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Nr. 564 Mittwoch, 6. Nov. 1929

Beilagen: Der Sonntag, Der Sport, Stille Stunden, Die Frau Für unsere Kinder. Rundfunk=Nachrichten. Soziales u Wirtschaft.

Reise u Wochenend Kultur und Gegenwart, Musik Gemüsebau und Schrebergarten Heimat und Welt ill Beilage zu: Ausg B

Morgen=Ausgabe 44. Jahrg.

Ein evangelischer Pfarrer an Prälat Dr. Kaas

Trier, 2. Nov. Daß die beiden großen Reden des Zentrumsführers Dr. Kaas in Dortmund und Freiburg weit über die Grenzen der Par­tei hinaus ein lebhaftes Echo gefunden haben, konnte man in den letzten Wochen aus der ge­samten Presse des In= und Auslandes fest­stellen.

Aber nicht bloß in der Presse haben die grundsätzlichen Ausführungen des Zentrums­führers die Federn in Bewegung gesetzt, auch Privatversonen aus allen Gegenden Deutschlands und aus allen Partei­lagern fühlten und fühlen sich noch täglich gedrängt, dem Zentrumsführer brieflich für seine mannhaften und zielklaren Ausführungen zu danken und ihm ihren Beifall und ihre Zu­stimmung auszudrücken.

So ist die Trier. Landeszeitung in der Lage, einen dieser Briefe aus der Feder eines evange­lischen Theologen, der sich als Mitglied der Deutschnationalen Volksparrei be­kennt, im Wortlaut zu veröffentlichen. Der Brief lautet:

Ich habe soeben Ihre große Rede mit großem Interesse gelesen. Aber nicht nur mit Interesse, sondern auch, abgesehen von kleinen Einzelheiten, mit völliger Zustim­mung. Namentlich hat auch der Geist, der aus der Rede spricht, wohltuend berührt. In diesen traurigen Zeiten war es mir geradezu eine Erquickung, von einem Par­lamentarier und Staatsmann eine solche Rede zu lesen. Wenn doch dieser Seist in allen Parlamentariern und Staatsmännern lebte! Ich bin evangelischer Theologe und gehöre der Deutschnationalen Votkspartei an, ohne allem, was die Partei tut, bei­zustimmen. Vielleicht ist es Ihnen eine kleine Freude, zu sehen, daß auch in anderen Parteien Männer sind, die Ihnen für solche Rede danken. Gott der Herr segne Ihre wichtige Arbeit im Dienste des deutschen Volkes.

Ihr sehr ergebener

Dr. theol. N.., Pastor für innere Mission.

0 Köln, am 6. November 1929. Unsere Zeit trägt das Kenn­eichen scharfer Auseinander­gung darüber, in welcher Richtung und von welchen Grundlagen aus die politische, wirt­schaftliche und soziale Entwicklung im Deut­schen Reiche vorangetrieben werden soll. Daß es in neuzeitlichem Sinne geschehen muß, darüber ist sich die erdrückende Mehrzahl der Deutschen einig. Das soeben beendete Volks­begehren zeigt, daß man schon alle Mittel der Beeinflussung wirtschaftlich Abhängiger und po­litisch Urteilsunfahiger anwenden muß, um mit Mühe und Not zehn Prozent der Wahl­berechtigten in Listen zu bringen, die täuschend glaubenmachen sollen, daß diese zehn Prozent aus tiefster innerer Ueberzeugung und klarer Erkenntnis der Dinge gegen die Politik der Nachkriegszeit eingestellt seien.

Wichtiger vom Zentrumsstandpunkte aus ist die andere Seite des großen Ringens in Reich, Staat und Gemeinde. Von daher wirft die Frage auf, ob es über der Uneinigkeit er großen, nichtsozialistischen Parteien, ob es über der Uneinigkeit besonders derjenigen Par­teien, deren Anhänger sich zum Christen­tum bekennen, möglich bleiben soll, daß die Sozialdemokratie, daß der Sozialismus christentumsgegnerischer Prägung im deutschen Volke Einfluß weit über Gebühr behält.

Dieser Einfluß muß beträchtlich eingeschränkt werden, weil es jedem Nichtsozialisten klar ist, daß die Sozialdemokratie nicht berufen ist, mit ihren Grundsätzen und Lehrsätzen das Wohl der Gesamtheit des Volkes wahrzunehmen und zu fördern Es gab einmal ein festumrissenes Bild des sozialistischen Zukunftsstaates, den die älteren Führer der Sozialdemokratie siegessicher an die Wand malten. Was aber ist davon ge­blieben? Der Vorwärts schrieb in einem Vor­wort zum diesjährigen Magdeburger Partei­tage(Friedrich Stampfer zeichnete für den Ar­tikel):Der Weg geht in ein Neuland, für das es weder Karten noch Kompaß gibt. Was heißt das? Es heißt einfacher und klarer ausgedrücktWir Sozialdemokraten kennen das Endziel nicht und werden es sobald nicht kennen.

Aus solchem sozialdemokratischen Bekenntnisse ergibt sich für alle Nichtsozialisten und vor allem für diejenigen, die den christlichsozialen Gedanken zum Siege führen wollen, eine sehr selbstverständliche Folgerung. Sie lautet: Leuten ohne Karten und Kompaß

folgt man nicht! Wenn man soziale Re­formarbeit leisten will, wenn man den Geboten sozialer Gerechtigkeit und Liebe als dem all­gemein politischen Ausdruck der Nächstenliebe auch im Wirtschafts= und Sozialleben zum Durchbruche verhelfen will, dann braucht man ganz bestimmt nicht unter die Sozialdemokraten zu gehen. Selbstverständlich noch viel weniger zu den Kommunisten.

Im Zentrum steht man nicht ohne Paß und Kompaß. Die christliche Welt­anschauung in ihrer breitesten und tiefsten Grundlage hält für alle Zeiten, für jede Entwicklungsphase und für jeden Fortschritt zum Besseren Karten und Kompaß bereit! Die Rede, die Prälat Dr. Kaas, der Führer der Zentrumspartei in Deutschland, in Dortmund gehalten hat, war dessen ein glänzender Be­weis. Das empfindet man allüberall. Es ist erfreulich, daß man es auch rechts empfindet. Die Rechte hat sich politisch verfahren. Nur auf diesem verfahrenen Geleise war es möglich, daß ein so Unberufener wie Hugenberg sich auf die Lokomotive schwang. Er tat es nicht, um auf die Geleise der Vernunft zurückzuführen, sondern er führte noch tiefer hinein in das Ge­wirr falscher Geleise mit falscher Weichen­stellung Es gab ein Unglück für die Deutsch­nationalen.

Im deutschnationalen Lager empfinden das besonders stark die guten konservativen Kräfte, die Menschen, die sich nicht in der Rolle gefallen, ihr protestantisches Christentum im Gegensatz zum Katholizismus zu betätigen. sondern die Menschen, denen ihr evange­lischer Glaube Antrieb und Wert bildet,

zu ihrem Teile zu helfen, daß gegenüber der vielgestaltigen Gottesleugnerschaft, politisch or­ganisiert in der Linken und in der neuheid­nischen radikalen Rechten, der christliche Gedanke als hoher Glaubens= und Welt­anschauungswert auch für die Politik in allen ihren Ausstrahlungen zur Geltung gebracht wird. Die neue ParteiChristlicher Volks­dienst ist der gesunde Ausdruck dieses Stre­bens auf evangelischer Seite. Wenigstens darf man das bis zu dieser Stunde annehmen. Wir hoffen, uns nicht zu täuschen.

Für den Sieg der christlichen Weltanschauung im Politischen auch in Deutschland ist es jeden­falls dringend notwendig, daß auch im evangelischen Lager die positiv Gläubigen sich zusammenschließen, daß sie, mancher üblen Tra­dition zum Trotz, den Mut finden, den Katholiken: die Gleiches wie sie wollen, die Hand zu reichen zum gemeinsamen Streben.Getrennt marschieren, vereint schla­gen das kann allein die glückliche Losung für alle Deutschen sein, denen ernstlich daran liegt, gegen Sozialismus, Gottesleugnerschaft und Neuheidentum eine Front aufzustellen die dem Parteiwirrwarr, die dem Haß und Un­frieden in der Innenpolitik ein Ziel setzt.

Wir verstehen den Prälaten Dr. Kaas sicher recht, wenn wir annehmen, daß seine Dort­munder Rede auch dieser Frontbildung galt. Das Echo, was sie gefunden hal, darf diese Ueberzeugung glücklich bestätigen. Hoffen wir, daß in allen Parlamenten, in Reich, Staat und Gemeinde, sich in der nächsten Zeit diese Front­bildung herausarbeitet. Den Gewinn und den Segen wird das gesamte deutsche Volk wird jeder Reichs=, Staats= und Gemeindebürger davon haben.

Katholikenpflicht, erfüllt in Stär­kung der parlamentarischen Zentrums­gruppen, ist Pflichterfüllung im Dienste der Frontstärkung der gläubigen Christen über­haupt. Am 17. November ist Gelegenheit dazu! Keiner darf sie ungenützt vorübergehen lassen!!

Am die Ehescheidung

Berlin, 5. Nov. Der Vorstand der Zen­trumsfraktion des Deutschen Reichstages war in der vergangenen Woche beim Reichskanzler vorstellig geworden, um auf Grund der Koali­tionsvereinbarungen der Beratung der Ehe­scheidungsreform im Rechtsausschuß zu wider­sprechen.

Der Reichskanzler hatte entsprechende Ver­handlungen mit den Beteiligten in Aussicht gestellt. Bis zum Zusammentritt des Nechts­ausschusses am Dienstag, den 5. November 1929, vormittags 10.45 Uhr, war dem Zentrumsvor­stand des Reichstages über das Ergebnis dieses Schrittes keine Mitteilung zugegangen und die Tagesordnung war unverändert geblieben. Als daraufhin der Vorsitzende des Ausschusses in die sachliche Beratung eintrat, gab der Zentrums­abgeordnete Dr. Bell namens der Zentrums­mitglieder des Rechtsausschusses folgende Erklä­rung ab:

Wir sind bei der Reichsregierung wegen der Behandlung der Ehescheidungsreform im Rechtsausschuß vorstellig geworden. Ueber das Ergebnis haben wir bisher von der Reichsregierung keine Mitteilung er­halten. So lange wir darüber nicht unter­richtet sind, können wir an den Beratungen des Rechtsausschusses nicht teilnehmen. Daraufhin verließen die Zentrumsmitglieder des Rechtsausschusses die Sitzung.

Die heutige Sitzung des Rechtsausschusses war auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil die einzelnen Parteien zur Frage der Ehescheidungsreform prinzipielle Erklärungen abgaben.

Abgeordneter Hanemann(DN) erklärte zunächst für die Deutschnationale Volkspartei: Die Deutschnationale Volkspartei verschließt sich durchaus nicht der Notwendig­keit, das Ehescheidungsrecht so umzugestalten, daß es nicht mehr mit gewissen Grundsätzen in Widerspruch steht. Sie hält es aber für not­wendig, nicht nur§ 1568 BGB. umzugestalten, sondern gleichzeitig die anderen mit der Ehe­cheidung in engstem Zusammenhang stehenden Fragen in die Aenderung mit einzubeziehen, un zwar besonders mit Rücksicht auf die zu­künftige Stellung der Frau in der Ehe. Die Deutschnationale Volkspartei lehnt jedoch jede Teillösung ab.

Abgeordneter Pfleger(BB) erklärte: An der prinzipiellen Stellungnahme seiner Fraktion zum Problem der Erleichterung der Ehescheidung habe sich nichts geändert. Eine Vereinbarung der Koalitionsparteien, die An­träge auf Erleichterung der Ehescheidung nicht zur Beratung zu bringen, sei bei Schaffung der Koalition nicht getroffen worden. Er verrate

aber sicher keinem der Ausschußmitglieder ein Geheimnis, wenn er feststelle, daß für ihn und seine politischen Freunde die Frage der Erleich­terung der Ehescheidung eine so schwer­wiegende politische Frage sei, daß nach seiner Auffassung weder im Reiche noch in einem Lande ein Mitglied seiner Partei einer Regierungskoalition angehören könne, deren Mehrheit sich für Erleichterung der Ehescheidung ausspreche. Wenn er sich trotzdem an der Weiter­beratung der vorliegenden Anträge beteilige, so geschehe das, um Verbesserungen der Anträge zur Annahme zu verhelfen. Im übrigen werde die politische Seite der Frage zweckmäßig nach Abschluß der ersten Lesung des Entwurfes im Ausschuß zu erledigen sein.

Abgeordneter Dr. Kahl(DB) führte aus er sei zwar nicht zuständig, für die Reichsregierung eine Erklärung abzugeben, aber er wolle dem Ausschuß doch Kenntnis davon geben, daß der Reichskanzler in außerordentlich loyaler Weise ihm mitgeteilt habe, es seien neuerdings von seiten zweier Parteien schwerste Bedenken gegen die Behandlung der Ehe­scheidungsreform im Ausschuß geltend gemacht worden, und daß er, der Reichskanzler, dem Vor­sitzenden anheimgegeben habe, die weitere Ent­scheidung zu treffen Darauf habe sich Abgeord­neter Kahl mit dem stellvertretenden Vorsitzen­den, dem Abgeordneten Dr. Landsberg(S) der gegenwärtig vertretungsweise den Vorsitz des Ausschusses führe, in Verbindung gesetzt. Beide seien dann einmütig zu der Auffassung gelangt, daß es nicht ihre Sache sei, die Ehescheidungs­reform von dem Arbeitsplan des Rechtsaus­schusses abzusetzen, sondern daß lediglich der Ausschuß selbst hierüber zu entscheiden habe.

Abgeordneter Dr. Brecht(WV) gab namens seiner Fraktion folgende Erklärung ab: Die Wirtschaftspartei legt den größten Wert auf die Erhaltung der Familie und steht den Bestrebungen auf eine Erleichterung der Ehescheidung grundsätzlich ablehnend gegenüber. Sie kann aber ihre Teilnahme an den Beratungen nicht versagen und wird bei der rein juristischen Durchberatung der vorliegenden Anträge mitarbeiten.

Abgeordneter Dr. Rosenfeld(Soz.) hob hervor, daß es seinen Freunden bei der Re­form der Ehescheidung darauf ankomme, bei zerrütteten Ehen eine Scheidung zu ermög­lichen, ohne daß die Parteien zum Vorbringen unwahrer Behauptungen genötigt würden. Wer Ehescheidungsverhandlungen bei Gericht kenne, der wisse wie dort gelogen werde. Die Auguren lächelten, der Richter und die Anwälte wüßten. daß gelogen werde, alle aber täten so. als ob sie das nicht durchschauten. Diesem unwürdigen Zustande solle ein Ende gemacht werden. Nach

Dort wie hier

Paris,.Nov. In Pariser politischen Kreisen wird die Entwicklung, die durch das Volksbegehren innerhalb der Deutsch­nationalen Volkspartei ausgelöst ist, mit Auf­merksamkeit verfolgt. Die Beachtung dieser Vorgänge ist hier um so größer, als sich inner­halb der französischen Rechten ein durchaus ähn­licher Vorgang abspielt. Auch diese ist im Be­griff, mit Marin, Mandel und Franklin Bouil­lon eine Gruppe nationaler Extremisten zu isolieren, deren politische Betätigung mehr unter die Begriffe der Krankhaftigkeit als der Politik fällt. So wie diese äußersten nationalen Gruppen einander bisher die Bälle zugeworfen haben, so erscheinen sie nunmehr einer gemein­samen Kompromittierung und politischen Selbst­ausschaltung zu verfallen.

Nach den Vorgängen der vergangenen Regie­rungskrise scheint die Abschüttelung des rechts­radikalen Flügels noch schneller vor sich zu gehen als in Deutschland. Es bleibt über die Dauer der Regierungsbildung hinaus von politischer Bedeutung, daß selbst ein Mann wie Tardieu auf eine Belastung seines Kabinetts mit einem der engeren Freunde Marins von vornherein verzichtet. Es ist verständlich, daß gerade nach diesem Vorgang auch die Stimmen, die innerhalb der deut­schen Rechten gegen Herrn Hugenberg laut werden, ein besonderes Interesse finden.

Es bedarf keines Hinweises, daß die Aktion Hugenbergs auch weiterhin in erster Linie als eine innenpolitische Angelegenheit Deutschlands behandelt werden wird, die zwar den wirt­schaftlichen und politischen Gesundungsprozeß verzögern kann, aber doch zu sehr eine Krankheitserscheinung der Nachkriegs­jahre darstellt, als daß ihr eine größere Be­deutung zuerkannt werden könnte. Das Oeuvre charakterisiert Hugenbergs Gefolgschaft als den letzten, noch einmal zu einer verzweifelten An­strengung zusammengefaßten Rest der Leute, an denen der Krieg ohne geistige Spur vorübergegangen sei. Die Aktion, die innerhalb der konservativen deut­schen Gruppen bereits gegen den Diktatur­debütanten rege geworden ist, wird als der Beginn eines politischen Gesundungsprozesses aufgefaßt, der mit der politischen Selbstisolierung der extremen französischen Rechten in engster Parallele steht.

dreijährigem Getrenntleben der Eheleute sollte auf Verlangen eines Teiles die Scheidung aus­gesprochen werden.

Abgeordneter Ehlermann(Dem.) erklärte, daß bei dem großen Wandel der Auf­fassungen über die Ehe jetzt endlich die lange erstrebte Ehescheidungsreform kommen müsse, und zwar weil das jetzige Ehescheidungsrecht nicht zeitgemäß und auch nicht sittlich sei. Der koalitionsbedrohenden Erklärung der Bayrischen Volkspartei könne man vielleicht begegnen, indem man die Reform nicht Erleichterung der Ehescheidung sondernVerbesserung der Ehescheidung" nenne. Die Reform sei vor allem im Interesse der Sittlichkeit und Wahr­haftigkeit notwendig. Tatsächlich sei heute der Zustand so. daß zwei Eheleute, die geschieden sein wollten, ohne weiteres geschieden würden. Nur geschehe es auf dem Wege einer schamlosen Komödie. Das Ziel müsse unbedingt sein, auch ohne gerichtlichen Nachweis der Zerrüttung und des Verschuldens eine Ehe zu scheiden, wenn beide Ehegatten übereinstimmend und wirklich ernstlich den Willen zur Scheidung hätten. Dabei sei er, der Redner, zu allen Kautelen für die Ernsthaftigkeit des Willens und zum Schutze der Frau und der Kinder bereit.

Hierauf beschloß der Ausschuß die Anträge zur Ehescheidungsreform einem Unterausschuß für die weitere Beratung zu überweisen.

Schlaganfall in der Ausschußsitzung B03 Berlin, 5 Nov. Während einer Aus­schußsitzung des Reichsrates erlitt heute der bayrische Reichsratsvertreter, Staatsrat Dr. Ritter von Nüßlein, einen leichten Schlaganfall. Die Beratungen des Ausschusses wurden unter­brochen.