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Amtliches Kreisblatt für den Stadt= und Landkreis Mülheim a. d. Ruhr.

Offizielles Organ für die amtlichen Veroffentlichungen des Kreisausschusses, des Amtsgerichts, der Stadtverwaltung und der Landbehörden.

Chefredakteur: O. Ottweiler, Mülheim(Ruhr). Verlag: Mülheimer Zeitung G. m. d. H. Druck von Ernst Marks in Mülheim(Ruhr). Hauptgeschäftsstelle: Eppinghoferstraße 38.

Geschäftsstellen: Alstaden: Aug. Briem, Wilhelmstr. 35..=Broich: Julius Kurz, Schloßstr. 3. Heißen: Franz Klostermann, Rathausplatz..=Saarn: Ernst Winternheim, Marktplatz.

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Donnerstag, 6. Januar 1910

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Deutsches Reich.

Vereinsachung der Rechnungsprüsung.

Das allfährlich zu erlassende Gesetz über die Kon­krolle des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß=Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete wird diesmal dem Bundesrat und dem Reichstage in wesentlich veränderter und erweiterter Form vorgelegt werden. Denn es besteht, wie dieN. P.. erfährt, die Absicht, bei dieser Gelegenheit die Vereinfachung der Eechrungsprüfungen anzubahnen, welche schon seit san­

##n einhellig gewünscht wird. Namentlich soll ein Teil der Rechnungen den Verwaltungsbehörden zur ausschließ­lichen Prüfung überlassen, ein anderer Teil aber vom Rechnungshofe allein ohne vorherige Inanspruchnahme der Verwaltungsbehörden geprüft werden. Bei einer

srößeren Anzahl von Rechnungen soll es genügen, wenn sie vom Rechnungshof nur zeitweise oder durch Stich­proben geprüft werden.

Der sozialdemokratische Preußentag

setzte seine Verhandlungen am vergangenen Diens­tag fort. Nachdem die Erörterungen über die preußische Wahlreform mit der Annahme einer Resolution abge­schlossen worden war, welche die Entfachung eines Wahl­rechtssturmes nicht nur in Preußen, sondern in ganz Deutschland forderte, beriet man in sehr ausführlicher Weise das von dem Ausschuß entworfene umfangreiche Kommunal=Programm. In der Debatte for­derte ein Redner die Uebertragung der Armenlasten auf den Staat, weil den Kommunen dadurch große Aus­gaben erwüchsen, daß die Großgrundbesitzer die Armen nach der Stadt abschöben. Ein anderer Redner forderte stärkere Heranziehung der Großbetriebe zur Gewerbe­steuer, deren Herabsetzung den großen Aktien=Gesellschaften zu gute komme. Ein dritter forderte die Bezahlung der Schulärzte durch den Staat usw. Der Entwurf wurde schließlich angenommen. In der sehr ausgedehnten De­batte trat eine Genossin für den Massen=Anschluß der Frauen an die Sozialdemokratie ein. Zu dem Programm soll ein Kommentar ausgearbeitet werden. Zum Schnapsboykott wurde ein Antrag einstimmig an­

gencmunen, worin der Preußentag an den Beschluß des weipziger Parteitageserinnert, der die Arbeiterschaft hussordert, aus politischen, kulturellen und wirtschaft­lichen Gründen den Genuß von Branntwein zu meiden. Das Wörtchenerinnert war auf Antrag der Frau Zetkin an die Stelle der ursprünglichen Worteerneu­ert und bekräftigt gesetzt worden. In Sachen der Schnaps=Boykottierung können sich die Parteiführer, wie man sieht, gar nicht zart und vorsichtig genug ausdrücken. Zum Schluß gab es dann die große Wahlrechtsdebatte. die schon an ersten Sitzungstage wiederholt angeschnitten worden war.

Zur Beschlagnahme russischer Staatsgelder

äußerte sich der frühere russische Ministerpräsident Graf Witte dahin, der Vorfall sei, friedliebende Absichten der deutschen Diplomatie vorausgesetzt, einfach dumm, die Beschlagnahme der Staatsdepots mindestens inkor­rekt und geeignet, von dem russischen Volke als eine Herausforderung aufgesaßt zu werden. Sollte das Berliner Bankhaus Mendelssohn u. Co. die betrefsenden Gelder herausgeben, dann würde der russische Staat alle seine zahlreichen Guthaben aus deutschen Banken zu­rückziehen, wodurch in der deutschen Finanzwelt größe Verheerungen angerichtet werden würden. Einstweilen erwartet Graf Witte jedoch eine gütliche Beilegung des Zwischenfalles. In derKreuzztg verficht ein nam­hafter Jurist die Auffassung, daß der Arrest=Beschluß des Berliner Amtsgerichtsabsolut unzulässig ist, gleich­viel ob das Urteil von dem Deutschen Kolonialgericht in Tsingtau oder von einem zuständigen russischen Gericht erlassen worden ist.

Die deutsch=amerikanische Tariffrage.

Der Austausch der herzlichen Neujahrswünsche zwi­schen unserem Kaiser und dem Präsidenten Taft beweist, daß in Berlin wie in Washington großer Wert auf die Erhaltung und Befestigung guter deutsch=ameri#anischer Beziehungen gelegt wird. Diese Beziehungen sind ihrer Natur nach vorwiegend handelspolitischer Natur, und da ist es denn erfreulich, daß die Union doch etwas Entgegen­kommen gegen berechtigte deutsche Wünsche gewühre: zu wollen scheint. Der amerikanische Botschafter Hill, der kürzlich nach Berlin zurückkehrte, hofft lautVoss. Ztg. auf Grund seiner in Washington eingezogenen Er­knotugungen auf einen günstigen Ausgang der Ver­handlungen über die Zolktariffrage und auf die Ver­einbarung eines neuen handelspolitischen Abkommens zwischen Deutschland und Amerika. Auch von anderer Seite wird erklärt, daß die Maximalsätze des ameri­kanischen Tarifs nicht in Kraft treten würden. Statt einer weiteren Erhöhung der Zölle ist eine Ermäßigung

möglich, ja sogar wahrscheinlich, und tritt sie nicht schon in dieser Kongreß=Session ein, so in der folgenden, die im Dezember d. J. beginnt.

Eisenach=Dermbach.

Die nationalliberale Parteileitung gibt bekannt, daß sie bei der Aufstellung eines Kandidaten für die Reichstagsersatzwahl in Eisenach=Dermbach, beständig in Fühlung mit den Freisinnigen geblieben ist. Zwek Kandidaten waren bereits in Aussicht genommen, es wurde jedoch ein dritter in der Person des Herrn Krug aufgestellt, weil die Freisinnigen einen liberalen Landwirt als Abgeordneten wünschten. Abgeordneter Müller=Mei­ningen äußerte zu der Kandidaten=Wahl: Ein besserer Beirerber hätte überhaupt nicht gefunden werden können. Diess, Feststellungen sind welentlich, da bekanntlich die Freisinnigen jetzt gegen die Kandidatur Krug auftreten.

Die Polen im Vormarsch.

Wenn der österreichische Justizminister die gegen die preußischen Waren gerichteten Bewegungen in Galizien daraufhin überwachen läßt, ob nicht etwa gesetzlich un­statthafte Maßnahmen angewandt werden, so ist das recht bezeichnend für den Haß, der in dem klassischen Land der Polenbewegung gegen alles Deutsche besteht. Die Erklärung, Galizien solle unabhängig gemacht wer­den von der preußischen Industrie ist nichts weiter als eine Ausrede. Es ist im allgemeinen ein Vordringen des Polentums auf der ganzen Linie zu bemerken, und sehr bezeichnend ist die Vermehrung des polnischen Bank­tresens in den rheinisch=westfälischen Kohlenrevieren. Um so bedauerlicher ist dann, wenn man hört, daß die größte Ackerbürgerwirtschaft in Herrnstadt, Schlesien, von einem Deutschen an einen Polen verkauft wurde.

Beteiligung von Gewerbetreibenden an der

Fortbildungsschule.

Die Gewerbetreibenden beklagen sich häufig darüber. daß sie nicht in der Lage seien, die Wünsche und Be­dürfnisse der Praxis bei der Verwaltung der Fortbildungs­schulen, besonders bei der Aufstellung der Lehrpläne, geltend zu machen. Hierdurch wird natürlich das Inter­esse der Gewerbetreibenden an der Fortbildungsschule und das gute Einvernehmen nicht gefördert. Es ist deshalb zu begrüßen, daß der Minister für Handel und Gewerbe die Gemeindeverwaltungen in einem Erlaß darauf hin­weist, Vertreter der Gewerbszweige, deren Lehrlinge und Arbeiter die Schulen besuchen, also Fabrikanten, Hand­werker und Kaufleute in die Schulvorstände und Schul­kuratorien einzubeziehen. Zugleich regt der Minister an, Praktiker(Techniker und Handwerker) mehr als bisher als Lehrer zur Erteilung des fachlichen Zeichen=Unter­richts und etwaigen weiteren Fachunterrichts heranzu­ziehen. Um solchen Praktikern Gelegenheit zu geben, die Grundsätze der Pädagogik und Methodik sich anzueig­nen, will der Minister besondere Kurse hierfür einrichten, wie deren einer jüngst in Krefeld abgehalten worden ist. Mit dieser Anregung kommt der Minister den trie­derholt geäußerten Wünschen der Gewerbetreibenden ent­gegen.

Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Entsprechend den erhöhten Aufwendungen des Staates für Beamtengehälter, öffentliche Bauten und für die son­stige Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes sollen die Kosten für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­barkeit mit Ausnahme der Kosten für Vormundschafts­sachen eine Erhöhung erfahren. Eine diesbezügliche Vorlage wird dem Landtage gleich nach seiner Eröffnung im Laufe dieses Winters zugehen. Es kommen in Frage die Kosten für gerichtliche Urkunden, als Verträge, Schuld= und Pfandverschreibungen, Beglaubigungen von Unterschriften. Verfügungen unter Lebenden und von Todeswegen, für Grundbuch= und Handelssachen. Da an­zunehmen ist, daß die Bestimmungen des neuen Ge­setzes bereits am 1. April dieses Jahres in Kraft tre­ten werden, ist anzuraten, Geschäfte in obigen Angele­genheiten der Kostenersparnisse halber wenn möglich vor diesem Zeitpunkte zu erledigen.

Schule und Kirche.

Der Lehrermangel in Preußen hält noch immer an, wenn er auch nicht mehr so empfind­lich fühlbar wird wie früher. Wie derFrankf. Itg. mitgeteilt wird, ist die Zahl der unbesetzten Lehrerstellen unter Berücksichtigung der durch Lehrerinnen verwalte­ten auf 1000 zurückgegangen, während sie im Jahre 1908 1348 betrug. Um dem Lehrermangel auch weiterhin ab­zuhelsen, hat sich die preußische Unterrichtsverwaltung be­kanntlich entschlossen, auch im neuen Jahre neue Semi­nare zu errichten.

Aus den Kolonien.

Das deutsch=ostafrilgnische. Bezirks­amt Wilhelmstal hat nach derTägl. Rundsch. ein­geborenen Aerzten Scheine ausgestellt, in denen ihnen bescheinigt wird, für welche Krankheitsheilungen sie qualifiziert und welche Taxen sie erheben dürfen. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine staatliche Konlessionierung der Sympathie= und Zauberkuren. Die Aerzte verfügen manchmal über ganz wirksame Haus­mittel und in dieser Hinsicht will man ihre Praxis unter­stützen, andererseits aber soll gerade durch die staatliche Kontrolle dem Kurpfuscher= und Charlatanwesen gesteuert werden. Das Ganze aber ist ein Versuch und man muß die Resultate abwarten.

Die Entwicklung Tsingtaus, des Hafens von Kiautschou, hat, wie dieBerl. N.. von maß­gebender Seite erfahren, auch im abgelaufenen Jahre eine weitere erhebliche Aufwärtsbewegung erfahren, die vor allem der seit dem Ausbau des Hafens. d. h. also seit 10 Jahren, ununterbrochen gestiegenen Ausfuhr zu­zuschreiben ist.

Ausland.

Frankreich.

= Clemenceau will nicht wieder in die Regie­rung eintreten, sondern sich im Sommer nach Südame­rika begeben, um dort nach dem Beispiel von Anatole France und Enrico Ferri Vorträge über Sozialismus zu halten.

Rußland.

= Besonders scharf geht die Polizei neuerdings wieder gegen die Zeikungen vor, von denen rer­schiedene mit hohen Geldstrafen belegt wurden. Von einem Warschauer Blatte wurden sämtliche Redakteure und das technische Personal verhaftet und ins Gefängnis abge­führt. Die Untersuchung gegen den Mör­der des Chefs der politischen Polizei Karpow, den Revolutionär Woskressensky=Petrow, ergab, daß das Ver­brechen im Auftrage des Revolutionskomitees von Wos­kressensky ausgeführt wurde. Die Deutung, der Genannte habe sich als Polizeispitzel durch den Mord vor seiner Partei rehabilitieren wollen, hat sich als unbegründet herausgestellt.

Orient.

Der Vorsitzende der Militärliga, Oberst Zor­bas, sagte einem Pariser Zeitungsvertreter: Alles deu­tet auf eine Beruhigung hin. Wir hoffen, daß die Kam­mei die von ans vorgeschlagenen Maßnahmen für eine nationale Wiederaufrichtung Griechenlands annehmen wird. Die Militärpartei bemüht sich jedoch umsonst, sich vor dem Auslande als die Harmlosigkeit in Person auf­zuspielen; jedermann weiß dort, daß Griechenland unter ihrer Willkürherrschaft schmachtet.

Montenegr o ist voller Freude darüber, daß französische Kriegsschiffe seinen Hafen Antivari besuchten, der nach der Balkap=Uniwälzung des vergay­genen Jahres für fremde Kriegsschiffe geöffnet wurde Fürst Nikita und Präsident Fallieres tauschten aus An­laß des Besuches herzliche Begrüßungstelegramme aus. In einigen Wochen werden französische und russische Kriegsschiffe vor Antivari erscheinen und gleichzeitig dem Fürsten zum Regierungsjubiläum huldigen

Marokko.

= Die Hafenbauten von Larasch in Ma­rokto werden von deutschen Firmen ausgeführt wver­den. DerKöln. Ztg. wird darüber aus Tanger ge­meldet: Die Ausführung der Hafenbauten von Larasch durch eine deutsche Gesellschaft ist allein durch das Zu­standekommen der Anleihe sichergestellt. Die Münchener Firma Sager und Worner, die für Marokko mit der Baufirma Holtzmann u. Co. in Frankfurt a. M. syndi­ziert ist, wird den Hafenbau ausführen, sobald die Ein­zelheiten wegen der Ratenzahlung mit der marokkani­schen Regierung geregelt sind. Es soll eine vorgelagerte Barre beseitigt werden, die das Löschen von Waren bis­her manchmal monatelang unmöglich machte. Man er­hofft von dem Ausbau des Hafens eine bedeutende He­bung der Schiffahrt und des Handels. An den Hafen­bau von Larasch werden sich größere Verbesserungsarbei­ten auch an anderen Häfen Marokkos schließen, was für den deutschen Handel ebenfalls von Bedeutung ist. Die deutsche Einfuhr nach Marokko hat sich infolge der Ein­führung deutschen Zuckers von 4 zu 9 Prozent gehoben. Der neuen kurzen Beschießung von Alhucemas durch Rifftabylen wird im Madr ider Kriegsministerium keine besondere Bedeutung beigemessen. In Paris wird es unangnehm bemerkt, daß Sultan Mulay Hafid seine

Gunst offentsichtlich den türkischen Instruktionsoffizieren zuwendet unter Vernachlässigung der Franzosen. Kö­nig Afons ordnete die Verteilung von Truppen in dem spanischen Interessengebiete Marokkos an, da der Friede im Riff noch immer unsicher ist, wie die neuer­zinge wieder erfolgte Ermordung von drei spanischen Soldaten durch Mauren beweist.

Von Hah und Fern.

Der Tod Delagranges.

Wie sich eigentlich der Absturz, bei dem Delagrange das Leben verlor, zugetragen hat, darüber gehen die Lesarten auseinander. Nach den einen Berichten wäre, wie schon mitgeteilt, ein Flügel gebrochen; dagegen be­richtet der Matin, daß sich plötzlich beide Flügel in die Höhe gerichtet, dann zusammengeschlagen hätten. und der Apparat sofort aus einer Höhe von etwa 35 Metern zu Boden gestürzt sei und Delagrange unter seinen Trüm­mern begraben habe. Man zog ihn sogleich hervor, aber er war schon tot. Der Befund ergab Schädelbruch, Rip­penbrüche und einen Beinbruch. Wie die Augenzeugen berichten, hatte Delagrange bei seinem Fluge gegen star­ken Wind zu kämpfen. Er hatte aber schon dreimal die Flugbahn glücklich umflogen, wobei er, wie man deut­lich sah. bei den jedesmaligen Wendungen stark vom Winde behindert war. Plötzlich erfolgte das Unglück. Die in den Abendstunden in Paris eintreffende Nach­richt von dem plötzlichen Tode Delagranges bei einem Flugversuche in Vordeaux verursachte Trauer und auf­richtige Bestürzung. Die Zahl der Opfer des Luftfluges (Lesebre, Ferber, die Offiziere derRepublique) hat sich seit einiger Zeit unheimlich vermehrt. Delagrange zählte zu den Ruhmestiteln der jungen Wissenschaft. Er war erst 36 Jahre alt, hatte sich durch seine Flüge im Lager von Chalons ausgezeichnet und sich in der Woche von Betheny bemerkbar gemacht.(Delagrange ist bekanntlich auch in Köln geflogen.) Delagrange bediente sich nicht seines gewöhnlichen Apparates, der ein Zweidecker nach Art der Farmanschen war, sondern wollte in neuerer Zeit mit einem Eindecker nach Art der Blériotschentrai­nieren. Dies wurde sein Verderben.

Vom vermißten Ballon Luna.

Von den Insassen des vermißten BallonsLundk, Leutnant Richter, ist leider noch immer kkein Lebens­zeichen eingetroffen, so daß sich der Sächsische Verein für Luftschiffahrt veranlaßt gesehen hat, eine Belohnung von 1000 Mark demjenigen zuzusichern, der imstande ist, sichere Kunde über den Verbleib des Ballons zu geben. Im Sächsischen Verein für Luftschiffahrt ist man jetzt der Ueberzeugung, daß, falls Leutnant Richter überhaupt noch am Leben ist, vor Ende März keine Nachricht von ihm eintreffen kann. Es bestehe nämlich höchstens noch die Möglichkeit, daß er sich in einem Fischerdorfe an der Grenze von Finnland und Schweden befinde. Von dort aus eine Verbindung mit der Außenwelt herzu­stellen, sei aber gewöhnlich erst Ende März möglich. Von besonderem Interesse ist, daß Leutnant Richter von sei­nen Eltern noch ausdrücklich vor dem Antritt dieser Re­kordfahrt gewarnt worden ist. Um sich diesen Warnungen zu entziehen, hat er seine Eltern deshalb seit dem 9. Dezember, seinem Geburtstage, überhaupt nicht wieder aufgesucht.

Die Motive für die Ermordung des Fürsten Ito.

Die gerichtliche Untersuchung gegen den Koreaner An, den Mörder des Fürsten Ito, und acht seiner Landsleute, die als Mitschuldige verhaftet worden sind, schreitet nur langsam vor­wärts, da die Aussagen Aus und seiner angeblichen Komplizen sich widersprechen. Nach brieflicher Meldung an dasB.. aus Söul hat An den korcanischen Zeitungen zufolge erklärt, er habe den Fürsten Ito wegen folgender Handlungen ermordet:

1. Ito habe den Plan zur Ermordung der Kaiserin im Jahre 1893 geschmiedet. 2. Er habe die Verträge von 1905, 1907 und 1909, die Korea nach und nach seiner Unabhängigkeit beraubten, redigiert. 3. Von ihm sei der Vater des jetzigen Kaisers von Korea zur Abdankung gezwungen worden. 4. Ito habe alles ins Werk gesetzt, um die Auflösung der koveanischen Armee herbei­zuführen. 5. Er habe eine große Anzahl von Koreanern nieder­metzeln lassen und die Unwissenheit der meisten Goreaner be­nutzt, sie um Hab und Gut zu bringen. 6. Auf Itos Befehl seien die koreanischen Schulbücher, die den Patriotismus der jungen Koreaner werken sollten, verbrannt worden. 7. It­habe die Preßfreiheit aufgehoben. 8. Er habe die japanischen Banknoten in Umlauf gesetzt und dem koreanischen Resche schwere Schulden aufgebürdet. 9. Er habe seine Macht als Protektor des koreanischen Reiches mißbraucht, um es zujapanisieren". 10. Er habe alle seine Pläne beständig den fremden Mächten verheimlicht und so den Frieden im äußersten Osten bedroht.

11. Ito habe endlich den Vater des jetzigen Mitado, Komei Temo, ermorden lassen.

Ter Verteidiger des Mörders ist einer der bekanntesten Advokaten von Totio, Rechtsanwalt Kicki. Er interessiert sich in hohem Maße für den Prozeß und fordert vor allem für seinen Klienten alle gesetzlich gewährleisteten Garantien. Nach

Aeasteserace etlget.

34. Jorisetzung.

Firebrace ließ sich nicht aufs Photographieren ein, zeigte sich aber nicht abgeneigt, wegen des aus­gestellten Bildes einen Handel abzuschließen. Der Photo­graph wollte sich dies Geschäft nicht entgehen lassen und wurde darum mitteilsamer als je.

Es war ein Geschäft, das sich nicht alle Tage machen ließ. Eine Frau hätte es vor einigen Tagen schon bei­nahe genommen und würde vielleicht nach einiger Zeit wieder darauf zurückkommen. Sie hätte es reizend ge­funden, gesagt, daß sie den Herrn gut kenne, und gefragt, wo er hingegangen sei.

Firebrace zitterte vor Aufregung, verzog aber keine Miene, um sich nicht zu verraten.

So? fragte er gedehnt und gleichgültig.Ein ganzer Roman hängt schon an diesem Bilde?

Der Amerikaner hielt die Photographie vorsichtig gegen das Licht, aber der Künstler erzählte seine Verkaufs­geschichte lebhaft weiter.

Janohl, ein ganzer Roman knüpft sich daran. Als ich zögerte, bot sie mir zwanzig Lire, wenn ich ihr sagen würde, wo der Herr sei. Da nannte ich Kairo.

War er denn dorthin gegangen.

Nun, er war mit dem Zug aogefahren, erwiderte Fernandez verlegen Lächelnd,und die Sahibs gehen doch alle nach Kairo.

Oh, ehrlicher, unverfälschter Sohn des Ostens! dachte Firebrace.(Dann sagte er lachend:Sie haben diese Lire doch verdient, alter Freund?

Ich versuchte es sie zu verdienen Herr," versetzte der Orientale seufzend,aber, achl ich habe sie troßzdem

nicht bekommen.[Die Dame steckte sie wieder ins Porte­monnaie und sagte, sie würde später wieder vorsprechen; ich habe sie aber nie wieder hier gesehen. Sie war keine englische Dame; englische Damen sprechen immer die Wahrheit. Ich habe auch weißes Blut. Mein Vater war ein großer General in Indien, und darum kann auch ich nicht lügen. Ich verliere viel Geld an dem Bilde, Herr. Wollen Sie's kaufen und einen armen Teufel vom Untergange retten? Ein Pfund, Rahmen und alles. Billig, sehr billig, Herr!

So war denn Earlestone mit all seinem seltenen Federkram und Schmuck auf einen lumpigen Sovereign Herabgesepzt; Firebrace konnte das Feilschen nicht linger mitanhören und nahm das verlangte Goldstück aus der Westentasche.

Fernandez war hocherfreut darüber. Seine Mühe sollte also doch nicht umsonst gewesen sein. Aber troßz des gerühmten weißen Blutes in seinen Adern war er viel zu sehr Orientale, um sein Gefühl der Befriedigung äußerlich zu zeigen. Der Handel war überdies noch nicht ganz fertig, der Kunde hatte das Goldstück noch in der Land.

Außerordentlich billig, drängte Fernandez von neuem.

Aber Firebrace zögerte noch immer.

Wie war es mit der Dame, die wegen des Bildes hier war, bemerkte er.Sie meinen, es sei keine Eng­länderin gewesen?.

Nein; sie sprach Englisch, aber nur so unvoll­kommen wie eine Griechin oder Italienerin.

War es denn eine Italienerin oder eine Griechin?

Ich kann's nicht sagen; ich habe ihr Gesicht nicht gesehen. Es war Nacht, und außerdem trug sie einen dichten Schleier.

Hat sie Ihnen denn italienisches Geld ange­boten?

O ja, das habe ich ganz deutlich gesehen: sie hielt es mir direkt unter die Nase, antwortete Fernandes betrübt.

War sie allein?

Ein Mann wartete draußen äuf sie; aber er kehrte mir die ganze Zeit den Rücken zu, so daß ich sein Ge­sicht nicht sehen konnte.

Damit hatte der Bilderkünstler seine Weisheit er­schöpft und Firebrace legte nun das Goldstück auf den Ladentisch.

Nehmen Sie das Bild aus dem Rahmen heraus, sagte er,die Verzierungen brauche ich nicht.

Fernandez war schnell bei der Hand; die Rück­gabe des Rahmens bedeutete einen unerwarteten Extra­profit. Er sagte keinen Ton, damit nicht etwa ein Preis­abzug gefordert würde.

Nun packen Sie das Bild noch gut eini so daß ich's mit der Post abschicken kann. Einen Augenblick! Hier meine Visitenkarte müssen Sie an der Ecke fest­stecken. So geht's. Den Bindfaden recht fest gezogen: noch einen Knoten; so ists gut; das hält. Adien, Herr Fernandez!,

Während die verblaßte Tänzerin aus Kairo wieder in den Nahmen gestellt wurde, aus dem sie eine Zeit­lang verdrängt worden war, befand sich Firebrace auf der Post, um Carlestones Bild abzusenden an Herrn James D. Scott Hotel Occidental

San Franzisko, U. S..

Das wird James zeigen, wozu seine verteufelte Eitelkeit geführt hat, sagte er etwas bitter und gering­schätzig, als er sich eine Zigarre anzündete und uaf die Straße trat.

Vier Tage darauf gingen zwei Telegramme, von Firebrace unterzeichnet, aus Alexandria, ab. Das erste war für Ashutor in Neuyork und lautete:

Weib, wahrscheinlich Italienerin, und Mann. Sonst nichts auffindbar. Beschreibung unmöglich.

Das zweite war an Earlestone gerichtet unter seinem angenommenen Namen und enthielt die Worte: Vorsicht. Ashutor, 10. Juli Frisco abgereist.

***

Während diese Depeschen unter dem Ozean hin­flogen, schaukelte auf demselben, machtlos gegen die aufgeregten Wogen, mit zerbrochener Welle, ein großer Dampfer und signalisierte durch flatternde Fahnen einem am fernen Horizont auftauchenden kleineren Fahrzeug, ihm zu Hilfe zu kommen und ihn ins Schlepptau zu nehmen.

Unter den Passagieren, die dichtgedrängt auf Deck standen und das herandampfende Schiff beobachteten, befand sich auch Ashutor. Er blickte, leicht an die Re­lings gelehnt, shinaus auf die unendliche Wasserflüche. Er schien die Szene vor sich ruhig zu betrachten, aber in Wirklichkeit hatte er ganz andere Gedanken. Man konnte auf seinem Gesicht keine Spur von Erregung ablesen, aber in seinem Herzen klang es verzweifelt: Käthe, meine Geliebte, ich komme zu spät, zu spät, um diejenigen zu retten, die deinem treuen Herzen teurer sind als alle Schätze der Welt.

Fortsetzung folgt.

Friedr. Rehmann, Kurzestr. 11(Boke Löhberg)

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