezir Wattenscheider Volkszeitung

55. Jahrgang

Bochum, Freilag, den 14. Mai 1926(Bonifatius)

Geßler Nachfolger Luthers?

Das Kabinett zurückgetreten. Geßler mit der Neubildung beauftragt.

Revolukion in Polen.

Berlin, 13. Mai. 12 Uhr 45 Minuten nachts. Von der polischen Grenze erfahren wir aus zuver­lassiger Quelle: Gestern nachmittag ist es in War­schau zum Ausbruch der Revolution und zu Straßenkämpfen gekommen. Es gab viele Tote und Berwundete. Pilsudskitruppen haben das Schloß, das Ministerpräsidium und das Ministerium des Aeußern besetzt und sind auf dem Marsch nach dem Belvedere. Das Kabinett ist zurückgetreten. Eine Präsidentenkrise ist wahr­scheinlich. Die telephonische Verbindung mit Warschau ist unterbrochen.

Nach in Danzig vorliegenden Berichten aus Polen ist Pilsudoki in Warschau Herr der Lage. Dagegen haben sich die Provinzbehörden für Witos erklärt.

Eine frühere Meldung besagt:

Vier dem Marschall Pilsudski ergebene, in Kielce und Siedlice garnisonierte Regimenter in der un­gefähren Stärke von 20009500 Mann haben sich gegen die Regierung empört und marschieren gegen die Hauptstadt. Sie stehen gegen­wartig im Militärlager von Rembertow, unweit der Vorstadt Praga. Die Brucken zwischen Praga und Warschau sind gesperrt und durch regierungs­treue Soldaten, Panzerwagen, Artillerie und Ma­schinengewehre besetzt. Das Ministerpräsidium ist durch eine Militärabteilung geschützt. Zwischen dem Staatspräsidenten und dem Marschall Pil­sudski sind dem Vernehmen nach Unterhandlungen im Gange, die einen Bürgerkrieg vermeiden sollen. Die Lageistaußerordentlichernst, kann aber zur Zeit noch nicht vollkommen überblickt werden.

Wie ein dem Marschall Pilsudski nabestehendes meldet, wurde die in Sulljuwek gelegene Villa des Marschalls Pilsudski von einer bewaff­neten Bande beschossen. Herbeigeeiltes Militär vertrieb die Banditen.

Der englische Generalstreik abgebrochen.

Fortbauer des Bergarbeiterausstandes. Vor der

Wiederaufnahme der Kohlenverhandlungen.

London, 13. Maj.

Der Generalrat des englischen Gewerkschafts­kongresses hat, um die Fortführung der Verhand­lungen zwischen den Bergarbeitern und den Berg­wertsbesitzern zu ermöglichen, den General­ausstand für Mittwoch Mitternacht abge­sagt und die Arbeiter aufgefordert, so rasch wie möglich zur Arbeit zuruckzukehren. Der Aus­stand der Bergarbeiter gent unver­andert meiler.

Der Generalrat veröffentlichte nach einer Kon­ferenz in Downingstreet den Wortlaut eines Brief­wechsels zwischen ihm und dem Vorsitzenden der koniglichen Kohlenkommission, Herbert Sa­muel. In seinem Brief betont Samuel, daß er durchaus aus eigener Initiative handele und keinerlei Vollmacht von der Regierung habe, auch keine Zusicherung in deren Namen geben könne. In einer heiliegenden Denkschrift zeichnete Samuel auf Grund der Besprechungen mit dem General­rat einen Plan für die Beseitigung der Schwierig­keiten in der Kohlenindustrie auf. Er erklärt, daß er seine Annahme durch die Regierung bei der Wiederaufnehne der Verhandlungen nachträglich empfehlen werde. Der Vorsitzende des General­rates, Pugh, erwiderte darauf, der Generalrat habe den Brief und die Denkschrift sorgfältig ge­pruft und schließe sich der Auffassung Samuels an, daß die Denkschrift die Grundlage bilde, auf der die Kohlenverhandlungen wieder aufnehmbar seien. Der Generalrat würde die nötigen Schritte tun, um den Generalstreik zu beenden. Er verlasse sich auf die veröffentlichten Zusicherungen des Premierministers in bezug der Schritte, die nun erfolgen werden. Er nehme an, daß während der kommenden Verhandlungen die Subvention erneuert werde und die Aussperrungsankündi­gungen gegen die Bergleute sofort zurückgezogen würden.

Die von Sir Herbert Samuel dem Generalrat des Gewerkschaftskongresses übersandte Denkschrift besagt, daß die Verhandlungen über die Lage der Nohlenindustrie wieder aufgenommen werden sollen unter erneuter Gewährung der Subvention für die hierzu erforderliche Zeit. Es soll weiter ein nationales Lohnamt geschaffen werden, das Vertreter beider Parteien mit neutralen Beisitzern und einem unabhängigen Vorsitzenden einschließt und das alle von den Parteien vorgebrachten Punkte in Erwägung ziehen soll. Es soll keine Mevision der fruheren Lohnsätze eintreten, wenn nicht genügend Aussichten bestehen, daß die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reorganisation wirklich angenommen werden. Es sell ferner ein Ausschuß eingesetzt werden, in dem auch Vertreter der Bergleute sitzen, der mit der Regierung bei der Vorbereitung der erforderlichen

Ein Versuch auf

Ausscheiden Luthers aus der geschäftsführenden Reg erung.

Berlin, 13. Mai. Wie das Nachrichtenbureau des Vereins Deutscher Zeitungsverleger erfährt. hat das Reichskabinett gestern die Gesamt­demission beschlossen. Das Kabinett be­trachtet den demokratischen Antrag, der zur An­nahme gelangte, zwar nicht als ein Mißtrauens­votum im Sinne der Verfassung, glaubte aber doch, die Konsequenzen ziehen zu müssen. Reichskanzler Dr. Luther hat sich zum Reichspräsidenten begeben, um diesem von dem Beschlusse des Kabinetts Mit­teilung zu machen. Der Reichspräsident hat darauf das Kabinett bis zur endgültigen Neubildung der Regierung mit der Weiterführung der Ge­schäfte betraut.

Reichskanzler Dr. Luther hat auf das an ihn und die Reichsminister gerichtete Ersuchen des Reichspräsidenten, die Geschäfte des Reichskahi­netts vorläufig weiter zu führen, dem Reichspräsi­denten mitgeteilt, daß die Reichsminister zur Weiterfuhrung der Geschäfte bereit sind. Gleich­zeitig hat er im Hinblick auf die Tatsache, daß der Beschluß des Reichstages, auf Grund dessen die Gesamtdemmission des Reichskabinetts erfolgt ist, sich ausdrücklich auf den Reichskanzler bezogen hat, gebeten, ihn selbst alsbald endgül­tig vom Amte als Reichskanzler zu entbinden.

Der Reichspräsident entband Reichskanzler Dr. Luther in Genehmigung seines Antrags vom Amte als Reichskanzler und hat gleichzeitig den Reichswehrminister Dr. Geßler als dienst­altesten Reichsminister mit der Stellvertretung des Reichskanzlers im derzeitigen geschäftsführen­den Kabinett beauftragt.

Beschränkung der Krise auf Kanzler.

(Drahtbericht unseres Berliner Vertreters.)

Berlin, 14. Mai. Die von Dr. Luther selbst heraufbeschworene und durch die Stimmenthaltung der Deutschnationalen entschiedene Regierungskrise wird voraussichtlich nur von kurzer Dauer sein. Bei allen beteiligten Parteien besteht der Wunsch, sie so schnell wie möglich zuz beheben und sie auf die Person des Reichskanzlers zu beschränken. Ein Eintritt der Deutschnationa­len in die Regierung kommt nicht in Frage und ist für Zentrum und Demokraten völlig untrag­bar. Die Aussichten der Großen Koalition können für den Augenblick trotz der grundsätzlichen Bereit willigkeit nicht als günstig angesehen werden, ab­gesehen davon, daß die Deutsche Volkspartei wahr­scheinlich Schwierigkeiten machen würde, ist damit zu rechnen, daß der Reichspräsident Beden­len gegen eine Regierung der Großen Koalition geltend machen könnte. Endlich würden die Be mühungen um die Schaffung der Großen Koalition eine Ausdehnung der Krise bedingen. Die wahr­scheinlichere Lösung der Krise, die zur Zeit die meisten Aussichten hat, ist, daß das Kabinett in seiner jetzigen Zusammensetzung bestehen bleivt, aber mit einem ande­ren munzler. Eine Wiederbetrauung Dr. Luthers kommt nicht in Frage. Es zeigt sich jetzt auch, daß das Gerede, daß im Falle einer Kabinetts­krise auch der Reichspräsident zurücktreten werde, nicht mehr als ein Schreckmittel war.

Der Reichspräsident empfing gestern vormittag den mit der Stellvertretung des Reichskanzlers im

der alten Basis.

derzeitigen geschaftsführenden Kabinett beauftrag­ten Reichswehrminister Dr Geßler und richtete an ihn die Frage, ob er auf der bisherigen Grund lage der Koalition der Mittelparteien die Neubil­dung der Regierung übernehmen wolle. Dr. Geß­ler hat sich seine Entscheidung bis nach Fühlung­nahme mit den in Frage kommenden Parteien für heute mittag vorbehalten, inzwischen jedoch unver­bindlich Fühlungnahme mit den Regierungspar­teien genommen. Soweit wir unterrichtet sind, steht man in den Kreisen der bisherigen Regie­rungsparteien der Lösung der Krise in dieser Form wohlwollend gegenüber.

Berlin, 13. Mai. In ihren Kommentaren zu dem Rücktritt der Regierung Luther heben fast alle Blätter die Verdienste des Reichskanzlers um die Stabilisierung unserer Währung und seine Ver­dienste als Reichsfinanzminister hervor.

DieGermania, die die Frage, was werden soll, garnicht erörtert und sich nur mit der Person Luther beschäftigt, schreibt: Der Kampf der letzten neun Tage munte jeden Zuschauer in der Ueber­zeugung bestärken, daß Luther, mit soviel Gaben er auch ausgestattet sei, die Kunst der Politik nicht verstehe. Er versagte in der Politik und in der Diplomatie. Er werde in der deutschen Geschichte fortleben als Fachmann und als Kanzler. Die Deutsche Tageszeitung u. dieKreuz­zeitung halten die Bildung einer Großen Koa­lition oder die Bildung einer Weimarer Koalition von Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten für unmöglich. Die Große Koalition würde an der Volkspartei scheitern. Die Weimarer Koalition würde keine genügende Mehrheit haben. Die Deutsche Tageszeitung hält es für wahrscheinlich, daß zunächst ein Versuch mit einem Minderheitskabinett der bürgerlichen Mitte ge­macht werde. Auch dieDeutsche Allge­meine Zeitung hält die Große Koalition und die Weimarer Koalition für unerreichbar, da die Sozialdemokraten nicht gleichzeitig gemeinsam mit den Kommunisten die Volksbewegung für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten be­treiben können neben der Entsendung von Mi­nistern in das Kabinett. DasTageblatt erinnert daran, daß die Sozialdemokratie grund­sätzlich die Frage bejahte, an der Regierungsbil­ddung mitzuwirken. Das Blatt hält eine Koalition der Rechten für unmöglich. Da ein Bündnis mit den Deutschnationalen, das Zentrum und die Volkspartei zum Verzicht auf ihre bisherige Po­litik, namentlich auf ihre Außenpolitik nötigen würde, käme nur eine Große Koalition von der Deutschen Volkspartei bis zur Sozialdemokratie in Frage. Auch dieVossische Zeitung schreibt: Aus der Situation erwachse für die Par­teien die Verpflichtung, sich so schnell wie möglich zu einigen. Das wünschenswerteste wäre eine Große Koalition. Wenn eine Große Koalition und eine Weimarer Koalition nicht möglich seien, bleibe nur eine neue Regierung der Mitte mit einem neuen Kanzler übrig. DerVorwärts hebt die Bereitwilligkeit der sozialdemokratischen Reichs­tagsfraktion hervor, über die Bildung einer neuen Regierung zu verhandeln. Die Sozialdemokratie habe den Wunsch und Willen, das parlamentarische System funktionsfähig zu erhalten. Wir brauchten im Reiche eine Regierung, die auf parlamenta­rischem Boden stehe und die der preußischen Re­gierung helfe, den drohenden Gefahren Herr zu werden. Die Bereitschaft der Sozialdemokratie be­deute natürlich noch lange nicht den Eintritt in die neue Regierung. Die Schwierigkeiten für eine Ne gierungskoalition mit der Sozialdemokratie seien gerade angesichts der gespannten Zeitverhältnisse außerordentlich groß.

Neues in Kürze.

Das Reichskabinett hat nach Annahme des demokratischen Mißbilligungsantrages im Reichstag seine Gesamtdemission eingereicht.

Der Reichspräsident hat den Reichswehrminister Dr. Geßler mit der Kabinettsbildung beauf­tragt; Geßler erbat sich Bedenkzeit bis heute.

Der englische Generalstreik ist von den Gewerkschaften abgeblasen worden, während der Bergarbeiterausstand fortdauert.

In Polen ist eine Revolution ausge­brochen.

Amundsen hat den Nordpol überflogen.

Lutbers Himmelfahrl.

Aus dem Reichstag wird uns geschrieben:

Man machte im Reichstag, als Luther seine Rede gehalten hatte, die schließlich auf allen Seiten des Hauses stürmische Heiterkeit hervorrief, den Witz, warum ist bloß Luther nicht schon damals nach dem Reichtstag von Worms zurückgetreten! Und als die Abstimmungen im Reichstag beendet waren, gab man ihnen das Signum: Luthers Himmelfahrt!

Es war ein tragikomisches, von Minute zu Mi­nute wechselndes Spiel, das sich im Reichstage am Mittwoch vollzogen hat. In den Frühstunden schien die Situation klar, Luther war nicht mehr zu halten, sein Rücktritt schien besiegelt. Es handelte sich nur noch darum, aus der Krisis herauszukommen, ohne größeren Schaden für das Land. Die Lösung war auch darin gefunden, daß das Kabinett den Auftrag zur vorläufigen Weiterführung der Geschäfte wieder erhalten sollte mit dem Unterschied, daß an die Stelle Luthers als Kanzler der jetzige Außenminister Stresemann treten sollte. Man hätte dann ver­suchen müssen, die schwebenden innenpolitischen Fra­gen in etwa zu klären, um in einer ruhigeren Epoche die endgültige Bereinigung dieser Affäre vorzuneh­men. Es hatte den Anschein, als wenn Luther zu­nächst Verständnis für diese Lage hätte, und durch einen Schritt, den er doch einmal tun mußte, sich wenigstens in etwa einen guten Abgang zu sichern, den er freilich tags zuvor nicht hatte.

Aber Luther blieb zähe. In der Kabinettssitzung widerstand er heftig dem Plan seines Rücktritts und wollte nun alles auf dieoffene Feldschlacht ankom­men lassen. Zwischendurch suchte er zu sondieren, wie sich die Partein zu einem durch die Demokraten ver­kleinerten Kabinett, das aber unter seiner, Luthers Führung stehen sollte, verhalten würde. Noch am parlamentarischen Grabe pflanzte er die Hoffnung auf die Erhaltung seiner politischen Existenz auf.

So mußte also auch noch der letzte Akt über die parlamentarische Bühne gehen. Schon hatte man geglaubt, daß eine Sitzung des Reichstages überhaupt nicht mehr nötig sei, denn da sich der ganze Stoß der parlamentarischen Aktion so ziemlich von allen Parteien gegen den Kanzler allein richtete, hätte sein freiwilliger Abgang sicherlich eine Erleichterung geschaffen. Eine Krise wollte kaum jemand im Reichs­tag, jedenfalls konzentrierte man alle Bemühungen darauf, Widerstand zu leisten einer Zuspitzung der Dinge dahingehend, daß eine Lahmlegung der Ge­schäfte der Reichspolitik die notwendige Folge hätte sein müssen. Man ist der ewigen langen Regierungs­krisen müde, nicht zuletzt, weil man sehr wohl weiß, daß auch das Land in steigendem Maße dieser Krisen satt wird.

Der Reichskanzler hat den Abstimmungen über­haupt nicht mehr beigewohnt.

Die Abstimmung im Reichstag war im parla­mentarischen Lager nicht erwartet worden. Sie schuf eine Lage, für die man eigentlich nirgend gerustet war. Das Kabinett befaßte sich mit diesen Vorgängen, aber man wußte, daß sich innerhalb des Karmnetts Stimmen dahingehend erhoben haben, daß für den Reichskanzler trotz allem kein Anlaß zum Rücktritt bestehe, und daß nach einer Gesamt­demission des Kabinetts die Wiederbeauftragung des amtierenden Kabinetts, also auch mit Luther an der Spitze wieder möglich sei. Eine der­artige Auffassung hat natürlich im Lager der Par­teien scharfen Widerspruch gefunden, weil man es praktisch und politisch für unerträglich halt, daß nach diesem Ergebnis Luther wiederum in führender Position erscheinen könne. Es war an­geregt worden, daß Stresemann die provisorische Führung des Kanzleramtes übernehme, aber auch hier machten sich Kräfte geltend, die dem wider­strebten. Zwischendurch gingen die Verhandlungen der Parteien über die Möglichkeiten der neuen Regie­rungsbildung. An diesen Erörterungen sind natur­gemäß auch die Sozialdemokraten ziemlich stark be­teiligt worden. Die Aussichten für die Billigung der Großen moulition, auf die von manchen Seiten jetzt wieder hingestrebt wurde, müssen jedoch als wenig aussichtsreich bezeichnet werden.

gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen zusammenarbeiten wird.

Ablehnung der Vorschläge durch die Bergarbeiter.

London, 13. Mai. Der Sekretär des Bergarbeiter­rbandes Cook gab am Nachmittag eine offizielle rklärung ab, die u. a. besagt, der Vollzugsausschuß r Bergleute bedauere, daß den Vertretern der ergleute keine Gelegenheit gegeben worden sei, das 1 erwägen, was der Generalrat des Gewerkschafts­ngressesals Bedingungen, die zur Regelung der ohlenkrise erreichbar sind, bezeichnet habe. Im sten Falle bedeuteten diese Bedingungen eine ohnminderung für eine große Anzahl von ergleuten, die den bekannten Erklärungen des Berg­beiterverbandes widerspricht und sie ständen auch in iderstreit dazu, daß die Bergleute von den Gewerk­daften unterstützt zu werden glaubten. Er glaube shalb die Vorschlage anlcyney zu müssen. Wenn ese Vorschlage unterbreitet wurden als Mittel, um n Generalstreik aufzuheben, dann müsse ein solcher

Gewerkschaftskongresses fallen. Cook betonte noch­mals, daß die Aufhebung des Generalstreiks ohne Befragung der Bergleute erfolgt sei und daß am Freitag die Delegiertenkonferenz der Bergarbeiter zu den Beschlüssen Stellung nehmen oder die Ent­scheidung den Bergleuten in den Kohlenbezirken über­lassen werde.

London, 18. Mai. Die Transporkarbeiter und Eisenbahnarbeiter von Hull beschlossen, die Arbeit heute nicht wieder aufzunehmen. In Sheffield wurde den Eisenbahnern mitgeteilt, daß infolge der Fortdauer des Stillstandes in der Kohlenindustrie nur ein Teil von ihnen wieder eingestellt werden könne. Auf einer gestern abend abgehaltenen Massenversammlung beschlossen die Eisenbahner, nicht zur Arbeit zurückzu­kehren, bis alle von ihnen bedingungolos wieder eingestellt sind.

Auf einer in Ilkord um Mitternacht staitgefun denen Versammlung der Dockarbeiter wurde fast einstimmig beschlossen, den Streik in Ilford in allen Gewerbezweigen fortzusetzen.