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Bezugspreise: DieWittener Volkswacht erscheint täglich vormittags mit Ausnahme der Sonn= und Feiertage und kostet freiblei­bend monatl. 2.15 RM.(im voraus zahlbar) Einzelnummer kostet 10 Pfennig. Anzeigenpreise: 1 mm Höhe 1 spaltig 7! auswärts 8 Pfg., Arbeits= und Wohnungs­markt und private Familienanzeigen 3 Pfg., Reklameteil 40 Pfg. Bei Wiederholung wird Rabatt gewährt, der bei gerichtlicher Beitreibung in Wegfall kommt. Annahme­schluß für Inserate nachmittags um 4 Uhr

WITTEN

ir-Vereine

4. Jahrgang

ORGAN DER WERKTÄTIGEN BEVÖLKERUNG FUR DEN STADTKREIS

Mittellungsblatt der freien Gewerkschaften und der Arbeiter-Sport- und Kultu

Gecohiäftsstelle Löilten, Jchenrlestraße ST, Ferneprecher S82T

Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Philipp Sommerlad, Bochum; für Inserate: Karl Simon, Bochum; Druck und Verlag: E. Graf&

Reutts S, 10.

Nedes AApen=Riles A Täusunne

Lausanne, 28. Juni.(Eig. Drahtbericht). In Lau­sanne ist eine Versteifung der Situation eingetreten. Reichs­kanzler von Papen war nach Abschluß der Sitzung mit der französischen Delegation sehr gereizt. Offenbar hatte man ihn in Berlin aufgeputscht. Seine Sprache in der Sitzung war gegenüber den Franzosen prononciert schneidig, so daß Her­riot sich veranlaßt sah, im Namen Frankreichs Verwahrung

enzulegen.. 4, Kamser dur Bmit.

Aus den wenigen Stichworten, die der Kanzier der deut­

schen Presse abgehackt hinwarf, geht seine brüske Abwendung von seiner bisherigen konzilianten Haltung klar hervor. Er erklärte, er habe nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die Konferenz die unerhörte Chane habe, die Irrtümer der Nachkriegszeit wiedergutzumachen. Das System der Repara­tionen müsse verschwinden. Die deutsche Regierung werde keine Unterstützung mehr leisten, von der sie heute schon überzeugt sei, sie nicht einhalten zu können. Dafür habe er die Ausfüh­rungen des Finanzministers über das Programm des europä­ischen Wiederaufbaus scharf unterstrichen. Bei diesem Wieder­aufbau werde das deutsch=französische Verhältnis eine ganz be­sondere Rolle spielen. Zuerst müsse aber das Vertrauen in der Welt wiederhergestellt werden, und dies sei in erster Linie die Aufgabe der Siegermächte.

Von der heute stattfindenden Aussprache zwischen Deutsch­

land, Frankreich, England und Italien wird es abhängen, ob die für Mittwoch angesetzte deutsch=französische Beratung das letzte Wort Frankreichs oder noch irgend einen positiven Aus­weg bringen wird.

Papen im franzölilchen Licht

Paris, 28. Juni(Eig. Drahtbericht.) Der gestrigeTag der Lausanner Konferenz wird von der Pariser Presse als ei sehr unangenehmes Datum in der Geschichte der deutsch=franzö­sischen Reparationsverhandlungen bezeichnet. Auf Grund der Ausführungen des Reichsfinanzministers und des Reichskanz­lers halten mehrere Zeitungen es nicht mehr für wahrscheinlich, daß eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich zu­

Pertinax meldet demEcho de Paris um ein Uhr

morgens, daß auch die Verhandlungen, die Herriot und von Papen in der Nacht mit MacDonald hatten, nicht den Zweifel verscheucht hätten, der über den Ausgang der Konferenz be stehe. MacDonald werde seine Einigungsbemühungen heute fortsetzen, aber es sei zweifelhaft, daß er die deutsche Delegatio zum Nachgeben veranlassen könne und daß er sich selbst vollkom­men mit Herriot einige. Aus den energischen Worten, die Herriot am Schluß der deutsch=französischen Beratungen aus­gesprochen habe, dürfe man schließen, daß der Ministerpräsi­dent, wenn er die französischen Mindestforderungen nicht durch­drücken könne, die Verhandlungen abbrechen werde. Die. Deut­Den eten ancheinzische Zegierung gauf Bezahlung einer

sen, wenn die französische Regierung aus der Bezahlung einer

Der Chefredakteur desMatin" erklärt

sanner Meldung, die Beratung am Montag habe gen für eine Annäherung zwischen den beiden Partnern zunichte gemacht.Was bieten Sie uns an? habe Germain Martin den Reichskanzler am letzten Freitag

Der Reichskanzler habe den Sonnabend und Sonntag in Ber­lin verbracht und nach seiner Rückehr Traransceh gzterier p nichts für die Streichung der Reparationen angevoten.Man habe sogar den Eindruck gehabt, daß der Kanzler,# noch einmal nach Berlin fahre, bei seiner Rückkehr erwas so

Der Verichersater desexeelslter. Ichar a eb s

seit voriger Woche die Haltung vollkommen geanvert have. Es

habe eine Rückzugsbewegung ausgeführt, mit der die Reise von

Papens nach Berlin im Zusammenhang stehe.

Macdonald renkt ein

Lausanne, 28. Juni.(Eig. Drahtbericht.) Eine Ver­

mittlungsaktion Macdonalds hat am Dienstag die

Deutschen und Franzosen wieder zu den sachlichen Problemen zurückgeführt. Macdonald selbst erklärte den Pressevertretern: Es war ein glücklicher Tag. Ich bin froh, zur Fortführung der Beratungen mit besten Aussichten beigetragen zu haben.

Der Verlauf des Tages war gekennzeichnet durch zwei lange Sitzungen, an denen u. a. von Papen und von Neurath, Macdonald, Herriot und der französische Finanzminister teilnahmen. Nach den spärlichen Angaben der Beteiligten dreh­ten sich gewisse Punkte der Beratung vor allem um das Wirt­schaftsproblem und die Aussichten auf detaillierte Vorschläge. Am Mittwoch vormittag werden Herriot und von Papen ihre privaten Beratungen Unter vier Augen wieder aufnehmen, ebenso der französische Finanzminister Germain Martin mit dem deutschen Finanzminister Schwerin=Krosigk. Nach französischen Mitteilungen wird Herriot am Donnerstag mit

Versale an Denuerstag ud wuar PAaseshah gesr Lchen.

daß mit beiden Reisen der Zweck verfolgt wird,

Alim Mittr nachmitag findet eine gemeinsame

der sechs anwesenden Mächte statt, in der Macdonald die Kon­

ferenzmitglieder über den Stand der Beratungen informieren wird. Nach der Andeutung von deutscher Seite könnte man glauben, daß dieses die Schlußsitzung der Konferenz sei und eine

Veratung auf unbestimmte Jeit ber, Nach franzfgge, genge:

ständigenausschüssen eintreten würde. Nach##unge###che Aeuße­rung hofft man dagegen, von Papen und Herriot am Montag wieder in Lausanne zu sehen, so daß die Konferenzarbeiten fort­geführt werden können.

Ver Sähre Zachtlaus

für Leo und Willi Sklarek

B23. Berlin, 28. Juni.(Eig. Drahtbericht.) Im Sklarek­Prozeß wurde heute vormittag folgendes Urteil verkündet:

Die Angeklagten Leo und Willi Sklarek werden verurteilt ein jeder wegen Betruges, zum Teil in Tateinheit mit schwerer Urkundenfälschung und wegen aktiver Bestechung in zu vier Jahren Zuchthaus(Bewegung im Zuhörerraum), der Buchhalter Lehmann wegen Beihilfe in Tateinheit mit schwerer Urkundenfälschung zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis,

Tuch wegen Beihilfe zu 6 Monaten Gefängnis. Sakolowski wegen passiver Bestechung und schwerer Urkundenfälschung zu

1 Jahr 3 Monaten Gefängnis, Stadtbankdirektor Schmidt wegen schwerer passiver Bestechung zu 4 Monaten Gefängnis. Stadt­bankdirektor Hoffmann zu 3 Monaten Gefängnis, Bürgermeister Kohl zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis, Stadtrat Gäbel zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis, Stadtrat Degener zu 6 Monaten

Gesängnis, Luding du 1 Bohe. 9 Voezgngnige sggs vu.rtel ge. meister Schneider zu 4 Monaten Gefängnis. Dus urtelt stimmt weiter, daß die Angeklagten Leo und Willi Sklarek, Stadtrat Gäbel und Revisor Luding sofort in Haft genommen werden, außerdem die Brüder Sklarek wegen der Zuchthaus­strafe noch 5 Jahre Ehrverlust erhalten. Den Angeklagten Kohl, Sakolowski, Gäbel und Luding wird die Fähigkeit zur Be­kleidung öffentlicher Aemter auf 5 Jahre aberkannt, den Ange­klagten Degener und Schneider auf 3 Jahre abgesprochen. Von den Bestechungsgeldern und Geschenken sind dem Staat ver­fallen: bei Stadtbankdirektor Schmidt 8900 Mark und ein Grammophon, bei Hoffmann 4300 Mark, bei Bürgermeister Kohl 15950 Mark und Kleidungsstücke, bei Sakolowski 20 500 Mark und zwei Anzüge, bei Stadtrat Gäbel 21.550 Mark, Kleidungsstücke, ein Bücherschrank und ein Schrankkoffer, bei Degener 10.000 Mark, bei Bürgermeister Schneider 14630 Mark, Kleidungsstücke und ein Blaufuchs, bei Luding 4300 Mark und Kleidungsstücke.

Stallbesitzer wiederum an ihre Freunde. Gern ließen sich die Sklareks beim Würfel= und Becherspiel große Summen von diesen notleidenden Herren abnehmen, und da das Geld schon im alten Rom nicht gestunken hat, so schadete es

auch die Geber Sklarek hießen und Juden waren. Einmal mußte man sich aber erkenntlich zeigen, und so geschah es, daß

* desrunde beschloß, den hochherzigen Spendern einen

die Freurgen##e rigggt Sngriggen Spendern einen silbernen Pokal zu verleihen. Darauf eingraviert waren die Namen der Getreuen. Vom kommunistischen Stadtverordneten Degener bis zum deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Wolf, es hat kein Name gefehlt. Weil aber dieser Wolf zugleich evangelischer Pfarrer war, nahm man ihn beim Amt und er ließ sich nicht lumpen, dem Pokal den pfarrherrlichen Segen zu erteilen.

Achteinhalb Jahre dauerte der Sklarek=Prozeß, und fast täglich wurde über ihn in fast allen Zeitungen berichtet, Wenn

wir uns der Verhandlungstage rückschauend erinnern, so bleib

vor allem jene Szene in Erinnerung, in der die Verleihung eines großen silbernen Pokals an die Brüder Sklarek Gegen­stand der Beweisaufnahme war.

So weit, so gut! Wir kennen diese Bilder aus allen Zeiten und aus allen Ländern und nicht zuletzt aus der kaiserlichen Periode der Hohenzollern. Müssen wir an die

Skandalaffären unter Wilhelm II.

an die Brüder Tippelskirch und ihre Heereslieferungen,

an die Kolonialskandale, an den Fall des Vbe#h## marschalls der ehemaligen Kaiserin, Graf Mirbach, der von Juden und Christen Gelder fur, Bergreggn an bie sammelte, erinnern? An den Baron Holstein, an die Steueraffäre Bismarcks, an den Ordensschacher und die Ordensgeschäfte unter Wilhelm II. und anderen deut­schen Fürsten? Nur mit dem Unterschied: damals kamen die sozialdemokratischen Redakteure ins Gefäng­nis, wenn sie es wagten, diese weltbekannten Gaunereien an­zutippen, während die Schuldigen frei, unbestraft und im Genuß ihrer errafften Gelder blieben.

Unter demSyitem der Nachkriegszeit

Es war die Zeit, als der Stern der Angeklagten hoch in Kurs stand. Sonntags liefen ihre kostbaren Rennbahnen. Grafen, Barone und andereSachverständige" gingen auf dem Landbesitz derköniglichen Kaufleute ein und aus und genossen den von ihnen gestellten Ehgpporneg ge bize pie dazu gehörigen Weiber in vollen Zügen. Anderntags sam­melte man esich wiederum in den Berliner Luxusstatten oder die illustre Gesellschaft sand sich auf der Jagd vplezgpreg.

die Pferde an Siegesgeldern heimbrachten, Beischenkten di

ist bis heute kein Schuldiger unbestraft geblieben, so hoch und so niedrig er stand. Die Stlareks haben, igre. He­

ziehungen zu den verschiedensten Männern der verschievensten Parteien ausgenutzt zur Bestechung von Angestellten und Be­amten der Stadt Berlin. Sie haben diesen Pflichtvergessenen Geschenke aller Art gegeben: der Dank bestand darin, daß diese politischen und unpolitischen Beamten, Kassierer, Buchhalter, Bürgermeister und Magistratsräte der verschiedensten Po. den Sklareks Vorschub leisteten in der Frisierung von Bilanzen, in der Fälschung von Konten und Wechseln und in der Lieferung von Waren. Daran haben diese Beamten wiederum verdient und auf Grund dessen wiederum hohe Ausgaben gemacht, die die Sklareks bezahlten und wofür sie sich wiederum an der Stadt Berlin schadlos hielten. Um rund 15 Millionen

Mark ist die Reichshauptstadt und sind die Steuerzahler betro­gen worden. Den Oberbürgermeister Boeß hat es die Stellung gekostet, weil er für keine genügende Kontrolle in den ihm unt stehenden Aemtern gesorgt hatte. Andere hohe Verantwortliche hat die Korruption das Leben gekostet, Tod durch Aufregung.

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