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Frei Haus monatlich: Ausgabe A.85 M, Ausgabe B(mit der Samstags erscheinenden illustr. BeilageHeimat und Welt).05

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General-Anzeiger für Köln und Umgebung.

Amtliches Kreisblatt für den Landkreis Köln. Kheinische Volkswacht. Organ der Tentrumspartet. Uülheimer Volkszeitung

Hauptgeschäftsstelle und Redaktion: Neumarkt 18a24, Fernr. Anno 692029. Redaktions=Sprechstunden: 121 Uhr. Zweigstelle: Mülheim, Regentenstr. 10, Fernruf Mülheim 61 860. General= Vertretung für Süddeutschland: Ann.=Exp. Koch& Münzberg, Frankfurt(Main) Liebfrauenstraße 4. Fernruf Taunus 342..

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Erfüllungsort und Gerichtsstand Köln.

Nr. 488 Dienstag, 25,Hept.1928

Beilagen: Der Sonntag, Der Sport, Stille Stunden, Die Frau in Familie und Volksgemeinschaft, Für unsere Kinder, Sozialpolitik u. Wirtschaftsl. Reise u. Wochenend, Kultur u. Gegenwart, Musik, Gemüsebau u. Schrebergarten, Heimat u. Welt, Ill. Beil. z. Ausg. B

Abend=Ausgabe

45. jahrg

Bitte, nach Ihnen!

Aus parlamentarischen Kreisen wird uns geschrieben:Was will das Zen­trum?", so fragt dasBerliner Tageblatt, und es willrasch, gründlich und klar Antwort haben. Auch sonstige führende demokratische Presseorgane, so dieVossische Zeitung". die

Frankfurter Zeitung" usw., beschäftigen sich mit dieser Frage. Das Eigentümliche ist, daß die Wortführung in dieser Angelegenheit fast ausschließlich bei den Demokraten liegt, wäh­rend die Sozialdemokraten, die doch eigentlich das größere Interesse an den Dingen haben soll­ten, da sie den Kanzler stellen und über den größten parteipolitischen Einfluß in der gegen­wärtigen Regierung verfügen, sich abwartend verhalten. Es scheint jetzt so, als seien die Demokraten als Kundschafter und Aushorcher ausgeschickt.

Was das Zentrum will? Nichts ande­res als klare, gefestigte, Dauer und Sicherheit versprechende Regierungsverhältnisse.

Daß nach all den Erfahrungen der letzten Jahre, nach den vielen Regierungskrisen mit all ihren Folgen für das allgemeinpolitische wie für das wirtschaftliche Leben feste Regierungs­verhältnisse unbedingt notwendig sind, braucht man nicht erst noch zu beweisen. Aber jede Uebereilung würde sich in diesem jetzt vorliegen­den Fall noch viel schwerer rächen, als jemals früher. Es wäre wohl das gefährlichste Experi­ment, wenn auch jetzt wieder, ohne der abso­luten Festigkeit der parlamentarischen Unter­fundamentierung sich versichert zu haben, eine Koalition geschaffen würde, die von Anfang an innerlich brüchig wäre und daher eine große und wegweisende Aktivität gar nicht entfalten könnte.

Die Frage der Demokraten: Was will das Zentrum? verschiebt übrigens völlig die wirk­liche Sachlage. Es liegt doch nicht am Zentrum, Vorschläge für die Festigung und Ausgestaltung der Koalition zu machen. Das liegt denjenigen ob, die die politische Führung haben oder doch beanspruchen. Es ist eine eigenartige Zu­mutung an das Zentrum, daß es anderen die Verantwortung abnehmen soll. Das Zentrum ist weit davon entfernt, für sich beanspruchen zu wollen, die Entwicklung dieser Dinge allein von sich aus beeinflussen zu wollen. Es liegt an der Gegenseite, zu sagen, was sie für Vorschläge hat, und dann wird das Zentrum sich dazu äußern.

Madrid

75 Todesopfer geborgen.

WTB Madrid, 25. September. Bis ½3 Uhr früh waren insgesamt 75 Leichen aus dem ab­gebrannten Theater geborgen, von denen jedoch nur 30 identifiziert werden konnten, während die übrigen unkenntlich sind. Unter den bis­her festgestellten Toten und unter den Ver­letzten befindet sich kein Ausländer.

*

WTB Madrid, 24. Sept. 9,30 Uhr abends.

Die Aufräuungsarbeiten auf der Brandstätte des Theaters Novidades schreiten nur sehr lang­sam fort, da die Trümmer des vollständig ein­gestürzten Theaterdaches den Saal in einer Höhe von über zwei Meter bedecken und das Feuer trotz der von der Feuerwehr unaufhör­lich in die Glut geschleuderten Wassermassen noch immer schwelt. Es ist also bisher unmöglich, auch nur annähernd die genaue Anzahl der Todesopfer anzugeben, zumal es fast sicher ist, daß Leichen noch unter den Trüm­mern liegen. Die geborgenen Leichensind viel­fach derart verstümmelt, daß ihre Indentifizie­rung unmöglich ist. Der Zustand zahlreicher Verletzter ist verzweifelt.

Die Brandkatastrophe bildet in der ganzen Stadt fast das einzige Gesprächsthema. Die zum Theater führenden Straßen sind schwarz voll Menschen, und die Polizei und Gendar­merie haben große Mühe, die Menge von der Brandstätte zurückzuhalten.

Die ersten Abendausgaben der Blätter widmen der Katastrophe ganze Seiten mit zahl­reichen Einzelheiten. U. a. wird als ein Bei­spiel von Kaltblütigkeit folgender Vorfall angeführt: Ein älterer Mann, der

neben sich ein unbekanntes kleines Kind von sechs bis sieben Jahren in der von Panik er­

riffenen, aus dem Theater stürmenden Menge emerkte, ergriff das Kind und setzte es auf seine Schultern, wodurch es ihm gelang, das Kind vor dem sichern Tode zu retten, denn es wäre sicherlich zu Boden geworfen und von der Menge zertreten worden. Mehrere kleine Kinder, die der Katastrophe entgangen waren, mußten in Asylen aufgenommen werden, da noch niemand nach ihnen gefragt hat. was vermuten läßt, daß sich ihre Eltern unter den Toten oder Schwerverletzten be­finden.

Es soll sich übrigens bestätigen, daß sämtliche Künstler gerettet wurden mit Ausnahme einer Choristin, die den Tod gefunden hat.

Die Regierung wird wahrscheinlich in ihrer Gesamtheit der Beisetzung der Opfer morgen vormittag 11 Uhr beiwohnen.

Einsturz eines Neubaus in Madrid.

WTB Madrid. 25. September. Bei dem Ein­sturz eines Neubaus kamen zwei Maurer ums Leben. Fünf wurden schwer verletzt.

Das Alphabet des Ghazi

Alle öffentlichen Plätze der anatolischen Städte, die der Präsident Kemal Pascha auf seiner Rückreise von Konstantinopel nach Angora berührte, waren in Freiluftschulklassen umgewandelt. In Tokat und Sivas kennzeich­neten große, auf öffentlichen Plätzen errichtete schwarze Wandtafeln diesen Unterrichtszweck. Stundenlang erteilte hier der türkische Präsi­dent der versammelten Bevölkerung Unterricht in der neuen lateinischen Schrift, wobei er ein­zelne Personen aufrief und nach Diktat Sätze auf die Tafel schreiben ließ. Er hielt es selbst nicht unter seiner Würde, einen Mann, der be­kannte, daß er des Schreibens nicht kundig sei, in den Anfangsgründen des ABC zu unter­richten mit dem Erfolg, daß der Schüler schließ­lich seinen Namen auf die Tafel schreiben konnte. Kemal betonte dabei, daß das Lesen der neuen Schrift schwerer sei als das Schreiben und empfahl daher, fleißig zu lesen, um allmäh­lich die arabischen Schriftzeichen zu vergessen.

Während der Rundfahrten im Auto über Land ließ er den Wagen häufig halten, um sich über sein Lieblingsthema mit den um den Wa­gen stehenden Bauern zu unterhalten, von denen viele Tafeln trugen, auf denen in lateinischen Lettern Willkommengrüße geschrieben waren. Die Bevölkerung im Innern des Landes nennt das neue Alphabet dasAlphabet des Ghazi, und nimmt freudigen Anteil an der friedlichen Revolution". Der Kemal begleitende mierminister Ismed Pascha zollte diesem Lern­eifer der Türken hohes Lob.

Die von Kemal eingesetzte Studienkommission hat jetzt auch einen neuen türkischen Typensatz für die Schreibmaschine ausgearbeitet und ist dabei, ein brauchbares stenographisches System zu schaffen. Die Filmtexte erscheinen in tür­kischen Kinotheatern bereits in der neuen Schreibweise.wi

Amtsenthebung

des Bürgermeisters von St. Ingbert

WTB St. Ingbert, 25. September. Bürger­meister Dr. Kempf ist im Zusammenhang mit dem Skandal bei der Stadtsparkasse durch die Regierungskommission seines Amtes enthoben worden.

Die werdenden Redner

Internationales Redeturnier in Washington.

WTB Washington, 25. September. Der Pri­maner Heinz Barth aus Berlin=Steg­litz, der kürzlich als Sieger aus dem Rede­wettstreit an der Berliner Hochschule für Politik hervorging, traf mit andern europäischen Be­werbern für das internationale Redeturnier ein, das am 13. Oktober hier unter Förderung des Washington Star und anderer amerikani­scher Zeitungen aus allen Teilen des Landes stattfindet. Die Bewerber traten heute eine Rundfahrt nach New York, Buffalo, Toronto und Chikago an, um sich durch Vorträge in den genannten Städten für die entscheidende Prü­fung in Washington vorzubereiten. Die Zeitung Washington Post weist darauf hin, daß diese Redeturniere in Amerika alljährlich mit dem größten Interesse verfolgt werden, und daß dieser Austausch von Ideen zwischen der jün­geren Generation der beiden Kontinente von hervorragender Bedeutung sei. Dem vorjähri­gen Wettbewerb wohnten über 5000 Zuhörer bei; in diesem Jahre ist Deutschland zum ersten Male auf dieser Veranstaltung vertreten.

Die führerlose Lokomotive

WTB Kassel, 24. Sept. Heute abend ereig­nete sich im hiesigen Güterbahnhof ein Eisen­bahnunfall. Einer rangierenden Güterzugloko­motive kamen vom Ablaufberg abrollende Güter­wagen entgegen. Der Lokomotivführer gab Gegendampf, glaubte aber auch dadurch einem Zusammenstoß nicht entgehen zu können und sprang, ebenso wie der Heizer, von der mit Voll­dampf rückwärts fahrenden Lokomotive ab. Die führerlos gewordene Maschine fuhr dann am andern Ende des Güterbahnhofs einem dort haltenden Güterzug in die Seite. Durch die Wucht des Zusammenstoßes wurden etwa 15 meist beladene Wagen dieses Zuges, teils aus dem Gleis geworfen und umgestürzt, teils inein­ander geschoben und vollständig zertrümmert. Menschen kamen bei dem Unfall nicht zu Scha­den, doch ist der Materialschaden sehr groß. Der Güterzugverkehr erlitt vorübergehend Stö­rungen.

säger, Vorsicht!

Tragischer Unfall auf einem Fagdausflug

Berlin 25. Sept. Das Opfer eines tragischen Unglücksfalles ist gestern der Kaufmann Hans Koch, der Berliner Hauptvertreter der Chrysler=Automobilfabrik, gewor­den. Koch, der sich auf der Rückfahrt von der Jagd befand, hatte neben dem Chauffeur Platz genommen und war eingeschlafen. Als in der Nähe von Nauen das Auto auf holpriges Pflaster geriet, entlud sich infolge der Erschütte­rung plötzlich das Gewehr, das der Schlafende im Arm hielt. Die Kugel, die in den Kopf drang, tötete Koch auf der Stelle.(Warum war sie noch drin?)

Eine resolute Frau.

Sierückt Dr. Eckener auf die Bude und wird Schiffsärztin des Zeppelin.

Frau Dr. med. Opitz aus Karlsruhe in Baden hat sich mit der platonischen Begeisterung für das neue Zeppelin=Luftschiff nicht begnügt. Sie fuhr nach Friedrichshafen, setzte es durch, daß sie bis zu Dr. Eckener vordrang, dem ihre Forsch­heit viel Vergnügen bereitete, und der darauf­hin entschied, daß sie bei der ersten Fahrt des Zeppelin mitmachen durfte. Darüber hinaus wird Frau Dr. Opitz auch an der ersten Fahrt des Zeppelin nach Amerika teilnehmen und zwar in der offiziellen Eigenschaft als beamtete Schiffsärztin. Frau Dr. Opitz dürfte also die erste Bordärztin eines Luftfahrzeuges sein.

General Janky als Manövergast.

Den Manövern zwischen Lauban und Görlitz wohnt auch der Oberbefehlshaber der ungari­schen Armee, General Janky, bei. Unsere Auf­nahme zeigt ihn in seiner ungarischen Uniform (rechts) neben dem Chef der Heeresleitung, General Heye(links.)

Ein Liebesroman

Die bekannte englische Kanalschwimmerin Mercedes Gleitze, die beruflich als Steno­typistin tätig ist, hat sich auf eine rechtro­mantische Art verlobt und erwartet die Ankunft ihres Bräutigams, den sie nie gesehen hat, um sich dieser Tage mit ihm zu verheiraten. Ihr Verlobter ist ein einfacher Soldat namens William Farrance, der in einer kleinen in­dischen Garnisonstadt Dienst tut. Die Kanal­schwimmerin erzählte dem Berichterstatter einer Londoner Zeitung die Geschichte ihrer Liebe. Unter den vielen Briefen, die ich bekomme, sagte sie,fiel mir ein Brief aus Indien be­sonders auf. Ein Soldat schrieb mir in rüh­renden Worten über seine Gefühle und fragte mich, ob ich ihn beiraten würde, obwohl er eine niedrige soziale Pesition innehabe. Ich war im Zweifel, ob ich den Brief beantworten sollte, entschloß mich aber nach 14 Tagen zu antworten. Ich schrieb zurück, daß ich nur unter der Be­dingung heiraten würde, wenn man mir er­laube, meine Schwimmtätigkeit fortzusetzen. Allmählich entwickelte sich eine richtige Liebes­korrespondenz. Jeder Brief meines fernen Ver­lobten eröffnete mir neue sympathische Züge seines Charakters. Auch sein Bild entsprach der Vorstellung, die ich mir von ihm gemacht hatte. Sobald wir verheiratet sind, will ich meine Ar­beit fortsetzen, um Geld für die Einrich= tung eines Asyls für Heimatlose zusammenzubringen.

Zum Theaterbrand in Madrid.

DasTeatro de Novedades in Madrid war in alter Holzbau ohne sonderliche Kennzeichen, ser sich in einem der dicht bevölkertsten Teile Nadrids befand, und zwar im Südwesten der Stadt. Das Feuer griff infolge der veralteten Bauweise auch auf die Nachbargebäude über

und legte einen ganzen Häuserblock in Asche. Das Theater stand in der Calle de Toledo, einer der Hauptverkehrsstraßen der Stadt.

Unsere vom Flugzeug aus gemachte Auf­nahme zeigt das königliche Schloß und das Stadtviertel, in dem sich der Brand ereignete. Das Theater liegt ganz unten in der Ecke rechts.