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Lielefeld, Mittwoch, den 25. Juni 1913.

### altwoch, den 25. Juni 1913.

Sse Sesceestene unds Kasealaite anchenanet Ggne. Steibseider Aihm Sackecicktr

ese e es eut Peereserder Aneae Tagebinh nicht an einzelne Redakturge sondernumen. Einsendungen sind PFEvwv 60 Ug, d

er ureue, sondern an die Redaktion zu richten. Redaktion und Expedition: Niedernstraße 27. Fur Ertall­

103. Jahrgang.

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Poincaré in England.

##s. ist noch nicht allzu lange her, seit Re­publikpräsidenten mit den Oberhäupten von Mo­narchien Besuche austauschen. In Frankreichs erder szublikanischer Periode, die ja kaum ein eines vollen Friedenszustandes er­freute, schlossen die Verhältnisse von selbst es ,aß etwa der erste Direktor oder der erste

onrut elGaft, an Königshöfe gegangen wä­

ren, von denen als befreundete oder wenigstens neutrale immerhin der spanische und der preu­ßische in Betracht kommen konnten. Aber auch die vom 4. September 1870 sglscheit gedacht e Mae Mahon uir groacht, obwohl, wenigstens

Mac Mahon ein sehr würdiger Repräsentant von fast königlichem Auftreten gewesen sein

Faure brach das Eis durch seine Reise nach Petersburg, gleich an den Regie­

rungssitz des wenigst demokratischen Alleinherr­michekung die geschichtliche Ent­ng. die Erben der großen Revolution zu einem Bundnisvertrage zusammengeführt hatte.

Poincaré, der Präsident der Gegen­wird niemand von ihm Lächerlichkeiten befürchten, wie sie Faure zustie­ßen, der sich schon durch seinen vor Antritt der Reite, nach,der russischen Hauptstadt durchge­machten Reitrursus zur komischen Figur gemacht hatte, noch plumpe Vertraulichkeiten, wie sie im Haag an Fallières auffielen. Aber zwischen der schlichtbürgerlichen Eleganz Lou­und der staatsmännischen Selbstverständ­lichkeit, mit der sich sein zweiter Nachfolger zu

sewegen, versteht, ist doch noch ein bedeutender

Unterschied. Derneue Herr hat ja sein Probestück äußerlicher und innerlicher Hoffähig­keit bereits im Vorsommer in Petersburg ab­gelegt. Es war ja eine merkwürdige Minister­präsidentenreise: daß der Herr mit einem gan­zen Geschwader an den Newastrand fuhr, gab sich fast wie eine Nachahmung von Wilhelms II.

Baltischpart; Damals wußte die Oeffentlichkeit noch nichts davon, daß er seine Kandidatur für die Präsidenten=Neuwahl

des. Januar aussiellen werde. Er selbst war sich naturlich längst über seine Pläne im klaren und kannte seine Landsleute zu gut, um nicht ge­nau den Eindruck zu berechnen, den es machen mußte, wenn ein Vertreter dergroßen Na­tion in der aristokratischen Sphäre Petersburgs eine gute Figur machte und sogar den würdi­gen aber etwas steifen Herrn v. Bethmann Hollweg ausstach, der vor ihm dagewesen war. Nach der Zaren=Residenz war Poincaré im Aufzuge eines Kronprinzen gefahren. Nach London kommt er heute als König. Wir glau­ben ja nicht, daß dem Zivilisten Poincaré na­poleonischer Ehrgeiz mit gar zu kühnen Träu­men die Sinne benebelt. Dazu ist Herr Ray­mond ein zu klarer Rechner. Daß seine wan­kelmütige, feministisch dem Geiste der Mode fol­Nation gelegentlich ganz gern wieder ein­mal einen Hof mit dem Glanze des königs oder der Bonavartes in ihrer Mitte ha­ben möchte, weiß er; aber auch, daß im heu­tigen Frankreich auch kein Dionysios eine Ty­rannei aufbauen könnte, solange er keinen Kriegslorbeer um seine Schläfen gewunden hat: ihren Boulanger hat sie schließlich sich doch noch abgeschüttelt, der das Ding mit einer Vorschuß­Glortole zu machen hoffte! Aber schon vor sei­ner Wahl hatte Poincaré angekündigt, daß er eine Präsidentschaftsstellung mit allen ihren verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu erfüllen gedente; und in der ganzen Art, wie heute in FStantreich, regiert wird, spürt man die Hand kraftvollen Wollers. Die Zeiten, wo in lerz Krisen der Name des guten Papa Fal­verüßeruu genannt wurde, sind augenblicklich

entspricht es denn auch den tatsächlichen Verhältnissen, wenn ein förmliches Geschwader dem bürgerlichen Herrn entgegenfahren wird, sobald er sich der Rheede von Spithead nähert. Es ist bemerkenswert, daß sein erster Be­uch dem englischen Nachbarn gilt und nicht dem enger verbündeten Rußland, wie es bei seinen drei Vorgängern der Fall gewesen war. Aeußerlich ergab sich ja diese Abweichung da­durch, daß er in Rußland eben schon, wenn auch in anderer Stellung gewesen war. Aber auch die größere geographische Nähe begrün­

dete noch nicht diese geänderte Reihenfolge. Die dauptsache ist: Rußlands glaubt man gegen­wärtig in Paris ziemlich sicher zu sein, Eng­lands Haltung aber ist in der letzten Zeit recht zweifelhaft geworden. Schon die Fabrikation zeitgeschichtlich=prophetischer Romane beginnt, mit deutsch=englischen Annäherungen zu rechnen,

die ihre Spitze gegen die bisherigen Entente­Genossen wenden. Natürlich laufen solche Phan­fastereien der Wirklichkeit voraus. Aber im of­hener Parlamente ist die Erklärung des Pre­gefallen, daß englische Soldaten für fran­sosischerseits heraufbeschworene Revanche=Kriege licht zur Verfügung stehen. Die Jahre der Einkretsungs"=Politik sind vorüber. Da heißt es nach dem Rechten sehen.

Ohes dem gewandten Diplomaten gelin­die Entwickelung der letzten Monate unaeschehen zu machen, muß abgewartet wer­

Sondoß uhieft nicht so aus, als ob man in den Gast hinausgeslanzende Höflichleit gegen Sicherheit fraitichwe Daß von voller

bleißt zu freilich noch keine Rede sein lann,

das ausgemacht. Bezeichnend ist vor allem,

freundlicher wie vor die Tories den Besuch begrüßen als die noch am Ruder

velzen enggsartei. Und der Zeitpunkt eines näher Ften Systemwechsels rückt sichtlich immer ein.. Parteien bleibt es

Oppositian site in der oder in der Regierung sind. Und Herr Lansdowne wird sich kaum der Ein­

sicht entziehen, daß König Eduards Entente von

Reval den englischen Zwecken schlecht gedient

Die größere Wahrscheinlichkeit besteht, daß man den französischen Gast in London darauf hinweisen wird, daß eine Politik blinder russi­scher Gefolgschaft, wie sie gerade gegenwärtig mit so schroff ausgeprägter Tendenz in Paris um der eigenen Vogesenschmerzen willen be­liebt wird, den englischen Interessen recht we­nig entspreche.

vom Tage.

= Berlin, 25. Juni 1913.

Die Leiche des früheren Kommandanten des untergegangenen TorpedobbotsS. 178, Kapitän­leutnant v. Zastrow, der bei einer Bootfahrt ver­unglückte, ist an der Küste von Amrum geborgen worden.

*

Die Ersatzwahl im 7. Wahlkreise(Aemter Schöt­mar und Oerlinghausen) zum Lippeschen Landtag findet am Sonnabend dieser Woche statt. Liberaler Kandidat ist der Kaufmann Wilhelm Wegescheidt in Oerlinghausen. Die Sozialdemokraten haben den Konsumvereinsbeamten Cronshage=Oerlinghausen aufgestellt.

*

Präsident Wilson verlas im Kungreß ein kurze eindringliche Botschaft, in welcher er eine unverzüg­liche gesetzliche Regelung des Geldum­laufs empfiehlt, um das neue Zolltarifsystem zu ergänzen und das geschäftliche Leben der Nation auf eine sichere wirtschaftliche Grundlage zu stellen.

*

Der Flieger Brindejonc, der gestern morgen um 2,55 Uhr in Getschina aufgestiegen war, ist um 5,45 Uhr in Reval gelandet.

Die zweite Lesung des Wehr­beitrages.

Die Budgetkommission des Reichstages be­gann gestern die zweite Lesung der Gesetzent­würfe betr. die Deckung der fortdauernden Aus­gaben für die Heeresverstärkung. Zunächst wur­den aus dem Gesetzentwurf betr. Aenderungen im Finanzwesen die Paragraphen 46, die die Schaffung einer Gold= und Silberreserve zur Verstärkung des Reichskriegsschatzes bezwecken, unverändert angenommen.

Dann wandte sich die Kommission dem

Hof mit dem Glanze des Sonnen= 1(Reich.. Besichsieuergeset

gmngs ooer der Bonapartes in ihrer Mitte ha- ig in Har#stagstessssteuer) zu und nahm möchte waiß er; abor ch. d 6 iu haft, die in der ersten Lesung angenommenen Para­

graphen 111(Begriff des Vermögens) unver­ändert an.

Bei den Vorschriften über die subjektive Steuerpflicht und Steuerbefreiungen wurde im Paragraphen 13 die untere Zuwachs­grenze, bis zu der die Abgabe nicht erhoben wird, auf 10 000 Mark belassen.

In Paragraph 14, Absatz 1, wurde die Er­höhung der unteren Vermögensgrenze, die für die Zuwachsbesteuerung in Betracht kommt, von 6000 auf 20000 Mark gelassen.

Die in erster Lesung neu ausgenommene Bestimmung über die Besteuerung einer Erbschaft minderjähriger Des­zendenten wurde unverändert aufrecht­erhalten.

Zu§ 17 beantragten die Nationalliberalen und Fortschrittler:Der nach dem Zuwachs­steuergesetz vom 14. Februar 1911 dem Reiche und den Bundesstaaten zufallende Anteil der Zuwachssteuer wird, wenn das Grundstück nach dem 1. Juli 1913 in fremdes Eigentum über­geht, nicht mehr erhoben. Den Gemeinden(Ge­meindeverbänden) ist es gestattet, den auf sie entfallenden Anteil so lange weiter zu erheben, als bis die Regierung des zuständigen Bundes­staats Widerspruch erhebt.

Einer der Antragsteller glaubt, der Antrag zeige den geeigneten Weg zur

Aufhebung des Grundstückswertzuwachs­steuergesetzes.

Staatssekretär Kühn erwiderte: Die plötz­liche Aufhebung würde das Vertrauen in die Beständigkeit der Gesetzgeber erschüttern. Da in den Gemeinden die Steuer weiter bestehen sollte, würden alle gerügten Mißstände weiter bestehen. Endlich sei der entstehende finanzielle Ausfall von jährlich mindestens 28 Millionen Mark zu berücksichtigen.

In der Abstimmung wurde der genannte Antrag der Fortschrittler und Nationalliberalen betreffend Beseitigung des Grundstückswert­zuwachssteuer=Gesetzes angenommen, ebenso die von ihnen beantragte Resolution, dem Reichs­tage einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Voraussetzungen regelt, unter denen den Ge­

meinden und Gemeindeverbänden mit Genehmi­gung ihrer Landesregierung die Erhebung einer Steuer auf den beim Grundstücksverkehr sich er­gebenden Wertzuwachs gestattet sein soll.

Reichsschatzsekretär Kühn erklärte: Der soeben gefaßte Beschluß über die Beseitigung des Wertzuwachssteuergesetzes von 1911 bedeu­tet einen Ausfall von weiteren 20 Millionen Mark dauernd, wofür keine Deckung vorhanden ist, und von 75 Millionen für die Uebergangs­zeit bis 1917.

i Sierauf erledigte die Kommission die zu­rückgestellten Paragraphen des Gesetzentwurfs betr. Aenderung im Finanzwesen nach den Be­schlüssen der ersten Lesung. Danach bleibt

die Erhöhung der Matrikularbeiträge abgelehnt.

Die Zuckersteuer soll unverkürzt aufrechterhalten werden, die Besteuerung der Schecks bleibt ge­strichen.

In der weiteren Beratung des Besitzsteuer­gesetzes wurde die Staffelung der Steuersätze (Paragraph 24) nach den Beschlüssen der ersten Lesung aufrechterhalten, ebenso Paragraph 25a (Kinderprivileg). Die Vorschriften über Rechts­mittel(Paragraphen 6062) bleiben unverän­dert nach den Beschlüssen der ersten Lesung.

Bei den Vorschriften über die Fälligkeit der Steuern wurde auf Antrag des Bericht­erstatters ein neuer Paragraph 65a eingeschal­tet. Danach wird, wenn die Veranlagung zu Unrecht unterblieben ist, die Pflicht zur Zah­lung der Besitzsteuer nicht berührt.

Der unter den Schlußvorschriften in erster Lesung neu ausgenommene Paragraph 77a, wo­nach die Bundesstaaten für die erste Veranla­gung und Erhebung 10 Prozent, später 5 Pro­zent des Ertrages als Vergütung erhalten. blieb unverändert. Die Vertreter Bayerns, Württembergs und der Reichslande hatten er­klärt, daß diese 5 Prozent nicht genügten.

nastenernits auch die zweite Lesung des Be­bggndet ge setzes(Reichsvermögenszuwachssteuer)

Die Kommission nahm sodann den Gesetz­entwurf betreffend Aenderung des Reichsstempel­gesetzes nach den Beschlüssen der ersten Lesung an mit der Aenderung, daß der in erster Le­sung gestrichene Reichsstempel auf Feuerversiche rungen für unbewegliche Gegenstände mit den Sätzen der Vorlage wiederhergestellt wurde.

digt Sedanne wurde der Ergänzungsetat erle­

vigr. Danach folgte die zweite Lesung des Ge­setzes betreffend

das Erbrecht des Staates.

Es herrschte vielfach die Ansicht, zum Ersatze für den aus der Ablehnung des Gesetzentwurfes sich ergebenden Ausfall das Steuergesetz vom 1906 zu verschärfen. Nach längerer Ge­ordnungsdebatte wurde der national­liberale Antrag mit großer Mehrheit angenom­men, der höhere Sätze für die Besteuerung der Seitenverwandten fordert, um den Ausfall an Steuererträgnissen zu decken, davon werden 7

Millionen erwartet. Außerdem wurde der grundlegende Paragraph 1 des Gesetzent­mit 14 Stimmen der Nationalliberalen, Fortschrittler und Sozialdemokraten angenom­men; durch diese Bestimmung soll der grund­legende Gedanke des Gesetzes aufrecht erhalten werden, und dies soll den Ausgangspunkt für die weitere Beratung bilden, doch soll diese ganze Beratung aus der Deckungskostenfrage für die Wehrvorlage ausgenommen werden.

beiten Pheendet, die Budgettommision ihre Nr.

teiligten, jetzt sind es 360. Das gibt uns Zugend, wie wir sie brauchen. Keine Uebermen­schen, aber gesunde Menschen mit gesunden Glie­dern und gesunden sittlichen Anschauungen. Mein Wunsch ist, daß die nächsten 25 Jahre dieselbe aufsteigende Kurve einhalten werden mögen. Das kann nur geschehen, wenn der Himmel es zuläßt, daß wir uns des Friedens erfreuen wie bisher. Der Kaiser verweilte nach dem Mahle noch längere Zeit an Bord im Kreise der Segler und kehrte dann auf dieHohenzollern zurück.

Die Sühne des Konstantinopeler Attentats.

* Konstantinopel, 25. Juni. Gestern vormittag wurden die zwölf wegen Er­mordung Schefket Paschas zum Tode Ver­urteilten durch den Strang hingerichtet.

Die Hinrichtung fand früh um vier Uhr auf dem Platz vor dem Kriegsministerium nicht weit von dem Orte des Attentats statt. Starke Truppen­spaliere umgaben die Galgen, die Verurteilten be­nahmen sich sehr kaltblütig. Die Leichen blieben einige Stunden hängen. Die Massenhinrichtung macht großes Aufsehen. Ein zahlreiches Publikum befand sich auf dem Platze. Polizei, Gendarmerie und Truppen erhalten die Ordnung aufrecht. Der hingerichtete Hauptmann Kiasim rief bei seiner Hin­richtung aus:Es lebe die Gerechtigkeit, nieder mit der Tyrannei, nieder mit den Freimaurern, ich muß sterben, aber im Lande werden 100000 Kiasime er­stehen. Tewfik und Damad Salih Pascha, der Schwiegersohn des Sultans, sowie der General­stabschef Oberst Fuad zeigten äußerste Fassung und ruhigen Ernst.

Eine Friedensrede des Kaisers.

* Brunsbüttelkoog, 25. Juni.

Bei der gestrigen Fahrt der A. I.=Klasse ge­wannHamburg II den Ehrenpreis der Stadt Hamburg,Meteor" wurde zweiter,Germania dritter. In der 19=Meter=Klasse gewannCäcilie von drei gestarteten Jachten, in der 15=Meter=Klasse Paula III, die gleichzeitig den Herausforderungs­preis des Kaisers erhielt. Von drei Jachten in der 12=Meter=Klasse gingHeti allein über die Bahn. In der 10=Meter=Klasse wurdePampera erster, in der 8=Meter=Klasse wurdeAntwerpia IV erster,Dolly III zweiter, im ganzen hatten vier Jachten gestartet. Der Kaiser kehrte um 5 Uhr an Bord derHohenzollern zurück.

Der Kaiser fuhr um Uhr mit Gefolge von derHohenzollern" nach dem TampferViktoria Luise" zum Regattadiner, Bürgermeister Dr. Schrö­der und Generaldirektor Ballin empfingen den Kai­ser und geleiteten ihn an Bord. Dort wurde der Kaiser von den Klängen der Nationalhymne und Fanfaren empfangen. Der Kaiser nahm darauf die Preisverteilung für die Regatta im Salon vor. Auf die Ansprache des Bürgermeisters Dr. Schrö­der erwiderte der Kaiser mit einer längeren An­sprache, in der er zunächst in herzlichen Worten des verstorbenen Bürgermeisters Dr. Burchard von Hamburg gedachte und dann fortfuhr:

Von den Huldigungen, die mir zu meinem Jubiläum gebracht worden. sind, steht mir noch der Tag von Grünau hell vor den Augen, wo die Vertreter von über 50000 deutschen Rude­rern mit 630 Booten und 3000 Ruderern zur Stelle waren. Vom Rheinstrom bis an den Pre­gel waren sie gekommen, und wo Vertreter der deutschen Ruderschaft uns mitteilen konnten, daß Deutschland mehr Ruderklubs hat als ganz Eu­ropa zusammen. Das ist ein Erfolg, auf den ich stolz bin. Wie ich zur Regierung kam, wa­ren es 8 Schulen, die sich am Rudersport be­

300 Soldaten in Osnabrück erkrankt.

Die Zahl der seltsamen Erkrankungen beim In­fanterie=Regiment Nr. 78 in Osnabrück hat sich noch erhöht, indem sie beim 1. Bataillon auf 265, beim 2. Bataillon auf 31 gestiegen ist. 35 Mann, die starkes Fieber hatten, sind nach dem Lazarett ge­bracht worden, doch besteht bei keinem Lebensge­fahr.

Die Nachforschungen nach der Krankheits­ursache haben bislang zu keinem Ergebnis ge­führt; der Mageninhalt verschiedener Soldaten wird gegenwärtig einer chemischen Untersuchung unter­worfen. Es werden natürlich die verschiedensten Vermutungen ausgesprochen. So hieß es, die Sol­daten hätten den Krankheitskeim schon von Mun­ster mitgebracht. Andere Versionen schieben die Schuld auf die Wasserleitung innerhalb der Ka­serne, speziell auf den Umstand, daß die Leitung während der Abwesenheit des Regiments in Mun­ster nicht benutzt worden sei und schlechte Stoffe in dieser Zeit angesetzt habe. Eine dritte Annahme geht dahin, daß Schierling zwischen Petersilie ge­raten sei, die den Soldaten im Gemisch mit Kar­toffeln verabreicht ist. Wahrscheinlich trifft keine dieser Annahmen zu. Mehr Wahrscheinlichkeit schließt die Annahme in sich, daß die Erkrankungen durch Fleischgenuß herbeigeführt worden sind, doch ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen. Aus Hannover ist eine Kommission zur Untersuchung an­wesend. Auch an den Kriegsminister ist ein Bericht abgesandt.

Sehr auffallend ist, daß sich die Erkrankungen auch auf das 2. Bataillon ausgedehnt haben, das einen Kilometer von dem 1. Bataillon entfernt un­tergebracht ist. Auch bei einigen Unteroffizieren und Mannschaften, die im Bureaudienst stehen, also mit den übrigen Leuten nicht direkt in Berührung kom­men, haben sich die Krankheitssymptome gezeigt, so­gar bei einigen Frauen von Unteroffizieren. Es scheint fast, als ob eine Ansteckung stattfände, was bei Brechdurchfall(dessen Merkmale am mei­sten hervortreten) nicht ausgeschlossen wäre.

Eine Anzahl Soldaten befindet sich bereits auf dem Wege der Besserung, doch macht sich bei ihnen eine große Mattigkeit geltend. Die Krankheit trat mit einer ungewöhnlichen Plötzlichkeit auf; es ist vorgekommen, daß Leute, die sich schon etwas matt fühlten und nach dem Kasernenhofe gingen, um frische Luft zu schöpfen, wankten und umfielen, oder daß sie sich außerstande sahen, wieder die Treppe hinauf nach ihren Stuben zu gelangen. Es sind natürlich alle Maßnahmen zur Behebung der Krankheit getroffen, die kranken Leute werden fast ausschließlich mit Milch und Haferschleim ernährt. Das 1. Bataillon ist vollständig außer Dienst, das 2. Bataillon hat die Wachen usw. übernommen.

Der Abg. Brey(Soz.) hat im Reichstage fol­gende Anfrage eingebracht: Ist dem Herrn Reichs­kanzler bekannt, daß im 78. Infanterie=Regiment zu Osnabrück zahlreiche Mannschaften erkrankt sind? Sind dem Herrn Reichskanzler die Ursachen dieser

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