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Volkswille <Gelsenkirchen>

BESTANDHALTENDE INSTITUTION

Stadtarchiv Gelsenkirchen/Institut für Stadtgeschichte

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Angelika Gwóźdź, M.A. (2025), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

Geschichte und Entwicklung

Der „Volkswille“ wurde am 24. Juli 1919 in Gelsenkirchen gegründet, als es zu einer Reihe von Neugründungen sozialdemokratischer Zeitungen kam. Zuvor war das „Volksblatt“ aus Bochum zwanzig Jahre lang die offizielle Tageszeitung der SPD im Stadt- und Landkreis Gelsenkirchen, deren Geschäftsräume nun von der Volkswille Ludwig Leypoldt GmbH übernommen wurden. Als Geschäftsführer wurden Karl Chemnitz und Ludwig Leypoldt berufen (Gelsenkirchener allgemeine Zeitung, 15.08.1919). Der „Volkswille“ erschien als Kopfblatt vom „Volksblatt“. Kurt Wurbs (Volksblatt) hielt die Hauptschriftleitung inne. Dabei war der Mantel identisch mit dem des „Volkswille“ in Münster, der ab dem zweiten Blatt mit eigenem Lokalteil in eigener Redaktion einen Tag später erschien, sowie dem der „Westfälischen allgemeinen Volkszeitung“. Die erste Nummer des „Volkswillen“ wurde am 1. September 1919 veröffentlicht.

Schon bald musste sich der Verlag räumlich vergrößern und kaufte weitere Gebäude auf der Ringstraße auf, sodass Druckerei, Verlag und Buchhandlung sowie die Redaktion mit Geschäftsleitung eigene Gebäude zugewiesen bekamen. Als Herausgeber zeichnete sich der Kreisvorstand der Sozialdemokratischen Partei aus.

Mit Erstarken der Nationalsozialisten häuften sich die Angriffe auf Räume und Mitarbeitende des sozialdemokratischen „Volkswille“. Während der französischen Besatzung des Ruhrgebiets 1923 und 1924 kam es zu mehreren mehrtägigen Verboten (11.-18.6.1923, 15.-23.09., 2.10.-17.12.;16.12.1924-15.01.1925). 1923 wechselte Alfred Zingler als Redakteur von der Neuen Freien Presse in Hagen zum Volkswillen in Gelsenkirchen, wo er bis zum Verbot der Zeitung am 27. Februar 1933 verblieb. 1932 wurde er Opfer mehrerer brutaler Überfälle (7.7.1932). Wegen seiner antinationalsozialistischen Texte wurde Zingler von den Nationalsozialisten zum Feind erklärt und zur Fahndung ausgeschrieben. Nachdem er zunächst in die Niederlande emigrierte, aus der er weiterhin Zeitungen mit Texten versorgte, ging er nach der Besetzung der Niederlande 1940 in den Untergrund. 1943 wurde er festgenommen, zunächst in das KZU Herzogenbusch gebracht und 1944 schließlich ins Gefängnis in Gelsenkirchen überführt. Wenige Monate später wurde Zingler im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet. Seine Frau, die SPD-Stadtverordnete Margarete Zingler, wurde wegen Hochverrats und Hilfeleistung für ihren Mann zur Haft im Frauengefängnis in Cottbus verurteilt, das von amerikanischen Soldaten befreit wurde.

Im Mai wurde der Druck nach Recklinghausen verlegt und die Zeitung erschien fortan morgens. 1930 schied Ludwig Leypoldt aus seinem Posten als Geschäftsführer aus (Gelsenkirchener allgemeine Zeitung, 10.5.1930) und Karl Böttcher aus Dortmund übernahm die Hauptschriftleitung.

Vermutlich ist die letzte Ausgabe des „Volkswillen“ am 27. Februar 1933 erschienen. Am 8. April 1933 wurde der Gebäudekomplex der Firma Ludwig Leypoldt, der Druckerei und Redaktion des „Volkswillen“ mit Buchhandlung von SA und SS besetzt und geplündert. Am 4. Mai wurde die Gesellschaft aufgelöst (Gelsenkirchener Zeitung, 3.6.1933).

Titel:

  • Volkswille. Organ der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei im Stadt- und Landkreis Gelsenkirchen und Umgegend. Mitteilungsblatt der freien Gewerkschaften und der Arbeiter-Sportvereine.
  • Volkswille. Organ der Sozialdemokratischen Partei. Mitteilungsblatt der freien Gewerkschaften und der Arbeiter-Sportvereine
  • Ab 13.12.1930 Volkswille. Organ für das arbeitende Volk. Mitteilungsblatt der freien Gewerkschaften, der Arbeitersportvereine und des Reichsbanners

Inhalte und politische Ausrichtung

Organ der sozialdemokratischen Partei.

Zu den Inhalten gehörten neben politischen Nachrichten aus In- und Ausland und lokalen Nachrichten aus Gelsenkirchen, Witten, Bochum, Herde-Sodingen, Rheinland-Westfalen, freigewerkschaftliche Nachrichten wie Streiknachrichten, Arbeitsgerichtsurteile, Berichte über die Arbeitsmarktlage, amtliche Bekanntmachungen, parteipolitische Nachrichten und Berichte und dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Aber auch ein Unterhaltungsteil mit Theater- und Musikkritik, Sportteil, Rundfunkprogramm, Romanen und Inserate.

Personalia:
Philipp Sommerlad, Wilhelm Kalweit, Alfred Zingler, K. Wurbs (Bochum), Karl Böttcher (Dortmund, 1930, ab 1932 namentlich aufgeführt), Alwin Reißmann (Feuilleton), Heinrich Wenke (Groß-Dortmund, Lünen, Castrop-Rauxel), Willi Weinauge (Sport und unpolitischer Teil), Philipp Sommerlad (Dortmund, Bochum), Ad Fuchs (Bochum, Witten), Fritz Sauerwald (Witten, Herne, Wanne-Eickel), Walter Poller (Hamm), Wilhelm Grobe (Hamm, Hagen), August Böhmer (Hagen, Iserlohn), otto Wiese (Recklinghausen), August Freudenthal (Münsterland), G. Vitt (Siegen).

Periodizität, Auflage und Format

Der „Volkswille“ erschien täglich mit 6-13 Seiten in dreispaltigem Text.

Auflage:

  • 1927: 18.900

Beilagen

Literatur und Quellen

Zu Alfred Zingler