Der deutsche Tagesbericht.

WTB Großes Hauptquartier, 12.April1916. (Vormittags. Drahtber.)

Westlicher Kriegsschauplatz.

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Bei La Boisselle(nordöstlich von Albert) brachte eine kleinere deutsche Abteilung von einer nächtlichen Unternehmung gegen die englische Stellung ohne eigene Verluste 29 Gefangene und ein Maschinengewehr zurück.

Westlich der Maas griffen die Franzosen vergeblich unsere Linien nordöstlich von Avocourt an, beschränkten sich im übrigen aber auf lebhafte Feuertätigkeit ihrer Artillerie. Auf dem Ostufer brachten drei durch heftiges Feuer vor­bereitete Gegenangriffe am Pfefferrücken dem Feinde nur große Verluste, aber keinerlei Vorteil. Zweimal gelang es den Sturm­truppen, den Bereich unseres Sperrfeuers zu überwinden, der dritte Anlauf brach nahe vor unseren Hindernissen im Ma­schinengewehrfeuer völlig zusammen. Im Caillettewalde ge­wannen wir der zähen Verteidigung gegenüber schrittweise einigen Boden.

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Im Luftkampf wurde ein französisches Jagdflugzeug bei Ornes(in der Woèvre) abgeschossen. Der Führer ist tot.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Bei Garbunowka(nordwestlich von Dünaburg) wurden ruf sische Nachtangrife mehrerer Kompagnien abgewiesen.

Balkan=Kriegsschauplay.

Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

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Der österreichisch=ungarische Tagesbericht.

WTB Wien, 11.April1916.(Drahtber.) Amtlich wird ver­lautbart:

Russischer u. Südöstlicher Kriegsschauplatz

Keine besonderen Ereignisse.

Italienischer Kriegsschauplatz.

Das Artilleriefeuer nahm gestern in einzelnen Abschnitten der Front an Lebhaftigkeit zu. Der Feind beschoß planmäßig Ortschaften hinter unserer Front. So standen im Küstenland Duino und der Südteil von Görz, das Spital von St. Peter und mehrere andere Orte im Görzischen, in Kärnten St. Kathrein und Uggowitz sim Canaletal), in Tirol Levice und Rovereto unter schwerem Feuer. Die Kämpfe bei Riva dauern fort.

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6 Italienische Bedenken gegen einen W krieg mit den Mittelmächten.

(Eigener Drahtbericht.)

2. Aus der Schweiz, 11.April1916. Die Mailänder Italia zählt die Vorteile auf, welche Italien durch seine Handels­beziehungen zu den Mittelmächten genießt. Während beispiels­weise Deutschland und Oesterreich aus Italien für 515 Milli­onen einführen, beziehen Frankreich, England und Rußland zu­sammen nur für 518 Millionen. Der Gesamtumschlag mit den Mittelmächten beläuft sich auf eine Milliarde dreihundert Milli­onen jährlich. Das Blatt kommt zu dem Schluß, daß man aus politischen Gründen wohl eine Aenderung herbeiführen möchte, daß man aber auf wirtschaftlichem Gebiet nicht von Sentimen­talität, sondern vom positiven Interesse lebe und daß es nötig sei, sich bei der Lösung dieses Problems diese Ziffern einzuprägen.

Der Seekrieg.

Der'=Bootkrieg.

(Eigener Drahtbericht.)

XX Von der Westgrenze, 11.April1916.(Havas.) Aus Paris wird gemeldet: Ein englischer Tampfer hat die Be­satzung des dänischen Dampfers Caledonia, der im Mittel­meer durch ein österreichisches Unterseeboot ver­senkt worden ist, in Marseille gelandet. Die Schiffbrüchigen erzählten, daß das Unterseeboot unerwartet erschienen sei und der Besatzung befohlen habe, das Schiff in einer halben Stunde zu verlassen. 23 Mann und der Kapitän gingen in die Boote, während das Unterseeboot das Schiff in die Luft sprengte. Im Laufe der Nacht wurden die Schiffbrüchigen durch einen eng­lischen Dampfer ausgenommen.

VVT'B Nizza, 11 April1916.(Trahtber.) Der englische Dampfer Livonian, der aus Newcastle hier eintraf, hatte neun Mann der Besatzung des am 30. März im atlantischen Ozean von einem deutschen=Boot torpedierten französischen Segel­schiffes St. Hubert an Bord.

WIB Genf, 11.April1916.(Drahtber.) Einer Meldung aus Biarritz zufolge hat der dänische Dampfer Atlante 36 Ueber­lebende von dem torpedierten spanischen Dampfer Santan­darino in dem Hafen von Socoa gelandet. Vier spanische Pas­sagiere seien ertrunken.

WTB London, 11.April1916.(Drahtber. Reuter.) Der Dampfer Elleston(3796 Tonnen) wurde versenkt. Die Be­satzung wurde gerettet. Das Schiff war unbewaffnet.

WIB London, 11.April1916.(Drahtber.) Lloyd meldet: Der italienische Dampfer Unione(2367 Tonnen) wurde torpediert.

60 Die Palembang=Angelegenheit.

(Eigener Drahtbericht.)

d Amsterdam, 11. April1916. Der Schiffahrtsrat fällte seine Entscheidung in der Palembang=Angelegenheit: Die erste Er­plosion war verursacht durch eine Mine, die zweite durch ein Torpedo, welches nicht von dem englischen Torpedojäger abgeschossen sein konnte. Es ist aber möglich, daß das Torvedo für den englischen Torpedojäger bestimmt war, aber unglück­licherweise die Palembang traf. Die dritte Explosion ist auch von einem Torpedo verursacht und dieses Torpedo war auf die Palembang gerichtet, weil der Torpedojäger dann schon zu weit entfernt war. Die Palembang zeigte deutlich ihren Namen, ihre Abkunft und Nationalität.

Demgegenüber sei auf die amtliche deutsche Erklärung ver­wiesen, wonach im Augenblicke, wo sich der Unfall mit der Palembang ereignete, kein einziges zur deutschen Kriegsflotte gehöriges Fahrzeug auch nur in der Nähe der Unfall­stelle gewesen sei. Die Möglichkeit, daß der niederländische Lampfer unabsichtlich von einem auf ein feindliches Kriegsschiff gezielten Torpedoschuß getroffen wurde, müsse des­halb ebenfalls als ganz ausgeschlossen betrachtet werden.]

60 Der Tubantia=Fall.

(Eigener Drahtbericht.

d Amsterdam, 11.Aprill916. Der Schiffahrtsrat gab sein Urteil in dem Tubantia=Fall ab. Aus den Aussagen der Zeugen und dem Gutachten der Sachverständigen geht hervor, daß die Explosion verursacht war durch ein Torpedo, abgefeuert von einem Tauchboot oder einem Torpedoboot, und zwar war keine Warnung vorhergegangen. Das Torpedo war ein Schwarzkopf­Torpedo und war, weil kein anderes Schiff in der Nähe war, dazu bestimmt, die Tubantia zu treffen. Daß kein Verlust an Menschenleben zu beklagen ist, ist dem Umstand zu verdanken, daß in dieser Seite des Schiffes keine Kabinen waren und dem klugen Auftreten des Kapitäns, der Offiziere und der Besatzung.

Auch gegenüber diesem Urteil des Schiffahrtsrates ist auf die deutsche amtliche Erklärung zu verweisen, daß kein deutsches Torpedo den Untergang der Tubantia verursacht hat.

Die Verluste der feindlichen Handelsflotte

TU Berlin, 11.April1916.(Trahtber.) Nach den bis heute morgen eingelaufenen Nachrichten sind seit dem 1. April über 80 000 To. feindlicher Handelsschiffe versenkt worden.

Laufe des Januar sind rund 20000 To., im Februar rund 40 000 To. feindlichen Schiffsraumes vernichtet. Im Laufe des Monats März sind etwa 50 feindliche Handelsschiffe mit rund 100 000 To., davon etwa 75000 To. durch=Boote, versenkt worden, dazu kommen noch zwei Hülfskreuzer von zusammen 18000 To.

Eine Antwort Asquiths auf die Kanzlerrede.

W7B London, 11.Aprill916.(Drahtber. Reuter.) Asquith sagte bei seinem Trinkspruche auf den Präsidenten der franzö­sischen Renublik bei dem gestrigen Festmahle zu Ehren der Ab­oidnung des französischen Parlaments:

Die Beziehungen zwischen Großbritannien und Frankreich sind schon seit mehreren Jahren auf dauerhafter Grundlage aufgebaut und sind durch die Proben, der sie in diesem Kriege ausgesetzt waren, Beziehungen nicht nur von Freundschaft, sondern von In­iimität und Liebe geworden.(Beifall.) In den letzten Tagen hat der deutsche Reichskanzler wiederum an die Sympathien der neutralen Welt für den schweren Fall von Deutschland(Heiterkeit) als vielfach mißverstandener Friedensfreund appelliert. Der Kanzler erklärte, daß er am 9. Dezember seine Bereitwilligkeit geäußert habe, auf Friedensverhandlungen einzugehen, daß aber der Feind damals ebenso wie jetzt ablehne, sich auf so etwas einzulassen.

Asquith zitierte das Wort des Kanzlers, um zu zeigen, daß dieser mit Bereitwilligkeit meinte, daß die Friedensvo## schläge von der Entente ausgehen und die Entscheidung heim Kanzler beruhen solle. Er fuhr fort:

Man will mit anderen Worten von uns, daß wir die Haltung des Besiegten gegenüber dem siegreichen Gegner einnehmen; aber wir sind nicht besiegt.(Beifall.) Wir werden auch nicht be siegt werden, und die Alliierten sind durch einen feierlichen Ver trag gebunden, keinen Sonderfrieden zu suchen oder anzunehmen. Die Bedingungen, unter denen wir bereit sind, Frieden zu schließen, sind die Durchführung der Ziele, für die wir die Waffen ausgenommen haben. Diese Ziele wurden von mir

schon im November 1915 bekanntgegeben. Ich sagte u.., daß wir das Schwert nicht in die Scheide stecken würden, bis die militärische Herrschaft Preußens ganz undens gultig vernichtet ist. Der Kanzler zitiert meine Worte zuerst falsch und fährt dann fort, ihre auf der Hand liegende Bedeutung und die in ihnen ausgesprochene Absicht zu verzerren. Großbritannien und auch Frankreich traten nicht in den Krieg ein, um Deutschland zu erdrosseln oder um es von der Karte Europas wegzuwischen, nicht um sein nationales Leben zu zer­stören oder zu verstümmeln, und sicherlich nicht, um sich in die freie Ausübung seiner Friedensbestrebungen hineinzumischen. Wir wurden beide, hier und in Frankreich, dazu genötigt, die Waffen aufzunehmen, um zu verhindern, daß Deutschland, womit in diesem Falle Preußen gemeint ist, eine militärische Bedrohung für die Nachbarn bildet und eine Oberherrschaft über diese er­richte. Deutschland hat während der letzten zehn Jahre bei mehreren Anlässen seine Absicht gezeigt, Europa unter gleich zeitiger Bedrohung Vorschriften zu machen, und durch die Ver­letzung der Neutralität Belgiens hat es bewiesen, daß es sein Uebergewicht selbst um den Preis eines allgemeinen Krieges herstellen will und dadurch die Grundlagen der europäischen Politik, wie sie durch Vertrag festgelegt sind, zerreißt. Die Ab­sicht der an dem Krieg beteiligten Verbündeten ist, diesen Ver­such zunichte zu machen und dadurch den Weg für ein internatio. nales System zu ebnen, das den Grundsatz gleicher Rechte für alle zivilisierten Staaten sicherstellen wird.(Beifall.) Wir wollen als Ergebnis des Krieges den Grundsatz festlegen, daß das inter­nationale Problem durch freie Unterhandtung unter gleichen Bedingungen zwischen freien Völkern behandelt werden müsse, und daß eine solche Uebereinkunft nicht länger durch das über: wältigende Gebot einer Regierung, die von einer militärischen Kaste kontrolliert wird, aufgehalten und beherrscht wird. Das ist es, was ich unter Vernichtung der militä rischen Macht Preußens verstehe, nichts mehr, aber auch nichts weniger.

Auf das Schicksal Belgiens, Serbiens und Montenegros Bezug nehmend, sagte Asquith, daß die Verbündeten nicht nur Schützer von Vertragsrechten, sondern auch von unabhängigen Staaten und der freien Entwickelung schwächerer Staaten seien.(Beifall.) Es gebe kaum einen größeren Zynismus, als wenn der deutsche Kanzler beanspruche, daß Deutschland vor allen Mächten darauf bestehen müsse, verschiedenen Nationen Gelegenheit zu freier Ent­wickelung innerhalb des Rahmens ihrer Muttersprache und ihrer nationalen Individualität zu geben, den Versuch, Preußisch=Polen zu germanisieren, was während der letzten Jahre hartnäckig be­trieben wurde, und es sei dies das größte Fiasko der preußischen inneren Politik gewesen. Was sell wohl das flämische Volk von der Aussicht denken, die ihm vom Kanzler gestellt wurde, nachbarlich mit den Deutschen zusammen zu arbeiten, die ihre Kirchen verbrannten, ihre Städte plünderten, ihre Felder verwüsteten und ihre Freiheit niedertraten.

Asquith fuhr fort: Meine Antwort an den Kanzler ist sehr einfach. Die Verbündeten wünschen und sind entschlossen, das alte Belgien wieder erstehen zu sehen.(Beifall.) Es darf nicht dauernd unter den leichtfertigen und verruchten Angriffen auf seine Freiheit leiden, und was niedergerissen wurde, das muß wiederhergestellt und aufgebaut werden.(Lauter Beifall.)

Asquith sprach sodann von dem hinkenden und schwächlichen Versuch des Reichskanzlers die Unterseebootkriegführung zu rechtfertigen und sagte:

Wenn die Alliierten ihre Herrschaft zur See dazu benutzten, einen wirtschaftlichen Druck auf die Feinde auszuüben, so bedienen sie