19. Juni
den Kande tich für den alge Tell: Julius Dit mar: für Verantug r 0 rucker: Anzei zi: für Cheiredakteur: Ernst Po in Koln. e A. Paliag Haupt Expedition: Greite Straße 64. rlin B. nük. 110l. achen Th. uhl u. Reille 1- Boriangn en Saik Uo. Elberieid 5 schoelie Soshsebe. Ghre 95 ersber ∆ 75 705 Koiln-L r. 54. Koblenz F. Hölscher. Krefeld J. F. Houben. Lennep Ad. Mann.
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1906— Nr. 657
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Amtliche Nachrichten. Berlin, 18. Juni. Der Kreisschulinsp. Dr. Jos. Hecker in.=Gladbach ist zum Reg.= u. der Reg. in Münster überwiesen. Schulrat er Am Schul cseminar zu Siegburg ist der bish. Sem.=Lehrer Dr ersen ihr aus Odenkiro als Sem.=Oberlehrer, am Sc in Wetzlar2 Gummersbach der bish endt rer am 2. Sem.=Nebe sbach der bish. Lehrer am Sem. und am Schullehrerseminar zu Gu Nebenkursus das. Husemann als ord. Sem.=Lehrer angestellt worden. Personal=Veränderungen. Königl. preußische Armee Hannover 16. Juni. v. Löwenfeld, Gen.=Lt., Gen.=Adj. d. Kai Kmdr. 1..=Div., zur Vertret, erkrankten Kommand. Allerhöchsten Haupttartiers kommandiert. aiserl. Schutztruppen. Neues Palais, 14. Juni. Nordsieck, Major Schutztr. Südwestafrika, von d. Stell. als Kmndr. 1.(Fuhrpat r, Kolonnenführer 1.(FuhrparkKolonnen=Abteil. enth. v. Fritsche, M slonnen=Abteil. ern. v. Stephani, Oberlt. olonnen=Abteil., z. Kmdr. diese in verse sutztr. Südwestafrika, in Schutztr. messungstrupp E Südwestafrika, z. Ok chutztruppen, Dr. Kuhn, Stabsarzt Schut vermessungstrupp Schutztr. Südwestafrika, in döring(Otto), Oberlt. Feld a, in Stülpnagel, Oberlts. Schutztr. Südwest 2. Feld=Rgt., Roos rs. Dr. Maillefert, Dr. Schultz(Botho), Dr. Summa, Feldverme Oberärzte Schutztr. Südwestafrika, zu Stabsärzten befördert.
Deutschland. Der Besuch der deutschen Redakteure in England. Der Anglo=German Courier bringt weitere Einzelheiten über den Besuch deutscher Redakteure in England. Wir entnehmen zunächst dem Begrüßungsartikel des Blattes folgende Einzelheiten über die Art, wie König Eduard sich der Kundgebung seiner Landsleute angeschlossen hat. Der König hörte, daß die Gäste den Samstag zwischen Henley und Hampton Court verbringer sollten— die Anordnungen sind inzwischen geändert worden— und gab Befehl, die Besucher in Windsor mit der würdigen und glänzenden Gastfreiheit des Schlosses zu empfangen. Der König wird leider nicht in Windsor anwesend sein, weil schon Befehl für einen Umzug des Hofes gegeben war, der aber nun unterbrochen wird. Königliche Wagen werden die deutschen Zeitungsmänner am Bahnhof erwarten. Im Schloß findet ein Frühstück statt, nach welchem die Reisenden durch die Parkanlagen fahren werden „Niemals zuvor in der britischen Geschichte“ schreibt das genannte Blatt,„ist Journalisten eine so hervorragende Ehrung von könig. licher Seite zuteil geworden. Das Gros britischer Journalisten ist niemals mit so huldreicher Gastlichkeit im Schloß Windsor empfangen worden. Die Tatsache, daß bei dieser Gelegenheit eine so bemerkenswerte Abweichung von der hergebrachten Uebung unternommen wird, zeigt besser als irgend etwas anderes, wie allgemein man in diesem Lande die jüngste Entfremdung zwischen den beiden Völkern bedauert und großmütig wünscht, Vergangenes Vergangenes sein zu lassen, die bittern Zänkereien der Vergangenheit zu vergessen und uns mit herzlichem Wohlwollen der Lösung der großen Probleme des internationalen Friedens zuzuwenden. Das in der gestrigen Mittagsausgabe mitgeteilte Programm ha inzwischen einige Aenderungen und Erweiterungen erfahren. Herr W. T. Stead und Fräulein Stead werden sich schon in Bremen den deutschen Besuchern anschließen. In Southampton wird am 20. der Bürgermeister die Gaste mit begrüßen, worauf sie die Dockanlagen besichtigen und eine Fahrt im Motorwagen durch den New Forest unternehmen werden. Daran schließt sich ein Frühstück, das der Vorsitzende der London and South Western Railway, Sir Charles Scotter, ihnen gibt. Um drei Uhr ist die Abfahrt nach London, wo die Gäste, wie gemeldet, im Hotel Metropole, zum Teil aber auch im Hotel Cecil wohnen werden. Der erste Abend sollte frei sein, allein Herr Veerbohm Tree veranstaltet schon an diesem Abend seine Sondervorstellung von„Colonel Newcome“ in His Majesty's Theatre und bewirtet sie dann im Theater zum Abendessen. Für den 21. schließt sich an den Besuch im Parlament ein solcher auf der deutschen Botschaft. Das Abendessen am 22. in der österreichischen Ausstellung veranstaltet das angesehene Institute of Journalists, in dem jedoch nicht alle großen Zeitungen vertreten sind; es werden dabei keine Reden gehalten. Der Ausflug nach StratforveonAvon ist auf den 23. statt 25. gelegt, der Besuch in Windsor au auf den 25. statt 23. Am 24. werden die Besucher unter Führung Lord Aveburys das naturhistorische Museum besuchen und abends Gäste von Herrn und Frau Moscheles im Atelier The Grelix sein Herr Moscheles ist der Sohn des bekannten Klavierkomponisten. Am 25. abends veranstalten der Anglo=German Courier und die Neview of Reviews ein Mahl auf der Terrasse des Castle Hotels in Hampton Court. Am 26. nach dem Frühstück beim Lord=Mayor von London nehmen die Besucher den Tee in der Gemäldegalerie des Herrn Alfred Beit; auch das Programm vom 27. ist noch durch einen Gartenempfang bei Herrn L. v. Bunsen, dem Enkel des preußischen Gesandten am britischen Hofe, bereichert worden, das vom 28. durch einen Ausflug am Morgen auf der Themse nach Greenwich, wozu die Einladung von der Daily News ergeht. Mit dem Abendessen bei Herrn Alfred de Rothschild schließt dann, wie erwähnt, das Programm. Die Liste der Teilnehmer ist mittler: weile wesentlich größer geworden. Unrichtig vermutet. * Berlin, 18. Juni.(Telegr.) Neuerdings ist wieder behaupte worden, daß im Laufe des Sommers bei der bevorstehenden Nordlandreise des Kaisers eine Begegnung mit dem Zaren von Rußland stattfinden werde. In Zusammenhang hiermit bringt man die angeblich geplante Reise des Kaisers Nikolaus nach den Finnischen Scheren, und es wird daraus geschlossen, daß die Begegnung dort stattfinden werde. Ein einfacher Blick auf die Karte zeigt, daß da mit ganz unrichtigen Voraussetzungen gearbeitet wird Die Finnischen Scheren liegen bekanntlich weit östlich von Norwegen, während die Reise Kaiser Wilhelms sich nicht von der Westküste Norwegens entfernen wird. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, daß eine Begegnung an den Finnischen Scheren nicht erfolgen kann. Die Nachricht erschien schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil ers im vorigen Jahr eine Begegnung der beiden Kaiser auf russischem Boden oder in russischen Gewässern stattgefunden hat. Wenn, was wir nicht wissen, eine Begegnung der beiden Kaiser in Frage kommen sollte, so würde sie unseres Erachtens mit Rücksicht auf den vorjährigen Besuch in Björkö wohl nur auf deutschem Boden oder in deutschen Gewässern stattfinden. Bisher ist, soviel wir wissen, nur die Begegnung des Kaisers mit König Haakon von Norwegen geplant, für die zwei Tage in Aussicht genommen sind. Zur Einführung der Zigarettensteuer. Berlin, 18. Juni.(Telegr.) Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt das Zigarettensteuergesetz tritt am 1. Juli d. J. in Kraft. Nach diesem Gesetze sind sämtliche Personen, die gewerbsmäßig Zigaretten, Zigarettentabak, Zigarettenhülsen oder Zigarettenblättchen herstellen und ebenso sämtliche Personen, die sich gewerbsmäßig mit dem Verkaufe der angeführten Waren befassen(also auch Zigaretten, Zigarettentabak oder Zigarettenhülsen oder=blättchen verkaufen verpflichtet, dies der Steuerbehörde(das Steueramt oder Zollamt, zu dessen Bezirke die Fabrik oder die Verkaufsstelle liegt) sofort zedenfalls aber noch vor dem 1. Juli d. J. anzumelden. Die Anmeldung der Hersteller von Zigarettentabak, Zigaretten und Zigarettenhüllen hat schriftlich in doppelter Ausfertigung zu erfolgen und muß auch die Bezeichnung der Waren, die hergestellt werden, sowie eine Angabe darüber enthalten, ob und in welchen Räumen eima auch ein Kleinverkauf der Erzeugnisse stattfindet. Die Herstenle, haben gleichzeitig mit der Anmeldung eine Beschreibung der Betriebs= und Lagerräume sowie der damit in Verbindung stehenden oder unmittelbar daran angrenzenden Räume vorzulegen. ZigarrenRauchtabak= und Kautabakfabrikanten, die den Kleinhandel mit Zigaretten betreiben, haben ebenfalls eine Beschreibung ihrer Kleinverkaufsräume dem Steueramt vorzulegen. Ferner haben sowohl die Hersteller wie auch die Verkäufer und Händler ein Verzeichms der am 1. Juli d. J. in ihrem Besitze befindlichen Vorräte an Sigaretten, Zigarettentabak, Zigarettenhülsen und Zigarettenblättchen unter Angabe des Kleinverkaufspreises des Zigarettentabaks und der Zigaretten sowie der Stückzahl der Hülsen und Blättchen aufzustellen und spätestens bis zum 7. Juli ebenfalls in doppelter Ausfertigung der Steuerbehörde einzureichen. Für die Anzeigen eind Amneldungen ist ein bestimmtes Formular nicht vorgeschrieben Ein Vertretertag der pfälzischen Jungliberaten. — Sundan, 27. Juni. Der Pfülzer Verband der Vereine der Tattionatliberalen Jugend hielt heute hier einen außerordentlichen Verkretertag ab, dem als Vertreter des Reichsverbandes der nationalÜberalen Jugend der Generalsekretär Zimmermann=Köln betwohnte. Die Veranlassung zu der Tagung hatten Anträge des jungliberalen Vereins in Neustadt a. d. H. gegeben die auf eine Verminderung der Beitrags leistungen der einzelnen Vereine an den Reichsverband hinzielten Die Anträge fanden indessen die Unterstützung nur eines Vereins,
wogegen die andern anwesenden Vertreter mit großer Lebhaftigkeit betonten, daß sie die bedeutungsvolle Organisation im Reichsverband keinesfalls missen möchten und sich nicht dazu verstehen könnten, dessen ktionsfähigkeit durch Minderung seiner Mittel irgendwie zu beschränken. Dieser Debatte ging eine andere vorauf, die an den Rücktritt von Exzellenz Bürklin anknüpfte. Man bedauerte die Ausführungen, die in Neustadt kürzlich über die Tätigkeit Bürklins als Vorsitzender des tionalliberalen Vereins der Pfalz gefallen waren, und Oberlehrei Marté=Ludwigshafen würdigte die Verdienste Bürklins um die liberale Sache in der Pfalz in den anerkennendsten und herzlichsten Worten, denen die Versammlung durch Erheben von den Sitzen ihre einmütige Zustimmung gab. Den letzten Punkt der Tagesordnung bildete ein Vortrag von Professor Büttner=Germersheim über die Reform des bayrischen Gemeindewahlrechts. Der Redner legte seinem Vortrag folgende drei Leitsätze zugrunde: 1. Auf die Gestaltung des Gemeindewahlrechts sind die einschlägigen Bestimmungen des jeweils geltenden Landtagswahlgesetzes in Anwendung zu bringen; 2. Insbesondere soll das aktive und passive Gemeindewahlrecht an die gleichen Bedingungen geknüpft sein wie das Landtagswahlrecht; 3. Für die Wahl zum Landtag und für die Gemeindewahl ist mit Nachdruck die Verhältniswahl anzustreben und zwar möglichst eine solche Form derselben, daß die Nominierung der Kandidaten nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch dem leinzelnen Wähler(!) überlassen vleibe. Von einer Beschlußfassung über diese Leitsätze sah man ab, verwies sie vielmehr auf einen durch Pirmasens unterstützten Antrag von Generalsekretär ZimmermannKöln hin zu späterer Beschlußfassung an die einzelnen Vereine mit der Aufgabe, vor allem die Ausdehnung der Verhältniswahl auf das Gemeindewahlrecht zu erwägen. Berlin, 18. Juni.(Telegr.) Der Bundesrat hat durch Zustim nung zu den Ausschußberichten Vorlagen festgestellt wegen Abänderung r Vorschriften über die Herstellung der Quittungskarten für die Inilidenversicherung, wegen Einrichtung und Ueberwachung öffentlicher Jasserversorgungsanstalten und wegen Errichtung einer Invaliden=, Witwen= usw. Versicherungskasse der See=Berufsgenossenschaft. Weiter ist der Entwurf eines Gesetzes über das Beschlagwesen für Elsaßgen angenommen worden. us Nürnberg, 18.Juni.(Telegr.) Der Parteitag der Deutschen Volkspartei in Bayern hat der von den Vereinigten Liberalen ausgegebenen Wahlparole für die nächsten Landtagswahlen: Beseitigung der Zentrumsmehrheit zugestimmt und beschlossen, mit den auf das vorjährige Nürnberger Programm verpflichteten Blockparteien zusammenzugehen. Das Nürnberger Programm gilt der Volkspartei als Mindestprogramm; sie will ihre darüber hinausgehenden Forderungen überall nachdrücklichst vertreten. J Hamburg, 18. Juni.(Telegr.) Der König von Sachsen wird vom 3. bis 5. Juli als Gast des Senats hier weilen und dem Stapellauf eines bei Blohm u. Voß erbauten Postdampfers der Hamburg=Amerika=Linie für die argentinische Linie beiwohnen. I Oldenburg, 18. Juni.(Telegr.) Der König von Sachsen ist heute nachmittag wieder von Rastede abgereist. Nordeney, 18. Juni.(Telegr.) Der Kaiser wurde bei seiner Ankunft an der Landungsbrücke von dem Reichskanzler und der Fürstin Bülow empfangen; er begrüßte den Reichskanzler auf das allerherzlichste und gab seiner Befriedigung über das vortreffliche Aussehen des Fürsten Ausdruck. 5 Norderney, 18. Juni.(Telegr.) Der Kaiser hatte der Entschluß, hierherzukommen, ganz plötzlich gefaßt. Die Fährt wurde sehr schnell, in zwei Stunden, ausgeführt. Der Kaiser hatte mit dem Reichskanzler eine längere Unterredung; alsdann war Tafel. Der Kaiser erwies dem Fürstenpaare die größten Aufmerksamkeiten Um 5½ Uhr reiste der Kaiser mit dem Sleipner in Begleitung des Kreuzers Leipzig nach Helgoland ab. Trotz seines Inkognitos wurde dem Kaiser ein festlicher Abschied mit Spalierbildung, Musik und Ehrenpforten bereitet. Heer und Flotte. * Berlin, 18. Juni.(Telegr.) Gegenüber einer Meldung der Hamburger Nachrichten schreibt die Nationalzeitung: Die Nachricht, daß der Staatssekretär v. Tirpitz sein Abschiedsgesuch ein gereicht habe, entbehrt, wie wir aus erster Quelle versichern können, jeglicher Begründung. C M S. Seeadler ist am 18. ds. von Dar=es=Salgam nach dem 145 Schießübungen beabzur Abhal an 25 B8 4 Kiwin 2. ds. eher Lige: ## in ingtau eingetr R. S. Bussardi 8. bs, von Durban nach Beira u. see gegangen. Der ausreisend Ablösungstrausport für S. M. Schiffe Bussard und Seeadler is am 17. ds. in Lissabon eingetroffen und hat am 18. ds. die Reise nach Algier fortgesetzt. Deutsche Schutzgebiete. Die Tagung des Kolonialrats. Berlin, 18. Juni.(Telegr.) Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung um 11½ Uhr vormittags und hieß zwei neue Mitglieder des Kolonial rats willkommen. Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg gedachte mit warmen Worten des frühern Vorsitzenden, jetzigen Gesandten in Christiania Dr. Stübel, und begrüßte den jetzigen Vorsitzenden Erbprinzen Hohenlohe=Langenburg. Vor Eintritt in die Tagesordnung die Beratung des Etats, wurde auf Antrag in eine allgemeine Betung über koloniale Angelegenheiten eingetreten. Nach längerer Verhandlung wurde ein Antrag angenommen, daß der ständige Ausschuß des Kolonialrats von drei auf sieben Mitglieder erhöht und ihm mehr als bisher Gelegenheit gegeben werden soll, mit der Kolonialabteilung in Fühlung zu treten und die Beratungen über koloniale Fragen und Etats vorzubereiten. Ferner wurde mehrfack auf die Wichtigkeit des weitern Ausbaus der Eingebornenkulture durch Belehrung und Versuchspflanzungen hingewiesen und eine möglichst wohlwollende Behandlung der Bodenfrage den Eingebornen gegenüber angeregt. Auch die Tätigkeit der großen Konzessions. gesellschaften, die vielfach in der Oeffentlichkeit angegriffen werden, wurde gebührend gewürdigt, und dabei wurde betont, daß eine freie Entwicklung der Eingebornen sich mit dem gleichzeitigen Bestehen und Gedeihen von Konzessionsgesellschaften wohl vereinigen lasse. Hierauf wurde zum ersten Punkt der Tagesordnung, der Beratung über den Etat von Deutsch=Südwestafrika, übergegangen und die Fragen der zukünftigen Gestaltung der Eineborenenreservate, der Einrichtung der einzelnen Stämme, Kreditwesen und Freizügigkeit für die Eingeborenen sowie der intensiven Inangriffnahme einer planmé igen Besiedlung und der Notwendigkeit des Ausbaues des Eisenbahnnetzes wurden behandelt. Die Vertreter der Regierung versicherten daß für die Eingeborenen in Bezug auf Reservate, Ernährung, Vorschüsse an Vieh und dergl. reichlich gesorgt, anderseits die Auswahl der Reservate auch mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Ueberwachung stattfinden und dabei dem Gouverneur möglichst freie Hand gelassen würde, jedenfalls würden die Stammesverbänd in ihrer frühern Form nicht wieder hergestellt. Der Vorsitzende er klärte ferner auf Anfrage, daß die Regierung nach wie vor mit allen Mitteln danach streben werde, die Gelder zum wirtschaftlichen Wiederaufbau des Schutzgebietes bewilligt zu erhalten; auch über Wasserbohrkolonnen, Staudämme, Kleinsiedlung, Umbau der Linie SwakopmundWindhuk und den weitern Ausbau des Eisenbahnnetzes gab der Vorsitzende ausführliche Auskunft. Luxemburg. ## Luxemburg, 18. Juni.(Telegr.) Die Regierung unterbreitete der Kammer eine Vorlage über Einführung von BrauZigaretten= und Kraftfahrzeugsteuern mit den Bestimmungen und Sätzen der neuen Reichsgesetze. Oesterreich=Ungarn. #n Wien, 18. Juni.(Telegr.) Der frühere Ministerpräsident v. Körber erklärte einem Wiener Journalisten, durch die Unter brechung seiner englischen Reise und die plötzliche Rückkehr von Brüssel bezwecke er, sich seinen Angreifern zu stellen, da man sogar von Flucht geschrieben habe. Ihm die Triester Hafenbau=Angelegenheit zuzuschieben, sei einfach lächerlich. * Wien, 18. Juni.(Telegr.) Die im ungarischen Delegationsausschuß für auswärtige Angelegenheiten heute eröffnete Erörterung über die äußere Politik verlief ziemlich flach. Zu Angriffen gegen den Dreibund oder gegen Deutschland wie in rühern Delegationen ist es diesmal nicht gekommen, im Gegentell, die Dreibundpolitik wurde von mehrern Rednern, wie Graf Thorotz kay, Graf Esterhazy, Franz Nagy und Sziraf ausdrücklich gebilligt. Ueber die Rolle Oesterreich=Ungarns in Algeciras herrschten geteilte Anschauungen. Während Graf Esterhazy, Szirak und besonders nuich Wekerle den Verlauf der Konferenz als großen diplomatischen Erfolg der Monarchie bezeichneten, meinten Saghy, Rakowszky und Lovaszy, daß Goluchowski sich nur zum Schleppenträger Deutschlands hergegeben habe. Am ungünstigsten lautete das Urteil der Delegierten über Goluchowskis Balkaupolitik, die von sämtlichen Rednern abfällig beurteilt und nur von Wekerle einigermaßen i schutz genommen wurde. Graf Eugen Zichy brachte auch einen Mißrauensantrag gegen Goluchowski ein, fand jedoch nur bei eine leinen Minderheit Beifall. Graf Goluchowski antwortete in einer fünfviertelstündiger Rede auf die gegen seine Politik vorgebrachten Einwendungen. Er verteidigte sich sehr nachdrücklich gegen den Vor wurf, daß er ein Feind Ungarns oder der jetzigen ungarischen Mehrheit sei, doch sei es ihm nach den bestehenden Gesetzen von vornherein unmöglich gewesen, sich während der letzten Krise für den ungarischen Standpunkt einzusetzen, da er sich in innerpolitische Verhältnisse Ungarns nicht einmischen dürfe. Immerhin sei er es gewesen, der den
Führern der ungarischen Mehrheit im September einen Empfang beim König durchgesetzt habe. Daß sich die österreichische Diplomatie in der Frage des serbisch=bulgarischen Zollvertrags hinters Licht habe führen lassen, sei unrichtig, da jedoch die serbische Regierung das Vorhandensein des Vertrags zäh ableugnete, sei die Diplomatie hülflos ge wesen. Daß Serbien nicht korrekt vorgegangen sei, suchte Goluchowski auch aus verschiedenen Akten zu beweisen. In Algeciras habe sich die Monarchie vertreten lassen, weil sie in Marokko handelspolitisch beteiligt sei und überdies der Sache des Friedens einen Dienst leisten wollte, denn wen auch unmittelbare kriegerische Folgen nicht zu befürchten waren, hätten Verwicklungen in Marokko doch manch bösen Keim in sich geborgen. Da die österreichisch=ungarischen und deutschen Interessen übereinstimmen, könne man von einer bloßen Liebedienerei gegenüber Deutschland nicht sprechen. Uebrigens habe das deutsche Bündnis einen hohen Wert für die Monarchie und lege ihr nicht nur seine Opfer auf, sondern ermögliche ihr geradezu in den militärischen Rüstungen ein bescheidenes Maf einzuhalten. Bezüglich der Handelsvertragsverhandlungen, mit Serbien erklärte Goluchowski, es sei eine falsche Ausstreuung serbischer Kreise, daß Oesterreich=Ungarn den Abschluß des Vertrags von serbischen Kanonenbestellungen bei den Skodawerken abhäng mache, es verlange jedoch als Abnehmer von 90 Prozent der serbischen Erzeugnisse als Entgelt eine entsprechende Beteiligung an den Lieferungen für Serbien, welcher Art sie auch seien. Der rumänischgriechische Streit sei für den Frieden nicht gefährlich. Schweiz. * Zürich, 18. Juni.(Telegr.) In dem der Bundesversammlung unterbreiteten Entwurf zur Ergänzung des Bundesstrafrechts, wonach die Aufreizung Militärpflichtiger zur Dienstverweigerung, auch wenn sie erfolglos bleibt, mit Gefängnis bestraft wird, ist bemerkenswerter Weise auch vorgesehen, daß auc eine im Ausland begangene Handlung unter den neuen Artikel fallen soll. Königreich der Niederlande. Schwimmende Särge. I Amsterdam, im Juni. Während der Zeit der Herbst=, Winter= und Frühjahrsstürme kann man fast keine Zeitung in die Hand nehmen, in der nicht für die Unterstützung von Witwen und Waisen umgekommener Fischer milde Beiträge gefordert werden, und, wie man sich aus später veröffentlichten Listen überzeugen kann, fließen diese auch in den meisten Fällen ungemein reichlich, so daß wenigstens ein Teil des durch die Elemente verursachten Leids gemildert werden kann. Menschliches Verschulden ist, wie man nun einmal überzeugt ist, dabei vollständig ausgeschlossen. Man weiß zwar, daß häufiger Umgang mit der Gefahr mehr oder weniger zu unentschuldbarer Unvorsichtigkeit führt, aber in solchen Augenblicken, wo der Menschheit Jammer so deutlich und eindringlich spricht, spielt ein solches Bedenken keinerlei Rolle. Ganz anders aber liegt die Sache, wenn die Frage gestellt wird, ob vorher schon die nötige Sorgfalt angewandt worden ist, um die Gefahr, der die Unglücklichen so häufig zum Opfer fallen, auf das möglichst kleine Maß zurückzuführen, mit andern Worten, ob die Fahrzeuge, die auf die Hochseefischerei ausgeschickt werden, auch in jeder Hinsicht seetüchtig sind und den sich stets einstellenden Stürmen den erforderlichen Widerstand entgegensetzen können. Vor etwa fünf Jahren ging ein Stück des dramatischen Dichters Heyermans: „Op hoop van zegen“(In Hoffnung auf Segen) über die Bretter; in ihm wurde von„dryvende doodkisten“ (schwimmenden Särgen) gesprochen, womit die in die See stechenden, gewöhnlich eine Bemannung von zehn bis zwölf Menschen tragenden Nordseefischerboote gemeint waren. Ein Sturm der Entrüstung erhob sich aus den Kreisen der Reeder, man protestierte entschieden gegen derartige Beschuldigungen und gewissenlose Uebertreibungen, und da der Dichter mit Rücksicht au die vielen dem Fischfang zum Opfer fallenden Menschenleben, den seitdem zu einer Art geflügelten Wortes gewordenen Ausdruck gebraucht hatte: der Fisch wird teuer bezahlt, so beschuldigte man ihn der gewissenlosesten Verhetzung. Man hätte aber besser daran getan, die an den Tag gelegte Entrüstung etwas zu mäßigen, denn das, was das Rotterdamsch Nieuwsblad dieser Tage über die Beschaffenheit dieser Fischerboote veröffentlicht hat, arenzt derart an das Unglaubliche und ist ein so schlagender Beweis für die Tatache, daß hier mit Menschenleben in der ruchlosesten Weise gespielt wird, daß die Staatsgewalt mit unerbittlicher Strenge einschreiten muß. In dem Artikel des genannten Blattes werden die Namen und Nummern wie auch die Eigentümer solcher schwimmenden Särge offen genannt. Der Verfasser hat der Redaktion nicht nur Photographien des Anblicks, den die Oberfläche eines solchen Bootes bietet, sondern auch ein Stück einer aus dem Rumpf gesägten Diele zur Verfügung gestellt, um den Beweis zu liefern, daß seine Behauptungen nicht aus der Luft gegriffen sind. Da heißt es z. B. „die ganze sHaute des Bootes ist mit Wurmstichen bedeckt, um diese zu verbergen, hat man 25= bis 26 000 hölzerne Nägel eingeschlagen, das Boot ist im Juni v. J. ausgefahren, mußte aber schleunigst zurückkehren, weil das Wasser durch die Wurmstiche eindrang. Der Logger kam dann auf die Werft, und hier wurden an den bedenklichsten und schadhaftesten Stellen kleine Bretter festgenagelt, um das Wrack zu verbergen. Jetzt steht es wieder auf der Werft“....„Bei einem andern Boot hat man einen Teil des durch Wurmfraß vernichteten Holzes durch einige Bretter ersetzt, aber das Schiff ist nicht seewürdig.“ Eine amtliche Untersuchung solcher Boote besteht, wie es scheint, nicht, sie wird von sog. Sachverständigen der auf Gegenseitigkeit beruhenden Versicherungsgesellschaften vorgenommen, aber höchst oberflächlich und sorglos. Die Redaktion des genannten Blattes hat die Photographien wie auch das wurmstichige Brett in seinem Lesesaal zur allgemeinen Besichtigung ausgestellt, erstere sollen vervielfältigt werden, so daß jedes Mitglied der Zweiten Kammer einen Abdruck erhält, während das wurmstichige Stück Holz ebenfalls der Volksvertretung vorgelegt werden soll.„Darf ein solch skandalöser Zustand“, fragt das Blatt, „noch länger dauern, und dürfen die zehn bis vierzehn Mann, die jeder dieser schwimmenden Särge an Bord hat, einer so fürchterlichen Gefahr ausgesetzt werden?" Ruisland. Petersburg, 18. Juni.(Telegr.) Die Reichsduma beendete heute die Beratung der Agrarfrage. Der Entwurf für die Einsetzung einer Agrarkommission wurde angenommen. Die Plätze in der Duma sind neu verteilt worden. Auf der äußersten Linken sitzt die Arbeitergruppe, ihr schließen sich die konstitutionell=demokratische Partei und ein Teil der Autonomistengruppe an. Im Zentrum haben diejenigen Abgeordneten Platz erhalten, die keiner Partei angehören. Weiter rechts sitzen die Polen und der andere Teil der Autonomisten. Die rechte Seite ist von den Gemäßigten besetzt. Petersburg, 18. Juni.(Telegr.) Die Partei der konstitutionellen Demokraten erörterte die Frage, ob die Reichsduma ihre Tagung für die Sommerferien unterbrechen solle oder nicht, und beschloß einstimmig, den ganzen Sommer durchzuarbeiten. Die Meldung der Nowoje Wremja, daß die Partei der konstitutionellen Demokraten ein viel schärferes, ja ein revolutionäres Programm aufzustellen beschlossen habe, wird als unrichtig bezeichnet. Ein derartiger Beschluß könne nur von einem nationalen Parteikongreß gefaßt werden. Das Gemetzel in Bjelostok. Dem deutschen Bureau der Alliance israélite universelle sind nachstehende Berichte über die Vorkommnisse von Bjelostok von Augenzeugen und von seinen auf den Schauplatz des Schreckens entsandten Vertretern zugestellt worden: 1.(Von einem Augenzeugen.) Am 14. Juni befand ich mich auf der Straße, als die orthodoxe Prozession vorbeizog. Die große Menge ging mit ihren Bildern und Fahnen ungestört vorüber. Ich setzte meinen Weg in der Richtung zur katholischen Kirche fort. Dort war die katholische Prozession versammelt. Sie begann sich zu bilden. I war bereits eine Strecke voraus, als ich plötzlich ein Knattern hörte und gleich darauf bemerkte, wie das Volk in größter Aufregung die Niemetzkajastraße hinabeilte. Ich flüchtete auf Umwegen in mein Haus an der Alexanderstraße, einer der vornehmsten, ruhigsten Straßen. Durch diese Straße zog nunmehr die orthodoxe Prozession, die ebenfalls bald in vollkommene Auflösung geriet. Aus dem Hause Makowski soll ein 14jähriger jüdischer Knabe auf die Menge geschossen haben. Es verbreitete sich das Gerücht, die Inden hätten die Heiligenbilder angegriffen. Sofort warfen sich kleine Banden auf die anliegenden Häuser und zerstörten sie. In und vor dem Haus Makowski fand man die Leichname von 10—12 erschlagenen Juden. Auch die angrenzende Apotheke wurde mit zerstört, der christliche Apotheker samt seinen Angehörigen umgebracht. Man glaubte wohl, daß dort Romben fabriziert würden. An diesem und dem folgenden Tag wurden die Läden und Wohnungen der Juden in vielen Straßen, ferner in dem Straßen am Bahnhof und in der Vorstadt Staro=Bojare ausgehlünderr. Wie man vorging, hatte ich in meiner Straße zu beobachten Gelegenheit. Am Freitag sah ich von meinem Fenster aus, wie eine Gruppe junger, mit Brechstangen versehener Burschen unter Vorantrit
einer Militäxpatrouille vier Läden hintereinander aufbrach und aus! den eigenen Volksgenossen den schwersten Schaden zufügen.
raubte und den Raub unter sich verteilte. Ich fragte einen in der Nähe stehenden Polizisten, warum die Polizei nicht einschreite, die Antwort war:„Was können wir machen!“ Als die Bande sich gerade wieder auf ein Haus stürzte, kam ein Polizeileutnant hinzu und sagte kurz:„Meine Herren, es ist nicht gestattet, genug!(Gospoda, Njelzja, Dowolna).“ Da entfernte sich das Gesindel ohne Widerspruch, es gab hier keine Leichen, da Verteidiger sich nicht zeigten. Wo irgend aber ein Jude zur Waffe griff, um das Raubgesindel zu verscheuchen, nahm Militär das ganze Haus unter Feuer. Viele Häuser sind von Kugeln durchlöchert. Am furchtbarsten war das Schießen in der Nacht zum Samstag. Das Militär war bemüht, sich des Hauptquartiers der jüd ischen Schutz= und Kampfgruppen zu bemächtigen, wagte sich jedoch nicht in die Straßen hinein, sondern beschoß aus der Ferne ganze Häuserblocks. Hierbei müssen viele Menschen zugrunde gegangen sein. Hunderten gelang es jedoch unter dem Schutze der Dunkelheit, in das hohe Korn der Felder und weiterhin in den Wald zu flüchten. Auch diese wurden massenhaft niedergeschossen, als sie sich am Morgen, vom Hunger getrieben, auf die Chaussee und Straßen wagten. Auf unserer Fahrt zum Bahnhof fuhren wir über Teppiche und Stoffe(in der Lipowajastraße) und sahen Leichen forttragen. Am Bahnhof sind am Tag vorher mehrere Juden ermordet worden. Dasselbe Schicksal hätte beinahe den deutschen Fabrikanten Becker ereilt, aber man erkannte ihn noch rechtzeitig als Christen, 2.(Von einem Berichterstatter der Alliance israélite universelle.) Das Gemetzel, gleich allen frühern ein Werk der Polizei, kam am Donnerstag morgen anläßlich der Abhaltung einer russischen und polnischen Prozession zum Ausbruch. Die Polizei behauptet, daß Bomben unter die Prozession geworfen seien. Sie selbst weiß am besten, daß es ihre eigenen Leute gewesen sind, die Raketen, sogenannte„Kanonenschläge“ geworfen haben um Schrecken und Verwirrung hervorzurufen. Sobald die vermeintlichen Bomben gefallen waren, begann das Militär zu schießen, und sofort traten auch die Räuber nach dem bekannten system und unter Anleitung der Polizei in Tätigkeit. Obwohl Bjelostok vier Regimenter Garnison hat, wurden am Freitag Kosaken aus Szczuczin herbeibeordert, die morgens 10 Uhr von Grodno abgingen. Kosaken sind bekanntlich das Spezifikum zur Beruhigung aufrührerischen tobenden Volks. Der Erfolg muß nicht befriedigend gewesen sein, denn obwohl schon hunderte von Menschen getötet oder verwundet waren, ließ man Kanonen aus der Festung Ossowjec herbeiholen, Häuser und Läden sind in großer Zahl zerstört. Was nicht gestohlen werden konnte, das wurde zertrümmert und zersetzt auf die Straße geworfen, Schwerverwundete, die sich durch Röcheln verrieten, wurden zu Tode getrampelt. Ein Schwerverletzter mit verbundenem Kop springt in den Eisenbahnzug nach Grajewo, ein Gendarm reißt heraus:„Du willst weg? du bleibst hier, du mußt operiert werden Damit stößt er den Unglücklichen einigen Soldaten zu, die ihn prompt „operieren“: sie fangen ihn mit dem Bajonett auf 3.(Telegramm eines Sonderberichterstatters der Alliance israélite universelle). Bielostok den 18. Juni. Die Stadt ist ruhig, die Geschäfte sind wieder geöffnet. Das Gemetzel dauerte zwei Tage, vorläufig rund 100 Tote und 200 Verwundete, unbeschreibliche Grausamkeit, viele Wohnungen von Juden völlig vernichtet. Beerdigung der Opfer heute, große Not.(Alliance israélite universelle.) Das Zionistische Zentralbureau in Köln hat folgendes Telegramm erhalten: Prostken, 18. Juni. Antwortlich Ihrer Depesche: In Bjelostok veranstaltete die Behörde und das Militär mit Hülfe der niedern Volksschichten und einer Anzahl von Fabrikarbeitern, auch verkleideter Schuljungen eine beispiellose Hetze und wütete drei Tage, 14., 15., 16. Juni. Gegen hundert gräßlich Ermordete liegen im jüdischen Hospital, außer vielen in den Häusern und den umliegenden Feldern. Die Verwundeten sind zahllos. Fast sämtliche Geschäfte auf den Hauptstraßen sind vollständig kahl ausgeplundert. Die Nebenstraßen blieben meistens verschont, wo weniger Militär auftrat, wodurch es der jüdischen Selbstwehr gelang, die Räuber zu vertreiben. Grenzenloser Jammer herrscht. Es gibt unzählige Witwen, Waisen und unglückliche Krüppel. Dringend ist sofortige Hülfe notwendig. Eine noch schrecklichere Hetze droht den Nebenstraßen. Endlose Panik herrscht. Handel und Erwerb sind für unabsehbare Zeit völlig gelähmt. Eine Massenauswanderung steht bevor. Man rufe das europäische Gewissen an zur Vorbeugung solcher tierischer Greueltaten in Zukunft. Warschau, 18. Juni.(Telegr.) Wie die Blätter melden, sind in den zum Gouvernement Grodno gehörigen Orten Zabludow, Ossowjec und Goniondz Judenverfolgungen ausgebrochen. Warschau, 18. Juni.(Telegr.) Der Oberpolizeimeister ließ heute nachmittag einen Aufruf anschlagen, worin es heißt, daß jeder Versuch, Judenhetzen zu erregen, mit Gewalt unterdrückt werden würde. Bei Rejowiec(Gouvernement Lublin) wurden aus einem Postwagen 2600 Rubel geraubt und die den Wagen begleitenden Soldaten getötet. Türkei. Konstantinopel, 17. Juni.(Telegr.) Die Antwort der Pforte auf die Note der Botschafter wegen der dreiprozentigen Zollerhöhung ist abermals verzögert, auch der letzte Entwurf der Note wurde verworfen. Der Hauptgrund der Verzögerung liegt darin, daß die Pforte zögert, Punkt 2 der Note vom 20. Mai anzunehmen, der eine tatsächliche Gewähr dafür verlangt daß ein bestimmter Teil der Zollerhöhung dem mazedonischen Budget zur Deckung des Fehlbetrags gewidmet bleiben soll. Balkanstaaten. Der rumänisch=griechische Streit. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Rumänien und Griechenland, die bisher schon ruhten, sind jetzt völlig abgebrochen worden. Befreundete Staaten haben die Wahrnehmung der Interessen beider Länder übernommen. Wie immer bei solchen Gelegenheiten, behauptet jede der beiden Parteien, völlig unschuldig an dem Bruch zu sein. In der griechischen Kammer hat der Minister des Aeußern den Standpunkt seines Kabinetts dargelegt, und darauf antwortet nun eine amtliche rumänische Mitteilung. Das Merkwürdige an diesem Streit ist, daß er sich im Grunde um innere Angelegenheiten einer dritten Macht, der Türkei, dreht. Im vorigen Jahr gestattete ein Jrade des Sultans, daß die Kutzowlachen in Mazedonien als eigene selbständige Nationalität von den türkischen Behörden anerkannt würden. Damit ist nach türkischem Staatsrecht den Kutzowlachen die Möglichkeit gegeben, eigene Schulen und Kirchen zu eröffnen, in denen ihre Muttersprache angewandt wird. Dieses Zugeständnis enthält eine Beeinträchtigung des Oekumenischen Patriarchats in Konstantinopel und damit des Griechentums. Lange Zeit waren die Kutzowlachen, die sich zum Teil großen Wohlstandes erfreuen, die getreuesten Anhänger des Patriarchats und der griechischen Sache. Awerow, der Gründer des Stadions in Athen, dem ein Denkmal vor dem Eingangstor errichtet worden ist, gehört zu den Kutzowlachen, und in den meisten mazedonischen Städten finden sich kutzowlachische Kaufleute, die für wohltätige und gemeinnützige Zwecke des Griechentums große Summen gespendet haben. In den letzten dreißig Jahren ist nun mit immer stärkerer Kraft das Nationalitätsgefühl in den Kutzowlachen erwacht, und das Königreich Rumänien hat sich seiner Stammesgenossen warm angenommen und sie finanziell wie diplomatisch unterstützt. Seit dem vorigen Jahr beginnen nun griechische Gewaltmaßregeln gegen die Kutzowlachen. Mit Dolch und Flinte suchen die griechischen Banden die Abtrünnigen bei der alten Kirchengemeinschaft festzuhalten, und wiederholt wurden scheußliche Grausamkeiten berichtet, die an friedlichen Bürgern und Bauern verübt wurden. Da die Banden im Königreich Griechenland ihren Ausgangspunkt haben. königlich griechische Offiziere vielfach ihre Führer sind, wandte sich die Entrüstung Rumäniens gegen Griechenland, und jetzt ist er darüber zum Streit gekommen. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen wird nun die Folge haben, daß die Handelsbeziehungen zwischen Griechenland und Rumänien noch mehr erschwert werden, als es schon in der letzten Zeit der Fall war, und der Handel beider Staaten wird darunter leiden. Auf den ersten Blick scheint es, daß Griechenland dabei den größten Nachteil haben wird, weil sehr viel griechische Kauf leute in Rumänien wohnen und dort Geschäfte betreiben, während das umgekehrt weit weniger der Fall ist. Da aber ein nicht unerheblicher Teil des rumänischen Handels sich in griechischen Händen befindet, und da diese jetzt lahmgelegt werden, so wird auf diese Weise auch Rumänien in Mitleidenschaft gezogen werden. Wer beiden Staaten wohlgesinnt ist, kann daher nur wünschen, daß die streitenden Teile sich recht bald einigen und zu normalen Verhältnissen zurückkehren. Die politische und geographische Lage schließen die Gefahr eines Krieges gänzlich aus, und das ist für Europa ein Grund zur Beruhigung. Möglich ist es ja, daß die Bandenkämpfe in Mazedonien vermehit werden und daß man noch mehr morden wird, als es jetzt schon geschieht. An diesem chronischen Uebel, an dem Bulgaren und Serben ga ebenfalls beteiligt sind, ist leider zurzeit nicht viel zu ändern, solange nicht bei allen beteiligten Faktoren die Ueberzeugung durchbricht, daß sie bei diesen Bandenkämpfen nicht nur den Gegnern, sondern auch