Hölner

TTT

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Katholische Tageszeitung für Köln und Umgebung

Amtliches Kreisblatt für den Landkreis Köln, Kheinische Volkswacht

Nr. 90 I, Freitag, 1. April 1932

Betlagen: Der Sonntag. Der Sport, Die dunte Weit Die Frau in Familie und Volksgemeinschaft, Fur unsere Kinder, Rundfunk=Nachrichten, Reise und Wochenend. Die Scholie. Heimat und Welt illustrierte Beilage zur Ausgabe B

Einzelpreis 10 pfennig Jahrg. 47

Woaen

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Armer Hugenberg

Es ist höchste Zeit, daß Sie die partei verlassen.

Die Preußenwahlen werfen ihre Schatten voraus. Die Geschäftigkeit des Herrn Hugen­berg tritt in die Erscheinung. Er ruft und lockt. Diekleineren Parteien, wie er sie nennt, wobei man noch gar nicht weiß, wieviel von dergroßen" Deutschnationalen Volkspartei übrig bleiben wird, sollen mit den Deutschnatio­nalen eine Listenverbindung eingehen.

Bis jetzt hat Herr Hugenberg für seinen Vor­schlag kein freundliches Echo gefunden. Im Gegenteil, man sagt ihm, er sei ein Par­teiegoist. Es ist übel, sich so etwas sagen lassen zu müssen, wenn man den Politiker der Sammlung darstellen möchte. Es ist aber auch zu plump, zu verlangen, daß die Leute, die aus anderen Parteien auf die Landesliste kom­men sollen, schon jetzt als Hospitanten der deutschnationalen Landtagsfraktion in Anspruch genommen werden.

Interessant ist übrigens an dem Lockruf Hu­genbergs, daß er schon darauf ausgeht, von Preußen aus auf das Reich zu drücken. Er will Kabinette in Preußen und im Reiche haben, die jede Sorte Sozialismus ablehnen. Jede Sorte von Sozialismus soll also ausgeschaltet sein! Das geht gegen die Nationalsozialisten und gegen Herrn Hitler. Es sieht nicht so aus, als ob in den Reihen der Harzburger Front Freundschaftsfäden gesponnen würden.

Gegen Bürgerkrieg und Brudermord

Unter dieser Losung ruft die Volksfront in Köln für den 6. April zu einer Kundgebung in der Form eines Umzuges auf. Es soll der Oeffentlichkeit gezeigt werden, daß es in Deutsch­land im Gegensatz zu organisierten Bürger­kriegskolonnen auch auf christlicher Seite noch starke Kolonnen gibt, die willens sind, sich der politischen Verrohung, der Förderung der Bür­gerkriegsstimmung, kurzum, der Zwietrachtseuche abwehrend gegenüberzustellen.

Der Gedanke der Volksfront, deren Hochziel es ist, durch ihren Daseinsnachweis Ordnung und Ruhe in Deutschland sichern zu helfen, geht aus von der christlichen Arbeiterschaft. Diese rechnet aver damit, und sie hat das Recht, es zu erwarten, daß aus allen christlichen Volksgruppen, und besonders aus der Jugend, mutige bekenntnisstarke Bataillone zu ihnen stoßen. Aus der öffentlichen Kund­gebung soll offenbar werden, daß die Wühler und Bürgerkriegsspieler mit einer geschlossenen christlichen Front zur Abwehr ihrer gefährlichen Umtriebe zu rechnen haben. Im katholischen Köln wäre das eine eindrucksvolle Unter­streichung des guten Wahlergebnisses für Hin­denburg.

Säuberung beim DHV

Es gab eine Zeit, in der der DHV in den Ruf gekommen war, eine Brutstätte national­sozialistischer Zellenbildung zu sein. Der DHV hat seinen ausgeprägt nationalen Standpunkt immer mit Leidenschaftlichkeit bekundet. Das hat ihn aber in all den Jahren seines Be­stehens und seines starken Wachstums nicht gehindert,parteipolitische Neutralität zu wahren. Sie bedeutete für ihn die Aufnahme jedes Hand­lungsgehilfen, der sich zur nationalen Grund­haltung des Verbandes bekannte, sonst aber in seiner parteipolitischen Betätigung völlig frei war. Selbstverständlich wußte er umgekehrt jeden Versuch, seine Organisation in ein ein­seitiges politisches Fahrwasser zu bringen, abzu­wehren.

Wie Hugenberg in seinen Wähler­kreisen eingeschätzt wird, erfahren wir aus einem Offenen Brief, den ein deutsch­nationaler Wähler, Rittergutsbesitzer Oskar Coester, in den Neuesten Nachrichten für Weiß­wasser, Muskau, Rietschen, Schleife und die übrigen Ortschaften des Kreises Rothenburg (Regierungsbezirk Liegnitz) an Hugenberg als deutschnationalen Porteivorsitzenden richtete. Darin heißt es:

Wenn ich... oftmals schwankend war, ob ich, wie viele andere, die unter Ihrer Führung stehende Partei verlasse, so habe ich das nicht getan, weil schließlich auch ein Parteivorstand einmal irren... kann. Aber was in letzter Zeit geschehen ist, ist, gelinde gesagt, eine Ver­jazzung des Nationalismus und schlägt dem Faß den Boden aus. Nie zuvor ist die Partei verworrener und zerrissener in die Erscheinung getreten als unter Ihrer Führung. Es ist höchste Zeit, daß Sie die Partei verruffen.... Gehen Sie, bevor die Masse rechts aus dieser unseligen Massensuggestion er­wacht und überlassen Sie den Wiederaufbau der Partei taktvolleren Händen, ehe es zuspät ist... Systematisch verhunzen und verbonzen Sie die Partei, nur um ein anderes, recht frag­würdiges System und Bonzentum aufzustellen und verkriechen sich überall vor der letzten Ver­antwortung... Herr, mach uns frei, aber zuerst von diesem Parteibonzentum, dem Terror des Uebernationalismus, den neuen Systemen mit ihren Futterkrippen und neuen Partei­büchern, diesem unerträglichen Uebersozialis­mus, einerlei, ob er sich nun inter= oder über­national benennt...

Klare Absage an eine Hitler=Parole

Die vom Reichslandbund ausgegebene Wahlparole für Hitler hat in Bayern, Würt­temberg, Thüringen und Nassau eine glatte Ablehnung erfahren. Auch aus den bäuerlichen

Kreisen des Westens und Südens verstärkt sich der Widerspruch gegen die parteipolitische Ge­schäftsführung des Reichslandbundes. Selbst der westdeutsche Adel erhebt sich jetzt gegen die unter dem Einfluß der ostelbischen Großagrarier stehende Leitung des Reichslandbundes.

So erklärt Graf Münster(Voss. Zeitung Nr. 153) in einer Zuschrift an die Deutsche All­gemeine Zeitung:

Die Bundesleitung hat von uns Mitglie­dern gar nichts zu verlangen. Vielmehr haben wir Mitglieder, die wir unsere Beiträge auch für die Kosten unserer Vertretung zahlen, zu verlangen, daß sich unsere Bundesleitung, die für uns da ist, und nicht wir für sie, um unsere beruflichen Belange küm­mert und nicht um Parteipolitik. Und darüber muß sich auch die Bundesleitung klar sein, daß nur diejenigen Landbundmitglie­der für Hitler oder Hugenberg eintreten, die zu deren Gefolgschaft gehören. Alle anderen Mit­glieder aber werden gerade in der Wahl des Reichspräsidenten niemals vergessen, wie sich

Herr von Hindenburg auch für die andwirtschaft stets eingesetzt hat.

Zerstückelung des alten Oesterreich=Ungarn war 1919 das leichte Werk, das mit dem Paraaravhen des Trianon=Vertrages abgetan wurde. Wie schwer fällt es jetzt den internatio­nale Politikern, aus dem zerstückelten Gebiet wieder ein lebensfähiges Ganzes zu machen.

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Ein Jubilar

Bankdirektor Dr. Dr. h. c. p. A. Brüning

blickt am 2. Avril auf eine 25jährige Tätig­keit bei der Deutschen Bank und Disconto=Gesell­schaft zurück. Er machte seine Lehrzeit in Mün­ter i. W. durch. Nach beendetem Studium trat er am 2. April 1907 in den Dienst der Bergisch­Märkischen Bank in Elberfeld und wurde knapp ein Jahr später mit der Leitung der Zweigstelle Bernkastel=Cues betraut; 1910 zum Direktor der Trierer Filiale des wenige Jahre nachher auf die Deutsche Bank übergegangenen Instituts er­nannt. wurde Dr. Brüning nach einer kürzeren Zwischentätigkeit in Frankfurt a. M. Anfang 1925 in den Vorstand der Deutschen Bank nach Köln berufen.

In dieser siebenjährigen Tätigkeit in der rbeinischen Metropole ist Köln ihm zur zweiten Vaterstadt geworden. So war es ganz selbstverständlich, daß er über seinen eigentlichen Wirkungskreis hinaus eine sehr er­sprießliche, besonders um die Stadt Köln und um das Rheinland verdiente Tätigkeit ent­faltete. Vor allem hat seine von reichen Kennt­nissen und Erfahrungen getragene, mit rastlosem Eifer gepaarte, feinfühlend vermittelnde und dabei immer liebenswürdig verbindliche Art sich außerordentlich bewährt. Mit des Landes Ver­hältnissen und Bedürfnissen gründlich vertraut, mit seinen Bewohnern schicksalhaft verbunden, rheinisches und westfälisches Wesen harmonisch in sich vereinend, vermochte er sich in immer weiteren Kreisen Vertrauen, Ansehen und Freundschaft zu erwerben.

Diesen Verdiensten Dr. Brünings trug auch die Universität Köln im Jahre 1929 Rechnung, indem die sozial=wissen­schaftliche Fakultät ihn zum Ehrendoktor er­nannte.. Die Fakultät hat, wie es in der Ur­kunde heißt, dembewährten Wirtschaftsführer in Anerkennung seiner Verdienste um die süd­westliche Wirtschaft in der Kriegs= und Nach­kriegszeit sowie um die Wiedererstarkung der deutschen Volkswirtschaft, nicht zuletzt auch um die Fortdauer der Kölner Universität die Würde eines Doktors der Staatswissenschaften zu­erkannt".

Neben seinem eigentlichen Berufsgebiet, der Wirtschaft, gilt die regsame Anteilnahme des Bankfachmannes, der sich in der rheinischen Me­tropole eine hochangesehene Führerstellung er­worben hat, dem Wohle von Stadt und Land. In uneigennütziger Weise stellt Dr. Brüning gerne Mühe und Zeit zur Verfügung, um in vollem Verständnis für die mannigfachen Nöte unserer Tage mit Rat und Tat zu helfen, gleich­zeitig aber auch, um gemeinnützigen Interessen zu dienen.

Dr. Brüning, der stets besonderes Inter­esse für alle Fragen der Kunst zeigt, ist im Kuratorium und Vorstand verschiedener Kunstinstitutionen unserer Vaterstadt vertreten, so im Zentral=Dombau=Verein und in der Wall­raf=Richartz=Gesellschaft. Der Kölner Männer= Gesang=Verein ernannte ihn vor einigen Jahren zum Ehrenmitglied. Als Mitglied der Direktion der Konzert=Gesellschaft hat er sich stets für die Erhaltung der weit über den Rahmen der Stadt Köln hinaus berühmten Gürzenich=Kon­zerte eingesetzt. Brüning ist auch Mitgründer und besonderer Förderer der Internationalen Gesellschaft für Erneuerung der katholi­schen Kirchenmusik. Als Mitglied des Kuratoriums der Hochschule für Musik in Köln

An dieser guten Ueberlieferung scheiterte der nationalsozialistische Versuch, den DHV für sich zu reklamieren, nur weil er in seinem Namen das Wort und den BegriffDeutschnational trägt.

Der Verbandsvorsteher Bechly hat, mit rich­tigem Empfinden für die Ueberparteilichkeit, die jeder Reichspräsidentenwahl inbezug auf den Kandidaten eigen sein sollte,den Aufruf für Hindenburg mitunterzeichnet. Hier setzten die Nationalsozialisten ein mit ihren Sturmver­suchen auf den DHV, dessen Leitung sie gerne in die Hand bekommen hätten. Der Sturm ist nicht nur abgeschlagen worden. Er ist den Herrschaften auch sehr schlecht bekommen. Man hat im DHV kurzen Prozeß gemacht und eine Reihe von denen ausgeschlossen, die den Augen­blick gekommen glaubten, die politische Neu­tralität des Verbandes umfälschen und um­

biegen zu können zugunsten des Nationalsozialis­mus.

Vielleicht ist dem DHV selbst noch gar nicht ganz zum Bewußtsein gekommen, wie sehr er damit der inneren Geschlossenheit seiner Organi­sation gedient hat. Es wäre für viele seiner Mit­glieder auf die Dauer unerträglich geworden, wenn die Nationalsozialisten in offensichtlicher Verletzung der Neutralität des Berufsvereins einen Tummelplatz für politisches Machtstreben aus dem Verbande hätte machen können. Die­jenigen, die das nicht wollen, werden dem Ver­bande jetzt mit verdoppelter Kraft Treue und Anhänglichkeit wahren, um ihn in seinem Werte als große christliche berufliche Organisation der deutschen Handlungsgehilfen zu erhalten. Man steht in den Geschehnissen der letzten Wochen vor einem Stück erfreulichen Gesundheitsnach­weises einer radikalpolitisch bedrohten Berufs­gruppe.

Dicke gehen auf Reisen

Es bedeutet immerhin etwas in unserer Zeit der Huldigung an die schlanke Linie, daß es in Konstantinopel einenVerband der Dicken gibt, allerdings nur der dicken Männer. Das wäre eine rein türkische Angelegenheit, wenn nicht jene Dicken zu einer Europafahrt, mit erster Station London, sich anschickten. Was mag der Zweck sein? Vielleicht wollen sie das Wohlbefinden der türkischen Nation der Nach­kriegszeit in Europa dokumentieren. Wir be­fürchten für die Herren, daß sie mehr belusti­gend als werbend wirken werden. Uebrigens: übermäßige Leibesfülle scheint ihnen nicht eigen zu sein. Der Präsident des Verbandes wiegt 85 kg, will es aber auf 90 bringen, ehe die Reise los geht. Zu diesem Behufe hat er schon 12 Dutzend Flaschen Lebertran geleert. Dia­werden als Daseinszweck eine sonderber: Liebhaberei. Harras