Tageszeitung für Altendorf= Ulfkotte und Kirchhellen.

Aeltestes Heimatblatt. 83. Jahrgang. Amtliches Organ. Erscheint wöchentlich 7mal. Bezugspreis monatlich 2.20 Mk. einschließlich 1020 F. Botenlohn. Verlag: I. Weber, Dorsten i. W., Bismarcwall 27. Postverlassort:

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oder Rückzahlung.

Uummer 168

Donnerstag, den 21. Juni 1934

fahrgang 1934

Wesentliche Besserung der preußischen Zinanzlage.

Döllig ausgeglichener Staatshaushalt für 1934.

Der Bericht des Zinanzministers Dr. popitz vor dem Staatsrat.

DNB Berlin, 20. Juni.

Der preußische Ministerpräsident Göring hat in seiner großen staatspolitischen Rede vor dem preußischen Staatsrat am 18. d. M. mit Nachdruck betont, daß die Aufgabe Preußens im neuen Reiche darin bestehe, Vor­kämpfer und Baustein des Dritten Reiches zu sein. Dies war auch der Grundgedanke der anschließenden eingehen­den Darlegungen des preußischen Finanzministers Prof. Dr. Popitz über die Haushalts= und Kassen­lage'des preußischen Staates.

Der Minister führte u. a. aus: Zum ersten Male seit der Krisenzeit hat das Rechnungsjahr 1933 nicht mit einem Fehlbetrag, sondern mit einem ge­ringen Ueberschuß von 3,5 Millionen Reichsmark avgeschlossen. Hierin spiegelt sich einmal die Aufwärtsbewegung der deutschen Wirtschaft,

Ainnar die aufwartserwegung der Seutschen

die sich gründet auf das neuerstandene Vertrauen in die feste und stetige Staatsführung, zum anderen die ver­antwortungsbewußte, von dem Ränkespiel des parlamen­Systems befreite Haushaltsführung des Staa­r. Am 1. April 1933 betrugen die in den letzten

känkespiel des parlamen­

tarischen S

tes wieder.. Mn Ws.

Jahren aufgelaufenen Fehlbeträge nicht weniger als 658 Millionen Reichsmark und zwar 421 Millionen im ordentlichen und 237 Millionen im Anleihehaushalt. Daß so gewaltige Summen, wenn nicht die gesamten Staatsaufgaben zum Erliegen kommen sollten, nicht ent­sprechend den Vorschriften der Haushaltsordnung in dem nächstjährigen Haushaltsplan eingestellt und durch or­dentliche Einnahmen sofort abgedeckt werden konnten, war klar. Es mußte deswegen der Weg beschritten wer­den, den Staat von diesen Fehlbeträgen durch Verweisung eine langfristig zu schuldende Ar.

Diese Minderung der Ausgaben hat eine willkommene Ergänzung erfahren durch die Steigerung der Ueberschüsse der Finanzverwaltungen und die Verbesserung der zu erwartenden Steuereinnahmen als Folge der allgemeinen Belebung der deutschen Wirtschaftslage.

Der noch offene Restbetrag hat einen vollständigen Ausgleich in Durchführung der Umschuldung der dem Staat gegen die Gemeinden zustehenden Forderungen aus rückliegenden Jahren gesunden.

Im außerordentlichen Haushalt, der mit 82 Millionen RM. balanciert, sind insbesondere die zu erwartenden Anleiheeinnahmen und die aus ihnen zu bestreitenden Ausgaben zusammengefaßt. Diese Ausgaben betreffen in der Hauptsache die Beteiligung des preußischen Staates an den Arbeitsbeschaf­fungsmaßnahmen des Reiches. Darüber hinaus enthält bereits der ordentliche Haushalt sehr erhebliche Beträge, mit denen der preußische Staat auseigenen lausenden Mitteln in die Arveitsschlacht eingreift.

Bei Beurteilung der Staatsfinanzen kann auch die Lage der besonderer Fürsorge anvertrauten Gemein­den und Gemeindeverbände nicht außer Betracht bleiben. Auch bei ihnen ist im Zusammenhang mit der Wirtschaftsbelebung eine allgemeine Besserung der Verhältnisse unverkennbar.

Diese Entwicklung findet ihren natürlichen Aus­druck auch in der stark rückläufigen Bewegung der von den Gemeinden zu betreuenden Wohlfahrts­erwerbslosen. Während noch im April 1933 1 479 000

Wohlfahrtserwerbslose, d. s. 26 v. Tausend der Be­völkerung gezählt wurden, hat sich diese gewaltige Zahl bis April 1934 auf 638 000, also auf 15 v. T. der Bevölkerung, gesenkt.

Die Entwicklung der Finanzverhältnisse gestattet es der Staatsregierung, ihren Staatsbediensteten eine erhöhte Fürsorge zuteil werden zu lassen. Durch das Gesetz vom 26. 3. 1934 ist die allmähliche An­gleichung der Bezüge der fiskalischen Beamten und An­gestellten an die Regelung im Reich angeordnet.

Der Minister erklärte zum Schluß: Die Fehl beträge vergangener Jahre sind gemindert. Die von ihnen ausgehende Gefährdung der Kassenlage kann nach menschlichem Ermessen als überwunden gelten.

Die Schulden in ihrer Gesamtheit sind für einen großen Staat wie Preußen gering. Sie sind in der Umschichtung begriffen, so daß aus Fälligkeiten keine Gefahren mehr drohen.

Der Haushalt des vorigen Jahres endete ohne Fehl­betrag, ja sogar mit einem kleinen bescheidenen Ueber­

schuß. Der neuaufgestellte Haushalt ist ausgeglichen, neue jaben von nationaler Wichtigkeit konnten übernom­men werden, der Staat konnte seine Stellung im Wirt­schaftsleben durch Beteiligung an Bauten, Meliorationen und andere Beschaffungsmaßnahmen wieder einnehmen und er konnte den ihm eingegliederten Gemeinden und Gemeindeverbänden seine Fürsorge wieder zuwenden.

An dem Grundsatz altpreußischer Spar­samkeit wird eisern festgehalten werden.

auf eine langfristig zu schuldende Anleihe zu entlasten.

Es mußte aber auch alles daran gesetzt werden, den Fehlbetrag durch eiserne Sparsamkeit unter Zurückstellung vermeidlicher Ausgaben nach Möglichkeit herunterzudrücken. Dies ist Dank der nachhaltigen Bemühungen, an denen alle preußischen Ressorts verdienstvollen Anteil haben, in Höhe eines Betrages von 143 Millionen Reichsmark geglückt.

Weitere 56 Millionen konnten im Anleihenhaushalt untergebracht werden. So verminderte sich der in das Jahr 1934 zu übernehmende Fehlbetrag der Vorjahre auf rund 460 Millionen Reichs­mark.

Der Finanzminister konnte mitteilen, daß es gelungen ist, die kurzfristige Verschuldung von 420 auf 395 Millionen Reichsmark herabzudrücken und auch hinsichtlich dieses Betrages eine gewisse Stabili­sierung zu erreichen. Demgemäß sind die mittelfristi­gen Schulden von 330 Millionen auf 431 Millionen Reichsmart gestiegen. Die lanafristigen Schul­den haben sich im Zusammenhang mit der Abwertung der Dollaranleihen von 306 auf 284 Millionen Reichs­mark ermäßigt.

Darüber hinaus konnte Preußen, das in das Rechnungsjahr 1933 ohne jeden Kassenbestand einge­treten war, zu Beginn des Rechnungsjah­res 1934 einen Kassenbestand von 28 Millionen Reichsmark buchen.

Der Finanzminister wies deshalb mit Recht darauf hin, daß, falls nicht unvorhergesehene Zwischenfälle ein­treten, die Kassenlage des preußischen Staates ge­

Der mit äußerster Sparsamkeit aufgestellte Staats­haushalt für 1934 ist mit 2094 Millionen RM. in Einnahme und Ausgabe nicht nur formell, son­dern auch innerlich ausgeglichen. Von diesem Betrage entfallen 2012 Millionen RM. auf die Einnah­men und Ausgaben des ordentlichen Haushaltes und 82 Millionen auf solche des außerordentlichen Haus­haltes.

Der Netto=Haushalt, der den Zuschußbedarf der Hoheitsverwaltungen nach Abzug ihrer eigenen Ein­nahmen wiedergibt, schließt mit 1328 Millionen RM. ab. Bei dem Ausgleich des Etats handelte es sich um die Aufgabe, gegenüber dem Vorjahre für Einnahmever­schlechterungen in Höhe von 85 Millionen RM und Mehrausgaben in Höhe von 33 Millionen RM., im ganzen also einen Betrag von 118 Millionen, neue Deckung zu finden. Die Mehrausgaben sind im wesent­lichen bedingt durch die neuen Aufgaben, die der preußische Staat in Durchführung der Ziele der national­sozialistischen Revolution tatkräftig in Angriff genom­men hat. Die Deckung dieses Mehrbetrages von 118 Millionen RM. ist in folgender Form durchgeführt: Zunächst sind eine Reihe von Ausgaben, wie zum Bei­spiel die Ausgaben für den früheren Preußischen Landtag, zwangsläufig weg­gefallen. Dadurch konnten allein Ausgaben von rund 15 Millionen RM. eingespart werden.

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Umtauschen oder Zeichnen nur noch bis Donnerstag!

DNB Berlin, 20. Juni.

Jeder Besitzer vonHilferding"=Anleihe und von Neubesitz muß spätestens am Donnerstag diese An­leihe in die vierprozentige Anleihe des Deutschen Reiches von 1934. die erste Anleihe des nationalsozialistischen Staates, umtauschen. Nach dem 21. Juni wird fürNeubesitz kein Kurs mehr fest­gestellt. Wer die sicherste, von der nationalsozialistischen Regierung gewährleistete Geldanlage sucht, kann noch bis Donnerstag die vierprozentige Anleihe des Deutschen Reiches von 1934 zum Kurse von 95 v. H. bar zeichnen.

Neuwahlen in Oesterreich?

Die Unabhängigkeit der österreichischen Richter aufgehoben.

DRB Wien, 20. Juni.

Wie in unterrichteten Kreisen verlautet, hat der österreichische Gesandte in Rom, Dr. Rin­telen, soeben der österreichischen Regierung einen ein­gehenden Bericht über die Zusammenkunft in Venedig übermittelt. Ueber den Inhalt dieses Be­richtes wird selbstverständlich bei den amtlichen Stellen strengstes Stillschweigen bewahrt. Jedoch verdichten sich in hiesigen internationalen Kreisen die Gerüchte. daß der Gedanke von Neuwahlen zur Feststel­lung der wahren Volksmeinung des öster­reichischen Volkes bei den Großmächten in der letzten Zeit stark an Boden gewonnen habe.

Die Abendpresse hebt hervor, daß in dem neuen Ueber­gangsverfassungsgesetz, das am 1. Juli in Kraft tritt, die Unabhängigkeit der Richter aufgehoben worden ist.

DieNeue Freie Presse schreibt, es habe sich gezeigt, daß ein kleiner Teil von Richtern in seiner politischen Haltung nicht jene Linie einnehme, die im Interesse des österreichischen Staates und seiner gegenwärtigen Auf­gaben liegen. Die bisherigen Verfassungsbestimmungen übe: die Unabhängigkeit der Richter hätten einem Zugriff der Staatsgewalt hinsichtlich der Person der Richter im Wege gestanden. Aus diesem Grunde würden zunächst für einhalbes Jahr die Bestimmungen über die richterliche Unabhängigkeit ausge­hoben. um Gelegenheit zu geben, jene Richter im admi­nistrativen Wege auszuschalten, die, auf der richterlichen Unabhängigkeit bauend, sich gegen das Staatsinteresse vergangen hätten.

Es ist höchst bemerkenswert, daß somit die österreichische Regierung die richterliche Unabhängigkeit, eine der grund­legendsten Bestimmungen eines jeden modernen Staates, als gegenwartig unbequem empfindet. Es dürfte kaum eines anderen Beweises für die eigenartigen Zu­stände im heutigen Oesterreich bedürfen, als einer der­artigen Maßregel, die an den Grundrechten der Recht­sprechung rüttelt.

Schwere Sprengstoffanschläge in Vorarlberg.

DNB Wien, 20. Juni.

Nach amtlichen Mitteilungen hat im Laufe der Nacht zum Mittwoch und des Mittwoch in Voralberg eine neue Welle schwerer Terrorakte ein­gesetzt. Im ganzen Lande ist es zu einer erheblichen zahl von Sprengstoffanschlägen gekommen, be denen zahlreiche Telegraphenmaste gesprenat und Telephonleitungen zerstort wurden. In der Nähe des Klosters wurden die Stützpfeiler einer Flußbrücke auf der großen Eisenbahnstrecke schwer beschädigt. Ferner wurde das Telephon­kabel nach Innsbruck und nach der Schweiz ge­svrengt. Bei Weiler wurde das Telephonkabel des Staatstelephons durch eine Explosion zerstört. Der Be­trieb dreier Elektrizitätswerke, darunter das von Feldkirsch mußte zeitweise eingestel!: werden, da unbekannte Täter sämtliche Sicherun­gen entfernt hatten. Ferner wurde auf das Hauptpostamt Bregenz ein Sprengstoni­anschlag verübt. Ueber die Feststellung der Täter liegen bisher noch keine Mitteilungen vor.

Mittwoch morgen wurde in Innsbruck in einem Hause in der Mandelsbergerstraße, in dem der Kriminalinspek­tor Rofner wohnt, ein Sprengstoffanschlag aus­geführt. In zwei Wohnungen des Obergeschosses wurde die gesamte Einrichtung zum großen Teil vernichtet. Alle Wohnungstüren im Stiegenhaus vom ersten bis zum dritten Stock gingen in Trümmer.

Kerkerstrafen für Nationalsozialisten

DRB Wien, 20. Juni.

weit Angeklagte Anton Pressinger zu 14 Jahren chweren Kerkers verurteilt. Dem Urteil liegt als für die Verurteilung belastendes Moment die allei­nige Tatsache zugrunde, daß bei den beiden National sozialisten eine Kiste mit Sprengmaterial auf gefunden wurde.

Das ungewöhnlich harte Urteil des Standgerichts hat in allen Kreisen große Erregung hervorgerufen. Während die sozialdemokratischen Anführer des Februaraufstandes. der Hunderte von Toten und schwere materielle Opfer zur Folge hatte, meist nur mit einigen wenigen Monaten Gefängnis bestraft wurden, jetzt bereits zu einem großen Teil begnadigt worden sind, sind die zwei Nationalsozialisten, denen eine direkte verbrecherische Tätigkeit gar nicht nachgewiesen werden konnte, zu jahrelangem schwerem Kerker ver­urteilt worden. Angesichts dieser Urteilsfällung wird auch in diplomatischen Kreisen auf den rein politi schen Charakter des Standgerichtsurteils hinge wiesen.164

Vom Standgericht in Graz wurde der Nationalsozialist Kern. ein Vater von drei Kindern, zu zehn Jahren schweren Kerkers verurteilt. Das Urteil stützt sich vor allem auf die Aussage einer Zeugin, die Kern beobach­tet haben will, wie er auf seinem Gut bei Loeben eine Kiste mit Sprengstorf eingrub. Kern bestritt, dies getan zu haben. Als belastend galt auch die Aus­sage eines Gendarmeriebeamten, der angab, daß Kerns Kinder immer mit dem Hitlergruß zu grüßen pflegten

Tagesrundschau.

Rihhentrovs Nachdem der Beauftragte

Dariser des Reichskanzlers für Ab­

rüstungsfragen Herr von Besprechungen. Ribbentrop kürzlich bereits in London gewesen ist, hat er am Samstag abend in Paris eine Begegnung mit dem französischen Außenminister Barthou gehabt, und ihr folgte am Montag eine einstündige Unterredung mit dem Mi­nisterpräsidenten Doumergue. Einzelheiten aus den Unterhaltungen sind natürlich nicht bekannt ge­geben worden, und wenn die Pariser Presse in ihren Kommentaren alle nur erdenklichen Fragen aufzählt, die in den Gesprächen eine Rolle gespielt haben sollen, so kann dazu gesagt werden, daß diese Kommentare nicht die Bedeutung von Bemerkungen auf Grund zuverlässiger Unterrichtung haben. Sie stimmen im übrigen darin überein, daß in ihnen betont wird, die Mission Ribbentrops sei lediglich informatorischer Natur gewesen. Der freundlichere Ton, der in den meisten Kommentaren gegenüber Deutschland angeschlagen wird, läßt erkennen, daß die deutschen Bemühungen um einen besseren Kontakt in Paris angenehm empfunden worden sind. Die Gelegenheit zu der Begegnung von Ribbentrops mit Barthou gab ein Abendessen bei ge­meinsamen Pariser Bekannten, wobei der Unterhaltung zugute kam, daß die beiden schon miteinander bekannt waren. Man erfährt nämlich bei dieser Gelegenheit, daß der französische Außenminister den Beauftragten des Reichskanzlers schon vor einigen Wochen einmal in seiner Privatwohnung empfangen hat. Der Besuch von Ribbentrops bei Doumergue ist amtlich als reiner Höflichkeitsbesuch bezeichnet worden, aber er hat immer­hin eine ganze Stunde gedauert. Und wenn die Ge­spräche des deutschen Vertreters von dem französischen Außenminister zu dem französischen Ministerpräsidenten führten, so hat eine solche Steigerung nur dann einen Sinn, wenn auch die Gegenseite irgend etwas Positives aus den Unterredungen erhofft. Und da darf man darauf hinweisen, daß bereits von einem neuen Besuch von Ribbentrops in Paris die Rede ist. Man erwartet dort, wie die Aeußerungen der französischen Presse erkennen lassen, daß er wieder­kommt, sobald der französische Außenminister von seiner Reise nach Bukarest und Belgrad zurückgekehrt sein wird, also Ende des Monats. Dann soll eine eingehende Besprechung zwischen dem Leiter der französischen Außenpolitik und dem deutschen Unterhändler statt­finden. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die französische Politik der regionalen Sicherheitspakte deutlichere Um­risse angenommen haben. Die französische Regierung hat in diesen Tagen den verschiedenen europäischen Regierungen, darunter natürlich auch Berlin, ihr Projekt für diese Sicherheitspakte unterbreitet. Von seiner Reise dürfte Barthou also Eindrücke über die Aus­sichten dieser Politik mitbringen. Andererseits würde die Zusammenkunft mit Herrn von Ribbentrop unmittel­bar vor der Londoner Reise des französischen Außen­ministers liegen. Das alles macht den Eindruck einer gewissen Entspannung der politischen Atmosphäre. Aber man wird sich doch hüten müssen, davon aus­gehend, gleich optimistische Prognosen zu stellen und zu vergessen, wie starke Differenzen in der Abrüstungs­frage eben noch zwischen der deutschen und der fran­zösischen Auffassung in Erscheinung getreten sind. Sollte aber als eine Auswirkung der Gespräche des Führers mit Mussolini in Venedig und der Unterhaltungen von Ribbentrops mit Barthou und Doumergue sich eine deutsch=französische Verständigung ergeben, auf die man eben kaum mehr zu hoffen wagte, so wird das deutsche Volk das selbstverständlich herzlich begrüßen. Aber noch ist es sicher nicht soweit, daß man über den Berg her­über wäre, und noch erscheint es uns sehr zweifelhaft, ob man so zynische Bemerkungen, wie sie zu gleicher Zeit dasJournal des Debats für angebracht hält, in dem der unversöhnliche Haß gegen das neue Deutsch­land wieder einmal leidenschaftlichen Ausbruch gefunden hat, lediglich als ein Aus=der=Reihe=tanzen bewerten soll.

Bestimmungen über die 40 Stunden­woche aufgehoben.

9 Berlin, 20. Juni Der Reichsminister der Finanzen und der Reichsar beitsminister teilen folgendes mit:

Als das Reinhardt=Programm in Kraft trat, hatten wir mehr als 5 Millionen Arbeitslose. Das Reinhardt­Programm wollte möglichst viele Volksgenossen wieder in Arbeit bringen. Deshalb entschloß sich die Reichsre­gierung dazu, die wöchentliche Arbeitszeit in denjenigen Unternehmungen auf 40 Stunden zu beschrän­ken. die aus diesem Programm Aufträge bekamen.

Die reichliche Hälfte der Arbeitslosigkeit ist in­zwischen beseitigt. In einzelnen Wirtschaftszweigen besteht schon Mangel an Facharbeitern. Deshalb sind die Bestimmungen über die 40 Stunden=Arbeitswoche in Unternehmungen, die an den Arbeitsbeschaffungsmaß. nahmen beteiligt sind, nicht mehr erforderlich Sie sind mit sofortiger Wirkung aufgehoben worden, gleichgültig, ob die Aufträge bereits verteilt sind oder noch verteilt werden.

Dreußen im Der Regierungserklärung, die Ministerpräsident Göring am Kesch= Montag vor dem Preußischen

Staatsrat abgegeben hat, und dem vor demselben Gre­mium erstattete Bericht des Finanzministers Dr. Po­pitz über die Haushalts= und Kassenlage des preu­ßischen Staates gebührt der Rang der wichtigsten innerpolitischen Kundgebungen in der letzten Zeit. Zeigt der Bericht des preußischen Finanzministers den ge­waltigen Fortschritt in den Bemühungen um die Gesundung der Staatsfinanzen, läßt er erkennen, was mit eiserner Sparsamkeit in gut einem Jahre erreicht worden ist, und verstärkt er die auch aus anderen Momenten, insbesondere aus der starken Abnahme der Erwerbslosigkeit sich ergebende Gewißheit, daß die nationalsozialistische Regierung die Verfallserscheinun­gen, die sich in den schweren Krisenjahren heraus­gebildet haben, restlos überwindet, so hat die Rede des Ministerpräsidenten ihre staatspolitische Bedeutung vor allem in den Ausführungen über die Preußen zufallenden Aufgaben für die Neugestaltung des Reichs. Und wenn man diese Rede mit Reden vergleicht, die vor der nationalsozialistischen Revolution von Länder­ministern zur Frage der Reichsreform gehalten worden sind, dann fällt ohne weiteres als wesentlicher Unter­schied auf, daß sich hier der Regierungschef des größten