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Katholische Tageszeitung für Köln und Umgebung

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Nr. 144

Jahrg. 47

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* goücht:

Die Extreme berühren sich

Wie man am Mittwoch erkennen konnte, be­rühren sich Extreme auch sehr unliebenswür­dig und schmerzhaft. Die Schlägerei im Preu­ßischen Landtag ist der fortgesetzte Kleinkrieg zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten, wie man ihn in Saalschlachten und in der Politik der Straße leider seit langen Jahren kennt.

Das Sprichwortman soll den Tag nicht vor dem Abend loben ist überholt. Man hat es jüngst im Reichstage und jetzt wieder im Land­tage erfahren müssen, wie es heißen muß:Man soll den ersten Tag nicht vor dem dritten loben, denn man weiß nicht, was der zweite bringt".

So war es im Reichstag und so war es in Preußen. Nett und diszipliniert fing es in beiden Fällen an, Hoffnungen wurden wach. Vierundzwanzig Stunden später mußten sie be­graben werden.

Ueber die Schuldfrage in Preußen streitet man noch. Es hat schon oft Situationen ge­geben, in denen die Erregung in gegenseitigen Zurufen bis zur Siedehitze gestiegen war, ohne daß es zur Explosion einer Schlägerei gekom­men wäre. Darum gehört es immerhin in den Bereich der Möglichkeit, daß es auch am Mitt­woch bei diesem Wallen und Sieden und Brausen und Zischen geblieben wäre, wenn nicht der Kommunist mit dem Schlag gegen den Nationalsozialisten die Sache zum Ueberlaufen gebracht hätte.

Der ungeheure Wutausbruch der National­sozialisten allerdings paßt nicht gut zu den Sätzen des Westdeutschen Beobachters vom 25. Mai, worin es hieß, daßdie National­sozialisten in eiserner Disziplin, unbeirrt von dem provozierenden Gekläff der moskowitischen Söldnerschar die or­ganisierte Kraft des Nationalsozialismus und des deutschen Volkes dokumentiert hätten". Es geht dem nationalsozialistischen Blatt wie allen anderen auch: Es hat den ersten Tag gelobt, ohne den dritten abzuwarten, weil es nicht mit dem zweiten rechnete.

Das insgesamt die Kommunisten es auf Provokation avgesehen haben, sowohl im Parlamente, als auch außerparlamentarisch, das muß man allerdings nach ihrem Aufruf vor dem Beginn des neuen Landtages und nach mancherlei Unruheerscheinungen im Lande als feststehend ansehen.

Der neue Herr Landtagspräsident, der Natio­nalsozialist Kerrl, wird, wenn der Landtag wieder zusammentritt, sofort auf eine sehr harte Probe in Bezug auf straffe, ordnungsichernde Geschäftsführung gestellt werden.

Prinz Wilhelm von Preußen

Es gibt große Auseinandersetzungen dar­über, ob der ehemalige Kronprinz sein Ehren­wort gebrochen hat. Briefe Stresemanns sind ausgegraben worden. Darin ist die Rede davon, daß sich der wieder nach Deutschland Zugelassene vonpolitischer Betätigung oder vonpoli­tischer Einmischung fernzuhalten habe. Das wird in den Briefen als die Bestätigung einer Erklärung des ehemaligen Kronprinzen nieder­gelegt. Nun hat man jetzt nach fast neun Jah­ren dem deutschen Staatsbürger aus dem Hause Hohenzollern es sehr übel vermerkt, daß er sich für Adolf Hitler erklärt hat. Wenn die Na­tionalsozialisten die Monarchie wieder errichten wollten, könnte man in der Erklärung des ehemaligen Kronprinzen für diese Partei einen Bruch seines Versprechens an Stresemann sehen. Da das aber nicht der Fall ist, sollte man sic dazu durchringen, die Erklärung des Mannes aus dem Hause Hohenzollern als das einfache

(Fortsetzung Seite 22

Kommt Frankreich zur Vernunft?

Times über Frankreichs Stellung zur Reparations­

und Schuldenfrage

WTB London, 26.Mai. Der Pariser Korrespondent der Times weiß zu melden, daß zwischen der französischen und der amerikanischen Regierung Verhandlungen wegen der Wiederaufnahme der Kriegs­schuldenzahlungen und der Nachzahlung der durch das Hoovermoratorium gestundeten Annuitäten im Gange seien.

Von sehr zuverlässiger Seite verlaute, daß demnächst eine Vereinbarung abgeschlossen werden dürfte, die wahrschein­lich mit der bevorstehenden Vereinbarung zwischen Großbritannien und den Vereinig­ten Staaten vollkommen oder wenigstens fast vollkommen übereinstimmen werde.

Der Korrespondent glaubt feststellen zu

können, daß Frankreich jetzt durch­aus bereit sein würde, auch auf den letzten Pfennig aus Reparatio­neu zu verzichten, falls die Gewiß, heit einer allgemeinen Annullierung der Kriegsschulden bestände. Soweit habe sich die öffentliche Meinung in den letzten Wochen doch entwickelt. Aber auf jede deutsche Zahlung zu verzichten und gleich­zeitig die Zahlungen an Amerika fortzu­setzen, erscheine Frankreich noch immer als Unmöglichkeit. Es sei deshalb kaum zweifelhaft, daß die jetzt mit den Vereinig­ten Staaten im Gang befindlichen Ver­handlungen im wesentlichen technischen Charakter hätten.

Wer trägt die Schuld für die Vorgänge vom Dienstag im preußenparlament?

Die Schuldermittlung

Zeugen melden sich

CNB Berlin, 26.Mai. Im Anschluß an die Schlägerei, die am 25. Mai im Preußischen Landtag stattgefunden hat, haben sich zahl­reiche Tribünenbesucher der Poli­zei als Zeugen angeboten.

Der Polizeipräsident hat die Vernehmung dieser Zeugen durchführen lassen und die Protokolle der Staatsanwaltschaft zur Ver­fügung gestellt.

Nationalsozialistische Erklärung

B03 Berlin, 25.Mai. Die nationalsozialisti­sche Fraktion des Preußischen Landtags gibt über die Vorgänge in der Mittwoch=Sitzung eine umfangreiche Erklärung heraus:

Die Kommunistische Partei habe es offenbar auf eine bewußte Provokation der nationalsozialistischen Fraktion abge­sehen. Abschließend erklärt die Fraktion, daß sie durch ihr diszipliniertes Auftreten in der Dienstag= und Mittwoch=Sitzung bewiesen habe, daß sie den Preußischen Landtag ar­beitsfähig erhalten wolle. Als

man aber den Fraktionsgeschäftsführer Hinkler ohne jeden Anlaß mitten ins Ge­sicht schlug, sei der Fraktion nichts anderes übriggeblieben, als zur Notwehr gegen den organisierten schweren Landfriedensbruch der marxistischen Fraktionen zu greifen. Die Fraktion unterbreitet das Urteil darüber ge­trost der deutschen Oeffentlichkeit. Jeder recht­lich denkende Deutsche werde Verständnis da­für haben, daß die größte Fraktion, die es im Landtag je gegeben habe, bei dem Versagen aller anderen Mittel ebenso verfahre wie jeder deutsche Mann, wenn er grundlos von einem Raufbold tätlich angegrif­fen werde. Die Fraktion erklärt zum Schluß:

Die Zeiten, in denen man eine Bewegung, die sich nur die Wiedergeburt des deutschen Volkes und die Reform der deutschen Nation an Haupt und Gliedern zum Ziele gesetzt hat, ohne daß sie sich dagegen wehren konnte, be­leidigen und tätlich angreifen konnte, sind end­gültig vorbei. Die NSDAP ist entschlos­sen, nur mit gesetzmäßigen Mit­teln die Macht und die Verantwortung an sich zu nehmen. Wenn man aber auch diesem Ziele Gesetzlosigkeit und Gewalt entgegensetzt, so ist sie ebenso entschlossen und be­reit, unter Inanspruchnahme der gesetzlich zu­lässigen Notweyr die Gesetzmäßigkeit ihres Handelns sicherzustellen. Dies ist um so not­

Ozeanfliegerin Earhart=Putnam, die im Allein­flug den Ozean(AmerikaEuropa) überflog

Uebersicht nach der Schlägerei im Preußischen Landtag

wendiger, als nach den Vorfällen von einem sozialistischen Abgeordneten erklärt wurde, das nächste Mal würde die SPD Pistolen mitbringen.

Die Fraktion teilte weiter mit, daß sie von sich aus durch den Abgeordneten Rechtsanwalt Freisler und den Abgeordneten Dr. Conti eine juristische uno medizinische Untersuchung der Vorfälle eingeleitet habe. Es ständen zahlreiche Zeugenaussagen zur Verfügung, wonach der Abgeordnete Pieck(K) von der einen Regierungstribüne einen schweren Ministersessel in die Reihen des Zentrums und der Sozialdemokraten hinuntergeworfen habe, obwohl dort kein Handgemenge geherrscht habe. Durch diesen Wurf sei wahrscheinlich ein Abgeordneter dieser Fraktion verletzt worden.

Erklärung

der Sozialdemokraten

B93 Berlin, 25.Mai. Die sozialdemokrati­sche Fraktion des Preußischen Landtags trat nach der Aeltestenratssitzung zusammen. Nach Schluß der Sitzung wurde folgende Erklärung bekanntgegeben:

Die sozialdemokratische Landtagsfraktion ver­urteilt aufs schärfste die brutalen Roheits­exzesse, deren Schauplatz heute der Preußische Landtag gewesen ist und deren Opfer auch un­ser völlig unbeteiligter Frak= tionssekretär Jürgensen geworden ist.

Die Schuld an den blutigen Zusammen­stößen tragen in gleichem. Maße die Nationalsozialisten wie die Kommunisten, die Nationalsozialisten durch planmäßige Provo­kationen und Bedrohung des kommunistischen Reoners, die Kommunisten durch Füh­rung des ersten Schlages.

Die sozialdemokratische Landtagsfraktion pro­testiert aufs schärfste gegen die Raufbold­manieren der extremen Parteien und fordert unbedingte Sicherstellung der Freiheit und Ge­waltlosigkeit der Verhandlungen der Volks­vertretung.

Solide Stühle

Der Sachschaden, der aus der Prügelei von Mittwoch entstand, ist, wie sich nachträglich herausstellt, nicht sehr erheblich. Es hat sich ergeben, daß die schweren Sessel auf der Ministerbank, die bereits lange vor dem Kriege angefertigt wurden, größtenteils auchden Anforderungen gewach­sen" waren, die die Abgeordneten am Mitt­woch an sie stellten. Man konnte die Sessel zwar von der Regierungsbank in die Reihen der Abgeordneten hinunterschleudern, konnte sie aver hierdurch allein nicht zerstören. Nur wo mit Gewalt und offensichtlich enormer Kraftanstrengung Stuhlbeine her­ausgerissen wurden, die als Schlagwaffe dienen sollten, sind Zerstörungen zu sehen, ebenso an der Polsterung und bei den zahl­reichen kleineren Gegenständen, wie Lampen. Schreibzeugen usw., die man als Wurfgeschosse verwandte.

Im übrigen sind bereits seit Donnerstag­mittag alle Spuren des Zusammenstoßes be­seitigt, so daß der Saal nunmehr wieder sauber und in Ordnung der nächsten Plenarsitzung des Hauses am 1. Juni zur Ver­fügung steht.