Nr. 283

6. Jahrgang.

Bonn, Dinstag den 16. October 1877.

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gannement: Vierteljährlich pränum. für Bonn inel. Traglohn bei den deutschen Postämtern und für Luxemburg KMark; de. 4 RMark.

Organ für das kakholische deutsche Folk.

Die Deutsche Reichs=Zeitung erscheint täglich, an den Wochentager Abends, an Sonn= und Festtagen Morgens. Insertionsgebühren für die Petitzeile oder deren Raum 15 R Pfennig.

z. Am Vorabend des nächsten Landtages.

aus den verschiedenen Hin= und Herreden der officiellen, offi­zssen und nicht officiellen Blätter und Correspondenzen über sie m erwartende Thätigkeit des bevorstehenden Landtages scheint gute schon so viel festzustehen, daß die eigentlich legislatorische Fitigkeit der Kammer nicht vorzugsweise in Anspruch genom­men wird. Auf die längst nothwendige Uebertragung der Sammunalreform=Gesetze werden die westlichen Provinzen wohl vorläufig noch verzichten müssen. Dank der Thätigkeit eines Vereins, der sich den Namen: Deutscher Verein mit dem­iben Rechte beizulegen pflegt, wie manlucus von non lucendo ahmleiten pflegt. Bei dem Worte Mouchard" pflegt es einem uuheimlich zu werden, und nun müssen wir am freien deutschen steine aus den gerichtlichen Verhandlungen gegen den Dr. Konitzer gfahren, daß man keinen Anstand genommen hat, ein solches Subject für einen Verein zu engagiren,der Material zur Ver­theidigung der armen, von den bösen Ultramontanen unter­drückten Liberalen sammeln sollte".

Wir halten es für sicher, daß diese traurigen Enthüllungen auch auf der Tribüne des Abgeordnetenhauses zur Kenntniß des ganzen Landes gebracht werden. Versprechen wir uns auch davon keinen augenblicklichen Erfolg, so halten wir es doch für nützlich, wenn ein solches Treiben möglichst in den weitesten Kreisen bekannt wird.

Die in Aussicht gestellte neue Städteordnung wird auch wohl nicht auf der dieses Mal schmal bestellten Tafel des Hauses er­sceinen; darüber sind wir im Grunde nicht sehr betrübt, da vir doch immer nur eine Städteordnung mit Beibehaltung des schlechten Dreiklassensystems erhalten hätten, ein Schaden, der durch die Verbesserung der geheimen Abstimmung nicht ent­prechend aufgewogen würde.

Sehr erfreulich ist es, daß wir alle Aussicht haben, einst­wilen noch keinen Entwurf des Unterrichtsgesetzes zu erhalten. Ministerialerlasse, Verfügungen der Verwaltungsbehörden können usch bei einem Systemwechsel aus der Welt geschafft werden, uicht so leicht geht das mit Gesetzen, die durch ein Zusammen­nirken der beiden legislatorischen Factoren zu Stande ge­bumen sind.

Od es überhaupt möglich ist, für Preußen, das in seinen kuovinzen die größte Verschiedenheit in Religion, Sitte, Cultur u gewerblichen Entwickelung vereinigt, ein brauchbares Unter richtsgesetz zu erlassen, ist uns sehr zweifelhaft, unn man sich nicht begnügen will, ganz allgemeine Grundzüge tümstellen, die dann nur mit sehr starken Modificationen in in einzelnen Landestheilen zur Ausführung gebracht werden hmten. Namentlich gilt dies von dem wichtigsten Theile eines luterrichtsgesetzes, von der Volksschule, die jetzt schon der Gegen­und des lebhaftesten Kampfes geworden ist, bei der das Princip Ar absoluten Staatsomnipotenz mit dem natürlichen Rechte der Gtrmn und dem der Gemeinde in die schärfste Collision gerathen 1. Die Vorlagen über die neuere Justiz=Organisation werden uire Nachbar=Provinz Westfalen voraussichtlich mehr inter­tsinn, als die Rheinlande, in denen im Wesentlichen keine aurchgreifenden Veränderungen eintreten dürften.

Ob der Landtag neuen Ministern sich gegenüber sehen wird,

i noch unklar, möglich aber wäre es, daß Graf zu Eulenburg kin Portefeuille in andere Hände legt; wir würden dies nicht inr betrauern, und er würde sich als heiterer Lebemann auch n trösten wissen.

Die weit die Stellung des Herrn Falk durch die Wirren in ir protestantischen Landeskirche berührt und unsicher gemacht torden ist, dürfte sich in der nächsten Session wohl bemerklich ruichen, da Beschwerden aus diesem Ressort in jedem Falle zur kahandlung kommen werden, sei es in der Form von Petitio­oder in der, den Nationalliberalen besonders unliebsamen Lise der Beschwerdeführung bei der Etatsberathung. Möglich, auch nicht wahrscheinlich ist allerdings immer, daß im der Geschäftsordnung gegen diesen von dem Centrum ge­ichlten Modus vorgegangen wird. Bei besonders hervorragen­# Angelegenheiten wird dann wohl Nichts übrig bleiben, als

i Beschwerden durch die Form von Anträgen an die Kammer u bringen.

In jedem Falle wird die Centrumsfraction, dessen sind wir mit ungebeugtem Muthe fortfahren, die Rechte des katho­lsten Volkes zu vertheidigen. Dazu wünschen wir ihr von schg Sragens krischen Muth, und, woran Alles gelegen ist,

Deutschland.

uun Wiuia4 October. DieKöln. Ztg. schreibt: Die im cien Ministerrathe erzielte Einigkeit beruht in so I auf einem Compromisse, als Graf Eulenburg in die Zurück­

Herr und Reitknecht.

Novelle von M. 2.

(Fortsetzung.)

Irma plötzlich, auf ihn zueilend und alle Scheu über begrüßend,Du, Du selbst bist es, o, wie freu wiederzusehen, Dich, den lieben Gespielen meiner Kind­S oie ie%lange ist es her, daß wir uns nicht gesehen haben!

ban und schischt, hastu

kr neie Feisen ur.# bald so. Ich behalte es mir noch vor,

E nas macher aungrl isse ausführlicher zu erzählen. Aber sage

S einsamen Nests Hein Bar den ganz allein hier auf diesem Dr in Wien, warmm bied at.. wie ich gehört habe, noch

öhrn, wie eine Ronne im Kloster.: austatt hier ein Leben

ufrieden und 5enun gerade nicht, lächelte die Gröfn,ich bin sehne mich nach nichts Besserem.

#r# geisß derr von Csokonai, denn er, der wirkliche Better Irmas IS bicheidenes glrd gagn rtet üderrascht hatte,Du warst immer * As es gebt Dir autsn d geringsten Ansprüchen zufrieden

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SPschichten, die iber Zicgd sage mir Kind, was fiud denn das

cursiren und einen gewissen jungen ###stung alenthgasben aig aumetiren und in Det­

besten Familien uunter zi.5e von Csokonat aufzutreten und

Tiu sühren g. uner vieser Maske zu tänschen und hinters

Wcelnd roch und a unter seinem scharfen strengen Blick

IA de Angen zu Boden gesente,; sehr bleich geworden und hatte Farcheinend ruhig, aber Zern=40 sest erhob sich sie nicht als

I. dus ashe se Du dass. euch mit lopsendem Herzen fragte:

chts ofeneg wil ich Dir sagen, aber dann erwarte ich auch von

in der Garnisgon vor, vo Geris. Ich brach auf weiner

55# rhan von Zapolza uu.8.ac s von Kisaludy, Argad von und noch einige andere meiner Jugend­sind und dort hörte ich allerlei, was mir nicht eben

ziehung der Städteordnung willigte, Fürst Bismarck dagegen keine Sistirung der Verwaltungsreform forderte, sondern nur ein vorsichtiges Vorgehen, Schritt für Schritt. Er erklärte, er sei nicht gegen die Ausdehnung der Kreis= und Provinzial­Ordnung auf andere Provinzen, jedoch müßten einige Aende­rungen eintreten bei der Uebertreibung der bisherigen Reform­gesetze. DiePost erläutert dies dahin, daß diese Aenderungen auch in den fünf Provinzen eingeführt werden müßten, wo die Gesetze schon jetzt gelten: beispielsweise führt sie an, es müsse die Doppelinstanz von Bezirksräthen und Provinzialräthen be­seitigt und die Selbstverwaltung der Provinzen auf die Ver­waltung des provinziellen Eigenthums beschränkt werden. Uebrigens bezieht sich das Einverständniß des Ministeriums vorläufig nur auf die Landtagsvorlagen, und dieKreuzztg. mag nicht Unrecht haben, wenn sie bemerkt, andere Fragen wären nur vertagt, und wenn sie auch die Stellung des Handels=Ministers noch nicht für ganz gesichert ansieht. Eulenburg führt sein Amt vorläufig weiter. Die Novelle zur Städteordnung wird nicht, wie man erwarten sollte, von Geh.=Rath Wohlers, sondern von Geh.=Rath v. Brauchitsch ausgearbeitet werden. Fürst Bismarck wird erst Ende December hier zurückerwartet. Der Pester Lloyd bestätigt unsere Nachricht, daß die Schwierigkeit für die Zollverhandlungen die Weinzölle bildeten. In den politischen Kreisen zweifelt man nicht daran, daß mit Italien Verhand­lungen angeknüpft sind über ein etwaiges Defensivbündniß. Man weiß aber nicht, ob sie zum Ziele geführt haben.

Offiziös wird geschrieben:Das Entlassungsgesuch des Grafen Eulenburg stützt sich vorzugsweise auf seinen Gesundheitszustand, der es ihm nicht möglich machen würde, den Aufgaben der be­vorstehenden Session zu entsprechen, und diese Absicht könnte daher durch die Ergebnisse der Besprechungen im Staatsministe­rium nicht beseitigt werden. Selbstverständlich wird eine Ent­scheidung nicht vor der Rückkehr des Kaisers und auch dann wohl nicht im ersten Augenblick zu erwarten sein, da der Kaiser unfehlbar über die Angelegenheit mit dem Fürsten Bismarck ins Einvernehmen treten wird. Unter allen Umständen wird Graf Eulenburg angesichts der nothwendigen Vorbereitungen für den Landtag die Geschäfte zunächst fortführen. Die in mehreren Blättern wiederkehrende Behauptung, daß die Verwaltungsreform sistirt sei, entspricht grundsätzlich und thatsächlich nicht den im Staatsministerium gefaßten Beschlüssen, im Gegentheil war unter allen Ministern mit Einschluß des Fürsten Bismarck volles Ein­verständniß darüber, daß die Reform auf den bisherigen Grund­lagen, Schritt vor Schritt fortzuführen sei, als ein solcher Schritt ist die beabsichtigte Novelle zur Städteordnung entschieden anzusehen, da sie eben die Ausdehnung der wesentlichen Grund­lagen der Reformen auf die Städte zum Zweck hat.

Das landwirthschaftliche Ministerium wird außer dem Ent­wurf über Forst= und Feldpolizei dem Landtage noch mehrere kleinere Gesetzentwürfe vorlegen. Einer dieser Entwürfe dürfte dazu bestimmt sein, für den Kreis Siegen eine neue Haubergs­Ordnung zu schaffen. Es ist unmöglich, daß die erste ordent­liche Generalsynode noch in diesem Jahre stattfinden kann, da erst mit dem ersten Januar 1878 der legislative Beginn der Provinzialsynoden anfängt. Nach derKreuzzeitung wird das Entlassungsgesuch des Ministers des Innern entschieden auf einen leidenden Gesundheitszustand zurückgeführt. Das Ge­such des Grafen Eulenburg könne nach Kenntniß insofern nicht als ein Symptom einer fortdauernden Krisis gelten. Als zwischen ihm und dem Fürsten Bismarck im letzten Minister­rath über die Behandlung der Verwaltungs=Reform eine volle Verständigung erfolgte und der Wunsch nach Rücktritt nur eben durch den Gesundheitszustand des Ministers motivirt sei, der noch vor Eröffnung der Reichstagssession bevorstehenden Ausein­andersetzung zwischen dem Kanzler und einzelnen seiner Kollegen hätten mit der Demission Eulenburgs nichts zu thun. Als richtig wird mit derKreuzztg. bezeichnet, daß Fürst Bismarck sich für die Ausdehnung der Kreisordnung auf alle Provinzen mit den durch die Erfahrung gebotenen Modifikationen, aber gegen eine weitgehende Herabsetzung des Census in der Städte­ordnung(!) ausgesprochen habe. Der Staatssecretär Fried­berg hat heute die Reise nach Elsaß=Lothringen in Begleitung des vortragenden Raths Ittenbach angetreten. Nach der Post kehrt Fürst Hohenlohe erst nach den Wahlen nach Paris zurück. Nach demselben Blatte verlautet jetzt von maßgebender Seite, daß die Behörde keine Veranlassung zum Einschreiten gegen den Generalsuperintendenten Büchsel gefunden hat.

DerGermania schreibt man, daß gegen den Pastor v. Nathu­sius wegen seiner Aeußerungen auf der August=Conferenz eine Untersuchung eingeleitet werden soll. Der Wiederzusammen­tritt der Reichskommission für Schifffahrts=Angelegerheiten bleibt vorerst unbestimmt. Auf direkte Einladung des Kaisers

begibt sich der Polizeipräsident v. Madai zu den Festlichkeiten nach Frankfurt. Die Gründer der Herzfelder Dampfziegelei­Aktiengesellschaft Kaufmann Moritz Bamberger und Banquier Wolfram Meyer wurden heute wegen Unterschlagung zu 3 Mo­naten Gefängniß verurtheilt.

* Berlin, 14. Octbr. Die Nachricht von einem Einfalle von 1500 Ungarn in Rumänien stellt sich jetzt als Phantasie­bild eines wahrscheinlich bekneipten Unterpräfekten von Baja Arama heraus. In Petersburg soll es nach derPost aufs höchste befremdet haben, daß die schwedische Regierung in Schweden bestellte Gewehre für die russische Armee als Kriegs­contrebande zurückgehalten hat. Obgleich die Beziehungen Ruß­lands zu Schweden sonst die allerbesten seien, würden dennoch die durch die Zeitumstände gebotenen Vorsichtsmaßregeln nicht versäumt. So werde die Befestigung von Transund mit Eifer fortgeführt. Die neuen Batterien von Uransari und Mustasari seien jede mit zwei Riesengeschützen von 18 Zoll, 3500 Pud im Gewicht, bewaffnet. Auch die Befestigungen von Sweaburg seien ansehnlich verstärkt worden. Für Anlegung neuer Batterien zu Drums=5, Deger=ö und Bunsholm hätten die Expropriationen für Rechnung der russischen Krone Statt gefunden. Im Falle eines europäischen Krieges würden sich Schweden und Dänemark jedenfalls England anschließen.

In einem ArtikelDie französische Krifis" schreibt die Kreuzzeitung;

Nur zwei Dinge sind nicht zu erwarten, so lange der Marschall an der Spitze steht: ein Staatsstreich und ein Krieg. Abgesehen von seinen wiederholten Versprechungen, die Verfassung zu beobachten, die man bei ihm nicht etwa auf die Linie des Louis Napoleons stellen darf, hat er weder den Muth noch irgend ein Interesse, seine Existenz zu riskiren und einen der Prätendenten auf den Thron zu setzen, und was das Aus­land betrifft, so weiß er zu gut, daß Frankreich den Frieden nicht nur bedarf, sondern auch will, daß keine Regierung sich heute halten könnte, die nicht für den Frieden ohne Rückhalt ist. Eine Aeußerung, die er gegen einen hier beglaubigten Gesandten that, ist in dieser Beziehung höchst charakteristisch: On me marcherait sur le pied et je dirais: pardon! Der europäische Friede würde durch Frankreich nur gefährdet sein, wenn wirklich die Radicalen aus Ruder kämen, abgesehen davon, daß Gambetta's fixe Idee die Revanche ist, so würde er versuchen, sich durch einen Krieg zu befestigen. Das darf er freilich nicht sagen, weil das Friedensbedürfniß allgemein ist; aber es bleibt daher nicht minder wahr. Glücklicherweise sind seine Aussichten nicht glänzend, er muß die Radicalen zu sehr brauchen, um sich ja ganz von ihnen trennen zu kön­nen und das Land will vom Radicalismus nichts wissen. Das schließ­liche Ende wird doch voraussichtlich die Wiederherstellung des Kaiserreiches sein. Ein scharfer Beobachter, der ebenso Gegner der jetzigen Regierung wie des Bonapartismus ist, sagte mir soe que la France voudrait, dest 'Empire sans la guerre.e

DieKöln. Ztg. schreibt:

Es bestätigt sich durchaus, daß jetzt die Ausdehnung der Kreisordnung auf die ganze Monarchie beschlossene Sache ist und die Vorarbeiten dazu unmittelbar in Angriff genommen werden sollen. Die Regierung wird über ihre bezüglichen Pläne dem Landtage Mittheilungen machen. Selbst­verständlich wird von den betreffenden Vorlagen in der bevorstehenden Session noch nicht die Rede sein. Die Fragen dürften zunächst eine Ver­zögerung bis zu dem Augenblick erfahren, in welchem die Frage der künftigen Leitung des Ministeriums des Innern abschließend gelöst sein wird. Graf Eulenburg rüstet sich, heißt es, zu einer Reise nach dem Süden und würde zu einer solchen noch vor der endgültigen Entscheidung des Kaisers zunächst einen längeren Urlaub erhalten. Da nach dem gegenwärtigen Stande der Dinge die wichtigsten Vorlagen, welche im Ministerium des Innern vorbereitet waren, zurückgezogen sind, so würde in der Hauptsache nur der Etat des Ministeriums vor dem Landtage zu vertheidigen bleiben und diese Aufgabe vielleicht dem Unterstaatssekretär Bitter zufallen. Die Einbringung des Etats in das Abgeordnetenhaus wird schon am zweiten Tage nach Eröffnung der Session erfolgen.

Sollte der Kaiser dem Minister des Innern die erbetene Dienstentlassung bewilligen, so dürfte wohl in erster Linie der Oberpräsident der Provinz Hannover, Graf Eulenburg, ein Neffe des jetzigen Ministers, und Bruder des verstorbenen Bräu­tigams der Comtesse Bismarck, Anwartschaft auf das vacant werdende Portefeuille haben. Auch der landwirthschaftliche Minister, Dr. Friedenthal, wird unter den Candidaten genannt.

* Breslau, 13. October. Mit Erstaunen lasen wir dieser Tage in derNordd. Allg. Ztgt, daß sie einen namhaften katholischen Theologen entdeckt habe. Dieser Entdeckte ist Nie­mand anders als Dr. Martens in Danzig. Derselbe hat gegen Peter Reichensperger eine Broschüre geschrieben, in der er be­hauptet, daß mehr die Empfindlichkeit des Episcopats als wirk­lich materielle Bedenken den Widerstand gegen die Maigesetze hervorgerufen habe. Das Cultusministerium hat nun unter dem 23. v. M. bei Dr. Martens, gewesenen Regens des Priesterse­minars in Pelplin angefragt, ob er bereit sei, die durch den Abgang desBischofs Reinkens erledigte Professur der Kir­chengeschichte an der katholisch=theologischen Facultät der Uni­versität Breslau zu übernehmen. Dr. Martens hat in Rücksicht darauf, daß er in Folge der staatlichen Absetzung des Fürstbi­

sonderlich gefiel. Ich denke, Du verstehst mich jetzt, oder soll ich noch ausführlicher sein?

Nein," versetzte Irma,es genügt.

Und willst Du nun auch offen gegen mich sein und mir sagen, was es mit diesem jungen Menschen für eine Bewandtniß hat und was ihn dazu veranlaßte, eine so niedrige Rolle zu spielen?

Imre, sagte sie bittend und schlang ihren Arm schmeichelnd um seinen Nacken,Imre, blicke nicht so düster und urtheile nicht so streng, bevor Du mich gehört hast, Du sollst Alles wissen, aber sieh' mich freundlich an, noch freundlicher, ganz freundlich, so, jetzt will ich es Dir erzählen.

Sie begann nun, ihm von ihrer ersten Begegnung mit dem Jokey bis zu ihrer Verlobung am Morgen, Alles der Wahrheit getreu, ohne Uebertreibung, ohne irgend welchen Zusatz oder Ausschmückung und doch in warmen, lebensfrischen Worten zu wiederholen. Und er hörte ihr mit reger, gespannter Aufmerksamkeit zu, wenngleich sein Blick sich hin und wieder verdüsterte und er bisweilen bedenklich mit dem Kopfe schüttelte.

Das ist eine seltsame Geschichte, hub er an, als sie geendet,und so leid es mir ist, Dir weh thun zu müssen, so glaube ich dennoch, als treuer Freund und Vetter, Dir zu bedenken zu geben, daß Du Dich da in eine sehr mißliche Lage versetzt hast und rathe Dir, so lange es noch Zeit ist, Dir diesen Reitknecht aus dem Kopf zu schla­gen, eine solche Mesalliance thut niemals gut.

Imre!.

Ja Kind, ich kann Dir nicht helfen. Dein Vater wird seine Ein­willigung zu dieser Verbindung niemals geben, dessen kannst Du ge­wiß sein, und es ist besser, Du läßt es gar nicht so weit kommen, daß er überhaupt etwas von der Sache erfährt und beugst Dich unter seinen Willen und heirathest den Herrn von Auersperg. Ich kenne ihn zwar nicht persönlich, habe aber schon viel Gutes von ihm gehört und bin überzeugt, daß er Dich glücklich machen wird.

Niemals, rief die Gräfin heftig,ich liebe Franz, ich habe ihm ver­sprochen, treu zu bleiben und werde nie, nie einen Andern heirathen.

Beruhige Dich doch Irma, sagte Herr von Csokonai, sanft mit der Hand über ihren dunkeln Scheitel streichend.Es mag Dir im Augenblick schwer ankommen, Dich von dem Jokey loszureißen, ihr habt so lange hier zusammengelebt, studirt, gearbeitet, geritten, Du hast Dich an seine Gesellschaft und an seine Person gewöhnt, weil Du

Niemand anders hattest, der Dir die Zeit verkürzte, und nun bildest Du Dir ein, ihn zu lieben

Nein, ich bilde es mir nicht ein, ich liebe ihn wirklich und wahr­haftig.

Still, Kind, das weißt Du jetzt selbst nicht. In ein paar Mona­ten, vielleicht schon Wochen, wirst Du ganz anders über die Sache denken. Ich meine es gut mit Dir, aber laß ab von diesem Franz; er paßt nicht zu Dir! Laß ihn meinetwegen hier bleiben, oder sonst wohin gehen. Ich werde Dich nach Wien begleiten.

Sie schüttelte heftig den Kopf und erwiderte schmerzlich bewegt und dennoch fest und unbeugsam:Nein, Imre, ich danke Dir, ich fühle, daß Du es gut mit mir meinst, aber von Franz lasse ich nie. Ihn zu verlieren wäre mein Tod. Uebrigens kennst Du ihn ja noch gar nicht, ich will ihn rufen, sieh ihn, höre ihn, sprich mit ihm, und ich bin überzeugt, Du wirst anderer Meinung werden und mir nicht mehr sagen, ich soll von ihm lassen und er passe nicht zu mir.

Ja Du hast recht, ich will ihn sehen, hören und mit ihm reden, aber nicht hier in Deiner Gegenwart, ich will ihn in seinem Zimmer aufsuchen, wenn ich allein mit ihm bin, kann ich freier und unbefan­gener denken und sprechen.

Aber Du wirst ihm nichts sagen, was ihn verletzen könnte. Gewiß nicht. Und nun, Kind, gräme Dich nicht, es wird noch Alles gut werden," versetzte er, ihr herzlich die Hand schüttelnd.

Das gebe Gott! seufzte Irma.

Welches Zimmer bewohnt er?

Das letzte links im Corridor.

Gut, so will ich gehen.

Und Du wirst gütig mit ihm sprechen und ihm keine Vorwürfe machen, versprich mir das! O Imre, ich bin überzeugt, Du kommst mit ganz andern Ansichten von ihm zurück, als Du jetzt zu ihm gehst! Du wirst ihn gewiß lieb gewinnen, ich weiß es. Und nun geh und bleibe nicht lange.

Herr von Csokonai trat einige Minuten später in das Zimmer des Jokey's, wo er diesen an einem Tische sitzend und emsig schreibend antraf

Sie sind Franz Grauzkow, der Reitknecht des Grafen von Szent­Disda? fragte der junge Edelmann in etwas strengem, aber dennoch höflichem, keineswegs beleidigendem Ton.

(Fortsetzung folgt.)