27
für
die umliegende
Nro. 107. Mittwach, den 19. Aprl. Jahrg. 1837.
Das Intelligenzblatt erscheint, ausser an Tagen nach hohen Festtagen, täglich. Abonnementspreis für hiesige Stadtbewohner, einschließlich des Traggeldes, halbjährig 2 Thlr.; durch Postbeförderung 2 Thlr. 15 Sgr.; durch Botengelegenheit 2 Thlr. Einrückungsbühr pr. Zeile 1 Sgr.
Wegen des heutigen Feiertages erscheint morgen
kein Blatt.
Geschichtskalender.
Neunzehnter April.
155g. Ursprung des Namens der Protestanten auf dem Reichstage zu Worms, von der Protestation,„welche die evangelischen Reichsstände gegen den Beschluß des Reichstages einlegten.
ssssssssssssssssssssssss
Ein Zug aus dem Leben der Malibran=Garcia.
Diese berühmte, der Kunst leider zu früh entrissene Gesangsfürstin kam im Jahre 1829 nach England. Sie sollte als Malibran=Garcia zum ersten Male bei dem Musikfeste zu Birmingham debütiren, zu dem auch die bekannte Miß Paton engagirt war. Diese Letztere, damals sehr en vogue, wurde in jeder Hinsicht begünstigt. Man gestattete ihr nicht allein, sich die Piegen, die sie zu singen wünschte, selbst zu wählen, sondern überließ es auch ihrer Bestimmung, wie viel sie zu singen wünsche; während Malibran weder die eine, noch die andere Vergünstigung erhielt. Die Sängerin ertrug diese unwürdige Behandlung mit großer Geduld, bis ihr endlich eines Morgens das Programm des Abendconcerts gebracht wurde, auf dem man ihr zwei Arien, der Miß Paton aber sechs gestattet hatte. Eine solche Zurücksetzung mußte auch den letzten Faden ihrer Geduld zerreißen. Sie eilte in das Haus, wo die Direktoren zum Comité sich versammelt hatten, und begehrte vorgelassen zu werden. Man wollte sie abweisen, allein, fest entschlossen, ihr Vorhaben durchzusetzen, öffnete sie das Zimmer, und wandte sich ohne Weiteres an den bestürzten enden mit der Frage:„Haben Sie, mein Herr, diesem Programme Ihre Zustimmung ertheilt?“ Der Direktor bejabte die Frage.
.„ 3ch hatte das Gegentheil erwartet, mein Herr!
in hat mir nur zwei ganz unbedeutende Gesänge
vorzutragen gestattet; Miß Paton dagegen singt sechs große Piegen. Der Ruf der Miß Paton steht bereits fest;— ich hingegen muß den meinigen erst begründen. Von dem Erfolge meiner hiesigen Leistungen hängt mein Erfolg in London ab. Sie vernichten mir jede Aussicht auf einen günstigen Succeß. Ich- verlange von Ihnen keine Gunst; ich fordere Gerechtigkeit. Ich will gleiche Rechte mit Miß Paton. Sie lassen mich in der Rolle des Romeo auftreten; gut. Aber am Montag: Romeo; am Mittwoch: Romeo; am Freitag: Romeo; Romeo und immer Romeo. Das Publikum wird sagen: sie singt nichts weiter als Romeo!“.
Der Direktor suchte sie zu beruhigen, machte allerlei Ausflüchte und Versprechungen, fügte jedoch hinzu, daß das Programm bereits in die Hände des Publikums übergegangen und deshalb für diesmal unabänderlich sey.
„Vortrefflich, mein Herr!“ erwiederte sie;„Sie begehen eine Ungerechtigkeit, und verweigern es, sie wieder gut zu machen. Lassen Sie der Miß Paton die 6 Arien singen; aber bewilligen Sie mir wenigstens eine gleiche Anzahl, wodurch das Programm ja noch vergrößert wird.“
Der Direktor zuckte die Achsel.
„Sie wollen nicht? Wohlan denn! So werde ich mir selbst mein Recht verschaffen.“
Bei diesen Worten verließ sie die Versammlung, die ihr erstaunt nachblickte.
Der Abend kam heran. Das Theater war von der Elite der Gesellschaft überfüllt. Das Concert begann. Philipps sang, dann Braham, darauf Miß Paton. Endlich erschien die Malibran. Ein lauter Juvel tönte ihr entgegen. Die Sängerin, die erstaunt über einen so glänzenden Empfang, steht wie versteinert, die Arme auf der Brust gekreuzt, mit niedergesenktem Blicke. Sie ermannt sich endlich, und singt mit ihrer glockenreinen Stimme in ihrer zauberischen Weise Rossini's Arie der Rosine:„Una voce poco fa.“ Solche Töne, solche Triller, solche Cadenzen, solche