Baldwin deutet sein Programm an.

TU London, 11. Nov. Nachdem der Premierminister Basdwin mit lautem Beifall und großer Wärme auf dem Lord Mayor=Bankett begrüßt worden war, sprach er für sich und seine Kollegen den Dank für den Empfang aus. Baldwin führte dann wie in Ergänzung des gestrigen WTB=Berichts noch nachgetragen sei aus, weder er noch seine Kollegen stünden dem Wahl­ergebnis mit Mißverstehen gegenüber. Nach den Ein­drücken der öffentlichen Meinung müssen wir sagen, daß das neue Kabinett den Vergleich mit jedem vorhergegan­genen Kabinett aushält, wohl in seiner Fähigkeit zur Be­handlung der ihm gestellten Aufgaben wie auch in seiner Hingabe für das Wohl der Bevölkerung dieses Landes und der Bevölkerung jenseits des Ozeans. Ebenso wie jene alten Bilder auf denen Gok und Magog über dieser Ver­sammlung das Präsidium bilden, so habe er zwei Giganten auf. den Posten des Schatzamtes und den des Auswärtigen Amtes gestellt, den einen, um die Massen des Volkes zu Hause zu schützen, und den andern, um die auswärtigen Interessen zu behüten. Da er erst kürzlich sein Amt über­nommen habe, erklärte Baldwin, so sei er noch nicht im­stande, über die Probleme zu sprechen. Aber er könne sagen, daß die Regierung in der auswärtigen Poli­tik ihre Hauptaufgabe in der Erhaltung der Stabili tät und Stetigkeit erblicke. Sie stehe auf dem Boden des Friedensvertrages und werde gute Bezieh­ungen mit allen fremden Ländern auf der Grundlage dieses Vertrages pflegen. Daß diese Politik keine Po­litik der Versumpfung sei, zeige das Vorgehen der letzten unionistischen Regierung, das unmittelbar auf das Dawesgutachten und die Londoner Kon­ferenz hingeführt habe, die unter der fähigen Leitung Macdonalds einen so großen Erfolg gebracht habe. Diese Konferenz habe den bedeutungsvollen Wiedereintritt der Vereinigten Staaten in die europäische Politik gebracht. Die fiskalische und wirtschaftliche Einheit Deutschlands ist im Sinne des Londoner Abkommens wieder hergestellt. Dieses sehr zufriedenstellende Ergebnis sei größtenteils durch die Mitarbeit der französischen Re­gierung und Herriots erreicht worden, und dieser habe die Dankbarkeit Europas für seine Loyalität und Mit­arbeit erworben. Er möge versichert bleiben, daß die Re­gierung Seiner Majestät darin fortfahren werde, Herriot mit praktischer und verständiger Unterstützung zu hel­fen. Die englische Regierung beharre darauf, daß das Londoner Abkommen Deutschland in den Stand setzen werde, wieder ein Faktor für Frieden und Stabilität zu werden. Der Erfolg dieses Abkommens hänge aber in erster Linie von Deutschland selbst ab. Die englische Re­gierung vertraue aufrichtig, daß die Entwaffnung Deutschlands, soweit ihr letztes Stadium in Betracht käme, ohne weitere unbillige Verzögerung beendet werden würde. Die englische Regierung erkenne gleichzeitig den Wunsch Deutschlands zum Eintritt in den Völ­kerbund an und vertraue darauf, daß die Erfüllung dieses Wunsches nicht lange verzögert werden würde.

Ein unschätzbarer Vorteil des Völkerbundes bestehe da­rin, daß er ein Clearinghaus für die nationalen Streitig­keiten sei, wie das die Mossulfrage beweise. Wir be­stehen, sagte Baldwin, auf der Grundlage des Vertrazes von Lausanne und wir erwarten von der Türkei das gleiche. Wenn es eine Meinungsverschiedenheit in der Interpretation des Vertrages gebe, so sei die englische Regierung bereit, die Entscheidung dem Völkerbund zu überlassen. Dann wandte sich Baldwin der arabischen Frage zu und erklärte, daß die Regierung eine Politik der Nichteinmischung in die Streitigkeiten über den Besitz der heiligen Stätten des Islams verfolgen werde. Die Erörterung der Fragen über Rußland und Aegypten sei noch verfrüht, und er könne darüber heute abend nichts sagen. Die Lage in China bereite schwere Sorgen, aber die englische Regierung werde, sofern sich eine Gelegen­heit dazu biete, den englischen Einfluß in China wirksam betätigen. England werde keine Zeit verlieren, sich mit anderen Mächten zu diesem Zweck zu verständigen. Die Regierung sei sich über die Schwierigkeiten in Indien vollkommen klar. Die englische Regierung sei nicht gegen die Erreichung verfassungsmäßiger Ziele mit verfassungs­mäßigen Mitteln, sondern nur gegen alle Verbrechen und sie werde die indische Verwaltung in allem unterstützen, was diese zur Unterdrückung von Verbrechen tun möchte. Außerdem werde die Regierung alles, was in ihrer Macht stehe, tun, um die wirtschaftliche und industrielle Entwick­lung Indiens zu fördern. Die bisherige Regierung, sagte Baldwin, habe ihr Bestes getan, um die Beschlüsse der Reichskonferenz auszuführen. Jedenfalls müßte die Re­gierung das Genfer Protokoll noch einmal prüfen. Ueber Wembley sagte Baldwin, daß er die Hoffnung habe, die Ausstellung im nächsten Jahre wieder zu eröffnen, sofern er auf die Unterstützung der Kolonien und der anderen interessierten Gruppen rechnen könne.

Dann wandte sich Baldwin zu den Fragen der inne­ren Politik. Er versprach, durchgreifende Maßnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues zu ergreifen, womit er der Arbeitslosigkeit zu steuern hoff:. Nach einigen Worten über das Regierungsprogramm des neuen Kabinetts und über die Notwendigkeit der Ver­wendung wissenschaftlicher Erfahrung im Verbande mit der Industrie schloß Badwin mit einem Aufruf an die Selbst­hilfe. Das Wahlergebnis sei ein Bekenntnis zum geordneten Fortschritt. Das Kabinett lege das Wahl­ergebnis lediglich dahin aus, daß ein geordneter Fortschritt auf der Grundlage der politischen Vergangen­heit des Landes möglich sei. Ein Wechsel im System (gemeint ist wohl das Sozialisierungsprogramm) würde die Nation in solche Armut und in solches Elend bringen, wie es sich die englischen Arbeiter wohl kaum vorstellen kön­nen und wie es noch niemals von ihnen erfahren worden sei. Die Besserung der Lage des Volkes könne nur aus dem Volk selbst kommen.

In der auswärtigen Politik abwartend.

* London, 11. Nov. Daily Telegraph erfährt, daß die englische Regierung in den großen Fragen der auswär­tigen Politik vorab eine abwartende Hal­tung einnehmen werde, bis namentlich die Stellung Amerikas sich besser geklärt habe. Man könne aber schon sagen, daß England in der Frage der Verbands­schulden für jedes Entgegenkommen Gegenleistun­gen verlangen werde. Auch sei zu beachten, daß der mut­maßliche neue amerikanische Staatssekretär Harvey in der Schuldenfrage eine sehr rigorose Haltung eingenom­men habe.

Hindenburg versucht einen Ausgleich zwischen Ludendorff und Kronprinz Rupprecht.

* DerVölkische Kurier in München veröffentlicht eine Darstellung des Vermittlungsversuches Hindenburgs zwischen Kronprinz Aupprecht und Ludenderfk. Hindenburg

In der diplomatischen Welt spricht man eine andere Sprache als im Leben des Alltags. Die große Guildhall­rede des neuen Premiers Baldwin und der Trinksprch seines Außenministers Austen Chamberlain sind da­her mit Vorsicht zu bewerten. Wenn die französische Press: bis in die Reihen der Rechten hinein schon feststellt, daß die Auslassungen dieser beiden englischen Staatsmänner gelegentlich des Lord Mayor=Festes für Frankreich und Belgien wie für die Kleine Entente so befriedigend seien, wie man es in Paris nur wünschen könne, so ist dabei der Wunsch, daß e; so sein möchte, wohl mit Veranlasse., die überaus orsichtigen und konventionellen.dewene:: ­gen Baldwins und des neuen Ministers im Fore in Office bereits zu Erklärungen von grundsätzlicher Beden­tung stempeln zu wollen.

Wir betrachten das, was Baldwin gegenüber den Be­mühungen der Vereinigten Staaten zugunsten der Lösung des europäischen Problems sagte, für völlig un­verbindlich, ebenso wie das, was er über Macdonalds Erfolge äußerte, mehr einen diplomatischen Höflichkeits­akt gegenüber dem Vorgänger im Amte darstellt. Daß Herriot sich gegenüber dem englischen Botschafter in Paris über die Guildhalläußerungen Baldwinssehr ge­rührt zeigte, gehört ebenfalls in das Gebiet der ministe­riellen Bekleidungsstücke.

Wir zweifeln nicht daran, daß es Baldwin darum zu tun ist, nach Möglichkeit den von Macdonald und Herriot ein­geschlagenen Bahnen zu folgen, ebenso wie auch Chamber= lain sicherlich versuchen wird, als Vertreter eines konser­vativen Kabinetts mit dem demokratischen Frankreich eines Herriot das durch die Londoner Beschlüsse und das Genfer Protokoll geförderte europäische Friedenswerk fortzusegen. Aber wir erinnern daran, daß Baldwin in dieser Guildhall­rede, die vielerseits bereits als eine ausgesprochene Pro grammrede angesprochen wird, sich in der Frage der großen auswärtigen Politik, seines Landes außerordentlicher Zurückhaltung befleißigte. Eine erste Probe für sein Verhalten gegenüber der demokratischen Politik eines Herriot und dem Verlangen der französischen Rechten wird Baldwin bereits in aller Kürze abzulegen haben, wenn es gilt, die an sich recht­klare Froge der

Räumung des Kölner Brückenkopfes

zur Lösung zu bringen. An anderer Stelle veröffentlichen wir heute einen Berliner Kommentar zu dem gestern von uns zitierten Leitartikel des Manchester Guar­dian, worin davon die Rede war, daß Ruhrräumung und Räumung des Kölner Brückenkopfes sowie das deutsch=französische Handelsabkommen mit einan­der in Beziehung gebracht würden, um zu einer Klärung der Brückenkopffrage zu kommen. Daß ein solcher Misch­masch nach den bestehenden Abmachungen rechtlich gar nicht erörterbar ist, wird in dem beregten Kommentar nachgewiesen.

Baldwin wird zu bekennen haben, ob er mit seinem Kabinett einen für alle Parteien bindenden Rechts­

pakt achtet, oder ob er dem Machtstandpunkte nachgibt, bei dem militärpolitische Erwägungen ausschlag­gebend sind. Der englische Premier wird also bald aus dem Stadium der diplomatischen Freundschaftsbeteue­rungen in den Bezirk des aktuellen außenpolitischen Han­delns hinüberwechseln müssen. Wird er in der Frage der Räumung des Kölner Brückenkopfes ein fair play mit Deutschland spielen? Das ist die Frage, die augenblick­lich für uns wohl die brennendste ist.

Ruhrräumung und Kölner Zonenräumung.

Eine Klarstellung.

Wie wir mitteilten erörterte der Manchester Guar­dian in einem Leitartikel Lösungsmöglichkeiten für die am 10. Januar 1925 fällige Lösung der Räumung der Kölner Zone. Das Blatt glaubte vorauszusehen, daß die Franzosen nach dem Abzug der Engländer, um eine Isolierung ihrer Ruhrtruppen zu vermeiden, Köln be­setzen würden, und meint, daß Deutschland durch ein genügend günstiges Handelsabkommen die Fran­zosen herauskaufen könnte.

Hierzu wird uns aus Berlin bemerkt, daß die Frage der Räumung der ersten Zone mit der Frage der Ruhrräumung in keinem Zusammenhang steht, sondern begründet wird durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages, wonach fünf Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages, d. h. am 10. Januar 1925 die Kölner Zone geräumt werden muß, wenn Deutschland seine Verpflich­tungen erfüllt hat. Nun ist durch die sog. dritte Feststellung bestätigt, daß Deutschland seinen Verpflichtungen, die aus dem Dawesplan hervorgehen, nachgekommen ist und dem­nach gleichzeitig die Verpflichtungen erfüllt habe, die im Versailler Vertrag die Wiederherstellung betreffen. In London wird als weitere Voraussetzung der Vertrags­erfüllung Deutschlands das Ergebnis der Generalinspektion über die militärische Abrüstung Deutschlands betrachtet. Wie schon mehrfach erwähnt, haben die bisherigen Kon­trollbesuche des Ueberwachungsausschusses keine Beanstan­dungen ergeben, so daß nach dieser Richtung hin die Vor­aussetzungen für die Räumung der Kölner Zone gegeben sind. Nimmt man dazu die Erklärungen des bisherigen britischen Kriegsministers und des Marschalls Foch, die beide feststellten, daß die Abrüstung Deutschlands materiell durchgeführt sei, so bleibt kein Vorwand, die Räumungs­notwendigkeit aus militärischen Rücksichten auf die Ruhr­armee illusorisch zu machen. Hier steht nicht das In­teresse des einen oder anderen Staates zur Debatte, son­dern lediglich die Erfüllung von Vertragsbestim­mungen, die für beide Teile gleich bindend sind. *

Belgien verkleinert die Besatzungsarmee.

TU Frankfurt, 11. Nov. DieFrankfurter Zei­tung" berichtet aus Brüssel: Die belgischen Truppen im Ruhrgebiet werden demnächst weiter vermin­dert. Am 25. und 28. November werden das Brüsseler Grenadierregiment und das Namurer Linienregiment zu­rückgenommen und durch je ein Bataillon des 10., 12. und 15. Linienregiments, eine Abteilung des 3. Artillerie­regiments und eine Kompagnie Genietruppen ersetzt. Diese Truppen sollen bis Ende März bleiben und dann von einer Abteilung der Genfer Division abgelöst werden. Vom 22.24. November werden außerdem einige Ein­heiten Infanterie=, Kavallerie= und Maschinengewehrabtei­lungen zurückgezogen, die im Juli 1923 zur Rückendeckung der Armee eingesetzt waren.

Unzufriedenheit der Arbeiter mit Macdonald.

TU London, 12. Nov. Der Vollzugsra: der Arbeiter­partei beschloß, um die Spaltung der Arbeiterpartei nicht zu vergrößern, Macdonald weiter als Führer zu behalten, doch gleichzeitig wurde beschlossen, daß der Gesundheitszu­stand des ehemaligen Ministerpräsidenten lange Ferien not­wendig mache. Daher wird man in etwa 14 Tagen Mac­donald auf eine Reise durch Südamerika schicken, die etwa 3 Monate beanspruchen dürfte. Es heißt, man habe Mar­donald ferner das Versprechen abgezwungen, keine wich­tigen Entscheidungen zu treffen, ohne die anderen Füh##er wie Snowden, Henderson, Clynes und Thomas zu Rate zu ziehen. Während der Abwesenheit Macdonalds wird Snowden als stellvertretender Parleiführer amtieren. Der Vollzugsrat beschloß ferner, die Intelligenzabteilung der Partei zu beauftragen, verschiedene politische Plän= zu entwerfen und zwar unter Berücksichtigung der Frage. ob die Arbeiterpartei mit den Liberalen zusammen­gehen soll. Ferner wurde beschlossen, sich sofort sämt­licher kommunistischer Elemente zu entledigen. Der Ge­werkschaftskongreß wird jetzt eine ausgedehnte Proganda einleiten, um den Industriekampf in andere Bahnen zu lenken.

erklärt in einem Schreiben an Kronprinz Rupprecht, daß er sich überzeugt habe, daß nach der Erklärung Luden­dorffs der Tatbestand der verleumderischen freventlichen Beleidigung nicht vorläge. Diese Beschuldigung habe Kronprinz Rupprecht auf Grund von Mißverständnissen erhoben. Er könne daher dem Verlangen Ludendorffs auf Zurücknahme der Vorwürfe nicht die Berechtigung ab­sprechen. Hindenburg macht einen Vergleichsvorschlag, wonach Ludendorff sein Bedauern wegen der Beleidigung ausspricht, die er dem Kronprinzen Rupprecht durch die Wiedergabe der Aeußerungen der Bohemia zufügte, und bereit ist, eine entsprechende Erklärung verbreiten zu lassen. Kronprinz Rupprecht seinerseits soll nach dem Vorschlag Hindenburgs die gegen Ludendorff erhobenen Beschuldi­gungen mit Bedauern zurücknehmen.

Die Waffenstillslandsgedenkfeier in Frankreich.

TU Poris, 12. Nov. Anläßlich der Wiederkehr des Tages, an dem vor sechs Jahren die Unterzeichnung des Waffenstillstandes stattfand, wurden heute in Paris und ganz Frankreich große Feierlichkeiten abgehalten. Um 8 Uhr früh wurden von dem Fort Vincennes 100 Ka­nonenschüsse abgefeuert. Die Einwohner pilgerten in Scharen zu dem Grabe des unbekannten Soldaten, an dem sich schon in früher Morgenstunde die Spitzen der Regie­rung eingefunden hatten. Das Truppenaufgebot war außerordentlich. Präsident Doumerque passierte Re­vue über Abteilungen von 12 verschiedenen Regimentern. Am Nachmittag gestaltete sich ein Zug der Kriegsverletzten zu einer äußerst eindrucksvollen Kundgebung, die eines politischen Einschlages nicht entbehrte. Der Zug wurde durch die Gelähmten eröffnet, die von ihren Kameraden auf kleinen Wagen vorübergefahren wurden. Darauf folgten die Blinden und Krüppel. Im Publikum machte sich starke Bewegung beim Anblick des Zuges bemerkbar. Eine Handvoll Royalisten versuchte Hochrufe auf Daudet auszubringen, während ein Teil der Manifestanten die Insernationale sang.

Die Waffenstillslands-Jeier in London.

IU London, 11. Nov. Es wurde der Wafenstill­standstag mit großer Feierlichkeit in ganz England be­gangen. In London war der Platz um das Ehrendenk­mal von Whitehall vom frühen Morgen an von einer großen Menschenmenge belagert. Als es vomBig Bey 11 Uhr schlug, wurde durch einen Kanonenschuß das zwei Minuten dauernde Schweigen angedeutet. Am Fuße der mit Blumen überhäuften Ehrendenkmals stand der König mit seinen Söhnen und anderen Mitgliedern der könig­lichen Familie, umgeben von den Staatsministern und den Führern der See= und Landstreitkräfte. Auf dem Platz vor dem Ehrendenkmal war eine Truppe von 1300 Mann aller Waffengattungen aufgestellt. Nach Schluß des Schweigens wurde aus Signalhörnern der Zapfen­

streich geblasen, worauf die Volksmenge die National­hymne sang. Die Feierlichkeit schloß mit Gebet und Weckruf, wonach die Volksmenge in feierlicher Prozession am Ehrendenkmal vorbeizog. In allen Kirchen fanden Gottesdienste statt; den Krankenhäusern wurden die Pre­digten durch Rundfunk übermittelt.

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Die Kandidatenliste des Zentrums für Köln=Aachen.

Reichstag: 1. Schriftleiter Joos,M.=Gladbach, 2. Leh­rerin Christine Teusch, Köln=Ehrenfeld, 3. Hauptgeschäfts­führer Hofmann, Bonn, 4. Genossenschaftsleiter Thomas Esser, Euskirchen, 5. Kaufmann Sinn, Nachen, 6. Kauf­männischer Angestellter Gerig, Köln, 7. Landgerichtsdirek­tor Schetter, Köln, 8. Postinspektor Asmuth, Köln=Lin­denthal, 9. Studienrätin Franken, Köln, 10. Gewerkschafts­sekretär Joseph Baldes, Aachen, 11. Dr. Müser, Syndi­kus des Einzelhandelsverbandes, Köln, 12. Amtsgerichtsrat Stein, Köln, 13. Landwirt Schaaf, Mündt bei Inlich, 14. Religionslehrer Grein, Aachen, 15. Justizrat Hugo Mön­nig, Köln.

Landtag: 1. Professor Dr. Lauscher, Bonn, 2. Frau Bachem, Königswinter, 3.Gewerkschaftsbeamter Harsch, Herzogenrath, 4. Reichsminister a. D. Dr. Hermes, Berlin, 5. Landgerichtspräsident Oppenhofs, Aachen, 6. Drechsler­obermeister Pesch, Köln, 7. Beigeordneter Johann Berg­mann, Köln=Mülheim, 8. Gutsbesitzer Karl Baumann, Haus Vorst, 9. Studienrat Dr. Leo Schwering=Köln, 10. Philipp Krug, Kreisschulrat, Düren, 11. Dr. Wester, prakt. Arzt, Overath, 12. Eisenbahnwagenmeister Peter Merx, Köln, 13. Fräulein Dr. Lauer, Direktorin der städt. Wohlfahrts­schule, Köln, 14. Verbandsgeschäftsführer Heinrich Richter, Köln=Mülheim, 15. Stiftsvikar Dr. Landmesser, Aachen,

16. Gewerkschaftsbeamter Peter Lauterbach, Mechernich,

17. Landwirt Schorens, Stolberg, 18. Dachdeckermeister

reis,.=Gladbach, 19. Fräulein Studienrat Müller,

Eschweiler.

Spanien opfert sein Jungvolk für Marokko.

WTB Paris, 12. Nov. Havas berichtet aus Madrid: Ein Kommuniqué der Regierung teilt mit, daß die Jahresklasse 21 unter den Fahnen gehalten und die Jahresklasse 24 einberufen wird, um die Operationen in Marokko fortzusetzen.

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Neuer Erdrutsch am Walensee.

TU Basel, 11. Nov. Auf dem Südufer des Walensees hat sich in der Nacht von Montag auf Dienstag ein neuer Erdrutsch ereignet, der noch bedeutend umfang­reicher ist als der erste war. Da weitere Erdrutsche be­fürchtet werden, mußte der auf dem Wasserwege hergestellte Umsteigeverkehr eingestellt werden. Mit den Aufräumungs­arbeiten hat noch nicht begonnen werden können. Es wird mit der Möglichkeit gerechnet, daß die Verkehrsstockung bis

Ende des Jahres anhalten wird.

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TU Metz, 11. Nov. Zehn Elektrotechniker aus Freuard bei Nancy bestiegen auf einem Arm der Mosel ein Boot, um die elektrische Leitung der alten Mühle, die durch Ueberschwemmung beschädigt war, wieder instand zu setzen. Das Fahrzeug kippte um und die sämtlichen Insassen stürzten ins Wasser, von dessen Strömung sie fortgerissen wurden. Fünf der jungen Leute konnten das rettende Ufer wieder erreichen, während die anderen fünf er­tranken. Zwei der Ertrunkenen konnten alsbald aus dem Wasser gezogen werden.

P Listernohl(Westfalen), 11. Nov. Beim Ueber­holen eines Lastautos und beim Ausweichen vor einem Radler bremste der Führer eines Personenautos so stark, daß dieses sich zweimal um seine Achse drehte und zer­trümmert wurde. Die vier Insassen wurden herausgeschleudert. Der das Auto führende Sohn war sofort tot, der Vater starb nach einer Viertelstunde, die Mutter wurde schwer, die Tochter leichter verletzt. Die Toten und Verwundeten wurden in das Krankenhaus geschafft.

P Wien, 11. Nov. Nach einer Meldung aus Graz hat sich in Zusammenhang mit dem Eisenbahnerstreik ein sehr schweres Automobilunglück ereignet. Ein Lastauto sollte 22 Personen zu einer Verhandlung nach Graz bringen. An einer schmalen Straßenstelle wollte es einem entgegenkommenden Personenauto ausweichen, kam dabei dem Straßenrand zu nahe und stürzte den steil zum Murgfluß abfallenden Abhang herunter, wobei sich der Wagen mehrere Male überschlug und eine Reihe von In­sassen, die nicht schon früher herausgeschleudert waren, unter sich begrub Drei Personen wurden sofort getötet, darunter das Mitglied des Bundesrates Lanner, Obmann des steirischen Bauernbundes; 15 Personen wurden schwer, drei leichter verletzt. Einem einzigen Reisenden war es gelungen, sich durch rechtzeitiges Abspringen zu retten.

P Wien, 10. Nov. Im Stande des Eisenbahnerstreiks haben sich gestern keine Aenderungen ergeben. Der Ob­mann der sozialdemokratischen Eisenbahnergewerkschaft hat die Beratungen mit der Generaldirektion über Aufrecht­erhaltung des Notverkehrs benutzt, um die Einleitung von neuerlichen Verhandlungen über die Lohnfor­derungen anzubahnen. Zu Beratungen ist es aber nicht gekommen.

TU Paris, 8. Nov. Temps berichtet, daß Herriot von der luxemburgischen Regierung eine Einladung zu der Enthüllung eines Kriegerdenkmals für den 16. November erhalten hat. Herriot sowie Theunis und Hymans, die ebenfalls der Feier beiwohnen, werden in Privat=Audienz von der Großherzogin und dem Prinzen Felix empfangen werden.

P Newyork, 11. Nov. Newyork World berichtet, daß gerüchtweise verlautet, daß Staatssekretär Hughes sich bereit erklärt hat, weiter im Amte zu bleiben, nachdem Coolidge versprochen hätte, seine Kandidatur für die nächsten Präsidentschaftswahlen zu unterstützen.

Tehte Post.

Erhöhung des deutschen Buchdruckpreistarifs.

WTB Berlin, 11. Nov. Der Deutsche Buchdrucker­verein teilt mit: Durch den vom Reichsarbeitsministerium für verbindlich erklärten Schiedsspruch ist eine Erhöhung der Buchdruckerlöhne um 20 Proz. mit Wirkung ab 1. No­vember festgesetzt. Diese Lohnerhöhung macht eine Erhöh­ung der Preise des Deutschen Buchdruckpreistarifs um 10 Proz. ab 1. November notwendig.

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Auf dem Schienenstrang vom Expreßzug überrascht.

TU Paris, 11. Nov. Auf der Bahnlinie Paris=Bor­deaux hat sich heute nachmittag ein schreckliches Unglück zugetragen. Ausflügler, die längs des Schienenstran­ges Aufstellung genommen hatten, warn so sehr in den Anblick von Flugzeugvorführungen vertieft, daß sie nicht das Herannahen des Expreßzuges bemerkten. Vie: Personen, darunter drei 14jährige Mädchen, wurden vom

Aus Bonn.

Bonn, 12. November.

1 Marktbericht vom 12. November. Großhandelspreise in Milliarden: Wirsing Pfund 7080, Kohlrabi Stück 5060, gelbe Möhren Gebund 50, Kartoffeln, hiesige In­dustrie Pfund 4250, Zwiebeln, fremde 90120, Zwie­beln, fremde 150250, Weißkohl, hiesiger Pfund 4045, Weißkohl, fremder Pfund 45, Rotkohl, hiesiger Pfund 90 bis 100, Rotkohl, fremder Pfund 90100, Blumenkohl, hiesiger Stück 200300, Blumenkohl, fremder Stück 700 bis 1000, Endivien Stück 60110, Eßbirnen Pfund 80 bis 150, Eier Stück 170245, Sellerie Stück 120220, Spinat Pfund 7080, Rosenkohl Pfund 200250, weiße Rüben Pfund 50, Breitlauch Pfund 80100, Trauben Pfund 500 bis 850, Landbutter Pfund 2 200, Molkereibutter Pfund 22502 300. Zufuhr gering.

Schlachtiehmarkt vom 11. November. Auftrieb: 176 Großvieh, 209 Kälber, 284 Schweine, 32 Schafe. Be­zahlt für 1 Pfund Schlachtgewicht: Ochsen.80.93 Mk., Kühe und Kinder.500 83 Mk., Bullen.68.80 Mk., Kälber.90.45 Mk., Schweine.85.97 Mk. Ge­schäftsgang schleppend. Ueberstand.

1 Rheinwasserstand. Der Bonner Pegelstand von heute morgen 8 Uhr: 3,90 Meter.

Die heutige Rummer umfaßt 12 Seiten