Nachen 1878. Nr. 313,

Erstes Blatt.

Freitag, 15. November.

#n. We Eegenn...

Verantwortlicher Redakteur: Hilmar Heinrich Beissel.

Verlag von P. Kaatzer in Nachen.

Druck von C. H. Georgi in Aachen.

aas Ucho der Segenwart erscheint täguich und kestet viertelsbeig für Nachen und Burschend sovie bei den Vostämtern in gung Deuscland

reich und Luxemburg 4 Mark. Die Insertionsgebühren betragen für die Peittzelle oder deren Raum 15 Reichspfennige.Anzeigen

in Barmen: R. Thisson: Basel: Haasenstein& Vogler; Berlin: Haasenstein& Vogler, Invalidendank, R. Mosse, H. Albrech., S. Kornick, :<space> B o n n:<space> G u s t a v<space> C o h e n;<space> B r e m e n:<space> E.<space> S c h l o t t e;<space> B r e s l a u:<space> R y b a<space>& a m p;<space> C o.;<space> B r ü s s e l:<space> A.<space> R.<space> L e b e g n e<space>& a m p;<space> C o.:<space> C a s s e l:<space> T h.<space> D i e t r i c h<space>& a m p;<space> C o.;<space> Evemnis: Haasenstein& Vogler: Ereseld: Kramer& Baum: Dortmund: Fr. Crüpell; Düszeldorf: Wilb, de Daan, Gebr. Kliage, H. Kronen­

Grstiche Buachen

ReSR

K. Schühler: R. Mosse; Leo Wörk.

Aachen, 14. November.

Seitdem Lord Beaconsfield gesprochen hat, mehren sich die Nachrichten über den friedlichen Ausgang der noch schwebenden oder um ins Leben gerufenen Orientwirren. Der interimistische russische Minister des Auswärtigen hat ja dem englischen Botschafter zu St. Petersburg die Ver­sicherung gegeben, daß der Czar den Berliner Vertrag respektirt und genau ausgeführt wissen will! Es nimmt sich diese Versicherung zu Lord Beaconsfield's Erklärung, daß der englischen Regierung der Wunsch einer fremden Macht auf Modifikationen des Berliner Vertrags nicht be­kannt geworden sei, aus, wie der Comperativ zum Positiv, und demgemäß schreibt derMorning Advertiser, diese Versicherung sei sehr nöthig gewesen und werde um so willkommener sein, sie zerstreue eine unheilschwangere Nebelwolke und bringe Licht in die Situation. Sie werde das Publikum mit einer wirklichen Hoffnung auf Land er­füllen.Es wird den Männern, welche das Staatsschiff bisher glücklich durch die orientalischen Klippen und Un­tiefen geführt haben, neues Vertrauen sichern. Wir wollen das von der Regierung erzielte Resultat nicht als ein be­sonders heldenmäßiges darstellen. Die Minister waren ein­sach fest, ohne Prahlerei und haben ihre Sache durchgesetzt.

ttei sie weniger ernst gesprochen, als Lord Beaconsfield dies am letzten Samstag gethan hat, so würden die Dinge eine ganz andere Gestaltung angenommen haben. Wie die Sachen heute stehen, so bringt uns jeder Tag neue Zusiche­rungen, daß der Vertrag ganz und voll zur Ausführung kommen werde. Noch kann daran gezweifelt werden, daß, wenn das Parlament zusammentrifft, die permanente Lösung der orientalischen Frage, wie sie die Politik Ihrer Majestät Regierung so beharrlich verfolgt, weitere Fort­schritte gemacht haben wird.

DieTimes ist noch aufgeräumter; sie meint, man dürfe nicht daran denken, daß es irgend einer Macht hätte in den Sinn kommen können, vier Monate nach Abschluß eines großen Vertrages sich zu weigern, die übernommenen Verpflichtungen zur Ausführung zu bringen. Warum nicht? Hat Rußland nicht stets gezeigt, daß es die ihm günstig scheinenden Conjunkturen abwartet, um zu thun, was ihm beliebt? Gegebenes Wort und Unterschrift, das kömmt ihm wie Lappalie vor, wenn es sich zwischen seinen geglaubten Vortheil eindrängt. Das hat man zur Zeit der Pontuskonferenz gesehen und bei jedem der Kriege mit der Türkei, welche seit dem Schlusse des vorigen Jahr­hundert geführt worden sind. Es ist stipulirt worden, daß Bulgarien und Ost=Rumelien im nächsten Jahre von den russischen Truppen geräumt werden sollen, und dabei ver­nehmen wir von dem Konstantinopeler Spezial=Korrespon­denten desDaily Telegraph, daß bei Adrianopel vierzig­tausend Mann russischer Truppen stehen und über Kurzem noch mehr erwartet werden. DieTimes sieht darin nichts Schlimmes; im Gegentheile meint sie:Würde der Czar seine Truppen länger daselbst zurücklassen, so könnte er dies gerade so gut auf ganz unbestimmte Zeitdauer thun. Anderseits ist es aber nur natürlich, daß die russi­schen Offiziere und Soldaten daselbst in der Zwischenzeit Ordnung halten und die Einwohner auf ihre gänzliche oder theilweise Unabhängigkeit vorbereiten. Dies hatte der Kongreß selbst zugestanden. Eine längere Occupations= periode würde dagegen die beiden Provinzen dem bewaff­neten Panslavismus überliefert haben. Der Vertrag be­stimmte, daß die Russen die beiden Provinzen neun Mo­nate nach dessen Ratifikation vollständig zu räumen hatten. Das heißt doch die Beruhigungsmotive mit den Haaren herbeiziehen; warten wir ab, bis das die stipulirte Zeit abgelaufen sein wird, um zu sehen, was Rußland thun wird. Wie es mit der Ausführung des Berliner Friedens steht, das dürfte uns bald anfangen, klar zu werden.

Einstweilen herrscht in diesem Punkte ein leidliches Einvernehmen unter den Mächten und in Pesth, wo Schu­waloff gegenwärtig weilt nebst dem englischen Gesandten Elliot, und wo der deutsche Botschafter erwartet wird, scheint diese Frage ventilirt zu werden,nur redet dort Rußland, wie dieKölnische Zeitung schreibt, von einer Erweiterung des Berliner Friedens und von einem Ab­kommen über diejenigen Punkte des Friedens von San Stefano, die durch den Verliner Vertrag nicht berührt

würden. Gegen die Besetzung von Bosnien und der Herze­gowina durch Oesterreich hat Rußland nichts einzuwenden, im Gegentheil, es sieht die Oesterreicher sehr gern dort be­schäftigt und freut sich, daß Oesterreich sein Geld und seine Truppen dort festlegt, so daß ihm wenig übrig bleibt, um allenfalls gegen Rußlands Gebahren auf der Balkanhalb­insel auftreten und einschreiten zu können. Das soge­nannte Testament Peter's des Großen ist bekanntlich apo­kryph, hat aber nichts desto weniger seine Bedeutung, weil die Grundsätze der russischen Politik darin sehr richtig verzeichnet stehen. Es wird darin der Rath ertheilt, wenn Rußland sich der Türkeißbemächtigen wolle, so müsse es Oesterreich einen Theil der Beute überlassen, um es ihm nachher wieder abzunehmen. Das gilt heute so gut wie vor hundert und fünfzig Jahren. Was haben die Ver­träge, welche mit Rußland abgeschlossen worden sind, nicht Alles stipulirt und wie hat Rußland sie stets zu untermini­ren und zu vernichten gewußt!

Die französische Presse benimmt sich viel vorsichtiger in der orientalischen Frage. DieRepublique frangaise, derTemps und dasJournal des Débats sprechen von einer neuen Konferenz, welche dem Berliner Kongresse er­gänzend nachhelfen müsse. An der Möglichkeit, daß die Angelegenheiten auf der Balkaninsel friedlich geordnet werden könnten, verzweifeln sie; ja sie gehen so weit, daß sie nicht blos beklagen, daß schon sechs Monate nach dem Berliner Kongresse eine Konferenz nöthig geworden sei, sondern sprechen dieser ebenfalls jeden Erfolg ab, da die Schwierigkeiten nachgerade unüberwindlich geworden seien. Bei der jetzigen Isolirung der Staaten Europa's ist es Rußland ein Leichtes, die Schwierigkeiten zu vermehren und deren Umfang zu vergrößern. Mit der Herzegowina und Bosnien sing die Sache an und jetzt ist man schon bis zu einer Aufwiegelung Afghanistans gekommen. Zwar gibt es fromme Gemüther, welche dieVerdächtigungen, daß Rußland nur deshalb eine Gesandtschaft nach Kabul ge­schickt habe, um den Emir durch die bekannte Abweisung des Generals Chamberlain zum Kriege mit England zu treiben, ebenso für leeres Geschwätz halten, wie die zuerst mit Geflissenheit colportirten Gerüchte von einem russisch= afghanischen Bündniß. In jeder Weise habe Rußland bei diesem Handel die vollkommenste neutrale Haltung beob­achtet. Da der Emir mit seinen Rüstungen den Engländern so voraus sei, so habe es bereits Wunder genommen, wes­halb er noch nicht losgeschlagen hat. Man versichere nun von Petersburg aus bestimmt, daß diese Verzögerung das Werk der Verhandlungen des Generals Kaufmann sei, welcher, natürlich im Auftrage seiner Regierung, eifrigst bemüht sei, den Ausbruch eines kriegerischen Konfliktes zu verhindern, welcher auch für Rußland in keiner Weise an­genehm sein könnte. Allein in der Hand Englands würde es liegen, durch Annäherung an Rußland dessen weitere fruchtbare Vermittelung in Kabul zu gewinnen. Hat man denn das Jüngste so gänzlich vergessen und will man durch­aus nicht mehr an die bekannten Ränke Rußlands sich erinnern?

Deutsches Reich.

X Berlin, 13. November. Niemand wird behaupten, daß das Sozialisten=Gesetz an der sozialen Frage irgend eine Aenderung hat eintreten lassen, am Wenigsten daß dasselbe eine Lösung derselben in Aussicht stellt. So lange es aber eine soziale Frage gibt, so lange bringt dieselbe auch demokratische Ausschreitungen mit sich. Zufrieden wird man sich geben dürfen, wenn das Gesetz letztere be­hindert und beschränkt; an eine Unmöglichmachung der­selben denken wir keineswegs, obschon die Blätter uns jeden Tag neue Beweise bringen von der scharfen Anwen­dung des Gesetzes. Und dazu werden noch Ergänzungen des Gesetzes in Aussicht gestellt. Der Fürst Bismarck that dies im Reichstage und dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung fährt fort, dies zu thun. Es versteht fast keinen Tag, ohne daß sie Gesetzen der Reichsära eine Diagnose stellt, die mit der Empfehlung einer Operation zu enden pflegt. Gestern wurde so die Freizügigkeit abgewandelt, heute die Presse. Reform des Preßgesetzes hat bekanntlich auch der Reichskanzler bei der Berathung des Sozialisten=Gesetzes in Aussicht gestellt und da ist es erklärlich, daß das Thema

die Offiziösen in Anspruch nimmt. Was nach derNord­deutschen Allgemeinen Zeitung Noth thut, um demMiß­brauch der Preßfreiheit entgegenzutreten, sindeinschnei­dende Präventivmaßregeln, so z. B.die Wiedereinfüh­rung einer recht bedeutenden Cautionspflicht, deren Aufhebung unbestreitbar zunächst die Schleusen geöffnet hat, durch welche sich so viel literarischer Unrath über das deutsche Land ergießen konnte.

DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung äußert diesen Gedanken bei der Besprechung der Broschüre des Fürsten Karl zu Isenburg=Birstein, bei welcher Gelegenheit uns Katholiken wiederum Verbindungen mit der Sozialdemo­kratie zum Vorwurfe gemacht werden. Der Fürst hatte sehr richtig erklärt, die beständigen Angriffe des Libera­lismus auf den Katholizismus, insbesondere der seit Jahren tobendeKulturkampf habe die Katholiken zur Gründung eigener Organe gezwungen, die um so rascher Verbreitung fanden, weil das lesende Publikum unter ihnen müde geworden war, sich stets in seinen heiligsten Gefühlen und Interessen verletzt zu sehen. Das freiwillig gouvernementale Blatt commentirt diese Bemerkung nach seiner Art:Die Zahl der katholischen Blätter ist Legion geworden, ihre Haltung längst aus der Defensive in die Offensive übergegangen. Zu der Erschütterung der Sub­ordination der Massen gegen die staatliche Autorität hat diese Presse ganz erheblich beigetragen und der agitato­rischenArbeiter=Presse, um diesen Ausdruck beizubehal­ten, nach den verschiedensten Richtungen hin als Vorbild gedient. Wenn man noch auf dem Standpunkte steht, daß die Vertheidigung der heiligsten Interessen als gleich­bedeutend mit Agitation aufgefaßt wird, dann ist der kirch­liche Frieden noch so bald nicht zu erwarten. Sind erst die Köpfe einmal klar, dann läßt sich von Frieden sprechen, und zwar nicht eher.

Berlin, 13. Nov. Fürst Bismarck ist gestern Nachmittag in Begleitung seines älteren Sohnes, des Gra­fen Herbert, nach Friedrichsruhe wieder abgereist, wohin hm seine Gemahlin und die Prinzessin Odescalchi morgen folgen werden. Letztere Dame, eine geborene Gräfin Degenfeld, ist dieselbe, welche im vorigen Sommer in Kissingen das Zusammentreffen des ungarischen Staats­mannes Senney mit dem Fürsten Bismarck vermittelte. Sie steht seit geraumer Zeit mit der fürstlich Bismarckschen Familie in intimen Beziehungen und war in Folge einer speziellen Einladung von Preßburg herübergekommen, um der Vermählung der einzigen Tochter des Reichskanzlers mit dem Grafen Kuno Rantzau beizuwohnen. Dagegen hat sich die Nachricht als falsch erwiesen, daß auch die Kronprinzessin jene Trauung mit ihrer Gegenwart beehrt habe. Diese Be­hauptung nachträglich zu berichtigen erscheint mir deshalb angezeigt, weil man sonst leicht zu irrigen Schlüssen über das Verhältniß des krouprinzlichen Hofes zu dem gegen­wärtigen leitenden Staatsmann gelangen könnte. That­sächlich ist dieses Verhältniß ein ziemlich reservirtes und und es begreift sich deshalb auch, daß die gestern vom Kaiser selbst bestätigte Entschließung Sr. Majestät, nach der Rückkehr aus Wiesbaden die Zügel der Regierung wieder ergreifen zu wollen, ganz mit den Wünschen des Kronprinzen im Einklange steht. Wahrscheinlich wird Fürst Bismarck den Kaiser bei seiner Rückkehr in Berlin be­grüßen, sich dann aber nach Varzin begeben und dort bis zum Zusammentritt des Reichstages sich aufhalten.

DieProvinzial=Correspondenz bestätigt heute, daß die Regierung dem Landtag außer dem Budget und den auf die Ausführung der Gerichts=Verfassung sich beziehen­den Gesetzentwürfen keine Vorlagen unterbreiten wird, deren Erledigung umfassende Berathungen erfordert. Dar­nach hätte also die Regierung vor der Hand nicht bloß auf die Fortführung der Verwaltungs=Reform, sondern auch auf die Wiedereinbringung der Wegeordnung verzichtet. Damit der Landtag seine Arbeiten möglichst rasch zum Abschluß bringen kann, und der Gefahr einer geschäftli­chen Collision mit dem Reichstage überhoben wird, sollen diejenigen Vorlagen, an welche sich keine Geldforderungen knüpfen, zunächst dem Herrenhause zugehen. An die Einbringung des Unterrichtsgesetz=Entwurfs ist überhaupt in den nächsten Jahren gar nicht zu denken, da es sich be­stätigt, daß auch der jetzige Finanzminister Anstand

nimmt, beim Landtage die Bewilligung eines jährlichen Staatszuschusses von 32 Millionen zu befürworten.

An einer anderen Stelle bemüht sich dieProvinzial­Correspondenz, den ungünstigen Eindruck, den ihr letzter gegen das Centrum gerichteter Artikel selbst in nicht katho­lischen Kreisen erzeugt hat, dadurch zu verwischen, daß sie die friedlichen Gesinnungen der Regierung gegenüber dem Vatikan möglichst scharf betont. In wie weit es der Regierung mit diesen Versicherungen ihrer Ver­söhnlichkeit Ernst ist, muß sich demnächst zeigen, da die preußischen Bischöfe, wie eine ziemlich verbürgte Mittheilung aus Rom besagt, in einem vom Papste geforderten Memorandum sich für ein billiges Uebereinkommen mit der Regierung ausgesprochen haben. Nach einer Angabe derLeipziger Zeitung würde übrigens preußischerseits erst dann die Hand zu förmlichen Ver­handlungen mit Rom geboten werden, wenn die römische Curie sich vorher zu einer Anerkennung der staatlichen Rechte durch vorgängige Anzeige der zu ernennenden Geist­lichen bei der weltlichen Behörde verstanden hätte.

Die Nachricht aus Athen, wonach die griechische Armee um 20,000 Mann erhöht werden soll, hält man hier für ziemlich bedeutungslos, da Rußland offiziell erklärt hat, den Boden des Berliner Vertrages nicht verlassen und sich mit Oesterreich und England verständigen zu wollen, außer­dem auch die Haltung der Pforte eine friedliche Lösung der griechischen Grenzberichtigungsfrage mit Wahrschein­lichkeit erwarten läßt.

Berlin, 12. Nov. DieFrankfurter Zeitung" erfährt aus guter Quelle, daß die Umgebung des Kaisers, beson­ders die Aerzte, bis zur letzten Stunde darauf gedrungen haben, daß der Kaiser noch nicht im nächsten Monat die Zügel der Regierung wieder in die Hände nehme. Es ist sogar eine Zeitlang die Frage ventilirt worden, ob der Kaiser für's Erste nicht seine Residenz in Potsdam nehmen solle. Der Kaiser hat jedoch darauf bestanden, seine alt­gewohnte Thätigkeit wieder aufzunehmen, und dieser ganz entschiedene Wille ist schließlich bestimmend gewesen. Die umlaufenden Gerüchte, daß mit der Wiederaufnahme der Regierung von Seiten des Kaisers eine Amnestie nament­lich für die nach dem Attentate wegen Majestätsbeleidi­gung bestraften Personen erlassen werden soll, sind durch­aus unbegründet.

DieKreuzzeitung" erklärt sich entschieden gegen Getreide= und Viehzölle und schreibt: Die deutsche Land­wirthschaft sollte sich hüten vor schutzzöllnerischen Lieb­habereien; sie sollte aber vor allen Dingen darüber nicht vergessen, was ihr wirklich Noth thut und wo ihr wirklich zu helsen ist. Es scheint aber beinahe, als wollten vor dem Wettrennen nach Schutzzöllen die vielen anderen berechtigten Forderungen auf Verbesserung der Lage dieses Erwerbs­zweiges zurücktreten. Hier sollte man seinen Standpunkt nur mit der früheren Energie vertreten und zusehen, was sich erreichen läßt; wenn man jetzt meint, die Lage der Landwirthschaft durch Einführung von Schutzzöllen ver­bessern zu können, so gibt man sich damit einer Illusion hin, die man später einmal beklagen würde.

* Nach dem Vorgange derFrankf. Ztg. kritisirt heute auch dieNationalztg. das Verfahren der Tabakenquete­Kommission, welche gestern in die Berathung der einzelnen Tabaksteuersysteme eingetreten ist, ohne abzuwarten, bis das durch die Enquete beschaffte statistische und sonstige Material vollständig bearbeitet vorliegt. Die Kommission gibt indessen nur dem Drängen des Reichskanzlers nach, wenn sie nicht strikte an dem im August aufgestellten Pro­gramm festhält. Damit ist aber nicht gesagt, daß das Er­gebniß der Enquete bei den Berathungen der Kommission nicht berücksichtigt werde. Während der jetzt begonnenen vorbereitenden Berathungen über die Modalitäten, unter denen die einzelnen Steuersysteme den deutschen Verhält­nissen angepaßt werden können, wird die Bearbeitung des statistischen Materials und die Zusammenstellung der Be­richte der Bezirkskommissionen von den beiden rückstän­digen hat ja nun auch die Magdeburgische Kommission ihren Bericht eingeschickt zum Abschlusse gebracht werden.

* In derPost; liest man:Die Sitten=Polizei ent­wickelt seit einiger Zeit großen Eifer bezüglich der Konfis­

* Die Räuber am Osagestrom.

Eine Erzählung aus dem Westen Amerika's von Mary Dobson.

(Fortsetzung.)

1S." 44944­Schweigend und einzig nur mit ihren Gedanken beschäftigt, setzten Cameron und Emily eine Zeitlang ihren Weg diese Gedanken nicht erfreulicher Art waren, bewiesen ihre die einen sorgenvollen, traurigen Ausdruck hatten. Emily, obgleich sie sich an der Seite und unter dem Schutze ihres Geliebten sah, freute sich des Spazierrittes nicht. Unwill­kürlich mußte sie an John Webber's Drohung denken, und ob­sleich sie hoffte, daß sie bedeutungslos sei, hätte sie doch viel darum gegeben, einen Vertrauten in dieser Sache zu haben, die

eine Unterlah beschatgvr, nstalsch, Frnde Kaumn ur de.

Doch war das geradezu unmoglich; Fremoe kamen zu der Jahreszeit nur selten auf die Farm, und zu einem der Nachbarn seten, wagte sie nich,. g. P. Sausburg.rss

Ihrem Pflegevater konnte sie die Drohung seines Sohnes nicht mittheilen, dieser hätte sicherlich Jenen zur Rede gestellt, vas eine ernste Entzweiung zur Folge gehabt hätte. Aus dem­eiben Grunde wagte sie auch nicht, mit Edward zu sprechen, Enn auch dieser hätte sich zm Beistand an Webber gewandt, der wäre John energisch gegenüber getreten, was leicht zu schlimmen Ausgang fr die beiden Männer hätte führen können.

Mit aller Macht klaumerte sie sich daher an die Hoff­dung, daß John in seiner Heftigkeit nur eine leere Drohung ewegestoßen, die er bald vergessen und sicher nimmer ausführen würde.

Diese Gedanken nun beschäftigten Emily Nevance, und man risßhen 1 den müssen, daß sie im Verein mit den letzten Ereig­Bp. in der Umgegend, wie der traurigen Krankheit ihres Ssegebruders wohl geeignet waren, ihre sonst heitere und fröh­liche Stimmug zu verscheuchen.

über auch Edward hatte triftige Gründe, sich keinen freu­digen Gedanken zu überlassen.

: Wie bereits erwähnt, waren seine Eltern mit der Wahl eurs Herzens nicht einverstanden, der namentlich sein Vater, en reicher Kaufmann in Si. Louls, entgegen war.

aber Edward nichts sehnlicher wünschte, als fire schöne

Geliebte bald als feine Gattin heimzuführen, hatte er es unter­nommen, diese Angelegenheit mit seinem Vater zu besprechen, von diesem aber die Antwort erhalten, daß er mit seiner Be­willigung nur die von ihm Auserwählte heirathen dürfe, daß er aber, da er mündig, Miß Nevance heimlich heimführen könne, wenn er auf die Unterstützung und Anerkennung als sein Kind von seiner Seite verzichten wolle.

Dies war an dem Tage vor seinem Ritt nach der Farm geschehen, und Edward hatte beschlossen, Emily den ganzen Vorfall mitzutheilen, ihre Entscheidung abzuwarten und dann aus Leibeskräften für seinen und seines Weibes Unterhalt zu

Eine plötzliche Aufregung bemächtigte sich des jungen Mäd­

chens bel diesen Vorten. 4. 461 Ecn bu.e.

Ihre Wangen verfärbten sich, ihr Herz schlug fast hörbar, die Hand, die den Zügel hielt, zitterte und mit bewegter Stimme

Sprich, Edward, laß mich hören, was es ist!

Nicht hier. Geliebte, sondern eine halbe Meile weiter be­findet sich eine liebliche Stelle an einem murmelnden Bach, wo wir schon einmal zwei glückliche Stunden verlebten. Laß uns diese Stelle aufsuchen und dort das Weitere besprechen.

Da Emily schweigend einwilligte, setzten sie ihren Weg ohne Unterbrechung fort, der sie durch eine so liebliche Gegend führte, wie der Staat Missouri sie nur zu bieten vermag.

Endlich erreichten sie ein Wäldchen, das zahllosen Eich­hörnchen und svielfarbigen Bögeln zum ungestörten Aufenthalt

Durch dies Gehölz zog sich der Bach hin, dessen Eward erwähnt, und da sie nun einen einladenden Sitz am User des­selben erreicht hatten und von dem Blätterdach eines wohl hundertjährigen Baumes vor den Strahlen der Sonne geschützt wurden, hielt Edward sein Roß an, ließ Emily absteigen, band das Thier an einem in der Nähe stehenden Baum und führte dann seine Geliebte an den für sie ersehenen Platz.

Und nun Emily. sprach er mit leicht erregter Stimme, vernimm in dieser lieblichen Waldeinsamkeit, wo uns kein Lau­scher zu stören vermag, in wenigen Worten, was ich Dir mit­zutheilen habe. Bereits zwei Jahre sind verflossen, seitdem wir uns in New=York kennen lernten, seit es mir gelang, mir Deine Liebe zu erwerben. Du weißt, daß ich meinen Vater zum Ver­

Dieser sehboch, dr bereis, asps meine Gefüe zr berig, sichtigen, eine Wahl für mich gefrossen, wies mich ab. deit

Deinem Willen schoben wir unsere Verbindung auf ungewisse Zeit hinaus, bis der Sinn meines Vaters sich geändert habe.

Hoffend, daß dies endlich geschehen, bat ich ihn in diesen Tagen noch einmal um seine Einwilligung, welche er indeß mir ganz entschieden versagte und mir mit Enterbung drohte. Da ich nun nicht der Ansicht bin, daß die Macht der Eltern so weit geht, um des schnöden Geldes willen, ihre Kinder unglücklich zu machen, so habe ich ihm erklärt, die Sache in Deine Hände legen zu wollen, und Dir allein die Entscheidung zu überlassen. Diese bitte ich Dich jetzt, mir zu geben. Nach dem Geschehenen vermag ich Dir kein Leben zu bieten, welches der Reichthum verschafft, dessen Verlust ich gern Deinetwegen ertrage, allein ich habe den redlichen Willen und die Fähigkeiten, für uns zu ar­beiten und hoffe auch, daß es mir gelingen wird, uns ein mensch­liches Dasein zu schaffen.

Ich frage Dich nun, Emily, willst Du Dein Geschick an das meinige ketten, willst Du mich als treues Weib auf meinem Lebenswege begleiten? Doch überlege Dir die Sache genau, ehe Du entscheidest: auch laß mich nicht zu lange warten, da Tod und Leben von Deiner Antwort abhängt!

Die Stimme des Jünglings hatte immer erregter geklungen, während seine Augen brennend auf dem bleichen Antlitz der Jungfrau ruhten..fg Kandt, Can, Kmin.2 Gn.

Stumm und mit gesenktem Haupte hatte Emily den Worten ihres Geliebten gelauscht, der voll Unruhe und Aufregung ihrer Antwort harrte.

Nach längerem Schweigen antwortete sie endlich:

Hast Du aber auch bedacht, Edward, daß ich eine heimath­lose Verlassene bin, die keine Eltern gekannt, und nicht einmal etwas von ihrer Herkunft weiß?

Ich habe Alles bedacht, Geliebte, denn mein Handeln ist nicht die flüchtige Eingebung des Augenblickes.

So nimm mich denn hin, sprach das schöne Mädchen, in unaussprechlicher Liebe ihre Augen zu dem Geliebten erhebend. denn ich bin Dein für Zeit und Ewigkeit!

Dank. Dank, für Deine Worte, rief freudestrahlend Ed­ward, die Geliebte in seine Arme schließend, und den ersten Kuß treuer, heiliger, inniger Liebe auf ihre Lippen drückend.

Emily fühlte sich unaussprechlich glücklich, und von dem starken Arm ihres Geliebten umschlungen, saß sie lange an seiner Seite, während im stillen Liebesgeplauder, ihnen kaum merklich

Plözlich aber wurden die Liebenden durch einen besigen Windstoß aufgeschreckt, der heulend durch die Wipfel der hohen

.

Reschse e ece e eche begannen.

Dieser Windstoß wurde von einem zuckenden Blitz und fernem Donner begleitet.

Ein Gewitter ist in der Nähe, Emily! sprach Cameron, erregt ausspringend. Wir müssen eiligst den Rückweg antreten, wenn wir nicht vom Regen durchnäßt werden wollen.

Diese Worte wurden durch einen zweiten, stärkeren Donner­schlag unterbrochen, und Hand in Hand eilten die Beiden den Pferden zu, von denen sie kaum zwanzig Schritte entfernt waren.

Mochte nun das Thier den Einfluß des Gewitters empfun­den haben, oder war es durch die plötzliche Annäherung der beiden jungen Leute erschreckt worden, kurz, es wurde unruhig. bäumte sich heftig und machte angestrengte Versuche, die Zügel zu zerreißen und das Freie zu suchen.

Dies gewahrend, sprang Cameron hinzu, allein zu spät: Sir Harry hatte sich schon seiner Fesseln entledigt und jagte in wilden Sätzen davon. 8 8

Das trifft sich unglücklich! rief Eduard verdrießlich, gerade jetzt, wo jede Minute uns kostbar ist. Aber beruhige Dich, Emily, er geht nicht weit, ich hole ihn schon ein und bringe ihn gleich zurück. Bleib' Du indeß hier, gleich siehst Du mich wiederk.

Aber bleib' nicht lange, bat Emily mit ängstlicher Stimme, denn sie fühlte sich von einer unerklärlichen Furcht er­griffen,komm' schnell zurück, denn ich ängstige mich hier unter diesen Bäumen!

Wie Cameron vorher gesagt, so geschah es.

Nach einem kurzen Galopp fiel das schöne Thier in einen langsameren Schritt und stand dann still, die Ankunft seines Herrn erwartend, den es bereits bemerkt hatte.

Dieser ergriff den zerrissenen Zügel, band ihn schnell zu­sammen, sprang in den Sattel und ritt der Stelle zu, wo er Emily gelassen, von der sie jedoch zu seiner unbeschreiblichen Ueberraschung verschwunden war.

Erstaunt blickte er sich um, vergeblich bemüht, eine Spur von ihr zu entdecken, und ebensowenig begreifend, daß sie sich in diesem kritischen Augenblicke weit entfernt haben sollte.

Er begann daher mit lauter Stimme ihren Namen zu rusen, allein nur das Echo des Waldes antwortete ihm, so oft er auch ihren Namen wiederholte. Eine fürchterliche Angst ergriff ihn.

Sollte irgend ein reißendes Thier, wie es deren in den bergigen Waldungen reichlich gab, sie verletzt, vielleicht gar ge­