Hölner
Lokal-Knzeiger
Bezugspreis:
Bei Botenzustellung: Ausgabe A monatlich
1,70 RM. zuzugl. 30 4 Beitrag z. Zustellgeld; —#g. B(mit d. Samstags erscheinend. illustr
jede Ausgabe einschl. 56 4 Postzeitungsgebühr und zuzügl. 42 4 Zustellgeld der Post.
Katholische Tageszeitung für Köln und Umgebung
Amtliches Kreisblatt für den Landkreis Köln, Kheinische Dolkswacht Lokal-Auzeiger für die Erft Müthetmer Dolkszeuung Lokal-Auzeiger für den Kreis Berohein Hauptgeschäftsstelle und Redaktion: Neumarkt 18a—24. Fernruf: Sammeknummer 210921. Redaktions. Sprechstunden 12—1 Uhr. Zweigstelle: Mülheim, Adamsstraße 1. Fernruf Mülheim 61866 Rücksendung unverlangter Zuschriften und Mannstripte erfolgt nur, wenn Rückporto beigefügt ist.
Wöchentlich Ausgaben.
Anzeigenpeets:
Je u Höhe Platzanzeige 10 4,
13 J rubrizierte
und Famitien
anzeigen 7 4, Stellengesuche 6 4, Reklamen 60 J, auswärts 70 4, Platzvorschriften 10% Zuschlag.— Kleine rubrizierte Anzeigen erscheinen nach Auswahl auch in Nebenausgaben.— Postscheckkonto Köln 1065.
Erfüllungsort und Gerichtsstand Köln.
Nr. 115
Dienstag, 26. April 1932
Betlagen: Der Sonntag. Der Sport, Die dunte Wei Die Frau in Familie und Volksgemeinschaft. Für unsere Kinder. Rundfunk=Nachrichten, Reise und Wochenend. Die Schoüe Heimat und Welt illustrierte Beilage zur Ausgabe B
Einzelpreis 10 pfennig
Jahrg. 47
Ver Serich.
Die Ruhe nach dem Sturm
Die Ruhe vor dem Sturm ist zuweilen gefährlich. Die Ruhe nach dem Sturm kann nützlich sein. Sie braucht nicht immer ein Zeichen der Ermüdung zu sein. Sie kann auch die allmählich wiederkehrende Einsicht bedeuten, daß für die Gesamtheit wie für jeden einzelnen ein erträgliches Nebeneinander auf die Dauer doch sehr viel nützlicher ist, als ein unerträgliches Gegeneinander.
Man sagt, der Wahlausgang vom Sonntag habe die politischen Spannungen nicht beseitigt. Das ist vielleicht nur bedingt richtig. Gespannt sein auf das, was kommen wird, hat nichts zu tun mit Spannung, die zur Explosion drängt. Vielleicht lassen die Spannungen jetzt gerade nach. Und zwar gerade deshalb, weil so viele Rätsel über künftige Regierungsgemeinschaften übrig geblieben sind. Wieso?
Daß der Wahlausgang solche Rätsel aufgibt, ist Beweis dafür, daß die nationalsozialistische Bewegung den Zenith erreicht haben dürfte. Höher gehts nicht mehr. Zwei Präsidentenwahlen und mehrere Länderwahlen mit dem übereinstimmenden Ergebnisse, daß es nicht möglich ist, eine absolute Mehrheit und damit die Gewalt der Diktatur in die Hand zu bekommen, müssen schließlich den glühendsten Glauben an „alles überwindende“. Kraft, die niemanden neben sich zu dulden braucht, erschüttern. Agitatorisch suchten die Nationalsozialisten im Volke solchen Glauben zu wecken. Sie haben auch Gläubige gefunden. Aber das Wahlergebnis lehrt eben doch anderes.
Wer sich solcher Lehre stur entziehen will. kann neue Unruhe ins Volk tragen. Er kann aber dem Volke, praktisch und segensreich für die Erwartungen des Volkes, keinen Dienst erweisen.
Hier richtet sich als Gradmesser die Frage auf: Was ist nationale Gesinnung: Rhetorisch ist sie leicht zu be
antworten. Wenn aber die Zeit der Rhctorik vorbei ist, wenn man sich entschließen muß, ob man in die politische Arbeit, in die Verantwortung und damit zugleich in den gelegentlichen Zwang zu geringerer Volkstümlichkeit eintreten soll, dann kommt die Feuerprobe. Das Gespanntsein der Oeffentlichkeit gilt der Frage: wie werden die mit rund 160 Mandaten in den Preußischen Landtag eingezogenen Nationalsozialisten diese Feuerprobe bestehen?
Wer das Beste für die Gesamtheit des Volkes will, hofft und wünscht, diß sie sie besser bestehen, als die 107 im Reichstage es bisher getan haben. Wenn sie besser bestehen, könnte eine erzieherische Wirkung von Preußen auf das Reich eintreten. Und wenn sie einträte, sollte man hoffen dürfen, daß das ganze deutsche Volk den Nutzen davon hätte.
Die Geschäftsordnung
Der alte Landtag hat das Geschäftsordnungsmäßige, soweit es sich um die Wahl des Ministerpräsidenten handelt, mit der preußischen Verfassung in Einklang gebracht. Der Ministerpräsident muß danach von einer Mehrheit gewählt werden. Als diese Geschäftsordnungskorrektur beschlossen wurde, erklärten manche Parteien: wir werden sie im neuen Landtage wieder umstoßen. Ob daran wirklich jemand ein ernstes Interesse haben kann?
Die Parteien, die die Aenderung beschlossen haben. werden nicht dafür zu haben sein, sie nach wenigen Wochen wieder umzustoßen. Wenn die Nationalsozialisten sie umstoßen wollten, könnten sie es nur mit der Unterstützung der Kommunisten. Ob sie Wert darauf legen, von Bolschewistengnaden einen Ministerpräsi
(Fortsetzung Seite 2)
Die Neuenwarten vor den Toren
preußen: Auflösung des alten Landtags ist möglich Aber auch natürlicher Ablauf mit Schluß am 20. Mai
Berlin, 25 April.
Es ist selbstverständlich, daß der Wahlausfall
nicht ohne Einfluß auf die Zusammensetzung
der Preußenregierung bleiben kann. Das jetzige Kabinett hat im Landtag keine Mehrheit mehr und würde sofort gestürzt werden. Es wird aus dieser Lage die Konsequenzen ziehen und seine Gesamtdemission beschließen.
Offen ist lediglich der Zeitpunkt. an dem dieser Beschluß ausgeführt werden soll. Die Wahlperiode des alten Landtags läuft noch bis zum 20. Mai. Wenn Braun jetzt demissionieren würde, müßte er sein Rücktrittsgesuch dem Präsidenten des noch geltenden Landtags überreichen, der noch einmal zusammentreten müßte, um die Neuwahl des Ministerpräsidenten vorzunehmen. Das ist natürlich ein unmögliches Verfahren. Theoretisch besteht allerdings durchaus die Möglichkeit, daß
der alte Landtag sich sofort auflöst,
entweder durch einen Mehrheitsbeschluß, oder durch eine Verfügung des dreigliedrigen Ausschusses, der nach Artikel 14 der Verfassung aus dem Ministerpräsidenten und den Präsidenten des Landtags und des Staatsrates besteht.
Der Vorsitzende der deutschnationalen Landtagsfraktion, Abg. von Winterfeld, beruft sich in einem Schreiben an Braun auf diesen Verfassungsartikel und fordert, daß der Ausschuß sofort von der Auflösungsmöglichkeit Gebrauch macht. Wenn das nicht geschieht, der gegenwärtige Landtag also erst mit seinem natürlichen Ende abtritt, muß der neue Landtaa 30 Tage nach dem 20. Mai, also spätestens am Montag, den 20. Juni, einberufen werden.
Das preußische Kabinett wird sich also morgen darüber schlüssig werden müssen, wann es aus den Wahlen die gegebenen Konsequenzen ziehen will
Nirgendwo, auch innerhalb der Sozialdemokratie nicht, besteht die Absicht, das Wahlergebnis zu ignorieren und das Kabinett ohne Mehrheit durch kleine taktische Schachzüge am Ruder zu halten.
Der Gedanke, die notwendigen Konsequenzen sofort zu ziehen, wäre ohne weiteres als richtig anzuerkennen, wenn im neuen Landtag eine sichere Mehrheit vorhanden wäre. Das ist aber keineswegs der Fall. Zudem erfordert die amtliche Feststellung des Wahlergebnisses nach mehrere Wochen. Es ist deshalb fraglich, ob Ministerpräsident Braun vor Juni dem Präsidenten des neuen Landtags sein Rücktrittsgesuch übereichen kann. Es wäre ganz ecklos, die notwendigen Veränderungen in der Leitung des preußischen Staates absichtlich zu verzogern. Dadurch wird nichts gewonnen, aber nachdem die jetzige Koa
lition fast zwölf Jahre am Ruder war, verschlägt es auch wirklich nichts, ob sie im Mai oder im Juni ihre Macht einer andern Koalition übergibt.
Herr Kube hat jetzt eine Proklamation erlassen, in der er die Bereitwillichkeit zur Zusammenarbeit unter bestimmten Bedingungen ausspricht. Die nächsten Wochen werden zeigen ob diese Beteuerungen ernst gemeint sind, oder ob sie nur ein Vorwand dafür sein sollen den Wählern nachher sagen zu können, sie, die Nationalsozialisten, wären zwar bereit gewesen, eine nationalsozialistische Regierung zu bilden, aber die andern bösen Parteien hätten nicht gewollt. Wo
mit eine Wahlparole für eine etwaige Neuwahl mit dem Ziele die alleinige Mehrheit zu erringen geschaffen wäre.
Eine politische Heirat—
bei den Kommunisten
Die Wahrscheinlichkeit eines Führerwechsels bei der KPD nach den Preußenwahlen ist jetzt gestiegen, seitdem bekannt geworden ist, daß der jugendliche Führer der Kommunisten, Heinz Neumann, sich mit der Nichte Stalins verheiratet hat. Man sieht in dieser Heirat eine erneute Vertrauenskundgebung der Moskauer Kreise für Heinz Neumann, so daß ihr ein ausgesprochen politischer Charakter beizumessen ist.
Da anderseits bekannt ist, daß Heinz Neumann bereits häufig im Gegensatz zu der offiziellen Leitung der Deutschen Kommunistischen Partei, insbesondere zu deren Vorsitzendem, Thälmann, gestanden hat, nimmt man an, daß Thälmanns Tage gezählt sind und daß er sehr bald nach den Wahlen endgültig durch Heinz Neumann ersetzt werden wird.
Das Raunen und Raten beginnt
Unwahrscheinliches
CNB Berlin, 26.April. Wie die Deutsche Allgemeine Zeitung berichtet, ist anzunehmen, daß die ersten Verhandlungen zwischen den Nationalsozialisten und dem Zentrum über die Möglichkeiten einer Neuordnung der preußischen Verhältnisse bald in Fluß kommen werden. Die erste Anfrage der Nationalsozialisten, ob das Zentrum zu gemeinsamen Besprechungen bereit sei. sei schon gestern bei der preußischen Zentrumsfraktion erfolgt. Mit den offiziellen Verhandlungen dürfte schon in den nächsten Tagen zu rechnen sein. Der Vorsitzende der Zentrumspartei, Prälat Kaas. werde sich zu diesem Zweck nach Berlin begeben und, wie aus nationalsozialistischer Quelle verlautet, werde auch Adolf Hitler demnächst in Berlin erwartet.
Sollte die ganze Meldung, die höchst unwahrscheinlich klingt, nicht nur ein recht plump aufgelassener Versuchsballon sein?
„Zentrum, hilf uns!“
CNB Berlin, 26 April. Unter der Ueberschrift„Wer sind die Sieger?" beschäftigt sich Reichstagspräsident Löbe mit dem Wahlergebnis. Als das Augenfälligste bezeichnet er die Vereinfachung des Parteiensystems. Nach der tollen Zersplitterung der letzten zehn Jahre steuerten wir deutlich auf das Fünfparteiensystem zu: Zwei auf der Linken, zwei auf der Rechten und das Zentrum als einzige Mittelpartei.
Dabei sei die Rechte viel stärker als die Linke, denn die beiden nationalistischen Gruppen seien zunächst gewillt, gemeinsam zu handeln,
während die beiden Linksparteien nicht nebeneinander, sondern gegeneinander ständen.
Löbe geht dann im einzelnen auf die Zusammensetzung der Rechten ein und sagt: Alles, was im alten Preußen und Deutschland die Reaaktion verkörpert habe, erscheine heute unter dem Hakenkreuz wieder. Mit verdächtiger Sehnsucht seien plötzlich die Augen der Deutschnationalen auf das Zentrum gerichtet. Die als Hakenkreuzler verkleideten Großgrundbesitzer, Generale, Fürsten, Prinzen, Kapitalisten hätten gesiegt— schon ertöne der Hilfsruf:„Zentrum, hilf uns! Was machen wir mit dem Sieg?“
Hugenbergs falsche Rechnung
CNB Berlin, 25. April. Der Geschäftsführer der Zentrumsfraktion, Dr. Graß, erklärte heute in einer Unterredung über die politische Situation in Preußen u..:
Eines der Merkmale der Lage ist die Tatsache, daß Hugenberg sich nun schon zum zweiten Male verrechnet hat— er ist in Preußen ausgeschaltet. Zur Bildung einer Regierung ist seine Mitwirkung nicht erforderlich. Das Zentrum betrachtet sich als den Garanten der verfassungsmäßigen Ordnung. Dieser Tatsache muß seine politische Haltung Rechnung tragen. Im übrigen kann das Zentrum mit Ruhe abwarten, bis zutage tritt, was die großen politischen Gruppen eigentlich wollen.
Brüning und Hitler
Times(London) stellt fest, daß der dritte Angriff auf die deutsche Republik zum dritten Mal abgeschlagen worden sei, daß aber Hitler dem Erfolg so nahe gekommen sei, daß man mit seinem Einfluß noch ernster als bisher rechnen müsse. Auf dem Gebiet der Außenpolitik habe es zwischen dem Ziel Dr. Brünings und dem Hitlers niemals einen großen Unterschied gegeben.
Die Zentrumspartei halte den Schlüssel der Lage in der Hand. Ihre gestrige Erklärung zeuge von staatsmännischem Geist. In diesen Worten könne man vielleicht das Echo der Stimme Dr. Brünings erkennen.
Gut gesagt
In diesem Gebäude tagt der Landtag seit dem 16. Jannar 1899
Das französische Gewerkschaftsblatt Le Peuple schreibt: Werde man endlich in den anderen Ländern begreisen, daß die Lage in Deutschland tragisch sei? Wenn man die Arbeitermassen ständig dem Elend und der Verzweiflung überlasse, so gehe über ganz Deutschland eine Flutwelle hinweg. Dadurch werde das Leben in Europa und in der ganzen Welt ständig vergiftet. Europa sei krank, der Frieden sei krank. Wann würden die gesunden Elemente, die trotzdem in der Welt zahlreich seien, endlich begreifen, daß die internationale Zusammenarbeit die einzige Rettung sei und daß die Politik der Solidarität und der Edelmütigkeit eine gute „Kapitalanlage“ für alle die sei, die nicht auf Dividenden aus Munitionsfabriken rechnen.
Buenos Aires meldet über Havas: Ueber St. Rafael=Mendoza ist wieder ein Aschenregen niedergegangen.
*
Der König der Belgier, Albert, ist von seiner Reise nach dem belgischen Kongo zurückgekehrt.