kippische Tages-Zeitung

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Vertretungen in: Salzuflei fest allen Ortschaften de Hohenhausen, Barenholz, über 100 Vertretungen.

Nr. 33.

Verantwortlicher Redakteur: Willy Bruder, Detmold.

Detmold, Sonnabend, den s. Februar 19os.

Telegramm=Adresse: Tageszeitung, Detmold.

13. Jahrgang

Zum Sonntage.

Text: Offenb. Joh. 3, 15: Ich weiß deine Werte, daß du weder kalt noch warm

Religionsduldung ist von Religionsgleichgültigkeit himmelweit verschieden. Die Religionsgleichgültigkeit besteht in der Seringschaßung und Verachtung jeder Religion uver­haupt. Dem Gleichgültigen ist es einerlei, ob der, mit dem er umgeht, eine Religion habe, oder nicht. Er selbst hat keine Religion und ist gegen den Glauben seiner Väter gleichgültig. Dieser traurige in unseren Tagen so häufig sich findende Fehler hat aver mit der christlichen Tugend der Religionzdustung durchaus nichts gemein. Der rechte Christ ehrt die Religion anderer, weil auch er Ehrfurcht für seinen eigenen Glauben verlangt; er ehrt sie, weil sie für andere eine beseligende Ueberzeugung ist, gleichsam nur eine andere Seelensprache des Menschen zu Gott, und wer Gott fürchtet und recht tut, der ist Gott angenehm. Der in Religionssachen Gleichgültige übt zwar auch Duldung gegen fremde Glaubensgenossen, aber nicht aus dieser edlen Ueberzeugung wie der Christ, sondern aus Geringschätzung der Religion überhaupt. Er verlacht in seinem Herzen den Christen ebenso wie jeden Bekenner einer anderen Religion. Dies ist der große Unterschied zwischen Religions= duldung und Rligionsgleichgültigkeit. In unserer Zeit ist die Gleichgültigkeit gegen die Religion leider weit verbreitet. Wo­her kommt das? Nun, der Mensch. vom Morgen bis zum Abend mit Gedanken an seinen Erwerb od. mit Verdruß uver erlittenes Unrecht ode rmit Suchen nach neuen Vergnügungen beschäftigt, vergißt so leicht darüber eine höhere Natur, seinen Beruf. Er macht diese Nahrungssorge, diese vorübergehende Freube oder Traurigkeit hienieden zur Hauptsorge seines Lebens und die Religion, dieses Leben in Gott, dieses Atmen der Seele, zur Nebensache. Ein Mensch aber ohne Gottesliebe ohne religiöses Streben, mag er auch im bürgerlichen Leben nach Achtung und in Berufsdingen nach Anerkennung ringen liegt, wie die Schrift sagt, in den Banden der Finsternis, im Schatten des Todes. Er lebt nicht, nur sein Leib lebt. Er be­handelt die Ewigkeit wie einen bloßen Traum, aber den allzu­flüchtigen Traum dieses Erdenslebens wie eine unbegrenzte Ewigkeit. Was sagt aber Jesus?Was hülfe es dem Men schen, wenn er die ganze Welt gewönne u. nähme doch Schaden an seiner Seele?" Der Gleichgültige wird einst dem Gericht des Wortes anheimfallen: Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Darum auf, auf, liebe Seele, entflamme wieder von heiligen Empfindungen für Gott und deine höhere Bestimmung!

Nie gelbe Gefahr.

(Ein Vortrag des Generals Freiherrn von der Goltz.)

General der Insanterie Freiherr von der Goltz, der kürzlich nach Berlin versetzte Generalinspekteur der 6. Armeeinspektion und Präsident der Deutsch=Asiatischen Gesellschaft, hielt in den Kreisen dieser Gesellschaft und ihrer Gäste einen Vortrag überDie gelbe Gefahr im Licht der Geschichte. Unter den Anwesenden bemerkte man u. a. den Staatsminister Hentig, General­major v. Zeppelin, General der Kavallerie v. Kleist, Gene­ral von Lindenau, Generalleutnant v. Pelet=Narbonne, Wirklichen Geheimen Kriegsrat Dr. Seidenspinner, Frei­herrn v. Diepenbroick=Grüter, den Gesandten Raschdau, zwei chinesische Artillerieoffiziere, sowie zahlreiche Offiziere des Generalstabes.

Der Vortragende wies zunächst darauf hin, welche außerordentliche Ueberraschung der gesamten Welt durch das Auftreten Javans seit dem chinesischen Kriege und durch seinen siegreichen Kampf gegen Rußland bereitet worden ist. Er ging dann auf das Erwachen Chinas in unseren Tagen näher ein und erinnerte an die Zeit vor etwa 50 Jahren, wo die beiden großen Länder des fernen Orients für uns nur noch in einer nebelhaften serne zu liegen schienen und ihr kräftiges Eintreten in den Wettbewerb mit den abendländischen Groß= u. Seemächten für etwas Unmögliches gehalten wurde.

Zum ersten Male freilich wurde die westliche Welt im Jahre 1863 dadurch in Staunen gesetzt, daß es einem eng­lischen Geschwader nicht gelang, die Reede von Kogo­shima zu forcieren, sondern unter bedeutenden Havarien von japanischen Küstenbatterien abgewiesen wurde. Aber der große Eindruck, den dieses alarmierende Ereignis machte, wurde schon im folgenden Jahre durch das Ein­laufen eines verbündeten Geschwaders fast aller bedeu­tenden weißen Seemächte in Hasen von Shimonoseki verwischt.

Auch der japanisch=chinesische Krieg führte noch nicht zu einem richtigen Urteil über die Kraft und

Albumblätter.

Selig, wem die Träne rinnt,

Dicht wie Regentropsen fallen,

Ungeweinte Tränen sind Wohl die schmerzlichsten von allen.

Prutz,

Auf eigener Spur.

Kriminalroman von Otto Hoecker.

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Major a.D.von Tschudi Hauplmann a.D.Wolff

Die deufschen Ingenieure des Sulfans von Marokko in ihrer marokkanischen Tracht

des deutschen Heeres gestanden, war 1883 beim 80. Regimen eingetreten und 1897 als Hauptmann zur Luftschifferabteilung versetzt worden. Bis zuletzt war er noch Lehrer bei dieser Truppe, war aber z. Dienstleistung beim Telegraphenbataillon kommandiert worden. Der Sultan lernte Hauptmann von Tschudi kennen, als ihm dieser einst einen Apparat für draht­

In maroktanischen Diensten.

Zwei deutsche Offiziere stehen zurzeit im Dienste des Sul­nan Marokko. Der eine. Rittmeister Wolff vom

tans von Marokko. Der eine, Rittmeister Württembergischen Dragoner=Regiment Königin Olga, kom mandiert zur Militärtechnischen Akodemie in Ber#in

wurde

Berlin angebörte. Er hat 24 Jahre im Dienste schiffahrt ernannte ihn zum Ehrenmitgliede.

Japans, da es einen,gilitärisch ihm nicht ebenbürtigen Gegner zu bekämpfen gehabt hatte. So war denn im Beginn des mandschurischen Krieges die all­gemein in Europa berrschende Empfindung ein Gefühl des Mitlicds mit den Japanern, die sich dem Anscheine nach unbesonnen in ein über ihre Kräfte hinausgehendes Un­ternehmen stürzten.

Japan besitzt zurzeit ein Heer, das erwa dem Heer des Norddeutschen Bundes gleich­kommt, und dazu eine starke Flotte, welche die erste große moderne Seeschlacht zwischen Panzergeschwadern gewonnen hat. China ist im Begriff ein Heer aufzustellen, das im Frieden demjenigen des deutschen nur wenig nachstehen wird.

Auf diese Ueberraschung hätte die abendländische Welt sich durch aufmerksame Verfolgung der Taten der mongo­lischen Rasse in der Geschichte vorbereiten können. Dieser Teil der Weltgeschichte ist ndessen im allgemeinen nur wenig beachtet worden. Wir begen die Vorstellung, daß es sich bei den großen mongolischen Eroberungen nur um weite Raubzüge zahlreicher Nomadenhorden gehandelt lat, die, nachdem sie einmal in Bewegung gekummen waren, von der Lust am Rauben, Morden und Plündern fortge trieben wurden. Um diese Vorstellung zu berichtigen ging General von der Goltz auf die Feldzüge Diinghis=Chans, Hulagus, Batus, Kubilcis und Timur=lenks näher ein. Er wies nach, daß der erste Mongoleneinbruch von 1212 unter Djingbis=Chan, der vom oberen Ural ausging, kei­neswegs dünn bevölkerte und schlecht verteidigte Länder traf, sondern vielmehr ein System reicher und wohl aus­

gerüsteter Großstaaten, wie das nord= und das südchine­sische, das Tungutenreich und die Reiche von Djagatai und Khuaresm. Unter gewaltigen Kämpfen war diese ganze asiatische Kulturwelt innerhalb 17 Jahren von dem großen Mongolenkaiser unterworfen. Nach seinem Tode setzten sich die Eroberungszüge einerseits in China, andererseits im westlichen Asien und im östlichen Europa fort. Trotz wiederholter Rückschläge, ja schwerer Niederlagen blieben die Mongolen am Ende immer Sieger. Aber auch in den anderen asiatischen Völkerschaften, namentlich denen des Ostens, in China, fanden sie ihrer würdige Gegner. Die Froberung Lapans, die von Kubilai, dem ersten Großchan, der seinen Sitz in der neu errichteten Hauptstadt Peting genommen, versucht wurde, scheiterte an einem furchtbaren Sturm in der Straße von Tsuschima, in der kürzlich die entscheidende Seeschlacht zwischen Rußland und Japan statt­

##ns

Europa kam, insbesondere durch Batu, den Herrscher des in Rußland gegründeten Reiches von Kiptschak, der in der Schlacht von Liegnitz die schlesischen Herzöge und die deutschen Ritter schlug, in Gefahr. Sein Wunsch soll es gewesen sein, sich mit den Franzosen zu messen, die er für das in der Kriegskunst am meisten fortgeschrittene Volk des Abendlandes hielt. Nur der lange dauernde Wider­stand von Budapest und der Zufall, daß Großchans Ogtai ihn zur Kaiserwahl nach Asten zurückrief. scheinen damals Westeuropa vor mongolischer Ueberschwem mung bewahrt zu haben.

Der Vortragende knüpft an diese Schilderungen, die bezüglich des kriegsgeschichtlichen Teiles auf einem von

seinem Sohne, dem jetzt in Argentinien tätigen Major Freiherrn von der Goltz veröffentlichten Werke

Gefahr im Lichte der Geschichte. Leipzig, bei Friedrich En­

gelmann.) beruhten, die Bemerkung, daß es nicht seine Ab­sicht sei, Europa vor einem neuen Mongoleneinbruch bange zu machen. Es ist allerdings richtig, daß die beere, über deren Streiterzahl man gar keine bestimmten

Angaben besitzt, die aber doch in einzelnen Fällen Nag

Hunderttausenden zählten, es verstanden haben, wasserlose Busten ebenso zu überwinden wie, sehgegges gaeeJchef birge. Man muß sogar zugeben, daß es für die militäri­chen Autoritäten unserer Zeit ein Rätsel bleibt, wie es Rungen 18 de grobe Menichenmasen and zuger ger

Tausenden von Kilometern zu ernähren Nötigen zu versehen. Eine Wiederholung ist aber deunoch nicht zu befürchten. Selbst die bedürfnislosen Soldaten des fernen Ostens würden heute ähnlicher Gewaltleistun­gen nicht mehr fähig sein. Die moderne Kriegsausrüttung.

bie Rotwendigkeit, ein Heer mit Muniti.n und Augrtitung auch auf Nachschublinien unausgesetzt frisch zu versehen, verbieten es. Die kriegerische Rüstung des europäischen

Abendlandes aber hat sich seit dem Mi eialter,eb# dikal verändert, das heißt vervollkommnet, wie die Be­völkerungszahl gewachsen ist. Kein neuer Batu mehr wird

daran denken können, Deutschland zu durchziehen, um den ersehnten Waffengang mit den Franzosen zu beginnen. Eher können kriegerische Verwickelungen sich im großen Becken des Stillen Ozeans aus dem Kolo­nisationsbetrieb der gelben Rasse ergeben. China sowohl

wi: Japan leiden unter einem Volksüberschuß. In China bildeten in älteren Zeiten der Kindesmord und große Ueberschwemmungen die einfachsten Regulatoren gegen die­ses Uebel. Mit dem Eintreten geordneter Verhältnisse und staatlicher Fürsorge müsse sie schwinden, und die Uebervölkerung wird fortschreitend zunehmen. So sind denn die Küsten Amerikas, die Inselwelt des Ostens, Au­stralien usw. zunächst von einer Invasion durch die be­benden und arbeitsamen gelben Männer bedroht. Die ersten Konflikte mit der weißen Rasse haben sich daraus kurzlich schon ergeben. Die Regierungen sind friedlich ge­sonnen und werden das ihrige tun, die ganze Bewegung in friedlichen Bahnen zu halten. Aber diese kann wohl eines Tages mächtiger werden, als sie es sind, und der kriege­rische Ausbruch durch die Gewalt der Umstände herbei­

Aber auch diese Vorgänge würden uns fern liegen und söchstens den Kolonialbesatz der abenländischen Mächte im Stillen Ozean und vielleicht im Indischen Meere berühren.

Wichtiger ist es, und dies betonte der Vortragende. be­onders, sich ganz im allgemeinen klar zu werden über die bedeutenden Eigenschaften und die erstaunliche Leistungs­fähigkeit, welche die gelbe Rasse historisch nachweisbar an den Tag gelegt hat. Beide werden sich auch im friedlichen Wettbewerb mehr und mehr fühlbar machen. An Fleiß, Ausdauer, Genügsamkeit, Zähigkeit und auch Schlaubett besitzt die weiße Rasse in der gelben einen höchst gefährlichen Nebenbuhler. Eines aber zeichnet die Völker des sernen Ostens vor den europäischen besonders aus, das ist ein scharf ausgeprägtes Solidaritätsgefühl, das sich u. a. in Japan in einen glühenden Patriotismus

und großes Selbstgefühl umgesetzt hat. Hierüber sollten die Völker des Westens sich klar sein und auf allen Ge­bieten menschlicher Betätigung, nicht bloß auf dem kriege­rischen danach streben, es den drohenden Nebenbuhlern gleichzutun. In Handel und Industrie werden sie in der Zukunft einen immer härteren Stand ha­ben, wenn sie in den oben bezeichneten Eigenschaften mit den Gelben nicht zu wetteifern imstande sind oder sich nicht dazu ermannen. Dies mögen, und zwar nicht an

Stelle, sich auch die breiten verwöhnten Arbeitermassen des Abendlandes gesagt sein lassen, oder die Erzeugnisse euro­päischen Gewerbefleißes werden von Jahr zu hahr mehr

gegen die eigenen Grenzen zurückgedrängt werden und am Ende den Boden, den sie zur Lebensfähigkeit brauchen, ver­loren gehen sehen. Dies und nicht kriegerische Erobe­rungszüge bildet die eigentliche gelbe Gefahr, die wir aus der Geschichte kennen lernen können.

Gesandter Raschdau dankte im Namen der Deutsch=Aft­tischen Gesellschaft und ihrer Gäste dem Vortragenden für seine lehrreichen Ausführungen.

Ein Sieg der Bur n.

Die Wahlen zur gesetzgebenden Versammlung der Kaptolonie haben einen erdrückenden Sieg der südafrikanischen Partei über die bisher berr­schende englische Partei der Progressisten ergeben. Zwei Drittel der Wahlen haben gegen die Progressisten gestimmt. Die Blätter desBond erklären, der Premierminister Jameson müsse sofort zurücktreten(ist auch in­zwischen geschehen) und der Bondführer Merriman

das

(Nachdruck verboten.) Witte sah ihn groß an; dann lachte er nervös auf.Das kann doch Ihr Ernst nicht sein! brach er dann los.Was werde ich gemacht haben? Nach Kause ging ich, natürlich allein, denn sogar in Berlin trifft man um solche nachtschlafende Zeit kaum Bekannte.

Bleiben wir bei Tatsachen, wehrte der Rat, ersichtlich unangenehm durch den herausfordernden Ton des anderen be­rührt.Wann kamen Sie nach Hause?

Das weiß ist nicht, denn ich ecinnere mich nicht die Uhr befragt zu haben. Ich war zudem erregt und schlug nicht den kürzesten Weg ein. Vielleicht kam ich um 5 Uhr nach Hause, vielleicht auch früher oder später ich weiß es nicht... und andere noch weniger, da ich ziemlich isoliert wohne.

Das bedauere ich in Ihrem Interesse, zumal sie Aus länder sind.

Was hat denn das mit dem peinlichen Falle da zu tun? Sehr viel, soweit Ihre Persönlichkeit in Betracht kommt. Vergegenwärtigen Ste sich di eLage. Sie selbst räumen ein, den Trunkenen na chder Droschke gebracht zu haben, in welcher er nachher seinen gewaltsamen Tod fand. Nun wollen Sie sich zwar entfernt haben, doch an der Hand der Zeugenaussagen spricht die Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil.

Sie vergessen auf meine Aussage! Es ist die Aussage Es ist die Aussage eines untadeligen Ehrenmannes!: unter brach ihn Witte, hochmütig die Lippen schürzend.

Die Kriminatpolizei urteilt notgedrungen an der Hand anderer Maßstäbe, lautete das frostige Bedauern des Rats. Nun scheint es ferner festzustehen, daß Sie auch den Chloro­formeinkauf in der Askanischen Apotheke bewirkt haben.. die leere Flasche wurde nachher in der Droschke aufgefunden.

Das ist die reine Unwahrheit um mich nicht schärter auszudrücken! entfuhr es dem Maler hochgradig gereizt.

Ich wünschte es in ihrem Interesse. Jedenfalls habe ich als Beamter pflichtgemäß mit dem vorliegenden Verdacht zu rechnen. Ein eigentümlicher Zufall war es schließlich, daß Taschentücher von derselben Sorte, wie sie von ihnen tagtäglich benützt wird, ja, sogar mit Ihrem Monogramm versehen, in der Droschke aufgefunden wurden... mithin sind Sie hin­reichend verdächtig, um den gewaltsamen Tod des Backer oder Schuhmacher mehr zu wissen, als Sie anzugeben geneigt sind. Da Sie als Ausländer ohne weiteres fluchtverdächtig er­scheinen, sehe ich mich in Erfüllung meiner in diesem Falle besonders schweren Amtspflicht gezwungen. Sie für vorläufig verhaftet zu erklären.

Witte zuckte zusammen, wie von einem Schlage getroffen. Sein Gesicht hatte sich entfärbt, seine Lippen zitterten, nur die Augen sprühten das vorige, stolze, verächtlich anmutende Feuer.Großartig in der Tat! meinte er gedehnt.Sie verhaften mich... zum Dank für meine Freundlichkeit, Ihnen unaufgefordert Auskunft zu erteilen.

Lieber Herr, ich erfülle nur meine Pflicht. Ich würde gegen meine eigene Tochter nicht anders verfahren und ob mir das Herz darüber bräche. Die Pflicht über alles. Uebri gens ist die Sache nicht so schlimm. Ich sorge schon dafür daß Sie erträglich unterkommen. Ueber Ihr ferneres Schick­sal hst morgen der Untersuchungsrichter zu bestimmen.

Die erste Aufregung des Verhafteten war schon dahinge­schwunden; er suchte sich nur mit leidlicher Fassung in seine Lage zu schicken.Zu Ihren Diensten, Herr Nat, sagte er mit fast humoristisch klingender Stimmfärbung.Freilich, ich hatte nie geglaubt, daß ich Sie so bald auch von dieser Seite kennen lernen sollte.

Kaum sah sich der Rat mit Walden allein, der wie apa­thisch, als ob er von den Vorgängen im Zimmer garnichts wahrgenommen, dasaß, als er auch schon in großer Bewegung auf ihn zutrat.Um des Himmelswillen, Mann, was soll ich von dem ganzen Vorgange halten! brach er mit mühsam unterdrückter Heftigkeit los.

Er begegnete einem kühl erstaunten Blick seines Unter­gebenen.Wie meinen Sie das, Herr Rat? fragte Walden in seiner gewohnten ruhigen Weise.Ich verstehe Sie nicht ich glaubte vorhin bereits Ihrem Blicke mit für mich rätselhaftem Ausdrucke begegnet zu sein.

Hansemann packte ihn fast ungestüm beim Arm.Walden, erlassen Sie mir es, Ihnen zu sagen, was ich immer empfunden habe und auch jetzt noch für Sie übrig habe. Doch erklären Sie mir, welche Deutung ich diesen Vorkommnissen geben mun:.... Man sagt Ihnen die Täuschung ins Gesicht hinein, man

Verzeihung, daß ich widerspreche. Ich habe deutlich ge­nug bekundet, daß die Behauptung des inzwischen von Ihnen als verdächtig Verhafteten unwahr ist. Ich gebe zu, daß das Vorhandensein der Stirnnarbe auch mich frappierte. Ja, auch ich glaubte zuerst Gustav Schuhmacher vor mir zu haben, ob­gleich ich ihn doch Tags zuvor nach dem Lehrter Bahnhof ge­leitet hatte. Darum meine Schwäche, die Ihnen ja genugsam aufgefallen ist. Ich beruhigte mich jedoch bald, als näherer Augenschein mich von meinem Irrtum überzeugte und es mir immer klarer wurde., daß die Aehnlichkeit nur eine oberfläch liche, der Tote vielmehr mit dem berüchtigten internationalen Einbrecher identisch ist.

Und das unter solchen Umständen auffällige Verschwinden der drei Bildkarten aus dem Verbrecheralbum?

Walden zuckte mit den Achseln.Was soll ich da sagen Herr Rat! Ich kann nur mit großer Betrübnis feststellen, daß ich Ihr Vertrauen verloren habe. So hart mich das auch trifft, so tröstet mich dennoch das Bewußtsein getreulicher Pflichterfüllung.

Hansemann blickte dem anderen so unverwandt in die Augen, als ob er auf dessen Seelengrund lesen wollte. In fast weichem, bittend klingenden Tone meinte er dann:Wal ben, muß ich Sie daran erinnern, wie wir zusammen stehen? Wollen Sie sich nicht dem Freunde offenbaren, solange es noch Zeit ist? Sie mögen sich eine Unkorrektheit haben zuschulden kommen lassen, ich will mich darüber nicht weiter auslassen, sondern Ihnen nur meine Bereitwilligkeit ausdrücken, sie zu vertuschen, soweit dies möglich ist.

Doch Walden begegnete fest und unbeirrt dem forschend auf ihn gerichteten Blicke.Herr Rat, ich habe bisher jeder­zeit meine Handlungen vor dem Richterstuhl meines Gewissens verantworten können so verhält es sich auch setzt! erklärte er ernst und gefaßt.Ihr plönlicher Zweifel an meiner Zu verlässigkeit schmerzt mich tief. Joch zu irgend welcher privaten Mikkeilung sehe ich mich nicht veranltß.

Der Rat nickte langsam.Möge ich Ihnen Unrecht getan haben, sagte er herzlicher.Ich gestehe offen, die Sache vor

hin bestürzte mich. Mag sein, der Schein trügt, wie so oft, auch in diesem Falle.

Der Rat ließ den Gegenstand ohne weiteres fallen und nahm aus der Schublade das Bild des jungen Hildenbrand. Er händigte es dem Detektiv ein.Ich habe diese Sache ver­önlich bearbeiten wollen, werde indessen voraussichtlich heute nicht dazu kommen. Suchen Sie Revierleutnant Beier auf und begeben Sie sich mik ihm nach Plötzensee. Dort lassen Sie sich den jungen Eilenburg vorführen; der Leutnant kennt ihn ge­nau. Ueberzeugen Sie sich von der Identität des Gefangenen. Ich hege den Verdacht, daß dieser gar nicht in eigener Person den Straftermin abbüßt, sondern sich in dem Original des Bildes hier einen Stellvertreter besorgt hat.

Waldens Lippen umzuckte es bitter.Ich verstehe, Herr Rat, Sie wollen mich einstweilen kalt stellen. Daher dieser Auftrag.

Hansemann konnte keinen Widerspruch vertragen; ange­sichts eines solchen wurde er zumeist maßlos heftig. Eben jedoch runzelte sich nur seine Stirn und er machte eine ungeduldige, verabschiedende Handbewegung. Von der pünktlichen Er­üllung meines Auftrages hängt viel ab. Sobald Sie Gewisses erfahren haben werden, rufen Sie mich durch den Fernsprecher an, und nun gehen Siel" 44

Mit einem besorgten Blick folgte d. Rat der schlanken Ge­stalt des sich Entfernenden. Als hinter diesem sich die Aus­gangstür geschlossen, schüttelte er unmutig mit dem Kopfe. Wie in großer Angst blickten seine gütigen Augen. Doch gleich dar­auf versteinerten sich seine Züge und der menschenfreundliche Ausdruck wich von ihnen.Mag kommen, was will ich werde meine Pflicht tun! sagte er leise um sich in der Sekunde darauf mit gewohntem Mienenausdruck dem wieder ins Zim­mer tretenden Kommissar Thommen zuzuwenden.

12. Kapitel.

Um die Mittagsstunde desselben Tages hielt vor der durch einen geräumigen Vorgarten von der Fluchtlinie der Tier­gartenstraße geschiedenen eleganten Selkenbachschen Villa eine geschlossene Droschke, ein sogenannter Landauer, welcher vier Herren entstiegen. Es waren die Räte Hansemann und Kneist. Kommissar Thommen und noch ein weiterer Kriminalbeamter, welche gleich darauf durch ein schrilles Klingelzeichen Einlaß heischten, während der Kutscher die beiden Pferde zudeckte und sich anschickte, die Rückkehr seiner Fahrgäste zu erwarten.

(Fortsetzung folgt.)