Nr. 105.

Freitag den 15.

1842.

Die Königsberger Zeitung enthält folgenden trefflichen Artikel: Östpreußen ist deutsch und gehört, wenngleich nicht dem Namen, doch der Sache nach zum deutschen Bunde. Alles, was das große Gesammt=Vaterland betrifft, was irgend auf das Wohl und Weh unserer westlichen Brüder Einfluß hat, findet bei den Bewöhnern Preußens herzliche Theilnahme, und gehört mit Fug und Recht zu unserninländischen Zuständen".

Unter den zahlreichen Fragen, deren Erledigung Deutschland mit Sehnsucht entgegenharrt, ist unstreitig die hannöversche Verfassungs­Angelegenheit eine der wichtigsten. Preußens Ständeversammlun­gen sind zwar so beschaffen, daß Schritte, wie sie die Kammern der konstitutionellen Staaten(z. B. neuerdings Hessen=Darmstadt und Würtemberg) für die Hannoveraner gethan, außer ihrem Bereiche liegen; allein die ganze Monarchie hat namentlich in Betreff der sieben Professoren bewiesen, daß sie die standhafte, streng gesetzliche Energie zu achten weiß, mit der das Staatsgrundgesetz in Hanno­ver so rühmlich vertheidigt wurde. Unsere Provinz ist in dieser Hin­sicht hinter keiner andern zurückgeblieben, und selbst unser erhabener Monarch, dessen edles Streben überhaupt darauf gerichtet ist, echt deutschen Sinn überall zu fördern und die schöne RedensartDeutsch­lands Einheit" endlich zu einer Wahrheit zu machen, hat durch Be­rufung der aus Göttingen verbannten Gebrüder Grimm gezeigt, daß hochverdiente Männer in seinen Augen durch energische Vertheidi­gung der einmal beschworenen Verfassung nicht zu Verbrechern ge­stempelt werden. Schon sind mehr als vier Jahre verflossen, seit der König von Hannover durch das bekannte Patent ohne Zustim­mung der verfassungsmäßigen Stände die in anerkannter Wirksamkeit stehende Verfassung des Landes aufhob. Die Hannoveraner haben jedes gesetzliche Mittel erschöpft, um ihr altes Staatsgrundgesetz aufrecht zu erhalten. Korporationen aller Art, die Majorität der Deputirtenkammer flehten den hohen deutschen Bundestag um Schutz an; allein bei diesem war die Ansicht vorherrschend, wo möglich eine friedliche Ausgleichung des Streites zwischen Fürst und Volk ohne Einmischung des Bundes abzuwarten. Die hannöversche Regierung ließ ihrer Seits kein Mittel unversucht, eine Ständeversammlung zu­sammenzubringen, welche die Aufhebung des Staatsgrundgesetzes billigen möchte. Verschiedene Maßregeln wurden zu diesem Zwecke gegen die widerstrebenden Kommunen ergriffen, Garnisonen den Städ­ten entzogen, die Ablösung der auf den Bauern lastenden Frohnen aufgehoben Alles vergebens! Hannover bietet uns in der That ein wunderbares Schauspiel dar. Während in andern Ländern die Regierungen die Verfassung vertheidigen und das Volk sie zu modi­ficiren oder ganz umzustoßen sucht, vertritt in Hannover das Volk das konservative Prinzip und die Regierung freilich nicht das progressive, wohl aber das gewaltsam regressivel; und doch lächelt man jetzt über jene Zeiten, in denen man glaubte, das Verhältniß zwischen Regent und Volk begründe nur für den ersteren Rechte, für letzteres bloße Pflichten! Endlich scheint es der hannöverschen Regierung gelungen zu seyn, eine Kammer zu Stande gebracht zu haben, welche, wenn sie auch nicht ganz fügsam ist die von der Regierung zur Vermehrung des Heeres verlangten Zuschüsse wurden vor wenigen Wochen verweigert doch Prinzipienfragen unerörtert läßt. Die­ser Schein könnte zu dem Glauben verleiten, es sey jetzt wirklich eine friedliche Einigung zwischen Fürst und Volk durch gegenseitige Zugeständnisse im Werke; allein dieser Glaube ist leider unbegründet. Das Schweigen einer Kammer, die auf eine Weise zusammengebracht ist, wie die jetzige hannöversche, kann nicht beweisen, daß das dortige Volk auf sein Recht Verzicht geleistet habe. Die Majorität der frü­heren Kammer, welche standhaft für das Staatsgrundgesetz kämpfte, wurde fürunfähig" erklärt, die Wahlmänner von den Beamten in einer Weise bearbeitet, die auch den Schein einer freien Wahl auf­hob; Wahlen, zu denen nur ein Wahlmann sich einfand, weil die übrigen sich den Einwirkungen der Beamten nicht aussetzen wollten, wurden für gültig erklärt. Und dies Alles reichte noch nicht aus. Die Koryphäen der Opposition wurden fortwährend zu Untersuchun­gen gezogen; freilich war das Ergebniß derselben meistens, daß diese Männer entweder völlig oder wenigstens von der Instanz freigesprochen wurden, allein der Zweck, den man bei diesen Untersuchungen gehabt die Ausschließung aus der Ständekammer, wurde doch erreicht. Starre Aristokraten lächeln vornehm über Stüve Rumann und an­dere Männer, deren edle Beharrlichkeit die Bewunderung der Völker auf sich gezogen hat; aber auch sie würden anders urtheilen, wenn sie ihren Blick über die engen Gränzen der Gegenwart zu erheben vermöchten. Glaubt ihr denn, daß Deutschlands letzte Prüfung die

gewesen sey, welche es gegen Napoleon so mühevoll bestanden hat? jene Prüfung, in welcher sich endlich der gewaltige Volksgeist als einziger Retter der legitimen Throne erwies? Oder hofft ihr, der Hannoveraner würde, wenn ein neuer Sturm über Deutschland her­einbräche, jetzt fähig seyn, dem Feinde unter demselben freudigen RufeMit Gott, für König und Vaterland!" entgegenzustürmen, von dem einst das ganze begeisterte Deutschland widerhallte?! Vor­gänge, wie die in Hannover, durch mehrere Jahre sich hinschleppend, müssen endlich auch die letzten Hoffnungen auf ein einiges starkes Deutschland, stark durch die Liebe der verschiedenen Stämme zu einan­der, stark durch die Liebe zwischen den Völkern und ihren angestamm­ten Fürsten, vereiteln. Sechs und zwanzig Jahre des Friedens und der Ruhe hat Deutschland gehabt, sich endlich zu einem einigen star­ken Völkerbunde umzuwandeln; sechs und zwanzig Jahre, wie sie die rutsche Geschichte noch nicht so geeignet zu diesem großen Werke sesehen hat; Jahre, noch erfüllt von dem Nachhall freudiger Begei­zrung, die ganz Deutschland vereint hatte; und was ist in diesen ys und zwanzig Jahren außer dem Zollvereine und einigen Ei­bahn=Anlagen geschehen, diese Einigung dauernd zu befestigen? ks ist ein glänzendes Zeichen der unzerstörbaren Kraft und Tüchtig­keit des deutschen Volkes, daß es bei seiner politischen Zersplitterung sich so viele Jahrhunderte hindurch hat unabhängig erhalten können, daß nur einzelne Provinzen verloren hat und nicht seine ganze Exi­stenz; aber es ware Frevel, deshalb die angestrengtesten Bemühun­gen zu einer dauernden Vereinigung für überflüssig zu halten. Schon wurde einmal in der französischen Deputirtenkammer die Ansicht laut, daß Frankreich mit Rußland sich vereinigen müsse, um den Konti­nent zu beherrschen. Wenn diese Vereinigung zu Stande kommen sollte, dann wird Deutschland eine gefährlichere Feuerprobe zu be­stehen haben, als zur Zeit Napoleons, und zu spät wird man dann Vorgänge, wie die hier erwähnten, beklagen! ­

Düsseldorf, vom 14. April.Zu den in unserm gestr. Bl. mitge­theilten Personal=Veränderungen im 7. und 8. Armeekorps fügen wir er­läuternd Folgendes hinzu: Der zum Generallieutenant beförderte Gene­ralmajor v. Boyen ist nicht mit dem Kriegsminister zu verwechseln; ersterer ist Kommandant von Minden. Der zum Generalmajor be­fürderte Oberst v. Strantz ist der neuernannte Commandeur der 14. Kavalleriebrigade. Der zum Oberst beförderte Oberstlieutenant v. Natzmer ist Commandeur des hier in Düsseldorf garnisonirenden 8. Husaren=Regiments.

Köln, vom 13. April. Das DampfbootVictoria" der Kölni­schen Gesellschaft hat auf der letzten Reise bei Worms ein mit Gyps beladenes, nicht weit vom Ufer gelegenes Neckarschiff in den Grund gefahren, und, wie man sagt, sollen die darauf befindlichen Leute kaum so viel Zeit gehabt haben, das Land zu erreichen und sich zu retten. In wie weit das Reglement über das Vorbeifahren der Dampfboote rc. vom 16. Januar überschritten oder nicht befolgt wor­den, wird gewiß die einzuleitende Untersuchung von Seiten der Be­troffenen nachweisen, und es ist zu wünschen, daß in Folge dieses Vorfalls dem nur zu häufig sich wiederholenden willkürlichen Ver­fahren der Führer von Dampfbooten rasch Einhalt gethan werde.

(Handelsorg.)

Merheim, vom 10. April, Gestern fanden sich einige junge Leute aus Köln, welche die Jagd auf dem Grünberge gepachtet haben, gewohntermaßen in diesem Forste ein, und vergnügten sich mit Jagen. Um sich vom kalten Wetter zu erholen, besuchten sie im Dorfe Vingst die Schenke, geriethen aber dann unter sich, durch Scherze verleitet und vom Weine erhitzt, in Händel, wobei die Jagd­messer gezogen und mehrere der Herren schwer verwundet wurden. Am schlimmsten kam der Wirth selber davon, welcher, die Streiten­den trennen wollend, einen Schuß mit grobem Schrote in den Un­terleib erhielt, und an dieser Verletzung vermuthlich sterben wird. Der Fall ist doppelt beklagenswerth, da die darin verwickelten jungen Leute sonst zu den ordentlichsten und solidesten gehören.

** Wermelskirchen, vom 11. April. Vor einigen Tagen wurde einem hiesigen Fuhrmann die Geldkiste, welche unter der Achse des Wagens in einem Gehänge sich zu befinden pflegt, die glücklicher Weise nur einige Thaler enthielt, entwendet; verdächtig war keiner als ein sogenannter Vorspänner der Wermelskircher Straße, der in Schlebusch wohnhaft ist, schon wegen mehrerer Verbrechen angeklagt gewesen. Zwei Tage später wurde dieser höchst gefährliche Mensch in Köln über einem neuen Diebstahle ertappt, fliehend von den Gensdarmen bis vor Deutz verfolgt, wo er sich mit ihnen in ein Gefecht einließ, einen Gensdarmen ins Gesicht und in den Unterleib verwundete, dafür aber einen Hiev über den Kopf erhielt, der ihm ein Ohr abtrennte, und einen Stich durch das Dickbein bekam, in Folge dessen bereits das