ORGAN FUR DASARBEITENDE VOLK
MITTEILUNGSBLATT DER FREIEN GEWERKSCHAFTEN, DER ARBEITERSPORTVEREINE UND DES REICHSBANNERS
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Das Volk##ill Leben!
Die Jozialdemokratie an den Reichskansler
Berlin, 21. Mai.(Drahtmeldung.) Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion beschloß am Donnerstag, die Reichstagsfraktion für Donnerstag, den 28. Mai, nach Berlin einzuberufen. Er beschäftigte sich ferner mit der politischen Lage und beschloß u. a. beim Reichskanzler Dr. Brünnig erneut ernste Vorstellungen in der Brotpreisfrage zu erheben und zu verlangen, daß die Regierung durch eine allgemeine Senkung des Weizen- und Roggenzolles binnen kürzester Frist die Gewähr für die Vermeidung weiterer Brotpreiserhöhungen und für die Rückgängigmachung der bishe rigen Preissteigerung schaffe. Der Reichskanzler soll dabei nachdrücklichst auf die politischen Folgen aufmerk sam gemacht werden, die durch ein Versagen der Reichsregierung, die in dieser politisch und psychologisch so un gemein bedeutungsvollen Angelegenheit entstehen würden. Ohne den Beschlüssen der Fraktion vorzugreifen, stellte sich der Vorstand ferner auf den Standpunkt, daß die überaus ernste Finanzlage der öffentlichen Körper schaften nicht zu einem Abbau der sozialen Einrichtungen durch eine neue Notverordnung benutzt werden dürfe. Die Finanzsanierung müsse mit Mitteln erzielt werden, durch die eine weitere Verschlechterung der Lebenshaltung der durch die Wirtschaftskrise in besonderem Maße geschädigten Volksschichten vermieden werde.
So ist’s recht!
Verltaatlichung des königlichen Belitzes in Madrid
Madrid, 20. Mai.(Drahtmeldung.) Die Kommission, die zur Verwaltung des beschlagnahmten Eigentums der Krone eingesetzt ist, hat beschlossen, daß die an das königliche Palais in Madrid angrenzenden Gebäude, die ehemals als Pferdeställe und Garagen des Königs dienten, niedergerissen und das Gelände zur Anlage öffentlicher Gärten benutzt wird.
2 Jahre 9 Monate Festung
für Remmele
Leipzia, 21. Mai.(Drahtmeldung.) In dem Hochverratsprozeß gegen den kommunistischen Reichstagsabgeordneten und Parteisekretär Hermann Remmele aus Berlin verurteilte das Reichsgericht heute den Angeklagten in Abwesenheit wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Vergehen gegen das Republikschutzgesetz zu zwei Jahren und neun Monaten Festungshaft.
Gravo, Tostker!
Freigewerkschaftlicher Sieg bei der Getriebs
rätewahl
Am 16., 17. und 18. Mai fanden bei der Deutschen Reichspost die Betriebsrätewahlen statt. Beim Postamt 1 in Dortmund bedeutet das Ergebnis einen vollen Erfolg der freien Gewerkschaften, des Gesamtverbandes. Für den Ortsbetriebsrat beim Postamt I war nur eine Liste, die des Gesamtverbandes eingereicht.
Eine Wahl für den Ortsbetriebsrat brauchte daher nicht getätigt werden.
Für den Bezirksbetriebsrat erhielt die Liste der freien Gewerkschaft 198 Stimmen, die Liste der Christen und Nazis 21 Stimmen. Für den Hauptbetriebsrat beim Reichspostministe rium erhielt die Liste der freien Gewerkschaft 196 Stimmen, die Liste der Christen und Nazis 19 Stimmen. Die Gewerkschaftszersplitterer(RGO.) erhielten in allen Wahlgängen nicht eine einzige Stimme.
Auch wir sagen Bravo, Bravo!
Die Bank der Banken tagt
In Basel haben sich die Vertreter der internationalen Hochfinanz, darunter die Präsidenten von 22 europäischen Notenbanken einschließlich des Reichsbankpräsidenten Luther unter dem Versitz des Amerikaners Mac Garrah zur ersten Generalversammlung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich versammelt, auf der der Geschäftsbericht der Bank vorgelegt wurde. Demnach hat die Bank in ihrem ersten Geschäftsjahr einen Reingewinn von 9 Millionen Mark abgeworsen, ein Ergebnis, das ebenso wie die Transaktionen der Bank überhaupt recht bescheiden anmutet. Die Tagung findet in dem früheren Hotel Savoy statt, das der B3Z. als provisorischer Sitz dient, und das zu diesem Zweck in einen modernen Bankpalast umgewandelt wurde.
Die Vilder zeigen das Gebäude der B3Z. in Basel, das frühere Hotel Savoy; links den Vorsitzenden der B33., Mac Garrah; rechts den deutschen Delegierten, Reichsbankprasidenten Dr. Luther.
In Braunschweig
Gegen hunderte von Eltern, die an dem Schulstreik der weltlichen Schulen beteiligt waren, wurden dreitägige Haststrosen verhängt.
Franzen:„Ich baue eben solange neue Flügel aus Zuchthaus an, bis es für die gesamte marxistische völkerung reicht“
K
Kampf um Curtius
Von Rudolf Breitlcheid
Die heftigen Angriffe, die die Rechtspresse und namentlich die„Deutsche Allgemeine Zeitung“ gegen den Minister Curtius richtet und die in der Forderung nach seinem Rücktritt gipfeln, werden von amtlicher Seite mit der gereizten Bemerkung zu parieren versucht, daß die Autorität des Reichsaußenministers nicht durch die Genfer Vorgänge, sondern eher durch die Presseäußerungen erschüttert werden, die in einem Augenblick erfolgten, wo der deutsche Vertreter mitten im Kampf für deutsche Interessen stehe. Diese Art, eine Kritik abzuwehren, ist nicht besonders glücklich, und es ist sehr zweifelhaft, ob sie an den Stellen, für die sie bestimmt ist, den gewünschten Eindruck machen wird.
Der Kampf um das Projekt der Zollunion ist ja noch keineswegs abgeschlossen, er geht weiter und man wird schwerlich verlangen können, daß in all' den Monaten, in denen noch um die Verwirklichungs Planes gerungen wird, die Kritil um der Autorität des Herrn Curtius willen schweigen soll Im übrigen aber hätte die Regierung und hätte insbesonderdas Auswärtige Amt die Entwicklung der Dinge voraussehen können. Nicht nur den Beschluß des Völkerbundsrates und die ihn begleitende Rede, sondern auch die Schlußfolgerungen, die die sogenannte nationale Presse aus den Genfer Verhandlungen ziehen werde.
Es stand sehr bald nach Bekanntwerden des Paktes mi Oesterreich fest, daß der Rat die Prüsung der Rechtsfrage an den Haager Gerichtshof verweisen werde und daß die in Genf versammelten Vertreter der Mächte mit scharfen Aeußerungen über das deutsch-österreichische Vorgehen nicht zurückhalten würden. Wenn die Regierung jetzt zu verstehen gibt, sie habe von Anfang an mit diesem Ergebnis gerechnet, so kann man ihr zunächst den Vorwurf nicht ersparen, daß sie die Oeffentlichkeit von ihrer Auffassung der Dinge nicht mit genügender Deutlichkeit in Kenntnis gesetzt hat. Sie ließ es im Gegenteil zu, ja sie sorderte es, daß in der Presse im wesentlichen nur diejenigen ausländischen Stimmen Wiedergabe fanden, die der Idee der Zollunion günstig lauteten, während die anders gearteten nach Möglichkeit verschwiegen wurden.
Dicse Methode war ebenso bedenklich wie die diplomatische Vorbereitung der ganzen Aktion. Aber diejenigen, die jetzt das schärfste Geschütz gegen den deutschen Außenminister auffahren, sind sicher nicht berechtigt, die Enttäuschten und Getäuschten zu spielen. Sie wußten Bescheid, aber sie verschwiegen ihre Wissen