37. Jahrgang. Nr. 12695

Bonn, Montag, 13. Dezember 1926.

Gründungsjahr des Verlags 1725.

Das vereinbarte Protokoll.

WTB Genf, 12. Dez. Das heute von den Vertretern der beteiligten Mächte vereinbarte Protokoll hat fol­genden Wortlaut:

Im Verlauf einer Besprechung, die am 12. Dez. 1926 in Genf zwischen den Vertretern der deutschen, belgischen, französischen, großbritannischen, italienischen und sapa­nischen Regierung über die von der Interalliierten Militär= kontrollkommission und der Botschafterkonferenz noch in der Schwebe befindlichen Fragen stattgefunden hat, ist zu­nächst mit Genugtuung festgestellt worden, daß über den größten Teil, der mehr als 100 Fragen, die zwischen den genannten Regierungen im Juni 1925 hinsichtlich der Aus­führung der militärischen Bestimmungen des Vertrages von Versailles strittig waren, eine Verständigung erzielt worden. Nur die Verständigung über zwei Fragen steht noch aus. Alles berechtigt daher zu der Hoffnung, daß diese beiden Fragen gütlich geregelt werden können. Unter diesen Umständen ist folgendes verein­bart worden:

1. Die diplomatische Erörterung über die Frage der Festungen und die Frage des Kriegsmaterials wird von der Botschafterkonferenz fortgesetzt werden. Es werden neue Vorschläge gemacht werden, um die Erörte­rung zu fördern und ihren Abschluß zu erleichtern.

2. In der Zwischenzeit bis zur Erzielung einer Lö­sung werden alle ein Rede stehenden Arbeiten an den Festungen eingestellt, unbeschadet des Rechtes der Parteien, ihren Rechtsstandpunkt aufrechtzuerhalten.

3. Die Interalliierte Milltärkontroll= kommission wird am 31. Januar 1927 aus Deutschland zurückgezogen. Von diesem Tage an findet Arlikel 213 des Friedensvertrages Anwendung nach Maßgabe der von dem Völkerbundrat gefaßten Beschlüsse.

4. Wenn an diesem Tage die bezeichneten Fragen wider Erwarten noch keine gütliche Lösung gefunden haben sollten, werden sie vor den Völkerbundrat gebracht werden.

5. Für alle Fragen, die mit der Ausführung der er­zielten oder noch zu erzielenden Lösungen zusammenhän­gen, kann jede der in der Botschafterkonferenz vertrete­nen Regierungen ihrer Botschaft in Berlin einen stän­digen Sachverständigen attachieren, der geeignet ist, mit den zuständigen deutschen Behörden ins Benehmen zu treten.

Die ständige militärische Schnüffelei aufgehoben.

In konkreten Fällen kann durch Mehrheitsbeschluß des Völkerbundrats auch fernerhin eine militärische Untersuchung im Reich bewirkt werden.

Die Lösung der Waffenlieferungs= und Festungsfrage vertagt.

Einigung in Genf.

Erst Sonntag abend konnte nach harten Kämpfen in Genf eine Einigung zwischen den Mächten über die interalliierte Militärkontrolle usw. erzielt wer­den. Man hatte gehofft, bereits im Laufe des Sams­tag die Verhandlungen beendigen zu können. Von Paris aus entstanden jedoch immer neue Schwie­rigkeiten. Samstag nacht berief Ministerpräsident Poincaré noch einen außerordentlichen Ministerrat, und Briand verkehrte fortgesetzt telephonisch mit Poincars. Auch Sonntag vormittag und Sonntag nachmittag fanden noch Sitzungen in Genf statt. Die Stimmung war stundenweise über­aus gespannt, da man befürchtete, daß noch in letzter Stunde infolge der Hartnäckigkeit Marschall Fochs und seines Geistesverwandten Poincaré die Verhand­lungen sich zerschlagen und das durch das am Sams­tag unterzeichnete Protokoll mühsom aufgerich­tete Gebäude von Paris aus mit Erfolg unterminiert werden würde.

Das am Sontag abend von uns zum Aushang gebrachte Telegramm zeigte jedoch, daß auch die letz­ten Schwierigkeiten bis zu einem gewissen Grade überwunden wurden, daß insbesondere als Haupt­ergebnis des Kompromisses von Genf heute feststeht, daß die Interalliierte militärische Kontrollkommission unter allen Umständen am 31. Januar 1927 den deutschen Boden zu verlassen hat.

Wann darf noch kontrolliert werden?

Die neuen Kontrollbestimmungen.

Das amtliche Communigus über die Ratssitzung.

TU Genf, 11. Dez. Die deutsche Delegation gibt über die heutige Nachmittagssitzung des Völkerbundsrates fol­gendes amtliche Communiqué aus:

In seiner heutigen Nachmittagssitzung hat der Völ­kerbundrat auf den Bericht Beneschs in der Investi­gationsfrage nachstehenden einheitlichen Beschluß gefaßt:

In Erwiderung auf gewisse Fragen, die von der deut­schen Regierung hinsichtlich der vom Rat am 27. Septem­ber 1924 und am 14. März 1925 angenommenen Regeln gestellt worden sind, trifft der Rat folgende Feststellungen:

1. Der Völkerbundsrat entscheidet gemäß Artikel 213 des Versailler Vertrages durch Mehrheitsbeschluß, ob es im konkreten Falle notwendig ist, zu einer Investigation zu schreiten. Er hat alsdann Gegenstand und Grenzen der Investigation zu spezifizieren. Die Investigations­kommissionen handeln unter der Autorität und nach den Weisungen des Völkerbundrates, der mit Mehrheit be­schließt.

2. Um eine wirksame Investigation zu ermöglichen, hat

sich die Investigationsk= nmission an den von der deutschen negierung bezeichneten Vertreter oder seinen Beauftragten zu wenden, denen es obliegt, unverzüglich die Mitwir­kung der nach der deutschen Gesetzgebung zuständigen Ver­waltungs=, Gerichts= oder Militärbehörden herbeizufüh­ren. Sodann wird im beiderseitigen Einvernehmen zu den Nachforschungen und Feststellungen geschritten, welche die Kommission in den Grenzen ihres Auftrages für zweckmäßig hält.

3. Die Bestimmung, wonach die Angehörigen der dem Investigationsrecht unterworfenen Staaten nicht Mit glieder der Investigationskommissionen sein können, ist so zu verstehen, daß die Angehörigen des Staates, auf dessen Gebiet zu einer Investigation geschritten wird, ni mals in der zu diesen Investigationen schreitenden Kom­mission sein sollen.

4. Es besteht Einverständnis darüber, daß die Bestim­mungen des Artikels 213 des Friedensvertrages mit Deutschland über die Investigationen auf die demilitarisierte Rheinlandzone in gleicher Weise, wie auf die übrigen Teile Deutschlands, anwendbar sind.

Diese Bestimmungen sehen für diese Zone ebensowenig, wie für andere Gebiele, die Einrichtung einer besonderen Kontrolle durch ständige und dauernde lokale Elemente vor. In der demilitarisierten Rheinlandzone können derartige besondere, nicht im Arkikel 213 vorgesehene Elemente nur durch ein Abkommen zwischen den bekeiligten Regie­rungen eingerichtet werden.

5. Die Feststellungen der vorstehenden Absätze 1, 2 und 8 finden naturgemäß auch in dem Fall der Artikel 159 des Vertrages von St. Germain(Oesterreich), 143 des Ver­trages von Trianon(Ungarn) und 104 des Vertrages von Neuilly(Bulgarien) Anwendung.

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Die Präsidenten der Investigationskommissionen.

TU Genf, 11. Dez. In der heutigen Völkerbund­sitzung wurden auf den Bericht Beneschs die folgenden Präsidenten der vier Investigationskommissionen ernannt: Präsident der Investigationskommission für Deutsch­land ist der französische General Baradier.

Präsident der Investigationskommission für Oesterreich der italienische General Marietti.

Präsident der Investigationskommission für Ungarn der englische General Bonhem=Carter.

Als Präsident für die bulgarische Investigationskom­mission ist ein höherer Offizier der holländischen Armee in Aussicht genommen. Seiné Wahl wird durch den Prä­sidenten des Völkerbundsrates gemeinsam mit der Regie­rung von Holland erfolgen.

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Jum Kampf zwischen Briand und Poincaré P Paris, 13. Dez. Aus der Darstellung Sauerweins über die gestrige Beratung in Genf kann man schließen,

Jenes Telegramm von Sonntag abend, dem eine historische Bedeutung zukommt, lautet:

WTB Genf, 12. Dez. Die Ministerbesprechungen über die Frage der Interalliierten Militärkontroll­kommission wurden heute abend um 6 Uhr abge­schlossen. Eine Einigung ist erzielt wor­den. Die Jnterallierke Milltärkontroll­kommission verläßt am 31. Januar 1927 bedingungslos Deutschland. Eine amtliche Mitteilung über das Ergebnis wird im Laufe des Abends ausgegeben werden. Die deutsche Abordnung

verläßt Montag abend Genf.

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Ueber das Verhanölungsergebnis im Einzel­nen erhalten wir aus Berlin, den 13. Dezember, von wohlunterrichteter Seite folgenden eingehenden Draht­bericht:

Das am Samstag abend von den Vertretern der Mächte

gemeinsam unterzeichnete Protokoll

ergibt zunächst als für Deutschland erfreulichste Tatsache das Ende der interalliierten Militärkontrollkommission am 31. Januar nächsten Jahres.

Nach diesem Termin gibt es keine Möglichkeit mehr, das Verbleiben der interalliierten Militärkontrollkommission in Berlin zu fordern. Stresemann, Briand und Chamber= lain haben Sonntagabend gegenüber Pressevertretern er­klärt, es bestehe die begründete Hoffnung, die noch verbleibenden Restfragen durch Verhandlungen der Botschafterkonferenz zu regeln. Die Verweisung an den Völkerbundsrat sei nur als äußerste Möglichkeit ins Auge gefaßt worden, und zwar für den unwahrscheinlichen Fall, daß bis zum 31. Januar 1927 keine Lösung gefunden werden sollte. In Berliner maßgebenden politischen Kreisen wird bei dem in Genf erzielten Ergebnis besonders beachtet, daß die Zurück­ziehung der interalliierten Kontrollkommission an keine Bedingungen geknüpft ist, auch, wenn also bei den noch verbleibenden Restfragen keine Lösung bis zu diesem Zeitpunkt erreicht worden ist, muß die Kommission am 31. Januar 1927 Deutschland virlassen. Im letzten Abschnitt des Protokolls ist von technischen Sachverstän­digen die Rede, die bei den Botschaftern der in der Bot­schafterkonferenz vertretenen Mächte in Berlin attachiert werden können. Bei diesen Sachverständigen ist nicht etwa an eine Erneuerung der alten Militärkontrollkommission

gedacht.

Das Prtokoll hat die Form eines sogenannten Genkle­men=Agreemenk zwischen den in der Botschafterkonferenz vertretenen Regierungen und der Reichsregierung. Reichstage.

Diese lockere diplomatische Form ist in der Nachkriegszeit keine Neuheit mehr. Sie stellt ein bemerkenswertes Ver­fahren zur Regelung von Streitfragen dar, die weit über ihre sachliche Bedeutung hinaus die öffentliche Meinung in Deutschland und Frankreich erregt haben. Man glaubt, daß in dieser Form die Anpassung des Versailler Vertrags­werkes an die sich täglich verändernden Zeitverhältnisse in Zukunft erfolgen wird.

Genau acht Tage hat man Genf mit Rede und Gegenrede, mit Ratssitzungen und Ministerzusammenkünften verbracht. Es muß gesagt werden, daß diesmal die Einigung über die Methode zur Erledigung der Streitfragen der Botschafter­konferenz ungewöhnlich schwierig.war. Nach allem, was aus Paris in den letzten Tagen bekannt geworden ist, wurde die Genfer Einigungsformel von den französischen Militärs bekämpft, weil sie nach deren Auffassung für Deutschland zu gunstig sei, und Briand war gezwungen, seine Zustimmung nur unter dem Vorbehalt zu geben, daß das französische Kabinett ihn zur Unterzeichnung des neuen Abkommens ermächtige. Der Gegensatz zwischen Briand und Poincaré, der sich natürlich mit Foch solidiert hat, ist ein Gegensatz zwischen dem Geist von Lo­carno und dem Geiste von Versailles. Man ge­winnt den Eindruck, daß es sich in Genf nicht mehr um einen Kampf zwischen Deutschland und seinen früheren Gegnern handelt, sondern um einen Kampf zwischen Poin­caré und Foch, zwischen den Männern von Versailles auf der einen und den drei Nobelpreisträgern Briand, Chamberlain und Stresemann auf der anderen Seite. Es war ein Kampf zwischen zwei Regie­rungsmethoden, ein Kampf, der nicht mehr von Hauptstadt zu Hauptstadt ausgetragen wurde, sondern zwischen den in Genf im Völkerbundsrat sitzenden, nach neuen Methoden arbeitenden Ministern und den Kabinetten in London und Paris.

Das gestern unterzeichnete Protokoll stellt ein Kompro­miß dar, d.., es haben beide Teile Opfer gebracht. Trotz­dem kann aber deutscherseits festgestellt werden, daß Dr. Stresemann in dem Bewußtsein nach Berlin zu­rückkehren kann, für Deutschland in Genf erreicht zu haben, was nach menschlichem Ermessen hat erreicht werden können.

In Berliner maßgebenden politischen Kreisen betrachtet man das Ergebnis als im allgemeinen zufrieden­stellend. Was die Investigationsbeschlüsse anbelangt, sind sie zwar für Deutschland nicht völlig befriedigend, aber sie enthalten im wesentlichen eine genügende Berücksichti­gung der deutschen Einwendungen gegen das frühere In­vestigationsprogramm, das der Völkerbundsrat zu einer Zeit beschlossen hatte, als Deutschland dem Völkerbund noch nicht angehörte. Die unmögliche Fassung des Investi­gationsprotokolls, die gegen den Wortlaut des§ 213 des Versailler Vertrages verstieß, ist zwar nicht geändert, aber durch Zusatzanträge nach der Auffassung der Juristen un­schädlich gemacht worden, und die Rechte der Mitglieder der Kommission tragen keinen permanenten Charakter.

Allerdings werden die sogenanntenElement! stables" höchst wahrscheinlich in den

Rheinlandverhandlungen im Februar oder März eine Rolle spielen. Ferner weist man in Berlin darauf hin, daß die schwierige Frage der baldigen Räumung des Rheinlandes diesmal in Genf völlig ausgeschalte werden mußte, und daß man deren weitere Verhandlung nur mit großen Sorgen erwarten kann.

In der Frage der Ostbefestigungen ist der Standpunkt Deutschlands, daß ein Befestigungs­system auch laufende Unterhaltungsarbeiten in sich schließt, nicht durchgedrungen. Auch die Frage des Exporte: von Halbfabrikaten konnte noch nicht geregelt wer­den. Während man in Berlin annimmt, daß in der Frage der Ostbefestigung in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Ver­ständigung zu erreichen sein wird, glaubt man, daß in der Kriegsmaterialfrage wahrscheinlich noch längere Verhandlungen notwendig sein werden. England be­hält sich noch immer vor, die deutsche optische Indu strie im besonderen, aber auch jede andere Industrie, die Dinge herstellt, von denen vermutet werden kann, daß sie zu Kriegswaffen umgearbeitet werden können, hindern. Durch diplomatische Verhandlunge soll jetzt eine gütliche Lösung herbeigeführt werden. Wenn dies nicht gelingt, dann wird die Entscheidung beim Völkerbundsrat liegen. Der Schiedsgerichtsgedanke also zurückgestellt worden. Ungünstig für Deutschland ist, daß die Entscheidung des Völkerbundsrates nicht einstim­mig, sondern durch eine Mehrheit getroffen werden kann. Zu oft hat aber bisher in Rechtsfragen der Völkerbundsrat gegen Deutschland entschieden.

Die Ankunft der deutschen Delegation Ber lin ist für Dienstag nachmittag zu erwarten. Sonn­tag vormittag hat noch ein telegraphischer Meinungsaus­tausch zwischen der Reichsregierung und der deutschen Dele­gation in Genf stattgefunden. Am Mittwoch wird das Reichskabinett den Bericht Stresemanns entgegennehme und am Donnerstag beginnt die große politische Debatte im

Eine Rheinland=Konferenz.

WTB Paris, 13. Dez. Das Oeuvre glaubt be­richten zu können, daß eine Konferenz der Sig­atarmächte des Rheinlandpaktes im Januar oder Februar in Nizza zusammentreten könnte, um sich über die Fragen zu äußern, die Briand in Genf angeschnitten habe, nämlich die Räumung des besetzten Gebiekes gegen die methodischen Investigantions­echte, die Deutschland annehme und die auch in der entmilltarisierten Rheinland­zoneausgeübt werden sollen.

daß Frankreich um Haaresbreite an einer schweren inneren Krise vorbeigegangen ist. Es heißt, daß der Ministerrat der Unterwersung der Festungsfragen unter ein Schiedsgericht nicht zustimmen wollte. Wie weit da polnische Einflüsse mitgewirkt haben, läßt sich noch nicht feststellen. Sicher ist aber, daß sowohl Briand wie auch ein Teil seiner Ministerkollegen von der Linken das Scheitern der Genfer Verhandlungen mit sofortiger Demission beantwortet haben würden, und daß Poincaré sich dadurch veranlaßt gesehen habe, einzulenken. Uebereinstimmend berichten die Blätter, daß die Einmütigkeit zwischen Poincaré und Briand wieder hergestellt sei. Immer wieder tauchte das Gericht auf und wurde von der gesamten Presse in Paris verbreitet, daß die Reichsregierung dem Drängen der Alliierten nachgab und den General Pawels mit neuen Instrukti­onen versehen habe. Demgegenüber wird von deutscher Seite versichert, daß an der Auffassung der Reichsregie­rung zu den strittigen Fragen sich nichts geändert habe, und daß infolgedessen der General keine heuen Vor­schläge habe unterbreiten können.

Das Echo der Pariser Presse.

WTB Paris, 13. Dez. Ueber die in Genf abgeschlos­senen Abkommen äußert sich die Morgenpresse im allge­meinen zustimmend, so der Figaro, das Journal des De­bats, der Quotidien und andere. Nur der Avenir verhält sich ablehnend und erklärt: In der Reihe unserer osteuro­päischen Alliierten ist man untröstlich, denn im Grunde ge­nommen fordern wir sie auf, sich direkt mit Deutschland zu verständigen, wie es soeben das faszistische Italien getan hat. Noch eine Konferenz und die Isolierung Frankreichs ist vor allem Frankreich klar.

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Stresemann über das Genfer Ergebnis.

WTB Paris, 13. Dez. Der Sonderberichterstatter des Petit Journal hatte nach Unterzeichnung des Protokolls mit [Stresemann eine Besprechung, den er über das Er­gebnis der Besprechungen befragte. Stresemann antwor­tete darauf, dieses Ergebnis wird mit Befriebigung in Deutschland und in allen anderen Ländern ausgenommen werden. Der Beschluß des Völkerbundrates betreffend das

Funktionieren der Investigationen konnte nur einstimmig getroffen werden. Diese Einstimmigkeit ist ohne wirkliche Schwierigkeiten erreicht worden. Schwieriger war es, zu der gleichen einmütigen freundschaftlichen Ver­ständigung zwischen den Signatarmächten des Vertrages von Locarno in der Regelung der die Ausführungen des Vertrages von Versailles betreffenden Fragen zu gelangen. Ich glaube den freundschaftlichen und herzlichen Charakter dieser Regelung betonen= und behaupten zu können, daß diese Worte nicht nur Phrasen sind.

Wenn wir zu einer befriedigenden und vollständigeren Verständigung haben gelangen können, so vor allem des­halb, weil zwischen uns seit Locarno viele persönliche Füh­lungnahme und die Gewohnheit, zusammenzuarbeiten, be­standen. Ich für meinen Teil lege der Entwicklung der Methode, die sich erprobt hat, die größte Bedeutung bei und ich wage von ihr die Regelung sämtlicher Schwie­rigkeiten zu erwarten, die zwischen unseren Län­dern bestehen oder entstehen könnten. Ich habe in der Tat als Programm eine immer engere Zusammen­arbeit der Regierungen und ich wünsche, daß diese Zusammenarbeit sich immer weiter ausdehne, bis die Zusammenarbeit der Völker Wirklichkeit werde. Ich vertrete sogar die Ansicht, daß, wenn unsere Vorgänger 1914 sich, wie wir uns heute in der beruhigen­den Atmosphäre, wie sie den Verhandlungen in Genf eigen ist, hätten treffen können, sie wahrscheinlich den Krieg und sein Unheil hätten vermeiden können.

Der Berichterstatter fügt hinzu, daß man in deutschen Kreisen in Genf erklärt, daß Stresemann beabsichtige, gegen Mitte Dezember einen Erholungsurlaub anzutreten und zwar nach Aegypten, wohin er sich über Italien be­geben werde.

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Glückwunschdrahtung

des Reichskanzlers an Dr. Stresemann

Berlin, 10. Dez. Reichskanzler Dr. Marx hat an den Reichsminister des Aeußern Dr. Stresemann folgende Drahtung gerichtet:

Zur Verleihung des Nobel=Friedenspreises spreche ich Ihnen meine und der ganzen Reichsregierung aufrichtigste Glückwünsche aus. Wenn auch das Ziel der von Ihnen seit Jahren erfolgreich geführten deutschen Außenpolitik vornehmlich die baldige und endgültige Befriedung unseres Vaterlandes ist, so erblicke ich in dieser Auszeichnung das Anerkenntnis der Weltöffentlichkeit, daß die deutsche Mitarbeit an der Weltpolitik zugleich dem Frieden der ganzen Erde dient.

gez. Reichskanzler Dr. Marx.

Eine neue Enthüllung des Manchester Guardian.

P Der Mancherster Guardian, der seine bisherige deutschfreundliche Haltung aufzugeben scheint, bringt eine neue sogenannte Enthüllung. Das Blatt behauptet, daß im Jahre 1921 auf Veranlassung der Reichswehrministe­riums deutsche Waffen nach Irland gesandt und den Aufständischen gegen England zugeführt worden seien In dem sensationellen Artikel wird von der vielseitigen Tätigkeit der deutschen militärischen Verbände gesprochen. Im Jahre 1921 hätten diese illegalen militärischen Ver­bände ein Schiff mit Waffen und Munition nach Irland zur Unterstützung des irischen Aufstandes gegen England verfrachtet.

(Da Manchester Guardian bald das Reichswehrministe­rium, bald die illegalen militärischen Verbände beschul­digt, so ist die Darstellung an sich schon derart verwirrt, daß man ihr von vornherein mit dem größten Mißtrauen begegnen muß. Daß das Reichswehrministerium die irische Revolution irgendwie unterstützt haben soll, halten wir für gänzlich ausgeschlossen. Das Blatt glaubt ferner behaupten zu dürfen, daß ein deutscher Offizier vom Reichswehrministerium einen Scheck über 300000 a zur Ausführung der Tat erhalten habe.)

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Die Ausführungsbestimmungen zum Schund- und Schmutzgesetz.

MTB Berlin, 13. Dez. Dem Reichsrat sind die Aus­führungsbestimmungen zum Schund= und Schmutzgesetz zu­gegangen. In dem Entwurf für die Ausführungsbestim­mungen ist die Zuständigkeit der Prüfungsstelle nach dem Sitz des Antragstellers enthalten. Wenn gegen eine Schrift aus verschiedenen Teilen des Reiches mehrere Anträge ein­laufen, so soll die Prüfungsstelle zuständig sein, aus deren Bereich der erste Antrag gestellt worden ist.

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Oberbürgermeister Boeß krönt die Modekönigin.

WTB Berlin, 12. Dez. Auf dem am Samstag abend in der Berliner Philharmonie veranstalteten Modeball voll­zog Oberbürgermeister Boeß die Krönung der neuen Mode­königin. Zur Königin ist Hilde Zimmermann von der Firma Gerson gewählt worden. Den zweiten Preis er­hielt Irmgard Harbacher und den dritten Preis Nadja Matka. Dem Ball wohnten auch die englische, die fran­zösische, die ungarische und die Wiener Modekönigin bei.

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In sechs Wochen 60 000 Mark erbeutet.

WTB Berlin, 11. Dez. Zwei polnische Kaufleute, Moritz Orbach und Johann Wyeißlow, gründeten in Ver­lin eine FirmaOrbach u. Co., die mit allem Möglichen handelte. Alle Waren, die sie ohne Zahlung erhielten, machten sie sofort zu Geld. Nachdem sie auf diese Weise in sechs Wochen 60000 Mark erbeutet hatten, machten sie sich aus dem Staube. Die Kriminalpolizei sucht jetzt die Flüchtlinge.