4. Jahrgang.

Bonn, Freitag den 12. Februar 1875

Nr. 43.

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*<space> C o l l e c t i v e r k l ä r u n g<space> d e s<space> d e u t s c h e n<space> E p i s k o p a t e s<space>

betreffend die

Cireulardepesche des deutschen Reichskanzlers, hinsichtlich der künftigen Papstwahl.

DerStaatsanzeiger hat unlängst eine auf die künftige Papstwahl be­zügliche Cireulardepesche des Herrn Reichskanzlers Fürsten von Bismarck vom 14. Mai 1872 veröffentlicht, wesche nach der ausdrücklichen Erklä­rung desAnzeigersdie Basis zu sem ganzen, der Oeffentlichkeit vor­enthaltenen Fascikel der in dem Prtcesse gegen den Grafen von Arnim oft erwähnten Actenstücke kirchenpolit ischen Inhaltes bildete.

Diese Depesche geht von der Voraussetzung aus, daß durchdas Vati­canische Coneil und seine beiden wichtigsten Bestimmungen über die Un­fehlbarkeit und die Jurisdiction des Papstes" die Stellung des Letzieren auch den Regierungen gegenüber gänzlich verändert sei, und folgert hier­aus, daßdas Interesse der letzteren an der Papstwahl aufs höchste gestei­gert, damit aber auch ihrem Rechte, sich darum zu kümmern, eine um so festere Basis gegeben sei.

Diese Folgerungen sind eben so ungerechtfertigt, als ihre Voraussetzung unbegründet ist; und es kalten.i der hohen Wichtigkeit dieses Acten­stückes und bei dem Schlufse, relchen dasselbe auf die leitenden Principien des Reichskanzleramtes in der Behandlung der kirchlichen Angelegenheiten Deutschlands gestattet, die unterzeichneten Oberhirten sich für eben so be­rechtigt als verpflichtet, den karin entheltenen irrigen Anschauungen im Interesse der Wihrheit eine öffentliche Erklärung entgegen zu stellen.

Die Cirenlardepesche behauptet hinsichtlich der Beschlüsse des Vaticani­schen Concils:

Durch diese Beschlüsse ist der Papst in die Lage gekommen, in jeder einzelnen Dibcese die bischöflichen Rechte in die Hand zu nehmen und die päpstliche Gewalt der landesbischöflichen zu substituiren.

Die bischöfliche Jurisdiction ist in der papstlichen aufgegangen.

Der Papst übt nicht mehr, wie bisher, einzelne bestimmte Reservat­rechte aus, sondern die ganze Fülle der bischöflichen Rechte ruht in seiner Hand:

ger ist im Princip an die Stelle jedes einzelnen Bischofes getreten,

und es hängt nur von ihm ab, sich auch in der Praxis in jedem einzelnen Augenblicke an die Stelle desselben gegenüber den Regierungen zu setzen.

Die Bischöfe sind nur noch seine Werlzeuge, seine Beamten ohne eigene Verantwortlichkeit:

sie sind den Regierungen gegenüber Beamte eines fremden Souverains geworden,

und zwar eines Souverains, der vermöge seiner Unfehlbarkeit ein vollkommen absoluter ist, mehr als irgend ein absoluter Monarch der Welt.*

Alle diese Sätze entbehren der Begründung und stehen mit dem Wort­laute, wie mit dem richtigen, durch den Papst, den Episkopat und die Vertreter der katholischen Wissenschaft wiederholt erklärten Sinn der Be­schlüsse des Vaticanischen Coneils entschieden im Widerspruch.

Allerdings ist nach diesen Beschlüssen die kirchliche Jurisdictionsgewalt des Papstes eine potestas suprema, ordinaria et immediata, eine dem Papst von Jesus Christus, dem Sohne Gottes, in der Person des heil. Petrus verliehene, aus die ganze Kirche, mithin auch auf jede einzelne Diöcese und alle Gläubigen sich direct erstreckende oberste Amtsgewalt zur Erhaltung der Einheit des Glaubens, der Disciplin und der Regierung der Kirche, und keineswegs eine blos aus einigen Reservatrechten beste­hende Befugniß.

Dies ist aber keine neue Lehre, sondern eine stets anerkannte Wahrheit des katholischen Glaudens und ein bekannter Grundsatz des canonischen Rechtes, eine Lehre, welche das Vaticanische Concil gegenüber den Irrihü­mern der Gallicaner, Jansenisten und Febronianer im Anschluß an die Aussprüche der früheren allgemeinen Concilien neuerdings erklärt und be­sätigt hat. Nach dieser Lehre der katholischen Kirche ist der Papst Bischof von Rom, nicht Bischof irgend einer andern Stadt oder Dibcese, nicht Bischof von Köln oder Breslau u. s. w. Aber als Bischof von Rom ist er zugleich Papst, d. h. Hirt und Oberhaupt der ganzen Kirche, Ober­haupt aller Bischöfe und aller Gläubigen, und seine päpstliche Gewalt lebt nicht etwa in bestimmten Ausnahmesällen erst auf, sondern sie hat immer und allezeit und überall Geltung und Kraft. In dieser seiner Stellung hat der Papst darüber zu wachen, daß jeder Bischof im ganzen Umfange seines Amtes seine Pflicht erfülle, und wo ein Bischof behindert ist, oder eine anderweitige Nothwendigkeit es erfordert, da hat der Papst das Recht und die Pflicht, nicht als Bischof der betreffenden Dibcese, sondern als Papst, alles in derselben anzuordnen, was zur Verwaltung derselben ge­hört. Die päpstlichen Rechte haben alle Staaten Europas bis auf die gegenwärtige Zeit stets als zum Systeme der katholischen Kirche gehörend anerkannt und in ihren Verhandlungen mit dem päpstlichen Stuhle den Inhaber desselben immer als das wirkliche Oberhaupt der ganzen katholi­schen Kirche, der Bischöse sowohl als der Gläubigen, und keineswegs als den Träger einiger bestimmter Reservatrechte betrachtet.

Die Beschlüsse des Vaticanischen Concils bieten ferner keinen Schatten von Grund zu der Behauptung, es sei der Papst durch dieselben ein ab­soluter Souverain geworden, und zwar vermöge seiner Unfehlbarkeit ein vollkommen absoluter, mehr als irgend ein absoluter Monarch in der Welt.

Zunächst ist es das Gediet, auf welches sich die kirchliche Gewalt des Papstes bezieht, wesentlich verschieden von demjenigen, worauf sich die weltliche Souverainetät des Monarchen bezieht; auch wird die volle Sou­verainetät des Landesfürsten auf staatlichem Gebiete von Katholiken nir­gends bestritten. Aber abgesehen hiervon kann die Bezeichnung eines ab­seluten Monarchen auch in Beziehung auf kirchliche Angelegenheiten auf den Papst nicht angewendet werden, weil derselbe unter dem göttlichen Rechte steht und an die von Christus für seine Kirche getroffenen Anord­nungen gebunden ist. Er kann die der Kirche von ihrem göttlichen Stifter gezebene Verfassung nicht ändern, wie der weltliche Gesetzgeber eine Staats­verfassung nicht ändern kann. Die Kirchenverfassung beruht in allen we­sentlichen Puncten auf göttlicher Anordnung und ist jeder menschlichen Willkür entzogen. Kraft derselben göttlichen Einsetzung, worauf das Papst­thum deruht, besteht auch der Episkopat; auch er hat seine Rechte und Pflichten vermöge der von Gott selbst getroffenen Anordnung, welche zu ändern der Papst weder das Recht noch die Macht hat. Es ist alse ein böliges Mißverständniß der Vaticanischen Beschlüsse, wenn man glaubt, durch dieselben seidie bischöfliche Jurisdiction in der päpstlichen aufge­zangen, der Papst seiim Princip an die Stelle jedes einzelnen Bischofs getreten, die Bischöfe seien nur nochWerkzeuge des Papstes, Beamten ohne eigene Verantwortlichkeit. Nach der beständigen Lehre der katholi­schen Kirche, wie sie auch vom Vaticanischen Coneil ausdrücklich erklärt worden ist, sind die Bischöfe nicht bloße Werkzeuge des Papstes, nicht päpstliche Beamten ohne eigene Verantwortlichkeit, sondernvom heiligen Geiß gesetzt und an die Stelle der Apostel getreten, weiden und regieren se als wahre Hirten die ihnen anvertrauten Heerden.

Wie in den bisherigen achtzehn Jahrhunderten der christlichen Kirchen­geschichte der Primat neben und über dem ebenfalls von Christus ange­ordneten Episcopat kraft göttlicher Einsetzung im Organismus der Kirche bestanden und zum Heile derselben gewirkt hat, so wird solches auch ferner geschehen: und so wenig das zu allen Zeiten bestandene Recht des Papstes,

seine kirchliche Regierungsgewalt in der ganzen katholischen Welt auszu­

üben, seither dazu geführt hat, die Autorität der Bischöfe illusorisch zu machen, ebenso wenig kann die neue Erklärung der alten katholischen Tehre über den Primat eine solche Befürchtung für die Zukunft begründen. Werden ja auch notorisch die Diöcesen der ganzen katholischen Welt von iren Bischöfen seit dem Vaticanischen Concil gerade in derselben Art und Weise geleitet und regiert, wie var demselben.

geleitet und regiert, wie vor demselben.

Was insbesondere die Behauptung betrifft, die Bischöfe seien durch die Caucanischen Beschlüsse päpstliche Beamten ohne eigene Verantwortlichkeit beworden, so können wir dieselbe nur mit aller Entschiedenheit zurück­es ist wahrlich nicht die katholische Kirche, in welcher der unsittliche despotische Grundsatz: der Befehl des Obern entbinde unbedingt von eigenen Verantwortlichkeit, Aufnahme gefunden hat.

Ansicht endlich, als sei der Papstvermöge seiner Unfehlbarkeit ein

Coneil es mit klaren und deutlichen Worten ausgesprochen hat und die Natur der Sache von selbst ergibt, bezieht sich dieselbe lediglich auf eine Eigenschaft des höchsten päpstlichen Lehramts; dieses erstreckt sich genau auf dasselbe Gebiet, wie das unfehlbare Lehramt der Kirche überhaupt und ist an den Inhalt der h. Schrift und der Ueberlieferung, sowie an die bereits von dem kirchlichen Lehramt gegebenen Lehr=Entscheidungen ge­bunden.

Hinsichtlich der Regierungsho lungen des Papstes ist dadurch nicht das Mindeste geändert worden. Wenn diesem nach die Meinung, es sei die Stellung des Papstes zum Episcopat durch die Vaticanischen Beschlasse alterirt worden, als eine völlig unbegründete erscheint, so verliert eben damit auch die aus jener Voraussetzung hergeleitete Folgerung, daß die Stellung des Papstes den Regierungen gegenüber durch jene Beschlüsse verändert sei, allen Grund und Boden.

Wir können übrigens nicht umhin, unserm tiefen Bedauern darüber Ausdruck zu geben, daß in der oft erwähnten Circular=Depesche das Reichskanzler=Amt sein Urtheil über katholische Angelegenheiten lediglich nach Behauptungen und Hypothesen gebildet hat, welche von einigen bis

zur offenen Auflehnung gegen die legitime Auctorität des gesammten

Episkopates und des h. Stuhles vorgeschrittenen früheren Katholiken und einer Anzahl protestantischer Gelehrten in Umlauf gesetzt, aber wiederholt

und nachdrücklich vom Papst, von den Bischöfen und von katholischen

Theologen sowohl als Canonisten zurückgewiesen und widerlegt wor­den sind.

Als rechtmäßige Vertreter der katholischen Kirche in den unserer Leitung anvertrauten Dibcesen haben wir das Recht, zu verlangen, daß, wenn es sich um die Beurtheilung von Grundsätzen und Lehren unserer Kirche handelt, man uns höre; und so lange wir nach diesen Lehren und Grund­sätzen unsere Handlungen einrichten, dürfen wir erwarten, daß man uns Glauben schenke.

Indem wir durch gegenwärtige Erklärung die in der Circular=Depesche des 6 rrn Reichskanzlers enthaltenen unrichtigen Darstellungen der katholischen Lehre berichtigen, ist es keigeswegs unsere Absicht, auf die weiteren Aus­führungen der Depesche in Betreff der künftigen Papstwahl näher ein­zugehen.

Wir fühlen uns aber verpflichtet, gegen den damit versuchten Angriff auf die volle Freiheit und Ur abhängigkeit der Wahl des Oberhauptes der iatholischen Kirch: laut und feierlich Einspruch zu erheben, indem wir zu­gleich bemerken, daß über die Gültigkeit der Papstwahl jeder Zeit nur die Auctorität der Kirche zu entscheiden hat, deren Eatscheidung jeder Katholik, wie in allen Ländern, so auch in Deutschland rückhaltlos sich unterwerfen wird.

Im Monat Januar 1875. 1 Paulus, Eizbischof von Köln. f heinrich, Fürstbischof von Breslav. 1 Andreas, Bischof von Straßburg. 1 Peter Loseph, Bischof von Limburg. * Wilhelm Emanuel, Bischof von Mainz.

t Conrad, Bischof von Paderborn. Lohannes, Bischof von Kulm. Matthias, Bischof von Trier. Bohann Heinrich, Bischof von Osnabrück. 1 Lothar, Bischof von Leuca, Erzb.= Verweser zu Freiburg. Philippus, Bischof von Ermland. Karl Zeseph, Bischof von Rotten­burg.

Johann Bernhard, Bischof von Münster.

1 Wilhelm, Bischof von Hildesheim. Domcapitular Hahne, Bisth.=Ver­weser zu Fulda.

Im Monat Fedruar 1875. 1 Greger, Erzbischof von München­Freising.

1 heinrich, Bischof von Passan. Ignatius, Bischof von Regensburg. 1 Pancratius, Bischof von Augsburg. 1 Leopold, Bischof von Eichstädt. 1 Johannes Valentin, Bischof von Würzburg.

1 Daniel Vonifacius, Bischof von Speyer.

Dompropst Tellner, Capit.=Vicar zu Bamberg.

vollkon

sommen absoluter Souverain

aris rumen absoluter Souverain, beruht auf einem

bein von dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit.

beruht auf einem durchaus irrigen Be­Wie das Vaticanische

Einkriegerischer" Prälat.

Die brasilianischen Liberalen klagen gegenwärtig sehr über ihre kriegerischen Bischöfe, die ihnen durchVerfolgung der durch Tugend und christliche Frömmigkeit geachteten maurerischen Familie" den Kampf aufgenöthigt hätten. Unterdessen hat der Bischof, über den sich die maurerische Brüderschaft am meisten beklagte, und der deshalb auch zuerst angeschuldigt und ins Gefängniß ge­sperrt wurde, der Bischof von Olinda(Pernambuco), in einem Briefe an den Erzbischof von Buenos=Ayres seinkriegerisches Verhalten ausführlich erzählt. Wir theilen diese ruhige Darstellung im Auszug unsern Lesern mit, weil in der deutschen liberalen Presse nur ein Echo der von den brasilianischen Collegen ausge­sprengten Lügen zu vernehmen war.

Noch bevor der Kapucinerpater Vitalis zum Bischof von Olinda gewählt worden, stellten ihn die Freimaurer in einer Broschüre: Der schwarze Punct, als Jesuiten, Ultramontanen, gefährlichen Menschen hin, vor welchem man seine Heerde in Pernambuco im Voraus warnen müßte. Das hielt ihn aber nicht ab, mit den lebhaftesten Gesinnungen des Friedens und der Milde in seine Diöcese zu kommen. Nach seinem Einzug in Olinda(den 24. Mai 1872) blieb ungefähr zwanzig Tage Alles ruhig; eine gegenseitig. Liebe vereinigte den Vater und die Kinder. Da tauchte anfangs Juni ein maurerisches Blatt, dieAllgemeine Familie, in Pernambuco auf, das fortwährend Angriffe auf die katholische Religion und Kirche(in Brasilien die Staatskirche) enthielt, dann seinen Titel änderte und nun als dieWahrheit, Organ der Frei­maurerei in Pernambuco, erschien. Der Bischof schwieg auf alle Angriffe.

Wenige Tage vor dem 29. Juni wurden in öffentlichen Blättern alleBrüder eingeladen, am Aposteltage der Messe, die zu Ehren des Stiftungstages der Loge in der Peterskirche gefeiert würde, beizuwohnen. Auch auf diese öffentliche Beschimpfung schwieg der Bischof; nur sorgte er unter der Hand dafür, daß besagte Messe nicht gelesen wurde. Diese Schonung trug dem Bischof aber nur die härtesten Angriffe ein; man sor­derte ihn auf,hinter seinen Schanzen hervorzutreten, ein Herz zu fassen und die Verantwortlichkeit für seine Thaten zu über­nehmen. Auch das bestimmte noch nicht den Bischof, seine re­servirte Haltung aufzugeben; er handelte gerade wie früher, als die Loge zum Besuche einer Messe am 3. Juli auffordern ließ.

DasOrgan der Freimaurerei fuhr nun in seinen Angriffen auf die Kirche, den Papst, die Dogmen fort, ohne den Bischof zum öffentlichen Auftreten bestimmen zu können. Da griff denn endlich eine unreine Feder die stete Jungfräulichkeit der Mutter Gottes an. Wer die zärtliche Andacht und Liebe aller Südländer gegen Maria kennt, wird begreifen, wie das ganze katholische Volk über diese gegen die Mutter Gottes ausgespieene Lästerung empört war. Jetzt konnte auch der Bischof nicht mehr schweigen: er trat in einem öffentlichen, an die Pfarrer gerichteten Schreiben auf. Die Loge hatte nun, was sie gewollt: der Kampf war begonnen; das bischöfliche Schreiben wurde für die Maurer die Gelegenheit und der Vorwand zu den größten Ausschreitungen. Der Bischof wußte, daß viele Maurer in den kirchlichen Bruderschaften waren. Diese sind nämlich in Brasilien sehr reich und ihre großen Ein­

künfte machen es der Loge leicht, Wohlthätigkeit zu üben und sich so mit einer Strahlenkrone guter Werke zu umgeben, ohne in die eigne Casse greifen zu müssen. Dieser erhabene Zweck ließ die brasilianischen Maurer auch in eine Bruderschaftskutte schlüpfen. Der Bischof nahm gleich seinen Vorgängern davon Abstand, weil es einGeheimniß, wenngleich ein öffentliches, war. Jetzt machten die Logenmänner aber selbst, was sie bisher sorgfältigst vermieden hatten, in öffentlichen Zeitungen die Namen ihrerEhrwürden", Aufseher, Secretäre und anderer Beamten des LogentempelsHiram

bekannt, ließen zum Präsidenten der dem bischöflichen Palais zu­nächst liegenden Bruderschaft einen derehrwürdigen Meister vom Stuhl wählen und machten hiermit dem Bischofe die Ausrede unmöglich, als wisse er nichts von dem, was im Innern der Loge vorgehe. So lüftete man ganz öffentlich das bisher sorgsam ge­hütete Geheimniß, um den Bischof in die Alternative zu versetzen, entweder seine Pflicht zu verrathen, oder gegen die erwähnten Bruderschaften vorzugehen. Ein Bischof muß bei seiner Weihe schwören, die Kirchen gesetze aufrecht zu halten, und am wenigsten können die Liberalen, welche immer mit der Heiligkeit der Gesetze prahlen, solches auffallend finden. Da aber die Kirchengesetze, wie das ja allgemein bekannt ist, den Eintritt in den Frei­maurerorden untersagen, so mahnte der Bischof die Bruderschaften, ihre Mitglieder, die der Loge beigetreten waren, aufzufordern, der Freimaurerei zu entsagen, die Weigernden aber auszuschließen. Dreimal wiederholte der Bischof seine Aufforderung, erhielt aber nur verneinende, gegen die einfachsten Gesetze der Höflichkeit ver­stoßende Antworten. Erst jetzt schritt der Bischof zu canonischen Strafmitteln und verbot den Gottesdienst in den Kirchen der re­bellischen Bruderschaften.

Wegen dieses Verbotes wurde der Bischof zu vier Jahren Zwangsarbeit verurtheilt, die der Kaiser in Festungshaft ver­wandelte.

Das ist das Verfahren deskriegerischen" Bischofes. Wenn etwas daran zu tadeln ist, so ist es die Lammesgeduld, welche der Bischof den frechsten Angriffen entgegensetzte. Die Loge wollte den Kampf, und

Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.

Was in=Prasilien geschehen, kommt auch anderswo vor. Man versetzt die Bischöfe in die Alternative, entweder meineidig ihre Pflicht zu verrathen, oder die Gesetze, welche mit der römisch­katholischen Religion in unauflöslichem Widerspruch stehen, zu ver­letzen. Und wenn die Bischöse dann, wie einst die Apostel, ihr ion possumuse sprechen und mit himmlischer Geduld ins Ge­fängniß gehen, schreit die liberale Presse, daß sie den Frieden ge­trübt und den Kampf der Regierung aufgenöthigt haben. Es ist immer die alte Fabel vom Wolf und Lamm.

Deutschland.

:: Berlin, 10. Februar. Das Abgeordnetenhaus setzte heute die erste Berathung der beiden Gesetzentwürfe fort, mit denen es sich schon gestern beschäftigt hat. Die Zahl der angemeldeten Redner hatte sich um ein bedeutendes vermehrt. In Bezug auf die gestrige Rede des Ministers Grafen zu Eulenburg trage ich die Bemerkung nach, daß die Regierung die Ausdehnung der communalen Gesetzgebung, wie man sie augenblicklich versuche, auf alle Provinzen für nicht opportun halte, einen definitiven Beschluß aber noch nicht gestellt habe. Heute sprach zuerst der Graf von Wintzingerode. Er äußerte verschiedene Wünsche in Betreff der künftigen Provincialsteuern und will die Competenz der Regie­rungspräsidenten mehr eingeschränkt haben, als der Entwurf es thut: es sollen den Regierungen nicht bloß, wie es der Entwurf anordnet, die Schul-, Forst= und Domänenangelegenheiten, sondern auch die Gewerbe= und Eisenbahnangelegenheiten entzogen werden. Andererseits billigt er es, daß der Oderpräsident das Präsidium des Provinciallandtages führen soll. Nach ihm hält der Abg. Lasker eine zweistündige Rede, die in ihren ersten Partieen der Regierungsvorlage in dem Maße günstig war, daß man fast glauben konnte, Herr Lasker sei Urheber derselben. Er hat übri­gens auch seine Wünsche. Namentlich hielt er die Institution der Staatsanwalte bei den Verwaltungsgerichten für verderblich, die Fortexistenz der Regierungspräsidenten für unmöglich und die Ausdehnung der gegenwärtigen communalen Gesetzgebung auf alle Provinzen für durchaus nothwendig, letzteres schon aus dem Grunde, da es unstatthaft sei, daß die Staatsverwaltung ferner mit den unbedeutendsten Bagatellsachen behelligt sei, wovon sie jezt an Congestionen nach dem Kopfe leide, so sehr, daß alle Minister und Geheimräthe nervös erschöpft seien.

Der Abg. v. Gerlach nimmt davon, daß gestern verschiedene Redner gesagt hatten, man müsse in Consequenz der Kreisordnung die Gesetzgebung weiter aufbauen, Veranlassung, den Satz auszu­sprechen, man müsse schlechte Gesetze ganz abschaffen, nicht auf deren Grund noch fernere Gesetze machen, das sei auch, wie er an Beispielen nachweist, schon wiederholt, selbst im Laufe der letzten 25 Jahre, vorgekommen. Ein schlechtes Gesetz aber sei die Kreis­ordnung, sie sei revolutionär, durch das Herrenhaus habe sie nur gebracht werden können vermittels eines Pairsschubs, ein Pairsschub aber sei eine Art von Staatsstreich: darum eigne sich die Kreis­ordnung sehr zum Abschaffen. Er will jedoch nicht verkennen, daß die Kreisordnung einiges Gute habe, bedauert aber die Fluth von Gesetzen, die über uns hereinbrechen würde, weil man mit Verachtung der Continuität alles Alte umreiße. Auch bedauert er, daß das viele Wählen, dem man eine immer größere Aus­dehnung gebe, in bedenklicher Weise dem Parteiwesen Nahrung schaffe. Der letzte Redner für heute war Herr v. Sybel. Er sprach fast eine volle Stunde. Ungefähr eine halbe Stunde orakelte er mit professorenartiger Geschwätzigkeit über Dinge, die dem Gesetzentwurfe sehr fern lagen. Aus dem, was er dann später zu den vorliegenden Gesetzentwürfen sagte, bemerke ich, daß ihm der Wahlmodus für den Provinziallandtag durchaus nicht gefallen will. Das Wahlreglement schreibt nämlich die geheime Abstimmung mittels verschlossener Zettel vor; es ist also der Modus der Reichstagswahlen. Die rheinischen Liberalen, sagt Herr von Sybel, empfinden drückend die Uebelstände des Reichstagswahl­gesetzes, des allgemeinen Stimmrechts: wir säßen lieber auf den Plätzen, die das Centrum im Reichstage einnimmt. Er hofft, ein energischer Gesetzgeber werde Aenderung schaffen. Ich denke,