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Lokal=Anzeiger
Kölner
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General-Anzeiger für Köln und Umgebung
—tlichos Kreisblatt für den Landkreis Köln.
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Arsslunghert uund Verichistand Külg.
Nr. 483 Samstaa. 22.Hept. 1928
Dort viel Geld, hier wenig
Industrielle und
kommunale
Wie der Belgrader Vertreter des Berliner Tageblatts meldet, hat Südslawien das Angebot der deutschen Vereinigten Stahlwerke für eine 100=Millionen=Anleihe angenommen. Dieser Betrag soll in einem Kredit für Bau und Ausbesserung von Eisenbahnen und Bahnmaterial bestehen. Die Rückzahlung der siebenprozentigen Anleihe soll nach zehn Jahren erfolgen.
Es ist erfteulich, daß auf diesem Wege der deutschen Industrie und der Arbeiterschaft Arbeitsgelegenheit geschaffen wird. Aber diese teilung ist um deswillen doch besonders interessant, daß die Vereinigten Stahlwerke eine solch hohe Summe dem südslawischen Finanzminister zur Verfügung zu stellen überhaupt in der Lage sind.
ganz anderen Verhältnissen befinden sich die deutschen Städte. die seit Monaten vergeblich sich bemühten, Auslandsanleihen zu Befriedigung notwendigster Bedürfnisse sich zu beschaffen. Erst in den letzten Tagen hat die Berliner Beratungsstelle sich dazu aufgeschwungen, diejenigen Summen zu bestimmen. die die Städte nunmehr aufnehmen dürfen. Soweit wir unterrichtet sind, hatte Köln einen Bedarf von 89 Millionen Mark angemeldet. die für die Elektrizitätswerke, Gas= und Wasserwerke, für die Straßenbahnen, für Tiefbauarbeiten, Straßendurchbrüche, uno zur Ablösung kurzfristiger Anleihen bestimmt waren. Der Stadt Köln wurde aber nur das Recht zugesprochen, eine Anleihe von 23 Millionen Mark aufzunehmen.
In der vorgestrigen Stadtverordnetensitzung hat die Versammlung, wie nunmehr aus dem Rathause berichtet wird, den Bedingungen zugestimmt. Danach wird die Anleihe durch das Bankhaus Higginson u. Co. in London aufgelegt. Der Gesamtbetrag beläuft sich auf 1150 000 Pfund Sterling. Der Zinssatz beträgt 6 v.., die Laufzeit 25 Jahre. Mit diesen 23 Millionen Mark ist der Bedarf für die Zwecke der von seiten der Stadt geplanten Unternehmen bei weitem nicht gedeckt. So wird es insbesondere nicht möglich sein, die notwendigen Schul= und Krankenhausbauten in Angriff zu nehmen, und an die immer dringender werdende Lösung der Verkehrsfrage energisch heranzugehen, obgleich sich von Tag zu Tag mehr herausstellt, daß die heutigen Verkehrsverhältnisse jetzt schon unhaltbar sind. Es erscheint uns unmöglich, daß die Berliner Beratungsstelle auf die Dauer bei ihrer bisherigen Bevormundung der Städte bleiben kann, sollen diese nicht um Jahrzehnte in ihrer Entwicklung zurückgedrängt werden. Auch hier handelt es sich übrigens um Arbeitsbeschaffung und Arbeitsgelegenheit.
Beilagen: Der Sonntag, Der Sport, Stille Stunden,
Familie und Volksgemeinschaft, Fur unsere u. Wirtschaftsl. Reise u. Wochenend, Kultur u. Gegenwar#, Gemüsebau u. Schrebergarten, Heimat u. Welt, Ill. Beil. z. Ausg. B
Die Strohpuppe am Steuer.
Das Boot wird drahtlos gelenkt.
Vor kurzem hat die deutsche Marine ein Kriegsschiff so umgebaut, daß es allen drahtlos gegebenen Befehlen gehorcht. Nun kommt d Nachricht von einem neuen Versuch, den die Versuchsstation für drathlose Telegraphie Gräfelfing auf dem Ammersee ausführte. Das Motorboot, das zu diesen Versuchen diente, fuhr ohne Führer auf dem See; um jedoch die Auf merksamkeit nicht allzustark darauf zu lenten, setzte man an das Steuer eine Strohpuppe. Das Motorboot ist in ähnlicher Weise, wie das Zielschiff der Marine, umgebaut worden; neu ist jedoch der Versuch, daß das Boot mit Hilfe einer neuartigen Funkpeilanlage automatisch aus
jeder Entfernung zu demjenigen Sender hinfährt. der es auf der dem Boot angeordneten Wellenlänge anruft. Es besteht also die Möglichkeit, Schiffe ohne Mannschaften zu Jahrten zu benutzen, die lediglich irgend einer Beförderung dienen sollen, wobei die Bemannung gespart werden kann. Außerdem könnte mit Hilfe dieses Verfahrens die Auffindung von Schiffen auf hoher See erleichtert werden, da ein Hilfsschiff automatisch das Schiff auf dem fürzesten Wege verfolgen würde, selbst wenn dieses Schiff durch irgendwelche Havarien abgetrieben wird.
Unsere Aufnahme zeigt das interessante Boot auf dem Ammersee bei München. Die Verwendungsmöglichkeiten des Bootes sind noch nicht sämtlich erfaßt, doch darf man jetzt schon sagen, daß auch diese Versuche einen großen wissenschaftlichen Fortschritt bedeuten.
Kriegervereine auf dem Lande
Beleuchtung ihrer deutschnationalen Propaganda
Vizeadmiral Bauer,
der Stationschef der Marinestation der Nordsee, wird ebenfalls aus dem aktiven Marinedienst ausscheiden.
Rommerskirchen, den 18. Septemher 1928. Das 56. Stiftungsfest des hiesigen Kriegervereins ist vorüber, Aeub,grgg, betrg
Sertzig mit seinen zahleichen, ilsiäkrisch aus
sestateten Gruppen, welche die vershiegenen
Truppen=Hattungen des alten Heeres einschließlich der Artillerie repräsentierten, alles in blinkenden, berauschenden Uniformen, die Musikkapelle, die Parade auf dem Marktplatze, die mit großem Aufwand durchgeführte schmückung des Saales, Konzert, Zapfenstreich und Bal, das zog natürlich die schaulustigen und Vergnügen suchenden Massen aus Dorf und Umgebung an und füllte den Saal bis auf
Nachdem der Lärm mit dem ganzen Bim verklungen ist, drängt sich aber die ernste Frage auf: Was geht da im Kriegervereine setzt vor? in welches Fahrwasser soll er und durch ihn womöglich die Gemeinde getrieben werden? Das war kein harmlosees Spiel, wie etwa bei einem Faschings= oder Kirmeßzuge, sondern eine zielbewußte, den Kriegsgeist neu belebende militärische Demonstration. Ist denn das grausige Bild des Krieges mit seinen entsetzlichen Folgen dem Volke schon aus den
Augen geschwunden? Lechzt unsere Jugend
wirklich danach, den modernsten chemischen und technischen Mordinstrumenten von neuem als Todesfutter vorgeworfen zu werden? Auch die noch Fernstehenden sollen sich dem Kriegerverein anschließen, so verkündete es der neue Vorsitzende,„damit wir umso eher gerüstet sind, wen es nochmals nötig wird, zu den Waffen greifen“. Wir fürchten zwar nicht, daß durch dieses unsinnige Wort die Aufrichtigkeit unserer Diplomaten angezweifelt wird, die soeben den Kellogg=Pakt mit seiner grundsätzlichen Kriegsächtung unterzeichnet haben; aber es zeigt doch deutlich, welche gemeingefährliche: Gedanken trotz unserer tatsächlichen Ohnmacht noch in den nationalistischen Köpfen spuken.
Deutsch=nationales Partei-Interesse und Stahlhelmgeist sind es denn auch, die offensichtlich immer kühner und lauter das Regiment in unserem Kriegerverein an sich reißen. Früher feierte er einfache, gemütliche Feste. Es herrschte in ihm echte, nicht bloß markierte kameradschaftliche Gesinnung. Still und pietätvoll hielt er das Andenken der gefallenen Helden der blutigen Kriegsopfer in Ehren. Jetzt steht etwas ganz anderes im Vordergrund. Der neue Vorsitzende machte aus seinem Herzen keine Mördergrube, sondern gleich in der Stunde seiner durch offene Abstimmung erreichten Wahl verkündete er es mit diktatorischer Bestimmtheit, daß an der Spitze seines Programms stehe: Treue gegen Kaiser und Reich.
Das alte Deutschland müsse wieder erstehen, so betonte er auch bei anderen Gelegenheiten, der alte Militärstaat natürlich mit seiner abgewirtschafteten Fürstenherrlichkeit, mit der vor jeder Uniform er sterbenden Unterwürfigkeit, mit einen schönen Vorrechten fur die Meist= begüterten. Hoch auf dem Dache des zum Festsaal umgewandelten Fabrikgebäudes flatterte in gewohnter Weise stolz die schwarz=weißrote Fahne neben der preußischen. Ebenso im Innern zu beiden Seiten der Bühnendekoration. Die deutsche Reichsfarbe war hier und da an einer Säule vertreten als armes Papierfähnchen zwischen den vielen anders
farbigen Papierchen. Man greift sich an den Kopf und fragt sich, wie ist das heute noch möglich, warum erhebt sich dagegen nicht ein Sturm der Entrüstung?
Abend=Rusgabe(43. jahrg.
Die sozialwirtschaftliche Gruppe im Rahmen der Beratungen des Katholikentages in Magdeburg rief den Opfergeist auf. Anderen, dringenden Gegenwartsaufgaben zuliebe(Wonnungen, Siedlungen) soll er geübt werden, um Mittel zu sparen. Aus teilweisem Verzicht auf Alkohol, Nikotin und Festefeiern sollen sie gewonnen werden. In der Theorie, und damit rechnerisch eine vortreffliche Sache, aber die Praxis, die Praxis! Das gewohnheitsmäßige tägliche Alkoholnehmen ist eine Selbstverständlichkeit für unzählige Volksgenossen geworden. Auch für sehr viele Katholiken. Das Schöppchen, das Gläschen, das Schlückchen— wer kännte sie nicht, diese beschönigenden Mengenbezeichnungen, denen in Wirklichkeit ganz andere Mengenbegriffe gegenüberstehen. Wieviel Eheglück und Kindergesundheit ist schon an Schenktischen und Biertischen untergraben worden, wieviel wirtschaftliche und seelische Not brachte das angeblich harmlose„Gläschen über einzelne und ganze Familien. Und wieviel Stumpfsinn. Man verzeihe das harte Wort. Es soll nicht verallgemeinert sein. Dennoch hat es leider Geltung in weitem Umfange. Man gehe nur einmal offenen Auges und klaren Blickes durch unsere Gaststätten, wenn es Spätabend und Mitternacht werden will. Man schaue einmal hinein in die Gesichter, aus denen alkoholgetrübte oder=glänzende Augen herausstieren, dazu höre man die Unterhaltungen, die dann oft genug so geführt werden, daß sie jeder hören kann— und man wird erkennen, wieviel kostbare Zeit nutzlos vergeudet wird beim Pokulieren. Manch einer holte sich besser wirkliche Kraft im Schlaf, als vermeintliche Kraft im Trunk bis tief in die Mitternacht hinein. Viele Arbeitsleistungen des Vormittags sähen dann anders aus als heute. Und es bleibt doch noch immer wahr, daß Deutschland nur durch höchste Arbeitsleistung jedes einzelnen emporkommen kann. Man braucht nicht betrunken zu sein, um zu den Unmäßigen zu gehören. In Deutschlands Lage ist alltäglicher Alkoholgenuß Unmäßigkeit und Verschwendung in der physischen und in der geldlichen Wirkung. Der übermäßige Nikotingenuß ist Begleiterscheinung. Es ist notorisch, daß auf dem Wege über den Alkohol die Irrenhäuser bevölkert werden, woraus zu folgern, daß auf diesem Wege irgendwo das Stumpfwerden des Geistes und der Seele liegen muß. Man braucht nicht weit zu gehen, um gewahr zu werden, daß es so ist. Wo sogenanntes Vergnügen auf reichlichem Alkoholgenuß sich aufbaut, kommt jenes Stumpfwerden über die Festefeiernden. Es scheint, daß der Katholikentag mit gutem Recht wenigstens von den Katholiken Abkehr fordert von den „nicht lebensnotwendigen Ausgaben im Privatleben“.
Von theoretischen Gesichtspunkten ganz abgesehen, die heute gar keine praktische Bedeutung haben, stehen wir als Christen und als deutsche Bürger auf dem Standpunkte des Gesetzes und der zurecht bestehenden Verfassung. Die Bewahrung des inneren Friedens ist jetzt das oberste Gebot wahrer Vaterlandsliebe. Was soll da die unerhörte Brüskierung der weit überwiegenden Mehrzahl republikanisch gesinnter Mitglieder, was soll die beabsichtigte Mißachtung der verfassungsmäßigen deutschen Reichsfahne! Man komme uns nicht wieder mit der verbrauchten Ausrede: Scharz=weiß=rot
ist die Farbe der Kriegerverbandsfahne Warum war sie das in der monarchistischen Zeit? Weil das patriotische Gefühl es verlangte, daß sie sich mit der Reichsfahne decke. Und warum ist das heute noch nicht ebenso der Fall? Weil man ausdrücklich und ostentativ der neuen Staatsform die pflichtmäßige Anerkennung verweigern will.
Aber ganz abgesehen davon, ob die Verbandsfahne ihre eigene alte Farbe behält oder den neuen Verhältnissen sich anpaßt, unumstößlich ist das eine: Wie das Sonderinteresse dem allgemeinen Staatsinteresse sich unterzuordnen hat, so ist es eine selbstverständliche Forderung, daß bei jeder vaterländischen Feier die rechtmäßige Reichsfahne vor allen anderen aufgezeigt wird als beherrschende Festfahne. Es ist doch eigentlich beschämend, wenn das deutschen Männern noch klar gemacht werden muß. Hoffentlich wird die erdrückende Mehrheit der Mitglieder sovielSelbstachtung und Rückgrat besitzen, um es durchzusetzen bis zu den letzten Konsequenzen, daß nie mehr im Kriegerverein ein Wort oder ein Zeichen sich hervorwagt, das die Gefühle treuer Ergebenheit gegen unsere deutsche Republik verletzt.
A propos— Privatleben. Sicher, beim einzelnen muß die Einschränkung, die Sparsamkeit des deutschen Volkes anfangen. Aber anderswo muß sie vorgelebt werden. Die Körperschaften, die Behörden finden da wichtige volkserzieherische Aufgaben. Das Festefeiern soll eingeschränkt werden, sagt die Entschließung des Katholikentages. Es geht das Gerücht, daß vielgestaltig, unter der Flagge der notwendigerweise zu übenden Gastfreundschaft, aus Repräsentationspflicht, zur nützlichen Pflege persönlicher Beziehungen Bankette gehalten werden, die im Volke als überflüssig gelten, mehr noch: als Verschwendung. Feste des Genießertums erscheinen sie allen denen, die immer und immer wieder davon hören. Genießertum und Opfergeist, welche Gegensätze! „Warum sollen wir... wenn die...“, so kann man's hundertfach im Volke hören. Es ist die Selbstrechtfertigung der über deutsche Verhältnisse hinaus verschwenderischen kleinen Genießer in der Masse, die sich verdichtet zu der Anklage: macht's uns vor, dann könnt ihr es von uns verlangen!— Opfergeist muß den Mut haben, mit Ueberlieferung, Gewohnheit, Dankschablone, auch mit vermeintlicher Pflicht zur Gastfreundschaft zu brechen. Es steht Glück und Wohl eines Volkes auf dem Spiele. Ein Volk in der Lage des deutschen, muß für einige Jahrzehnte das Wort „Verzicht“ ganz groß schreiben. Sparsamkeit und Einfachheit sind die Trümpfe, mit denen das Nachkriegsspiel von Deutschland gewonnen werden muß und— kann.
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Eine Frage: Muß auf dem Pressagelände geboxt werden? Der seelische Schmerz über solch' paradoxes Geschehen ist größer als der, den die Kinnhaken setzenden und k. o. schlagenden Kämpfer einander berufsmäßig oder der Kurzweil halber zufügen. Es geht auf's Ende; Volk muß angezogen werden, besonders damit die Gast= und Vergnügungsstätten mit den risikoreichen Verträgen noch einige geschäftlich befriedigende Tage buchen können. Es ist