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Argerner

Erernsprech=Auschlng Nr. 193.

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N 218

Samstag, 17. September 1910

38. Jahrgang

Die heutige Nummer umfaßt 10 Seiten.

* Sozialdemokratischer Parteitag und Reichstagsneuwahlen.

(Mit einem berechtigten Selbstbewußtsein wird die So­zialdemokratie am 18. September in Magdeburg ihren Par­keitag eröffnen können. Hat es doch diese Partei, die bei den Blockwahlen vom Januar 1907 36 Reichstags­mandate verloren hatte und auf 43 Reichstagsabgeord­nete zusammengeschrumpft war, seit vorigen Sommer auf 51 Abgeordnete im Reichstag gebracht. Es ist natürlich nicht richtig, daß zalle, die bei den Wahlen von 1907 und bei den Nachwahlen sozialdemokratische Stimmzettel abgaben, ohne weiteres derSozialdemokratie zugezählt werden, dürfen; es kind eben Mitläufer. die die aus allgemeiner Verärgerung anschwellenderote Flut der Sozialdemokratie zuführt, aber traurig ist ses immerhin, daß das Anschwellen der sozial­demokratischen Stimmen nicht auf irgendwelche Verdienste der Klassenpartei selbst zurückzuführen ist. Noch trauriger aber ist es, daß diese Periode der politischen Mißgriffe auch heute noch nicht zu Ende ist, so daß damit der Sozialdemokratie immer mehr Mißvergnügte anheimfallen und die Gefahr be­steht, daß bisherige Wähler der bürgerlichen Parteien, wenn sie sich einmal daran gewöhnt haben, in der Sozialdemo­kratie nicht mehr den schlimmsten Feind unserer ganzen na­tionalen, kulturellen und wirtschaftlichen Errungenschaften zu erblicken, auch in anderen Fällen mit ihr praktieren wer­den, wo wielleicht gar keine Veranlassung zu irgendwelcher Verärgerung vorliegt. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist es verständlich, daß die Sozialdemokratie, trotzdem sie auch setzt nur dreiviertel(Millionen Organisierte zählte, es auch bei den Blockwahlen auf 3258 000 Stimmen brachte und sich jetzt auf Grund der Nachwahlen und der allgemeinen politischen Mißstimmung damit schmeichelt, bei den Neuwah­ien 1911 die vierte Million vollzumachen, wenn sie, wie bereits beschkossen, in allen 397 Wahlkreisen Kandidaten auf­

Unter diesen für die Sozialdemokratie äußerst günstigen Anzeichen kann es nicht Wunder nehmen, wenn sie in Mag­deburg sich bemüht, den Zwist im eigenen Lager, wie er tbei der Frage der Budgetbewilligung durch die ba­dischen Genossen entstanden ist, nach Möglichkeit auszuglei­chen. Man nuird den Riß, wie er zwischen Doktrinären und Revisionisten nach wie vor klafft und erst ganz kürzlich durch ein Hutzend AArtikel derSozialistischen, Porateheften, von

Deutlches Reich.

Berliner Nachrichten.

Der Hansabund wächst: während der letzten drei Wochen traten ihm etwa 30 große wirtschaftliche, Verbände bei, darunter namentlich auch solche mittelständischer Ver­einigungen. Die Lebensmittel=Teuerung trägt offenbar dazu bei, dem Hansabunde die Mitglieder in Scharen zuzuführen. Der Deutsche Bauernbund kehnt eine Herabsetzung der Getreidezölle oder die Oeffnung der Grenzen zur Linderung der Fleischteuerung ebenso##it­schieden ab wie es der Bund der Landwirte tut. Die Tarenfür Stellenvermittler sind festgelegt. Nach dem mit dem 1. Oktober in Kraft tretenden Gesetze dürsn für die Vermittelung nur 1 bis 6 Mark erhoben werdet.; nur für Ammen ist eine Vermittelungsgebühr von 15 Mark zulässig. Arbeitgeber und=nehmer zahlen je die Hälfte der Gebühr. Der polnische Reichstagsab­Eslgeordnete Korfaniy soll auf einer öffentlichen Ver­sammlung zu Zabrze von einem sozialdemokratischen Gegner durch einen Messerstich ins Bein verletzt worden sein. Korfanty sollte die zahlreich anwesenden Sozialisten dadurch gereizt haben, daß er in der Versammlung Kirchenlieder singen ließ. Die peinliche Nachprüf­lung der Steuerdeklarationen durch die Be­Behörden ist leider unentbehrlich, so bitter sie auch von den deutschen Steuerzahlern empfunden wird. Allein in Preußen konnte lautTägl. Rdsch. den Steuerpflichtigen das Vorhandensein von rund 347 Millionen Mk mehr Einkommen nachgewiesen werden als sie selbst festgestellt hatten. Ohne die fiskalische Nachprüfung hätte also die Allgemeinheit für die Sünden einer kleinen Anzahl von Steuerzahlern die Steuer von den verschwiegenen 347 Mil­lionen Mark ausbringen müssen.

Der Kaiser

ist im Bellyer Jagdgebiet in um hier als Gast des Erzherzogs

tage zu verleben. Anfang nächster Woche trifft

dann in Wien ein. Der Kaiser hat also den Cholerafällen im Bellyer Gebiet keine Bedeutung beigelegt und konnte in dieler Auffassung auch von den Aerzten unterstüßt werden. Es ist eines der großartigsten Jagdreviere der Welt, in dem der Kaiser zurzeit weilt. Es besteht aus herrlichen Wäldern, die durch zahlreiche Sümpfe und Teiche unterbrochen werden. Hier haust eine Vogelwelt, die ihresgleichen in ganz Europa nicht hat, während in den Auen und Wäldern ein prächtiger, eigentümlicher Hoch­

wohl im Amte zu bleiben, nachdem es der Landesverein preußischer Lehrerinnen abgesehnt hatte, für eine Beseiti­gung der Verheiratungs=Klausel in den Anstellungs=Ur­kunden der Lehrerinnen einzutreten. Die neue Ver­einigung sägt in einer Resolution, sie verstehe es durchaus, daß die älteren Rolleginnen, die im Iwangs=Jollbat grau wurden, die Beibehaltung der Verheiratungs=Klausel for­dern. Das nker der Sonne der deutschen Frauenbewegung herangewachsene junge Geschlecht verlangt sein einfachstes Menschenrecht und zugleich das Recht der Selbstbestim­mung. Unter den Lehrerinnen sind viele, die dem Staate gesunde Kinder schenken könnten. Sie wollen aus der Berufsarbeit die Arbeit Ihres Lebens machen und den Werke der Volkserziehung treu bleiben durch alle Wechsel­fälle des Lebens. Sie sehen in der Ehe die große Er­ziehungsschule für den Volkserzieher und zugleich eine Kraftquelle für Mann und Weib. Die freie Verein!­gung, der zahlreiche Frauenrechtlerinnen ihre Sympathie bekunden, will eine sebhafte Agitation enkfalten und na­menrih auch die Parlamente für ihre Sache zu ge­winnen suchen.

Die kostenlose Behandlung in den Universitätskliniken.

Der preußische Kultusminister hat durch Er­laß abermals auf die Vorteile aufmerksam gemacht, die den Beamten und ihren Angehörigen erwachsen, wenn lie in Krankheitsfällen die Universitätskliniken in An­spruch nehmen. Diese Vorteile bestehen darin, daß in den Univerzitätskliniken außer dem täglichen Kurkosten­satz besöndere Kosten für Operationen und ärztliche Be­handlung nicht zur Erhebung gelangen und daß diese Kur­kosten erheblich niedriger sind als in Privatkliniken. Wünschen wir unsern Beamten, daß sie von diesem Ange­bot so wenig wie möglich Gebrauch machen müssen!

doch das Recht, unverzüglich in 24 Stunden seinem Richter vorgeführt zu werden! Welcher Grund lag denn vor, iese Ausländerin, die doch schon als seßhaft zu bezeichnen ist ein Dienstmädchen 14 Monake auf einer Stelle auszuweisen? Und mit welcher inneren Berechtigung konnte man sie acht lange Monate ihrer Freiheitenk­ziehen?

Ungarn eingetroffen, Friedrich einige Jagd­Woche trifft der Kaiser

den Führern des revisionistischen Flügels festgestellt wurde, den Auen uund Wäl

Lar-hase eter eiman

Mäiche usder Die Bia die Whaliter Ar Gishel ehien Wahlabkommen mit der Sozialdemokratie, wenn auch nur für die Stichwahlen, das Wort reden, dürfte diese Ver­kleisterung des Risses zwischen Doktrinären und Revisionisten eine ernste(Lehre bedeuten. Denn für einen Liberalismus könnte, mag sauch der Zweck die Mittel heiligen, die So­

zialdemokrsatie doch mur dann bündnisfähig sein, wenn in khr der srevisionistische Flügel triumphiert und sie nicht, wie bisher, in allen nationalen Fragen, zu denen wir auch die

zwar kürzlich erklärt, daß die Sozialdemokratie zu positiver

schaftspolitik bereit sei, so daß sich danach vielleicht gewisse

Moglichkeiten für ein Zusammenwirken der Sozialdemokratie wenigstens mit dem Linksliberalismus finden ließen, aber so­

lange sie ihre Taktik nicht ändern, und den Liberalismus zwingen will, in Sachen der Heeres=, Flotten= und Kolonial= politik umzulernen, kann von einer Bündnisfähigkeit der So­zialdemokratie doch auch wohl für den Linksliberalismus keine Rede sein, wenn er nicht zur dienenden Magd der Genosfen herabsinken will.

Der Linksliberalismus wird also angesichts der Tatsache, daß die Sozialdemokratie ihren alten antinationalen Klassen­kampfcharakter auch in(Magdeburg wieder aufrechterhält, im eigensten Interesse auf ein allgemeines Bündnis mit ihr für die Stichwahlen verzichten müssen. Um so wichtiger für unsere ganze politische Entwickelung dürfte es sein, wie sich die Nationalliberalen auf ihrem am 1. Oktober in Kassel zusammentretenden Parteitage gum Linksliberalismus stellen. Man hofft im sozialdemokratischen Zentralvorstande auf 110 bis 115 Wahlsiege und wäre damit in der Lage, gegebenen­falls mit dem jetzt ja noch regierungsfreundlichen Zentrum(100) eine Majorität zu bilden, während die dann vorhandenen Mandate der Konservativen und Liberalen ebensowenig zu einer solchen ausreichten, wie die des Zentrums und der Kon­servativen. Diese unter Umständen sehr leicht mögliche Ver­einigung von Schwarz und Rot oder auch nur ihre Androhung durch das Jentrum aber würde für unser gan­

zes nationales Leben die schwerste Gefahr bedeuten. Sie ist hauptsächlich heraufbeschworen durch die unter dem Beth­

den Charakter eines Urwaldes. Die Brunstzeit der Hirsche fällt in die Mitte des September. Kaiser Wilhelm war schon öfters hier zu Gast, einmal mit Kaiser Franz Josef zusammen im Jahre 1897.

Den Kaiserpreis für die besten Schieß­leistungen mit der Schiffsartillerie erhielt für das laufende Jahr der PanzerkreuzerScharnhorst. Ar­tillerieofftzier des Panzerkreuzers ist der Kapitänleutnant Paul Schrader. Die Große goldene Medaille für Kunst, die an Aussteller der Großen Berliner Kunst­ausstellung vergeben wird, verlieh der Kaiser dem unga­rischen Professor Gyula von Benczur. Die Goldene Me­daille erhielten: Der Graphiker Bauer in Amsterdam, der Maler von Szinyei=Merse in Budapest, der Bildhauer Felderhofk in Charlottenburg, der Architekt Habicht in Halensee bei Berlin und Maler Bergmann in Karlsruhe.

Mit der Rede des Fürsten Radolin beschäftigen sich dieKreuz=Itg. wie dieDeutsche Tages­Ztg. Das zuerst genannte konservative Organ bezeichnet die Wendungen, in denen per Pariser Botschafter von seiner ungebrochenen Kraft und der unerwarteten Abberufung sprach als bedauerlich. Die Deutsche Tagestg. bemerkt, Fürst Bis­marck habe die diplomatischen Fähigkeiten Radolins nicht sehr hoch eingeschätzt oder wegen dessen Beziehungen zum polni­schen wie zum französischen Adel kein besonderes persönliches Vertrauen zu ihm gehabt. Das Blatt hofft, daß der Nach­folger Radolins unter der energischen Direktion der Berliner Zentralstelle mehr Erfolge auf dem Pariser Posten erringen werde. Ein Einsender bestätigt demB. T., daß Fürst Radolin während seiner Sommerkur in Kissingen ein Schreiben des Reichskanzlers erhalten habe, das ihn tief verstimmte. Der französische Minister des Auswärtigen, Pichon. veranstaltet am 24. d. M., zwei Tage nach Ueberreichung des Abberufungs­schreibens, dem scheidenden Botschafter Fürsten Radolin zu Ehren ein diplomatisches Frühstück.

Eine freie Bereinigung deutscher Volksschullehrerinnen

mann Hollwegschen Regime eingetretene allgemeine Verärge= hat sich in Berlin zu dem Zweck gebildet, den Lehrerinnen rung. Wünschen wir, daß es nicht so weit kommt. das Recht zu erwirken, sich zu verheiraten und gleich­

Die Hundertjahrseier der Republik Mexiko,

die gleich Argentinien und Chile das Jubi äum ihrer vor 100 Jahren errungenen Unabhängigkeit von Spanien begeht, be­aleitet die deutsche er Reichsregierung mit ihren herzlichsten Wünschen. In einem Artite. derNordd. Allg. Itg. heißt es: Das ideutsche Reich hat das Aufbiühen Mexitos stets mit lebhafter Sympathie für das Land und seinen tat­kräftigen Präsidenten Porfirio Diaz verfolgt. Rege Handels­beziehungen bestehen zwischen Deutschland und der Republik: und die in Mexiko lebenden Deutschen haben sich des Ent­gegenkommens und der Förderung ihrer Interessen Seitens der merikanischen Regierung zu erfreuen gehabt. So be­gleitei Deutschland oie Zentenarfeier der Selbständigkeit Mexikos mit warmen Segenswünschen für das weitere Gedeihen des zukunftsreichen Staates. Die deutsche Anteilnahme ist be­reits dadurch zum Ausdruck gelangt, daß eine Sondergesandt­schaft den Präsidenten Porfirio Diaz ein Handschreiben Kaiser Wilhelms überreicht hat, worauf Porfirio Diaz seiner Freund­schaft für Deutschland in herzlichen Worten Ausdruck gab. Möge es, so schließt das Organ des Reichskanzlers, dem greisen Präsidenten, dem wir gleichzeitig unsre aufrichtigsten Glück­wünsche zum 80. Geburtstage aussprechen, noch lange vergönnt sein, mit weitschauendem Blick und zielsicherer Tatkraft die Regierung Mexikos zu leiten und das Land zu weiteren Er­folgen zu führen.

Acht Monate in Haft, weil ohne deutsche Staats­angehörigkeit?

Eine merkwürdige Geschichte von der achtmonatigen Inhafthaltung eines unbescholtenen ländlichen [Dienstmädchens wurde vor kurzem in der Presse er­zählt. Wir haben keine Notiz davon genommen, weil sie uns nicht recht glaubhaft erschien. Sie scheint aber doch wahr zu sein. Der Reichstagsabgeordnete Dr. Stru ve berichtet nämlich in derKieler Zeitung":

Ein Landmann auf der Insel Fehmarn hatte am 12. Nov. 1908 die polnische Galizierin Josepha Kastan als Dienstbotin gemietet und, weil er mit ihr zufrieden war, sie über ihren Vertrag hinaus behalten. Am 5. Januar 1910, also nach 14 Monaten, wird sie auf Anordnung des Landrats des Kreises Oldenburg verhaftet, weil sie, wie es in der Anordnung heißt, als Ausländerin das deutsche Staatsgebiet spätestens am 20. Dez. 1909 hätte verlassen müssen. Eingaben des Arbeitgebers wie des Mädchens fruchten auch heim Regierungspräsidenten nichts; die Haft­entlassung wirdnach Lage der bestehenden Vorschriften abgelehnt. Ansang Septembe; wurde die Magd nach Neu­münster gebracht. Ihr Brotherr soll die Kosten dieser acht­monatigen Haft tragen: er weigert sich natürlich.

Wir schließen uns den Fragen von Dr. Struvé an: Wie ist es möglich, daß ein unbescholtenes junges Mädchen 8 Monate in Haft bleiben kann weil es bei einem deutschen Bauern notwendige Feld= und Hausarbeit verrichtet, ohne deutsche Staatsangehörige zu sein? Wo bleibt das zuständige Amtsgericht? Jeder auf Grund eines Vergehens oder Verbrechens Inhaftierte hat

Ausland.

Holland.

Das belgische Königspaar wurde bei seinem Antrittsbesuche in Holland von der holländischen Bevölkerung um so lebhafter begrüßt, als jetzt zum ersten Male seit der Trennung der beiden Staaten im Jahre 1831 ein belgischer Souverän offiziell in Holland erscheint. Die Blätter widmen dem belgischen Königspaare, das aus dem Amsterdamer Bahn­hof von der Königin Wilhelmine und dem Prinz=Gemahl empfangen wurde, sympathische Begrüßungsartikel. Am Don­nerstag abends fand in dem altertümlichen Amsterdamer Schlusse ein Prunkmahl statt. auf dem Königin Wilhelmine und König Albert von Belgien herzliche Trinksprüche mit einander austauschten. Beioe Toaste wurden in französischer Sprache ausgebracht, trotzdem man in Holland stürmisch den Gebrauch der holländischen Sprache gefordert und König Albert sich dazu auch bereit erklärt hatte. Der König von Belgien hat seinem Heere den LenkballonBelgique III zum Geschenk gemacht. Der belgische Kriegsminister hat dem König für das Geschenk namens der Armee seinen Dank aus­gedrückt.

Oesterreich=Ungarn.

Die Untersuchung gegen den österreichischen Journalisten Baron Ungern=Sternberg ist ab­geschlossen, die Anklage wegen Hochverrats ist vollständig in sich zusammengefallen. Als Baron Ungern=Sternberg seiner­zeit verhaftet wurde, beschuldigten chaupinzistische Petersburger Blätter sogar die österreichisch=ungarische Botschaft in Peters­burg der Spionage, sodaß es eine Art diplomatischer Spannung gab. Die Hetze mißglückte schließlich aber doch an der Klar­heit des Tatbestandes.

Frankreich.

Präsident Fallieres weiß während seines Aufenthalts im Manöver dem Empfinden der Franzosen zu schmeicheln, indem er lebhaftes Interesse an den Leistungen der Flieger im Manöver zeigt. Er zeigte sich hochbefriedigt, als ihm Leutnant Sido berichtete, er habe von seinem Aeroplan aus sogar die provisorischen Verschanzungen und Laufgräben deut­lich sehen können. Dieses Interesse des Präsidenten teilt übrigens sein Kollege Marschall Hermes der Fonseca von Bra­silien, der bekanntlich auch als Gast des Kaisers an den deut­schen Manövern in Ostpreußen teilnahm und nach deren Beendigung sofort in die Picardie eilte.

Orient.

Neue Verhaftungen griechischer Abge­ordneter. Die Konstantinopeler Polizei verhaftete fünf weitere Abgeordnete der Nationalversammlung. Es heißt, daß gegen alle Abgeordnete Haftbefehle erlassen worden sind.

Afrika.

In den Vereinigten Staaten von Südaf­rika haben die Wahlen unter höchst unklaren innerpoliti­schen Verhältnissen begonnen. Es herrschen scharfe Gegensätz­sowohl in der Frage der englischen Einwanderung wie in der Gewährung des Wahlrechts an die Reger. Der junge Unionsstaat laboriert noch an den Kinderkrankheiten, die überwunden werden müssen.

Amerika.

Roosevelt will Kaiser von Amerika wer­den! Nichts geringeres behaupten einige Newyorker Blätter, die im Dienste der großen Trusts stehen und daher daraufhin arbeiten, den Expräsioenten politisch unmöglich zu machen. Wird Roosevelt wiederum Präsident, was wahrscheinlich ist, so wird sein Einfluß natürlich größer sein als der irgend einer anderen Persönlichkeit, die zu der höchsten Ehrenstellung in der Union gelangt; die republikanischen Schranken, die seiner Macht gezogen sind, wird Teddy Roosevelt respektieren. Er ist viel zu klug dazu, um anders handeln zu können und politischen Selbstmord zu begehen. Die Ausstreuung der falschen Mel­dung zeigt aber wieder, mit welchen Mitteln im amerikanischen Wahlkampfe gefochten wird.

Von Hah und Fern.

zte Falschmünzer Wilde, der dieser Tage aus dem Marstallgefängnis in Lübeck ausge­brochen war, ist wieder ergriffen worden. Er wurde in der Scheune eines Landmannes in Brodten bei Travemünde von

Der berüchtigt­(Miur

Deutsche Damen.

Dlauderei über die Sntstebung und Entwickelung unserer Derlonennamen.

Von Karl Soldbeck, Mülheim(Ruhr).

Bei allen indogermanischen Völkerschaften findet man in der Bildung der Namen eine so auffallende Uebereinstimmung, daß die Grundregel der Namensbildung notwendig aus der Zeit der Urgemeinschaft herstammen muß. Danach setzen sich die Namen aus zwei Worten beliebiger Bedeutung zusammen. Zum Beispiel im Deutschen: Wolf=gang, Friede=rich(reich); im Altgotischen: Devo=gnata(Devos= Gott, gnata=Toch­ter); im Altindischen: Deva= dattas(Deva= Gott, dattas= geschenkt.) Eine bei den alten Germanen nachweisbare Sitte war, daß in den Kindesnamen eins der Glieder aus der Namenszusammensetzung des Vaters oder der Mutter aufge­nommen wurde. Hieß der Vater Wolfgang, so wurde der Sohn zum Beispiel Wolfbert genannt, wobei also die Silbe Wolf im Sohnesnamen wiederkehrt. Die Endbildung des neuen Namens war dann natürlich nicht immerbert: dies dient hier nur als Beispiel. Dadurch wurden nun oft Worte vom ganz entgegengesetztem Sinne verbunden, z. B. Fridu­gundis. Fridu heißt aber Friede, und gundis heißt Kampf.

Unsere Vorfahren behalfen sich vor dem 12. Jahrhundert mit nur einem Namen, aus dem später sich unser heutiger Vor­name entwickelte. Man geht sicher nicht fehl, wenn man be­hauptet, daß diese ersten Einzelnamen ursprünglich von einer Charaktereigentümlichkeit, einer körperlichen Eigenschaft oder einer Tätigkeit des Betreffenden hergeleitet u. den, denn in fast jedem unserer noch jetzt gebräuchlichen Vornamen, mögen diese nun rein germanischen, oder lateinischen, griechischen oder gar hebräischen Ursprungs sein, liegt irgendeine derartige Be­deutung. So bedeutet z. B. der altdeutsche Name Friedrich: der Friedfertige, ferner ist Hermann= der Krieger. Karl= der Starke, unser Malchen oder Amalie oder urdeutsch Amalgunde = die Fleckenlose, Walter= oer Gebieter, Werner oder ur­sprünglich Querner= der Müller usw. Neben unseren rein deutschen Namen haben wir aber eine ganze Menge solcher, die aus dem Römischen, also aus der lateinischen Sprache her­stammen. So zum Beisviel Namen wie Barbara die Aus­länderin, die Fremde: Paul(Paulus)= der Geringe, Kleine; Philipp(Philippus)= der Pferdefreund. Denn der Deutsche hat nicht nur heute, sondern hatte auch früher schon eine

fabelhafte Hochachtung vor allem Ausländischen und der römische Besieger mit seiner verfeinerten Kultur imponierte ihm mächtig. Deshalb empfand es auch schon der Germane der Vorzeit außeroroentlich wohltuend, wenn er sich noch einen römischen Namen anhängen oder wenigstens seinen geutschen Namen römisch umbilden konnte. Enolich sei noch erwähnt, daß wir als Folge der Vermischung von Germanen und Juden auch aus dem Hebräischen Namen übernommen haben. So kommt beispielsweise der Name Anna von dem hebräischen channäh= die Gnade her und bedeutetdie Heilige, oder Gottselige. Ferner stammt der Name Elisabeth von dem hebräischen Elischeba=Gott ist mein Eid und heißt eigent­lichdie Gottgelobte.

Es würde über den Rahmen dieser Schilderung hinaus­gehen, noch mehr Namenserklärungen anzugeben. So mögen denn diese Beispiele genügen.

Als nun im 12. und 13. Jahrhundert durch die Kreuz­züge und Romfahrten, sowie durch das Vordringen der deut­schen Ordensritter nach Preußen die Leute hierhin und dort­hin geworfen wurden, waren weitere Namensunterscheidungen notwendig geworden. Walters und Ekkehards usw. gab es nun unzählige. Wenn sich nun auch die, welche von Jugend auf in einer Gegend gelebt hatten, rrotz der vielen gleichen Namen gegenseitig auseinanderhalten und unterscheiden konnten, so war das schon weit schwieriger bei den fremd zugewanderten gleichen Namens. Da genügte es nicht mehr, einfach Philipp oder Hunwulf zu Leißen; man wollte doch genau wissen, mit was für einem Huwulf usw. man die Ehre hatte. Dem Nagien mußte daher ein unterscheidender Zusatz angefügt werden. Nahe lag nun die Unterscheidung durch Hinzufügung des Herkunfts­ortes. Die von altersher sandsässigen Herrengeschlechter unter­schieden sich nach den Namen ihrer Burgen. So kam es dann allerdings, daß leibliche Brüder bisweilen verschiedene Zunamen bekamen. Es trat also damals gerade der umge­kehrte Fall ein, wie wir ihn heute haben. Denn, wenn es heut­zutage keinem Menschen einfällt alle Meiers für Brüder zu halten, so konnten damals sehr wohl dievon Hoheneck und dievon Falkenhorst leibliche Brüder sein. Sie hatten sich eben nach ihren Burgen unterscheidende Beinamen hinzugefügt. Unter diesen Namen lebten sie im Volksmund weiter und der Hang des Deutschen zur Erblichkeit tat das Seinige, daß die Namen haften blieben. So entstanden im Lauf der Jahr­hunderte die alten Adelsgeschlechter.

Aber bekanntlich hat nicht in jedem Falle ein mitvon zusammengesetzter Name den Anspruch auf Adel. Ebensowenig

wie das bei den Namenzusammensetzungen mit den Wörtchen zur.aus der.aus der usw., die man besonders häufig im Westfälischen und im Rheinland findet, zutrifft. Sie verdanken freilich auch ihre Entstehung dem früheren Unter­scheidungsbedürsnis, denn es war am bequemsten, einen aus einem fremden Orte Zugewanderten durch Hinzufügung des Namens der Ortschaft, woher er kam, zu bezeichnen, ebenso wie man mit Leichtigkeit zwei Bauern, die beide Ruprecht Rupert(altdeutsch für Rotbart) hießen, nach der Angabe der Lage ihrer Höfe unterschieo sie also beispielsweiseRup­recht auf der Aue undRuprecht zur Heide nannte. Diese Wackeren wären nun sicherlich sehr erstaunt gewesen, wenn sie wegen dieser adlig ilingenden Bezeichnung jemand für ritter­bürtig angesehen hätte.

Häufig bildete man auch aus dem Namen des Herkunfts­sortes ein Adjektiv, das man dann dem vorhandenen Personen­namen vorsetzte. Also nannte man etwa einen Werner, der aus Ulm stammte, denUlmer Werner, einen Christoph, der aus dem Sauerlande war, denSauerländer Christoph. Leicht verständlich ist serner die Namensbildung nach körper­lichen Eigenschaften, wie der Lange, Kurze, Breitkopf oder nach der beruflichen Tätigkeit und sozialen Stellung, wie Konrad der Becker(Bäcker), Wilhelm der Schmied, woraus später Schmidt wurde, Heinrich der Vogt, Wolfrat der Schulze. Die Namen Maier oder Meier, die besonders beängstigend zahlreich sowohl als einfache Meiers wie in allen möglichen Zusammensetzungen in Westfalen vorkommen, haben ihren Ur­sprung in dem lateinischen masor domus(Hausmaier, Haus­meister.) Die Zusammensetzungen sind leicht dadurch erklär­lich, daß man die Meiers schließlich doch auch gern wieder von ein­ander unterscheiden wollte u. deswegen ihrem Namen einen auf ihre Persönlichkeit passenden Zusatz gab, wodurch sich Namen wie Elkmeier, Kniepmeier und ähnliche ergaben. Die vielfachen Zusammensetzung mitsohn oder friesisch und dänischsen wie in den Namen Georgsohn und Michelsen sagen uns ferner daß der Nachkomme häufig nach dem Vater unter Anhängung obiger Endungen genannt wurde, eine Wortbildung, die wir auch im Altgriechischen wiederfinden.

Auch der Humor, der ja zu einem guten Teil im deutschen Volke steckt, hat das Seine zur Namensbildung beigetragen, denn wo kämen sonst wohl die vielen possierlichen Namen her? Ein Christoph, der gern Pfannkuchen, niederdeutsch Pan­kole,, bekam eben den Spitznamender Pankoke=Christoph. und ein Gottfried, der bei jeder Gelegenheit mit dem Kopf schüttelte, wurde sehr schnell derSchüddelkopf=Gottfried

Im Laufe der Zeit wurden die Zunamen dann an die zweite Stelle gerückt.

Als nach dem dreißigjährigen Kriege der Deutsche auch das Bischen Nationalstolz, das er sich bis dahin erhalten hatte, ganz und gar verlor, tam sich derjenige ausnehmend wichtig vor, der seinen Namen ins Lateinische übersetzen und so aller Welt zeigen konnte, daß er doch auch etwas gelernt hatte. So wurde damals Fleischmann zu Sarkander und Bäcker zu Pistorius, aus Schneider wurde Sartorius und der Müller wurde zum Molitor, während der gute Blei sich in Plumbum verwandelte. Dem ging es aber nun ganz absonderlich. Nach­kommen von ihm, die nicht Lateinisch gelernt hatten, machten aus dem Plumbum einen Plumboom und deren Nachkommen wieder, denen der platt= oder niederdeutsche Plumboom gar­nicht gefiel, erhoben ihren Namen in den hochdeutschen Pflaum­baum. So ist aus dem Urahnen Blei schließlich ein Pflaum­baum geworden.

Eingehender und ganz ausführlich unsere Namensentwicke­lung zu verfolgen und zu schildern, würde hier zu weit führen, Diese bescheidene Skizze soll auch durchaus nicht den Anspruch auf wissenschaftliche Ausführlichkeit machen. Wer sich dafür interessiert, sei auf die Werke von WackernagelDie germa­nischen Personennamen, oder von Tobler=MeyerDeutsche Familiennamen nach ihrer Entstehung und Bedeutung" oder endlich auf eine von Dr. Hans Sendling geschriebene Ab­handlung verwiesen, Werke, die auch dem Verfasser dieser einfachen Ausführungen als Unterlage gedient haben.

Erwähnt mag schließlich noch werden, daß auch heute bei dem Deutschen der Hang, seinen Namen ausländisch zu krisieren. immer noch nicht erstorben ist. Ein nach London oder Newyork ausgewanderter Johann Schmidt wird dort unrettbar zum John Smith. Bei unseren Landsleuten, die ins Ausland gehen, läßt sich das vielleicht begreifen. Traurig ist es aber, daß Deutsche in der deutschen Provinz Posen so im Polentum auf­gehen können, daß sie sogar ihren Namen auf polnische Art umbilden. So gibt es wie Schreiber dieses bei seinem fast zweijährigen Aufenzhelt, in der, Hauptstadt. Posen, seftstelleg

schreiben. Ein

ihert zienen Es vor, Lich.Sötmann und

Szubert" zu schreiben. Das kann man nicht mehr Anpassungs­vermögen, sondern nur noch ein würdeloses Aufgeben ihrer deutschen Nationalität nennen!

zweijährigen Aufenthalt in der Hauptstadt Posen fest konnte dort zahlreiche Leute namens Schulz, die Geschäftsrücksichten ihren NamenSzulg schreiben. Schumang und ein Schuvert ziehen es vor, sich