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Nr. 115

Dienstag, 26. April 1932

Betlagen: Der Sonntag. Der Sport, Die dunte Wei Die Frau in Familie und Volksgemeinschaft. Für unsere Kinder. Rundfunk=Nachrichten, Reise und Wochenend. Die Schoüe Heimat und Welt illustrierte Beilage zur Ausgabe B

Einzelpreis 10 pfennig

Jahrg. 47

Ver Serich.

Die Ruhe nach dem Sturm

Die Ruhe vor dem Sturm ist zuweilen ge­fährlich. Die Ruhe nach dem Sturm kann nützlich sein. Sie braucht nicht immer ein Zei­chen der Ermüdung zu sein. Sie kann auch die allmählich wiederkehrende Einsicht bedeuten, daß für die Gesamtheit wie für jeden einzelnen ein erträgliches Nebeneinander auf die Dauer doch sehr viel nützlicher ist, als ein unerträgliches Gegeneinander.

Man sagt, der Wahlausgang vom Sonntag habe die politischen Spannungen nicht beseitigt. Das ist vielleicht nur bedingt richtig. Gespannt sein auf das, was kommen wird, hat nichts zu tun mit Spannung, die zur Explosion drängt. Vielleicht lassen die Spannungen jetzt gerade nach. Und zwar gerade deshalb, weil so viele Rätsel über künftige Regierungsgemeinschaften übrig geblieben sind. Wieso?

Daß der Wahlausgang solche Rätsel aufgibt, ist Beweis dafür, daß die nationalsozialistische Bewegung den Zenith erreicht haben dürfte. Höher gehts nicht mehr. Zwei Präsidentenwah­len und mehrere Länderwahlen mit dem über­einstimmenden Ergebnisse, daß es nicht möglich ist, eine absolute Mehrheit und damit die Ge­walt der Diktatur in die Hand zu bekommen, müssen schließlich den glühendsten Glauben an alles überwindende. Kraft, die niemanden neben sich zu dulden braucht, erschüttern. Agi­tatorisch suchten die Nationalsozialisten im Volke solchen Glauben zu wecken. Sie haben auch Gläubige gefunden. Aber das Wahlergeb­nis lehrt eben doch anderes.

Wer sich solcher Lehre stur entziehen will. kann neue Unruhe ins Volk tragen. Er kann aber dem Volke, praktisch und segensreich für die Erwartungen des Volkes, keinen Dienst er­weisen.

Hier richtet sich als Gradmesser die Frage auf: Was ist nationale Gesinnung: Rhetorisch ist sie leicht zu be­

antworten. Wenn aber die Zeit der Rhctorik vorbei ist, wenn man sich entschließen muß, ob man in die politische Arbeit, in die Verantwor­tung und damit zugleich in den gelegentlichen Zwang zu geringerer Volkstümlichkeit eintreten soll, dann kommt die Feuerprobe. Das Gespanntsein der Oeffentlichkeit gilt der Frage: wie werden die mit rund 160 Mandaten in den Preußischen Landtag eingezogenen Na­tionalsozialisten diese Feuerprobe bestehen?

Wer das Beste für die Gesamtheit des Volkes will, hofft und wünscht, diß sie sie besser bestehen, als die 107 im Reichstage es bisher getan haben. Wenn sie besser bestehen, könnte eine er­zieherische Wirkung von Preußen auf das Reich eintreten. Und wenn sie einträte, sollte man hoffen dürfen, daß das ganze deutsche Volk den Nutzen davon hätte.

Die Geschäftsordnung

Der alte Landtag hat das Geschäftsordnungs­mäßige, soweit es sich um die Wahl des Mi­nisterpräsidenten handelt, mit der preußischen Verfassung in Einklang gebracht. Der Minister­präsident muß danach von einer Mehrheit gewählt werden. Als diese Geschäftsordnungs­korrektur beschlossen wurde, erklärten manche Parteien: wir werden sie im neuen Landtage wieder umstoßen. Ob daran wirklich jemand ein ernstes Interesse haben kann?

Die Parteien, die die Aenderung beschlossen haben. werden nicht dafür zu haben sein, sie nach wenigen Wochen wieder umzustoßen. Wenn die Nationalsozialisten sie umstoßen woll­ten, könnten sie es nur mit der Unterstützung der Kommunisten. Ob sie Wert darauf legen, von Bolschewistengnaden einen Ministerpräsi­

(Fortsetzung Seite 2)

Die Neuenwarten vor den Toren

preußen: Auflösung des alten Landtags ist möglich Aber auch natürlicher Ablauf mit Schluß am 20. Mai

Berlin, 25 April.

Es ist selbstverständlich, daß der Wahlausfall

nicht ohne Einfluß auf die Zusammensetzung

der Preußenregierung bleiben kann. Das jetzige Kabinett hat im Landtag keine Mehr­heit mehr und würde sofort gestürzt werden. Es wird aus dieser Lage die Konsequenzen ziehen und seine Gesamtdemission be­schließen.

Offen ist lediglich der Zeitpunkt. an dem dieser Beschluß ausgeführt werden soll. Die Wahlperiode des alten Landtags läuft noch bis zum 20. Mai. Wenn Braun jetzt demissionieren würde, müßte er sein Rücktrittsgesuch dem Prä­sidenten des noch geltenden Landtags über­reichen, der noch einmal zusammentreten müßte, um die Neuwahl des Ministerpräsidenten vor­zunehmen. Das ist natürlich ein unmög­liches Verfahren. Theoretisch besteht allerdings durchaus die Möglichkeit, daß

der alte Landtag sich sofort auflöst,

entweder durch einen Mehrheitsbeschluß, oder durch eine Verfügung des dreigliedrigen Aus­schusses, der nach Artikel 14 der Verfassung aus dem Ministerpräsidenten und den Präsiden­ten des Landtags und des Staatsrates besteht.

Der Vorsitzende der deutschnationalen Landtagsfraktion, Abg. von Winterfeld, beruft sich in einem Schreiben an Braun auf diesen Verfassungsartikel und fordert, daß der Ausschuß sofort von der Auflösungsmöglichkeit Gebrauch macht. Wenn das nicht geschieht, der gegenwärtige Landtag also erst mit seinem natürlichen Ende abtritt, muß der neue Landtaa 30 Tage nach dem 20. Mai, also spätestens am Montag, den 20. Juni, einberufen werden.

Das preußische Kabinett wird sich also mor­gen darüber schlüssig werden müssen, wann es aus den Wahlen die gegebenen Konse­quenzen ziehen will

Nirgendwo, auch innerhalb der Sozial­demokratie nicht, besteht die Absicht, das Wahlergebnis zu ignorieren und das Ka­binett ohne Mehrheit durch kleine taktische Schachzüge am Ruder zu halten.

Der Gedanke, die notwendigen Konsequen­zen sofort zu ziehen, wäre ohne weiteres als richtig anzuerkennen, wenn im neuen Landtag eine sichere Mehrheit vorhanden wäre. Das ist aber keineswegs der Fall. Zudem er­fordert die amtliche Feststellung des Wahlergeb­nisses nach mehrere Wochen. Es ist deshalb fraglich, ob Ministerpräsident Braun vor Juni dem Präsidenten des neuen Landtags sein Rück­trittsgesuch übereichen kann. Es wäre ganz ecklos, die notwendigen Veränderungen in der Leitung des preußischen Staates ab­sichtlich zu verzogern. Dadurch wird nichts gewonnen, aber nachdem die jetzige Koa­

lition fast zwölf Jahre am Ruder war, ver­schlägt es auch wirklich nichts, ob sie im Mai oder im Juni ihre Macht einer andern Koa­lition übergibt.

Herr Kube hat jetzt eine Proklama­tion erlassen, in der er die Bereitwil­lichkeit zur Zusammenarbeit unter bestimmten Bedingungen ausspricht. Die näch­sten Wochen werden zeigen ob diese Beteuerun­gen ernst gemeint sind, oder ob sie nur ein Vorwand dafür sein sollen den Wählern nach­her sagen zu können, sie, die Nationalsoziali­sten, wären zwar bereit gewesen, eine national­sozialistische Regierung zu bilden, aber die an­dern bösen Parteien hätten nicht gewollt. Wo­

mit eine Wahlparole für eine etwaige Neu­wahl mit dem Ziele die alleinige Mehrheit zu erringen geschaffen wäre.

Eine politische Heirat

bei den Kommunisten

Die Wahrscheinlichkeit eines Führerwechsels bei der KPD nach den Preußenwahlen ist jetzt gestiegen, seitdem bekannt geworden ist, daß der jugendliche Führer der Kommunisten, Heinz Neumann, sich mit der Nichte Stalins verheiratet hat. Man sieht in dieser Heirat eine erneute Vertrauenskundgebung der Mos­kauer Kreise für Heinz Neumann, so daß ihr ein ausgesprochen politischer Charakter beizu­messen ist.

Da anderseits bekannt ist, daß Heinz Neu­mann bereits häufig im Gegensatz zu der offi­ziellen Leitung der Deutschen Kommunistischen Partei, insbesondere zu deren Vorsitzendem, Thälmann, gestanden hat, nimmt man an, daß Thälmanns Tage gezählt sind und daß er sehr bald nach den Wahlen endgültig durch Heinz Neumann ersetzt werden wird.

Das Raunen und Raten beginnt

Unwahrscheinliches

CNB Berlin, 26.April. Wie die Deutsche All­gemeine Zeitung berichtet, ist anzu­nehmen, daß die ersten Verhandlungen zwischen den Nationalsozialisten und dem Zen­trum über die Möglichkeiten einer Neuord­nung der preußischen Verhältnisse bald in Fluß kommen werden. Die erste Anfrage der Nationalsozialisten, ob das Zentrum zu gemeinsamen Besprechungen bereit sei. sei schon gestern bei der preußischen Zentrums­fraktion erfolgt. Mit den offiziellen Ver­handlungen dürfte schon in den nächsten Tagen zu rechnen sein. Der Vorsitzende der Zentrumspartei, Prälat Kaas. werde sich zu diesem Zweck nach Berlin begeben und, wie aus nationalsozialistischer Quelle verlautet, werde auch Adolf Hitler demnächst in Berlin er­wartet.

Sollte die ganze Meldung, die höchst un­wahrscheinlich klingt, nicht nur ein recht plump aufgelassener Versuchsballon sein?

Zentrum, hilf uns!

CNB Berlin, 26 April. Unter der Ueber­schriftWer sind die Sieger?" beschäftigt sich Reichstagspräsident Löbe mit dem Wahlergebnis. Als das Augenfälligste bezeich­net er die Vereinfachung des Parteiensystems. Nach der tollen Zersplitterung der letzten zehn Jahre steuerten wir deutlich auf das Fünfparteiensystem zu: Zwei auf der Linken, zwei auf der Rechten und das Zen­trum als einzige Mittelpartei.

Dabei sei die Rechte viel stärker als die Linke, denn die beiden nationalistischen Gruppen seien zunächst gewillt, gemeinsam zu handeln,

während die beiden Linksparteien nicht neben­einander, sondern gegeneinander ständen.

Löbe geht dann im einzelnen auf die Zusam­mensetzung der Rechten ein und sagt: Alles, was im alten Preußen und Deutschland die Rea­aktion verkörpert habe, erscheine heute unter dem Hakenkreuz wieder. Mit verdäch­tiger Sehnsucht seien plötzlich die Augen der Deutschnationalen auf das Zentrum gerichtet. Die als Hakenkreuzler verkleide­ten Großgrundbesitzer, Generale, Fürsten, Prin­zen, Kapitalisten hätten gesiegt schon ertöne der Hilfsruf:Zentrum, hilf uns! Was machen wir mit dem Sieg?

Hugenbergs falsche Rechnung

CNB Berlin, 25. April. Der Geschäftsführer der Zentrumsfraktion, Dr. Graß, erklärte heute in einer Unterredung über die politische Situ­ation in Preußen u..:

Eines der Merkmale der Lage ist die Tat­sache, daß Hugenberg sich nun schon zum zweiten Male verrechnet hat er ist in Preußen aus­geschaltet. Zur Bildung einer Regierung ist seine Mitwirkung nicht erforderlich. Das Zen­trum betrachtet sich als den Garanten der ver­fassungsmäßigen Ordnung. Dieser Tatsache muß seine politische Haltung Rechnung tragen. Im übrigen kann das Zentrum mit Ruhe ab­warten, bis zutage tritt, was die großen politischen Gruppen eigentlich wollen.

Brüning und Hitler

Times(London) stellt fest, daß der dritte An­griff auf die deutsche Republik zum dritten Mal abgeschlagen worden sei, daß aber Hitler dem Erfolg so nahe gekommen sei, daß man mit seinem Einfluß noch ernster als bisher rechnen müsse. Auf dem Gebiet der Außenpolitik habe es zwischen dem Ziel Dr. Brünings und dem Hitlers niemals einen gro­ßen Unterschied gegeben.

Die Zentrumspartei halte den Schlüssel der Lage in der Hand. Ihre gestrige Erklärung zeuge von staatsmännischem Geist. In diesen Worten könne man vielleicht das Echo der Stimme Dr. Brünings erkennen.

Gut gesagt

In diesem Gebäude tagt der Landtag seit dem 16. Jannar 1899

Das französische Gewerkschaftsblatt Le Peuple schreibt: Werde man endlich in den anderen Ländern begreisen, daß die Lage in Deutsch­land tragisch sei? Wenn man die Arbeiter­massen ständig dem Elend und der Verzweif­lung überlasse, so gehe über ganz Deutschland eine Flutwelle hinweg. Dadurch werde das Leben in Europa und in der ganzen Welt ständig vergiftet. Europa sei krank, der Frie­den sei krank. Wann würden die gesunden Elemente, die trotzdem in der Welt zahlreich seien, endlich begreifen, daß die internationale Zusammenarbeit die einzige Rettung sei und daß die Politik der Solidarität und der Edelmütigkeit eine gute Kapitalanlage für alle die sei, die nicht auf Dividenden aus Munitionsfabri­ken rechnen.

Buenos Aires meldet über Havas: Ueber St. Rafael=Mendoza ist wieder ein Aschenregen niedergegangen.

*

Der König der Belgier, Albert, ist von seiner Reise nach dem belgischen Kongo zurückgekehrt.