Wochenschrift für tatholisches Denken und Leben
Beilage für Bergische Wacht, Lindlarer Zeitung, Overather Volksblatt, Mucher Tageblatt
Verlag: C. van Gils, Westdeutsche Vereinsdruckerei, G. m. b.., Geilenkirchen.
Geschüftostelle: Rachen, Pontstraße 80.
R. Sehgene
Sonntag, den 13. Mai 1928
Nr. 20
Fünfter Sonntag nach Ostern
Gvangelium(Joh. 16, 25—30). In jener Seit sagte jesus zu seinen Jüngern: Wahrlich wahrlich, ich sage euch, wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er es euch geben. Bis jetzt habt ihr um nichts in meinem Namen gebeten. Bittet, so werdet ihr empfangen, auf daß eure Freude vollkommen werde. Dies habe ich in Gleichnissen zu euch geredet; es kommt aber die Stunde, da ich nicht mehr in Gleichnissen zu euch rede. sondern offen vom Vater zu euch reden I werde. An jenem Tage werdet ihr in meinem V Damen bitten, und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten werde; denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich geliebt und geglaubt habt, daß ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Dater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Dater. Da sprachen seine Jünger zu ihm: Sieh, nun redest du offen und sprichst nicht mehr in Bildern. Jetzt wissen wir, daß du alles weißt und nicht nötig hast, daß dich jemand frage; darum glauben wir, daß du von Gott ausgezangen bist.
Epistel(Jak. 1. 22—27:. Geliebteste! Seid Vollbringer des Wortes und ncht bloß Hörer, sonst betrügt ihr euch selbst. Denn wenn jemand ein Hörer und kein Vollbringer des Wortes ist, der gleicht einem Manne, der sein natürliches Angesicht im Spiegel beschaut; er betrachtet es, geht fort und vergißt sogleich, wie er aussah: wer aber eifrig geschaut hat in das vollkommene Gesetz der Freiheit und dabei beharrt und kein vergeßlicher Hörer, sondern ein Vollbringer des Werkes ist, der wird durch sein Tun selig werden. Wenn jemand glaubt, gottesfürchtig zu sein, aber seine Zunge nicht im Zaume hält. sondern sein Herz täuscht, dessen Religion ist eitel. Ein reiner und undefleckter Gottesdienst vor Gott dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Trübsal zu Hilse kommen und sich unbefleckt bepahren von dieser Welt.
Liturgischer Dochenhalender
Sonntag. 13. Mai. 5. Sonntag nach Ostern. Gl., Hl. ServaAius. 3. Or. de Beata, Cr. Präf. von Ostern. W.
Montag, 14. Mai. Meßformular Exaucivit, 2. Or. Hl. Vonijatius, 3 Or. de Beata. Präf. von Ostern.„ B.
Dienstag 15. Mai. Hl. Johannes de la Salle, Gl., 2. Dr. aus der Rogationsmesse. Präf. von Ostern. W.
ltttwoch, 16. Mai. Hl. Johannes von Repomuk, Gl., 2. Dr. Hl. Ubaldus, 3. Dr. Vigil von Christi Himmelfahrt. 4. Or. aus der Rogationsmesse, Präf. von Ostern. Letztes Evang. Vigil. R.
Donnerstag, 17. Mai. Christi Himmelfahrt. Gl. Cr. Eigene Prä.„„„„
Freitag. 18. Mai. Hl. Venantius, Gl., 2. Or. Oktav, Cr. Präf. von Christi Himmelfahrt.„ R.
Samstag, 19. Mai. Hl. Petius Cölestinus. Gl. 2. Or. Oktav. 3. Dr. Hl. Pudentiana, Cr. Präf. von Christ Himmelfahrt. W.
in meinem Namen
Ist das ein mächtig Wort, eine unerhörte Sprache! Daß einem das Herz warm wird und man leise etwas zweiseln nöchte, wenn's nicht gar so deutlich, kurz und klar da geschrieben stände. Und wenn's nicht unser Herr selbst gewesen wäre, der so gesprochen hat.
Nun arbeiten wir Armselige mit unserm Gebet herum und haben die Seele so voll Not, und es hört gar nimmer auf damit, mit dem täglichen Bettel vor der Herrgottstüre. Und da kommt unseres Himmelsvaters eigner Sohn und sagt uns ein Wort, das sast noch herzl cher klingt und noch tiefer eingeht als das Alleluja vom Ostertag und das„Friede mit euch“ am Weißen Sonntag. Und er sagk's nicht so schlank hin, sondern mit göttlicher Bekräftigung, daß wir nimmer sollen daran zweiseln. Hört doch!„Wahrlich. wahrlich, ich sage euch, wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er es euch geben. Bis jetzt habt ihr um nichts in meinem Namen gebeten. Vittet, und ihr werdet empfangen, auf das eure Freude vollkommen sei.“
Er will uns etwas auf eigene Beine stellen; wir sollen selbst zum Vater beien, er braucht und will's nicht immer allein für uns tun. Grund?„Denn der Vater selbst liebt euch. weil ihr mich geliebt und geglaubt habt, daß ich vom Buter ausgegangen bin.“
Aber— nun sag dir selber dein„Aber“! Gelt, du hast wohl schon oft und viel gebetet, auch„im Namen Jesu“ und das Wort Christi ist doch nicht an dir in Ersüllung gegangen. Das mag so sein und ist vielen so. Aber da müssen wir das Wort vom„Beten im Namen Jesu“ näher anschauen. Da liegt so etwas Geheimes drin, etwas ganz Vertrauliches, das dir der Herr nun eben deutlich sagen möchte
Wer hat denn das Recht, da so einsach den Heiland vor sein Gebet zu stellen und seinen Namen herzunehmen, als wäre unser Gebet so sein eignes? Das Recht hat nur der, der mit ihm recht intim ist, sein guter Freund, sein Vertrauter, oder sagen wir nur so ein Herrgottskind, das ihm ans Bewachsen ist, weil es ihn liebt und von einer Zerstörung dieser Liebe nichts wissen will. Oder wie wir zu sagen pflegen, in Stande der heiligmachenden Gnade. Denn sonst hat keizer ein Recht, sich an die Seite Jesu zu stellen. Aber mehr
Maiandacht
„Maria Maienkönigin.
Dich will der Mai begrüßen,
O. segne seinen Anbeginn,
Und uns zu deinen Füßen!"
raußen warme, würzige Lenzesluft; goldener Abendsonnenschein auf den grünen Fluren, und am blauen Himmel leise schwebende Wölkchen, weiß und rosa wie Apselblüten. Aus dem blühenden Hag sanft flötender Amselschlag, vom blumigen Anger her jubelnder Kindergesang. Vom Kirchturm des Dorfes schallt fröhlich werbendes Läuten, und wer noch nicht unterwegs ist, der greist nach dem Gebetbuch und folgt eilends der frommen Menge, die dem Gotteshause zuströmt.
Drinnen Kerzenschein und Weihrauchwolken, würziger Dust jungbelaubter Birkenzweige und frischer Blumengirlanden. In der Mitte der Maialtar. Umloht von Lichtergarben, umkränzt von Blumengewinden, thront das Bild der Gottesmutter, der hehren Maienkönigin. Und Schweigen und Beten, dann Orgelton und Singen:„Maria Maienkönigin,“ jubelt es am Anfang; und zum Schlusse das ergreisende Flehen: „Milde Königin, gedenke!"
Das ist„Maiandacht auf dem Lande“, verschönt durch den Zauber mitfeiernder Natur.
Aber auch in den Städten ist die Maiandacht stimmungsvoll. Ihre Poesie trägt die Maiandacht ja in sich selber. Das. was Natur und Landschaft beitragen können, ist nur die goldene Fassung, die den Glanz dieser Perle des katholischen Kultus wohl hervorheben, aber ihren Wert nicht erhöhen kann. Worin besteht dieser Wert?
Alles Schöne in der Natur. Kunst und Gottesdienst hat eine hohe Mission: die Menschheit zu veredeln. Dieses Ziel des Schönen wird in der Marienvereyrung besonders gut erreicht. Die milde Mutter mit dem göttlichen Kind— sie sind zum Ttäger, zum Inbegriff aller erhabenen, zarten und tiefen Gedanken geworden, welche die Menschheit seit neunzehn Jahrhunderten in ihren Feierstunden geträumt hat.
Kein Meister, dem es gegeben war, den höchsten Idealen nachzustreben, konnte an Maria vorübergehen.
Wer zählt die Bilder, die Dichtungen, die Hymnen und Weihespiele, die ein Hohelied der Reinheit und Schönheit auf die Madonna mit dem Kinde sind! Jene künstlerichen Gedanken und Gebilde, die von der reinen Empsindung für Maria getragen sind, vermögen selbst weltlich Gesinnte zu einem Tribut stiller Huldigung für die Hochheilige fortzureißen.
Nirgendwo aber tritt der Schönheitsgehalt, der in der Marienverehrung liegt, greifbarer zutage als eben in der Maiandacht. Die Maienkönigin— dies himmlischhehre Frauenbild, das da umflossen ist von einem unnennbaren Zauber von Reinheit, Anmut und Lieblichkeit, diese überströmende gütige Mutter des Kindes— spricht es nicht an wie eine ergreifende Mahnung zu Reinheit und Seelenadel, wie eine Ermunterung zur Hingabe und zum Vertrauen?
In Freiburg im Schwarzwalo wohnte ich als Siudent einer überaus stimmungsvollen Maiandacht bei; eine Schar weißgekleideter Mädchen umgab den Maiastar, und ergreisend klang es empor zur Madonna:
„Ich trag' ein Bild in meinem Herzen,
Ein Bild so schön und wundermild,
Ein Bild von jeder Tugendschöne,
Das ist Marias reines Bild.
In guten wie in bösen Tagen Will ich dies Bild im Herzen tragen.“
„Daß ein solcher Kultus die Mädchenseele erfassen und für Reinheit und Unschuld begeistern muß, das verstehe ich nun.“ bemerkte mir nachher ein andersgläubiger Student, der aus Interesse der gerühmken katholischen Maiandacht beigewohnt
die Bedeutung der Marienverehrung erschöpft sich nicht in ihrer Poesie, in ihrem Schönheitsgehalt Ein Professor der Berliner Universität, dessen ganze Weltanschauung in schroffem Gegensatz zum Christentum steht äußerte jüngst sein Bedauern darüber, daß den Katholiken durchweg der rechte Sinn für die tiese Poesie ihres Kulius zu fehlen scheine, daß sie die Schönheit ihrer Gottesdienste nicht auf sich wirken ließen, wie er es getan habe, da er einmal in stimmungsvoller Morgenstunde der Frühmesse in einer rheinischen Münsterkirche beigewohnt habe
Mag sein, daß wir Katholiken der erhabenen Schönheit unserer Kultusformen etwas mehr Aufmerksamkeit zuwenden dürfen, als es in der Regel geschieht; der Tadel mag nicht unberechtigt sein. Allein derselbe erfährt doch eine große Miiderung durch die Erwägung, daß wir Katholiken an unseren religiösen Andachten nicht deswegen hangen, weil sie schön sind. Der moderne Heide kann sie allein von diesem. dem ästhetischen Standpunkte aus bewundern; er sieht nur die Form und kennt nicht das Wesen. Wir aber gehen zur Kirche nicht um des Kunstgenusses willen sondern um uns religiös zu erbauen und zu eineuern und um dem Himmel näher zu kommen. Nicht die äußere, sichtbare Form als solche ist für uns maßgebend, sondern der Inhalt an den wir glauben, und der ist: göttliche Wahrheit und Grade.
Was uns zur Maiandacht zieht, ist die Sehnsucht nach Uebernatürlichem, nach Ewigem. Wir wissen, daß wir dort unserm Ziele näherkommen, das jenseits der Schranken dieser Zeitlichkeit liegt. Wir flehen dort zu Maria, damit wir durch ihre Fürbitte, unter ihrem Mutterschutz das ewige Heil sicherer erlangen.
„Wenn ich Maria liebe und verehre, werde ich ganz bestimmt selig.“— dieses kindlich=vertrauensvolle Bekenntnis eines großen Martenverehrers in der Schar der Heiligen ist der Glaube, das Vertrauen aller Katholiken: die rührendsten Gebeie, die innigsten Bitten finden wir alle für die, an deren Herzen das Heil der Welt geruht:„Du unsere Hoffnung, set gegrüßt. Em
Mag die ungläubige Welt es verneinen, es bestreiten, ganz vermag sie nicht des Gedankens zu entraten, daß durch Maria„die Mutter der Barmherziokeit“. Hilse und Rettung möglich sei für„uns, die wir seufzen und weinen in diesem Tale der Zähren". Nicht umsonst läßt der größte deutsche Dichter in seinem Meisterwerk Faust seinen Helden durch die Hilfe der Mutter Gottes gerettet werden; und mancher Ungläubige und Andersgläubige hat bekannt:„Die katho ische
I Religion zieht mich an, weil in ihr eine Mutter ist.“ V. K
noch! Wer so ganz eines Herzens ist mit dem Erlöser, der wird nur um das beten, was dem göttlichen Freund auch so recht ist, um so was, worum der Heiland selber an meiner Statt auch beten würde. Da haben wir den Schlüssel gesunden. Nun können wir auch schon gleich wissen, warum wir hier und da nicht erhört worden sind. Da hat's dem Heiland nicht gepaßt, und da konnte er unmöglich seinen Namen darunter setzen. Denn er, der Allwissende und Allgütige, wußte, daß unser Gebet um etwas ging, was nicht so auch der Wille Gottes war. Und es wäre uns übel ausgekommen, wenn wir da erhört worden wären. Und wenn wir noch so klar gewußt und entschieden erklärt hätten, wir müßten das haben, da hat uns der Herrgott still, gütig, mitleidig belächelt weil wir kindisch waren im guten Sinn und nicht wußten, daß er anders und besser für uns bestimmt hatte.
Dann kann man nicht mit einem lautern Herzen, mit heller Seele, mit Ungeduld und so nur zur Not im Namen Jesu beten. Du muß schon etwas von der Art im Gebet sein, wie er seibst sein Gebet gehalten hat. Ist das möglich? So auf unsere Weise, auf unsere beste Weise, ja. Wer ernsthaft und willenskrästig betet, mit Vertrauen, Ausdauer und dabei auch wohl meint, der Herrgott mag's wissen, wie es gut ist — der kann wohl sagen, daß er vom Beten Christi etwas in sich hat; und das wird vom Herrgott so genommen, so ehrlich, gütig und treu, wie wir es gegeben haben. Es ist wohl zu begreiten, daß man mit dem„Beten im Namen Jesu“ schon vorsichtig und opferfreudig umgehen muß. Und wenn so ein Gebei nicht erhört worden. können wir uns darauf verlassen, daß der gute Gott uns ein anderes Geschenk still ins Herz legen wird. Ost und oft kann man es im Leben gewahr werden, daß Gott ein Kreuz nicht abnimmt, aber dem rechten Beter den Lohn gibt, daß man die Kraft bekommt, das alte Kreuz mit neuem Mut zu tragen.
Das strahlend frohe Evangelium hat aber auch noch einen anderen Resonanzboden, in der Epistel nämlich. Da ist von einem praktischen Tatchristentum die Rede, das uns Jakobus in seiner anschaulichen, oft draftischen Art vor Augei. führt: „Seid Tuer des Wortes, nicht nur seine Hörer.“ Sonst ist's mit euch wie mit einem, der sein edelmenschliches Antlitz in einem Spiegel schaut, aber dann weggeht und nicht mehr weiß wie es aussah.„Wer aber etwas daran setzt, um das vollkommene Gesetz der christlichen Freiheit zu erfüllen. Tuer des Werkes ist der wird in seiner Tat sellg sein.“„Ein
religiöser Mensch“, sagt Jakobus.„beherrscht seine Zunge, betrügt sich nicht selbst. Reine und makellose Religion ist es. vor Gott wahrhaftig, der Waisenkinder sich annehmen und der Witwen in ihrer Trübsal und sich unbefleckt erhalten in dieser Welt.“
So gibt die Liturgie zum erquickenden Evangelium vom Im=Namen=Jesu=Beten auch den Unterbau: das entprechende christliche Leben. Denn Beten heißt nicht, gelegentlich beim Herrn betteln kommen, wenn man ihn nun gerade nötig hat. Die ihn sonst nicht kennen, können sich beim Rotgebet nicht auf allzu gute Bekanntschaft berusen. Das Im=NamenJesu=Beten steigt wie eine sonnduichlichtete Wolke aus dem Meer, in dem sie ruhte, ist wie der reine, treue, ingige Ausenaufschlag eines bittenden Kindes. sein vertrauliches Klopfen am Jesusherzen; und nur seinen Kindern steht dieses Herz offen. Allen denen auch, die es wieder werden möchten. Sobald der Mensch seinen Rückweg zu Gott antreten will und sein Gebet wiederfindet, darf er nach dem Namen Jesu rufen, er wird seinen Heiland finden, daß er wieder einmal ganz mit ihm einig wird.
Dieser große, mächtige Gedankenkompler der Meßlituraie ist um pielt vom Osterlicht und frohen Frendenklängen: die große trostvolle Ausforderung zum Gebet ist umrahmt von lauter Rusen zum Lobgebe:: Jubelt, singet, gebei Ehre dem Herrn bis aus Ende der Erde
Betefahrt
Die Kirche ist selbst die erste, die mit dem Bittgebet unvorangeht an den drei Bittagen, deren Arsprung in 5. Jahrhundert zurückreicht, und die heute zur Erlangung des Segens für die Feldfrüchte abgehalten werden. Es ist ein gar heilig und fruchtbares Stück katholischen Gebetslebens, das den Städtern et vas oder ganz fremd geworden ist. Aber die Menschen, die draußen von der Scholle leben und von Sonne und Regen, die wissen besser, wo sie ihren Segen holen. Da helfen keine Tarise, kein Achtstundentag, keine Börsenberichte. keine Spekulationen. Da betet man zum Gott der Natur, der seine Sonne ausgehen läßt über Gute und Böse, der der nicht auf menschliche Berechnungen, sondern auf seine freien Entschließungen seine Vorsehung und das Schicksal von Land und Menschen aufbaut. Dieser betende Gang durch die Felder ist so menschlich echt, würdig und wahr.