32817*

553

on 134 811A 1n81#

S

910

SI

NIS BE

Amreicher Arreisbratt

Abonnements=Preis pro Quartal 1 Mk. 50 Pfg. Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Wöchentliche Gratisbeilage:Illustrierter Familienfreund.

1 T∆

*

für den Kreis Horde.

Inserstionsgebühr für die sechsspaltige Zeile oder deren Raum 10 Pfg außerhalb des Leserkreises 15 Pfg. Reklame 30 Pfg Redaktion, Druck und Verlag von Carl Braus in Schwerte,

Nr. 8.

Schwerte, Donnerstag, 17. Januar 1895.

28. Jahrgang.

Amtliche Betanntmachungen.

Bekanntmachung.

Die Vakanzen=Listen bezüglich der für zivilver­sorgungsberechtigte Militär=Anwärter vorbehaltenen Stellen liegen auf dem Kreisbureau zu Hörde zur Einsicht offen.

Gn

D8VKT

SUDa

Hnn

Bekanntmachung.

Nachdem die von der Gemeindevertretung zu Holz­wickede beschlossene Vermehrung der Gemeindeverord­neten von 6 auf 9 die Genehmigung des Kreisaus­schusses zu Hörde erhalten hat, ist die Vornahme der Neuwahlen von 3 Gemeindeverordneten für die Gemeinde Holzwickede erforderlich geworden.

Zur Bornahme dieser Neuwahlen wird hierdurch Termin auf Samstag, den 16. Februar 1895, im Lokale des Wirts Jaques zu Holzwickede und zwar

für die III. Abteilung von vormittags 10 bis nach­mittags 4 Uhr;

für die II. Abteilung nachmittags von bis 6 Uhr; I. Abteilung nachmittags von bis 7 Uhr anberaumt

Jede Abteilung hat einen Gemeindeverordneten zu wählen.

Die wahlberechtigten Gemeinde=Eingesessenen von Holzwickede werden zu den Wahlterminen unter Hin­weis auf den§ 28 der Landgem inde=Ordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856 mit dem Bemerken eingeladen, daß die Gemeinde=Urwäh er= und Abteilungslisten vom 17. Januar 1895 bis zum 15. Februar 1895 bei dem Herrn Gemeindevorsteher Büddemann zu Holzw'ckede zur Einsichtnahme der Ge­meinde=Eingesessenen offen liegen.

Reklamationen gegen die Richtigkeit und Vollstän­digkeit der Wähler= und Abteilungslisten müssen inner­halb der Frist der Offenlegung bei dem Herrn Ge­meindevorsteher Büddemann eingereicht oder zu Protokoll angebracht werden.

Aplerbeck, den 14. Januar 1895.

Der Amtmann Gutjahr.

Der Landtag der Monarchie

wurde heute Mittag 12 Uhr von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige im Weißen Saale des König­lichen Schlosses eröffnet. Der Saal, der sich bei dieser Gelegenheit in seiner neuen prächtigen Aus­schmückung zum erstenmale weiteren Kreisen zeigte, bot das gewohnte farbenreiche Bild. Se. Majestät der König, auf den beim Eintritt und beim Ver­lassen des Saales ein Hoch ausgebracht wurde, verlas nachfolgende Thronrede:

Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Lanotages!

In gewohnter Weise habe Ich Sie zur ver­fassungsmäßigen Mitarbeit berufen und entbiete Ihnen bei Wiederaufnahme Ihrer Thätigkeit Meinen Königlichen Gruß.

Der Haushaltsplan für das Jahr 1895/96, welcher infolge des Abschlusses der Steuerreform und der Neuordnung der Eisenbahnverwaltung, wie des Kassenwesens im Bereiche der Verwaltung der direkten Steuern wesentliche Umgestaltungen erfahren hat, wird Ihnen unverweilt zugehen. Zu Meinem Bedauern schließt er wiederum mit einem erheblichen Fehlbetrage ab.

Trotz der fortdauernden vorsichtigen und spar­samen Bemessung der Ausgaben und der günstigeren Entwickelung der eigenen Einnahmen Preußens ist es wesentlich wegen der zu Ungunsten der Ein­

Harantie.

atis.

*

äcker.

11.

u

chwerte,

derei.

aun gefleckter und zuge­Hegen Erstat­Insertions­zuholen bei hwerterheide.

zelstaaten gänzlich veränderten Finanzlage des Reichs noch nicht gelungen, das Gleichgewicht des Preu­ßischen Staatshaushalts wiederherzustellen. Diesen seit mehreren Jahren bestehenden beklagenswerten Zustand endlich zu beseitigen, muß unser ernstes Bestreben sein.

Die verbündeten Regierungen haben in der Erwartung, dadurch zu einem besser geregelten finanziellen Zustande zu gelangen, auf die bisherigen Mehrüberweisungen seitens des Reichs an die Einzelstaaten verzichtet. Sie werden ihre Vorlagen an den Reichstag auf eine mäßige Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs und die Herstellung gesetzlicher Bürgschaften für die finanzielle Selb­ständigkeit des Reichs und seiner Glieder beschränken. Wenn es gelingt, auf dieser Grundlage eine Eini­gung herbeizuführen, so ist zu hoffen, daß die dring­lichste Forderung, die Wiederherstellung des Gleich­gewichts zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Landes, erfüllt werden wird.

Das letzte Rechnungsjahr hat einen Fehlbetrag von mehr als 31000000 Mark. Für das laufende Etatsjahr wird der Fehlbetrag jedoch zumteil infolge vorübergehender Verhältnisse wahrschein­lich nicht unerheblich hinter dem Anschlage und demjenigen des Vorjahrs zurückbleiben.

Der zu Ihrer Beschlußfassung gelangende Ge­setzentwurf, betreffend die Stempelsteuern, soll die auf dem Gebiete der direkten Steuern nunmehr abgeschlossene grundlegende Reform auf die indi­rekten Landessteuern ausdehnen und auch bei den letzteren die Verteilung der Staatslasten nach der Leistungsfähigkeit in höherem Grade als bisher durchführen.

Ein nach gleichen Grundsätzen ausgearbeiteter Gesetzentwurf bezweckt eine Neuordnung des ge­richtlichen Kostenwesens, unter dem Gesichtspunkte einer einheitlichen Gestaltung für alle Landesteile und der Ermäßigung der Kosten für Gegenstände geringeren Wertes, namentlich in Grundbuch= und Vormundschaftssachen. Gleichzeitig wird Ihnen der Entwurf einer Gehührenordnung für Notare zugehen, in welchem auch die Notariatsgebühren für die ganze Monarchie gleichmäßig geregelt sind.

Ihrer Beschlußfassung werden ferner mehrere Gesetzentwürfe unterbreitet werden, welche die Durchfährung der im abgelaufenen Jahre von den Synoden der evangelischen Kirchengemeinschaften beschlossenen Kirchengesetze zum Gegenstand haben. Dabei wird es sich besonders auch um die Sorge für die Hinterbliebenen der evangelischen Geistlichen der neuen Provinzen handeln.

Wegen Erweiterung des Staatseisenbahnnetzes durch Herstellung neuer Eisenbahnlinien wird Ihnen auch in diesem Jahre ein Gesetzentwurf zugehen, in welchem zugleich Mittel zur Beteiligung des Staates an Kleinbahnunternehmungen vorgesehen werden sollen.

Mit der Neuordnung der Behörden der staat­lichen Eisenbahnverwaltung werden vom Beginn des nächsten Etatsjahres ab umfangreiche Reformen des Kassen= und Rechnungswesens in kraft treten, welche dazu beitragen werden, die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung zu erhöhen.

Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ver­pfändung der Privateisenbahnen und der Klein­bahnen, wird wiederholt den Gegenstand Ihrer Beratung bilden.

Die schweren Sturmfluten der letzten Wochen haben auch an den preußischen Inseln und Küsten der Nordsee bedauerliche Verheerungen angerichtet. Wegen Feststellung des Umfangs dieser Schäden und Einleitung der zu ihrer Beseitigung geeigneten Maßnahmen ist das Erforderliche veranlaßt.

Zur weiteren Förderung des gewerblichen Fort­bildungs= und Fachschulwesens ist eine Verstärkung der etatsmäßigen Mittel vorgesehen.

Zu Meinem lebhaften Bedauern ist die Lage der Landwirtschaft fortdauernd ungünüig. Den hieraus erwachsenden schweren Uebelständen nach Möglichkeit zu begegnen, ist Meine unablässige landesväterliche Sorge, und die dringendste Aufgabe Meiner Regierung.

Zum Zweck der Erhaltung der neu geschaffenen Renten= und Ansiedelungsgüter wird Ihnen voraus­sichtlich noch in dieser Tagung der Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Anerbenrecht bei Renten­und Ansiedelungsgütern, zugehen.

Geehrte Herren! Es gilt heute mehr als je in einträchtiger Arbeit die Wohlfahrt des Ganzen zu fördern, und es ist die ernste Pflicht aller Wohl­gesinnten, gegenüber den wachsenden Angriffen auf die Staatsordnung, sich einmütig zur Abwehr zu­sammen zu schließen.

Ich vertraue auf die bereitwillige Unterstützung und die patriotische Hingebung der Preußischen Landesvertretung und bitte Gott, daß er die bevor­stehende Tagung dem Lande zu reichem Segen gedeihen lasse.

Die Stellen der Thronrede, in welchen von der Erweiterung des Staatseisenbahnnetzes und von den Kleinbahnen, von den Maßnahmen gegen die Verheerungen der Sturmflut die Rede ist, und insbesondere der Satz, der als dringendste Aufgabe der Regierung die Beseitigung des landwirtschaft­lichen Notstandes bezeichnet, fanden den lauten Beifall der Versammlung. Auch am Schlusse der Thronrede gab sich lebhafter Beifall kund.

Deutsches Reich.

Aus München konstatieren die dortigen Neuesten Nachrichten, daß der Kaiser über die Frage der Entlassung des Reichskanzlers Grafen Caprivi vor derselben eine längere als zweistündige Unterredung mit dem baierischen Gesandten von Lerchenfeld in Berlin gehabt hat. Es wird hierdurch die Behauptung, daß

die Entlassung, Caprivi's ohne Rücksicht auf die verbündeten Regierungen erfolgt sei, widerlegt.

Gelegentlich des Abschieds des russischen Botschafters Grafen Schuwalow hat der Kaiser demselben eine Zigarrentasche aus reinem Golde, reich mit Edelsteinen besetzt und mit seinem Facsimile Wilhelm versehen, geschenkt. Der Monarch überreichte sie dem Grafen mit den Worten: Ich schenke sie Dir als Freund, nicht als Kaiser. Das Offizierkorps der Garde Kürassiere schenkte dem Grafen einen Helm, versehen mit den Namen sämtlicher Offiziere.

Justizminister Schönstedt ist zum Mitgliede des Herrenhauses auf Lebenszeit und zugleich zum Kronsyndikus berufen worden. Es ent­spricht einer Gepflogenheit, an der seit Be­stehen des Herrenhauses festgehalten worden ist, daß der jeweilige Justizminister als Kron­syndikus Mitglied ist.

In Magdeburg wurden am Sonnabend nach der N. A. Ztg., 11 Oberfeuerwerkerschüler unter Begleitung eines Komandos vom 26.

Inf.=Regt. von der Zitadelle nach dem Bahn­hofe geführt. Sie wurden nach Spandau be­fördert, um die ihnen zuerkannten Festungs­strafen abzusitzen. Ueber die Höhe der Strafen sind nur unglaubliche Gerüchte in Umlauf. Nach der M. Ztg. beträgt das höchste Straf­maß 5 Jahre Festung.

Wie verlautet, sollen Maßr geln zur Ver­besserung der Lage der Landwirtschaft ergriffen, die Wege und Verbindungen ausgedehnt, der Kredit erhöht und der Handel mit Landeser­zeugnissen gehoben werden. Verträge sollen den russischen Produkten auf den internationalen Märkten eine unabhängige Stellung schaffen.

Der frühere Jesuit Graf Paul v. Hoens­broech ist am Sonntag in der Berliner Drei­faltigkeitskirche zum Protestantismus überge­treten. Generalsuperintendent Dr. Dryander hat ihn vorbereitet und ihm das Abendmahl gereicht.

Serbien.

Wiederum will man eine Verschwörung ge­gen den König Alexander in der serbischen Hauptstadt endeckt haben. Bisher sind gegen 20 angesehene Radikale verhaftet worden; die Verhaftungen werden aber noch immer fort­gesetzt.

Preußischer Landtag.

Sitzungen vom Dienstag, den 1####nuar.

Das Herrenha

trat um Uhr zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der bisherige Präsident Fürst Statzzerg=Wernigerode eröffnete die Sitzung mit einem#och auf Majestät den Kaiser und König: Das di##h Präsidium und Büreau wurden wiedergewa Nächsle Sitzung Mittwoch 2 Uhr. Tagesordnung: Beratung und Beschlußfassung über die geschäftliche Behandlung der Regierungsvorlagen und sonstigen Eingänge.

Das Abgeordnetenhaus versammelte sich zu seiner ersten Sitzung um 1 Uhr. Der bisherige Präsident v. Köller übernahm vor­läufig den Vorsitz, eröffnete die Sitzung mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König und setzte die nächste Sitzung auf Mittwoch 11 Uhr fest. Tagesordnung: Präsidentenwahl, Entgegen­nahme von Regierungsvorlagen.

Reichstag.

(Sitzung vom Montag, den 14. Januar.) Nachdem eine Reihe von Etatsübersichten er­ledigt worden, kam der Schutz der Deutschen im Auslande infolge der Interpellation des Abgeord­neten Hasse(nationalliberal) zur Sprache. Der Interpellant führte eine Reihe von Fällen an, in denen Deutsche im Auslande nicht den Schutz des deutschen Reiches genossen haben sollen. Staats­sekretär Freiherr v. Marschall knüpfte an die von dem Interpellanten an der auswärtigen Politik seit 1890 geübten Kritik an, um den Grafen v. Caprivi gegen die Angriffe des Abgeordneten Hasse in Schutz zu nehmen, und erklärte, daß die Ver­treter des Reiches im Auslande den Deutschen jeden staatsrechtlich und völkerrechtlich begründeten Schutz gewähren. Der Staatssekretär betonte

0

Vorsicht und Feigheit.

Wohl warnt die Schrift vor geistlichem Verschwenden, Gebietet uns, wie Schlangen klug zu sein;

Wir sollen nicht mit unbedachten Händen Des Glaubens Schätze auf die Gasse streu'n, Jedoch der Feigheit, die uns allen eignet,

Kein Recht und Freibrief daraus werden darf,

Durch Schweigen haben hundert schon verleugnet, Eh' einer Perlen auf die Straße warf.

Die einsame Mühle.

Von O. G.

(Fortsetzung.)

4.

Die Bewährten.

Die Welt mag meine Feindin heißen,

Es sei also! Ich trau ihr nicht,

Wenn sie mir gleich will Lieb erweisen Bei einem freundlichen Gesicht.

Im Herrn vergnügt sich meine Seele!

Du bist mein Freund, den ich erwähle,

Du bleibst mein Freund, wenn Freundschaft weicht; Der Welt Haß kann mich doch nicht fällen, Weil in den stärksten Unglückswellen Mir deine Treu den Anker reicht.

Führst du mich in den Kreuzeswüsten.

Ich folg und lehne mich auf dich. Du nährest aus den Wolkenbrüsten Und labest aus dem Felsen mich.

Ich traue deinen Wunderwegen, sie enden sich in Lieb und Segen;

Genug, wenn ich dich bei mir hab.

Ich weiß, wen du willst herrlich zieren Und über Sonn und Sterne führen,

Den führest du zuvor hinab.

Wie das Wetterfähnlein des Herzens stehe, ob auf Sonnenschein und Gewitter, das sieht man selien, wenn die Menschen mit einemHelf Gott! an uns vorübergehen, und noch seltener, wenn man sie in Gesellschaft hinter dem Glase oder der Kaffee­tasse trifft. Was man da sieht, das ist das Feier­tagsgesicht; das Werktagsgesicht aber, das eigent­liche Haus= und Wetterfähnlein, das sieht man

nur seine natürliche Richtung nehmen im Hause und unter den Alltagsgesichtern.

Diese Beobachtung machte auch Salome auf ihrer langen, beschwerlichen Reise. Bei gar sonder­baren Leuten mußte sie einkehren. Daß der Wirt mit der Wirtin zankte, und die Frau die Magd schalt, und der Herr den Knecht bedrohte, das war die eine Seite des Bildes, das sich oft wiederholte. Aber die andere Seite war desto lieblicher. Die Briefe des Professors wiesen sie in lauter Häuser hinein, wo Christus und sein Wort wohnte und wo darum der Friede Gottes seinen Sitz hatte. Es waren nicht lauter vornehme, reiche Leute, die zu den Freunden des Professors gehörten, sie wohnten mitunter gar eng und klein, und Salome wollte es manchmal leid thun, bei solchen Armen Obdach zu suchen. Aber kaum hatten sie des Pro­fessors Brief gelesen, so ward Freude auch in der kleinsten Hütte, und was man vermochte, das gab man zur Erquickung des lieben Gastes. Niemand aber fragte nach der Reise Absicht und Ziel. Es war gleichsam ein Bruderbund, der das:Herberget gerne und dasSeid gastfrei ohne Murmeln sich schien zur Aufgabe gemacht zu haben. Solche Bedürfnisse gab es im vorigen Jahrhundert viele, und es giebt deren heute noch, wo der Herr in Wahrheit zwischen den Seinen ist.

Zu diesenSeinen gehörte auch der Fuhr­mann, den Salome an den beiden letzten Tagen ihrer Reise zum Begleiter hatte. Wie sie am Morgen ausging aus einem Städtchen des Baier­landes, wo sie während der Nacht gastfreie Herberge gefunden hatte, da fuhr vor ihr her ein Fracht­fuhrmann mit seinem Gespann. Am letzten Haus des Städtchens, einem kleinen Gehöfte, hielt der Fuhrmann stille. Auf ein Zeichen mit seiner Peitsche kam zuerst ein Spitzhund aus der Thür und umkreiste bellend das Fuhrwerk. Doch hinter dem Tiere drein erschien ebenso schnell die Familie des Fuhrmanns, eine Schar zum Teil erwachsener Kinder, Söhne und Töchter, und sein Weib, unter deren Haube schon das Grau des beginnenden Alters und der Sorge hervorsah, die aber die Augen gar hell und freudig zu ihrem Manne auf­schlug, und sagte:Reise mit Gott, Ebert, und komm gesund mit dem Vieh wieder heim. Und zur Nacht in der Herberge vergiß die Wildschur

nicht, sie liegt im Futterkasten; und siehst Du meine Schwester zu Imbach, so bring ihr viel tausend Grüße."

Der Herr sei mit Dir und mit den Kindern, Dorth! mehr sagte der Fuhrman nicht, als er seiner Frau die rauhe Hand bot; aber ihr Druck mußte mehr gesagt haben, denn das Weib sah an den Wagen hinauf, als suche sie da etwas, und ging schnell ins Haus. Nicht so schnell aber kam der Vater von den Kindern los. Da hatte jedes ein Wort zu sagen, Franz, der Aelteste, etwas über den Sattelgaul, den der Vater beim Berg­fahren nicht ermüden möchte, bis auf die Jüngste herab, die augenscheinlich des Vaters Liebling und Herzblatt war; denn sie allein kletterte an ihm hinauf, und bat ihn, den Eierkringel nicht zu ver­gessen. Der Vater gab dem Mägdlein einen derben Kuß, knallte mit der Peitsche, die Pferde zogen an und laut bellend lief der Spitzhund voran.

Salome war zur Seite stehen geblieben. Das stille Bild dieser schönen Häuslichkeit that ihr wohl und wehe. So hatte sie sich das Leben in der Goldmühle oft gewünscht, und hier, wo sie es durch Zufall sah, da traten ihr die Thränen darüber in die Augen und sie kam sich verlassen und einsam vor. Schweigend ging sie hinter dem Fuhrwerk drein, aber sie murrte nicht über ihr Geschick, sie betete und hoffte. Der Spitzhund sprang in seiner Freude, die Reise mitmachen zu dürfen, oft an ihr hinauf, als gehörte sie mit zur Begleitung, und nahm dankbar einen Bissen Brot aus ihrer Hand.

Die Freundlichkeit gegen seinen Hund gewann ihr schnell des Fuhrmanns Herz. Er gesellte sich zu ihr, fragte sie nach Heimat und Ziel der Reise, und als er des Mädchens Jugend mit der Strecke Wegs verglich, die sie zurückgelegt hatte, da sagte er:Jungfer, Ihre Reise ist auch keine freiwillige, sondern ein bitteres Muß. Denn als Fuhrmann, der weit und breit umherkommt, weiß ich, daß Sie schon manchmal muß die Sonne haben auf= und untergehen sehen, seit sie von Hause ist. Da hat sie wohl manchem schon auf dem Wege einHelf Gott! oder ein:Gelobt sei Jesus Christ! geboten und hat dem Herrn gedankt für ein freundlich Geleite. Nun hab ich zwar mit dem Engel, der den jungen Tobias geleitete, so wenig Aehnlichkeit, wie mein Wächter da mit mir; aber ich bin ein

Christenmensch und weiß, wie es so einem jungen Blut ist in fremdem Land; will sie mit mir reisen, so soll mir's lieb sein. Ein Plätzchen auf dem Wagen so für dann und wann wird sich auch finden.

So war wieder ein Reisegefährte gefunden und ein Stück von Salomes Gebet erhört. Und es reisten die Beiden zusammen zwei Tage lang. Und als der Abend des zweiten Tages kam, und sie eben auf einer Höhe stille hielten, um den Pferden Ruhe zu gönnen, da sprach der Fuhrmann:Hier schaut hinab, Jungfer Salome, dort unten, wo das Wasser des Flusses in der Abendsonne glänzt, liegt Richthofen, wohin Ihr wollt. Ich bin nun die zwei Tage mit Euch gereist, und wir haben zu­sammen gegessen und getrunken, und manch treulich Wörtchen zusammen gesprochen von dem, der uns geliebt hat bis in den Tod. Seht, ich bin ein rauher Mann, denn das Fahren auf den Straßen macht dickes Blut und ein steifes Herz; aber Euer Gespräch hat mir so wohl gethan, daß es mir ist, als müßten wir uns noch einmal sehen. Wie Ihr sagt, so bleibt Ihr nicht in Richthofen, sondern wollt wieder heim. So der Herr will, bin ich in acht Tagen auch wieder auf dem Rückweg; dann will ich imBlauen Hecht am Markt nach Euch fragen. Ihr sollt bei uns in Eilau Herberge haben, so lange es Euch gefällt; denn meine Dorth denkt wie ich. Und habt Ihr im Städtol nicht schon Quartier, so geht mit mir in denBlauen Hecht", da bekommt man von Wirt und Wirtin ein freundlich Gesicht und ein sauber Bett. Das macht, müßt Ihr wissen, die haben auch gleich uns den Herrn lieb. Und wo ich in ein solch Wirtshaus komme, da schlaf ich so ruhig wie daheim, denn ich weiß, daß mein Vieh verforgt ist, und daß ich vor Haus­dieben kann sicher sein.

So war auch die Herberge gefanden in der fremden Stadt, und Salome kehrte mit dem Fuhr­mann in demBlauen Hecht ein. Hier war der Spitz daheim, denn er fand den Weg in die Küche, und die Pferde, denn sie wieherten dem bekannten Stall entgegen, und der Fuhrmann, der Ebert von Eilau, denn Wirt und Wirtin reichten ihm freudig die Hand. Hier war auch Salome willkommen, denn sie kam mit dem Hausfreunde.

(Schluß folgt.)

*

*