Rt. EI7.
6. Jahrgang.
Vonn, Samstag den 11. August 1077.
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für das katholische deutsche Folk.
Die Deutsche Reichs=Zeitung erscheint täglich, anden Wochentagen# Abends, an Sonn= und Festtagen Morgens. Insertionsgebühren für die Petitzeile oder deren Raum 15 RPfennig.
Zur Universitätsfrage.
+ Berlin, 8. August.
Die„Deutsche Reichs=Zeitung“ brachte vor einigen Tagen eine Besprechung einiger Hauptmißstände unserer deutschen Hochschulen. Wir möchten diesem Bilde noch einige Züge hinzufügen und zwar die Thatsache rügen, daß die Mehrzahl der Universitätsprofessoren im Dienste der herrschenden Politik ein gut Theil ihrer Kraft aufreiben, Lust und Liebe zu ruhigem objectivem Studium nothwendig verlieren. Wir haben von diesem Gesichtspunct aus seit längerer Zeit die Verhältnisse an der hiesigen Universität beobachtet und hören allgemeine Klagen über das abnehmende Interesse der Docenten an der akademischen Thätigkeit, der eigentlichen Lebensaufgabe des Professors. Es gehört z. B. die Mehrzahl der Mitglieder der hiesigen juristischen Facultät dem deutschen Reichstage oder preußischen Landtage, vielleicht sogar beiden Häusern zugleich an. Mögen diese Professoren zum Theil ganz Tüchtiges hier leisten, so vermag dies nicht die nüchterne Theilnahmlosigkeit aufzuwägen, die sie auf dem Katheder zur Schau tragen. Die Studirenden sollen, wie man erzählt, den öfteren Ausfall der Vorlesung in Folge der parlamentarischen Sitzungen, sowie die geistige Abspannung und Ermüdung, die eine angestrengte parlamentarische Thätigkeit nach sich zieht, sehr unangenehm empfinden.
Auf die Folgen, welche das einseitige politische Schaffen auf die rein wissenschaftliche Stellung der Professoren ausübt, wollen wir nicht näher eingehen, es läßt sich hier mancherlei Merkwürdiges und Abgeschmacktes anführen. Jeder, der einmal die Arbeiten eines der sogenannten hervorragendsten Mitglieder unserer Hochschulen durchblättert, z. B. seine deutsche Reichsund Rechtsgeschichte in den neueren Auflagen, wird sich über die wissenschaftliche Deroute des Verfassers im hohem Grade verwundern. Man lese nur die in der Rechts=Geschichte gegebene Uebersicht der Entwicklung Deutschlands seit dem Untergange des Reichs. Die Ereignisse des Jahres 1866 sind sehr ruhig und objectiv, wie es Pflicht eines wahren Historikers ist, dargestellt. Man begreift aber kaum, wie derselbe Gelehrte die folgende theilweise puerile Beschreibung des Krieges von 1870 bis 71 und der aus demselben hervorgegangenen politischen Umgestaltungen in unserem deutschen Vaterlande verfassen konnte. Der Ton der Darstellung streift ans Gewöhnliche, man merkt zu gut, daß mit den politischen und religiösen Anschauungen des Verfassers inzwischen ganz gewaltige Veränderungen vorgegangen sind.
Daß von einzelnen Professoren der Katheder zu tendenziöspolitischen Ausfällen und Rabulistereien gemißbraucht wird, ist eine Thatsache, die nicht scharf genug getadelt werden kann. Die Politik gehört nicht, am allerwenigsten in der von diesen Luten beliebten Art der Darstellung, in die Hörsäle der Universität.
ferner ist auf einen andern Uebelstand hinzuweisen, der schon Unzst von allen betheiligten Kreisen, mit Ausnahme der Profesoren selbst, bitter beklagt wird. Es ist der gänzlich fehlende engere Verkehr zwischen dem Professor und seinen Zuhörern; der Ersatz, den Bluntschli zu finden glaubt, wenn er schreibt: „nur aus dem Glanz und Blick der Augen und den feinsten Bewegungen der Mienen seiner Zuhörer kann der Docent ersehen, ob sein Vortrag verstanden, ob demselben gefolgt werde, welchen Eindruck in der Seele der Studenten er mache, nur von da aus auch seinerseits Anregung empfangen“— ist ein imaginairer, besonders für kurzsichtige Docenten, die grade nicht zu den Seltenheiten gehören. Die meisten Mitglieder der Professorenkaste leiden an einem Uebermaß von Eigendünkel,— noch in jüngster Zeit hat ein Professor in Rom ein Beispiel geliefert— der erfahrungsmäßig um so größer, je geringer die wahre Bedeutung der Persönlichkeit selbst ist. Der große Troß der Kathederpfründner glaubt in einer solchen Höhe wissenschaftlicher Bedeutung zu stehen, daß es unwürdig erscheint, mit dem ignobile vulgus der Studirenden in Berührung zu kommen. Führt der Studiosus einen vornehmen Namen, so gelingt es ihm vielleicht dem Lehrer näher zu treten, ihn in seinem Familienleben kennen zu lernen. Natürlich hat dies selten den Zweck, Lehrer und Schüler in gegenseitigem mündlichen Verkehr zusammen zu führen, auf beide gleichmäßig geistig befruchtend einzuwirken, es stehen meistens ganz andere Motive im Hintergrund, über welche uns die Frau Professorin Rechenschaft geben kann. Der gewöhnliche Alltagsstudent hört die Vorlesungen, besucht, wenn es noch Sitte ist, den Professor beim An- und Abmelden und wird hier von dem Lehrer viel
a Californien.
Von F. G.
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(Fortsetzung.)
Mr. Smith klemmte seine überdies dünnen Lippen noch etwas fester zusammen und rief dann:
„Meiner Meinung nach, Sir, gehört unter Gentlemen auf eine höfliche Frage auch eine höfliche Antwort.“
„Unter Gentlemen, ja,“ sagte Fischer trocken,„mein Kamerad und ich haben aber, soviel ich weiß, nicht mit einander gesprochen.“
„Und erklären Sie mich für keinen Gentleman, Sir?" rief der Amerikaner, und die kleinen boshaften Augen verschwanden fast unter den zusammengezogenen Brauen.
„Ich will Ihnen etwas sagen, Mr. Smith,“ erwiderte aber der Deutsche.„Hier arbeiten wir, und haben keinem Menschen Rede zu stehen oder Rechenschaft zu geben, es sei denn vielleicht ein Beamter der Vereinigten Staaten. Zu denen zähle ich aber nicht das Spielergesindel, das sich in den Minen herumtreibt, und sollte Einer von denen zu uns kommen und unverschämt werden, so gebe ich Ihnen mein Wort, daß wir ihm alle Knochen im Leibe entzweischlügen.
Der Amerikaner griff langsam mit der Hand in seine Brusttasche, er jedenfalls seinen Revolver verborgen hatte. Schon kam aber andere„ Deutsche ebenfalls wieder heran, und da Mr. Smith es nicht finr möglich hielt, daß Jemand hier im Lande herumgehen könne, ohne eine Schußwaffe bei sich zu tragen, und doch nicht so ganz sicher war, inwieweit er die Leute einschüchtern könne, zog er die den mzuruck, griff den Zügel seines Pferdes auf, murmelte etwas in langsam du beinahe wie edamned deutchmene klang, und bog Leuschen lachten fn den vorher verlassenen Pfad ein. Die beiden dem Laut sein s giuter ihm drein, und es war fast, als ob er bei sich doch eines dier noch einmal einzügeln wolle; aber er besann #s Lesseren und verfolgte den einmal eingeschlagenen Weg. Fischer alg.:d Pestbeulen der menschlichen Gesellschaft,“ sagte nachsaß Kamerad wieder neben ihm stand und dem Reiter vollte, wärh. Amerikaner nach diesem Gesindel beurtheilen Weise dentt dar trau#s Urtheil über sie fällen müssen. Glücklicher ste, und nur bier Amerikaner aber gerade so wie wir über Stagten der.: i“ Californien und in den westlichen und wildesten Was woll:n dürfen sie ihr Wesen treiben.“
Ganz prut denn der Bursche?“
Fischer; verablassend ein Gespräch mit uns anknüpfen,“ lachte
„vielleicht sogar eine kleine Spielpartie aus freier Hand ar
leicht einer Frage nach dem Gange der Studien 2c. gewürdigt. Daß einsichtsvollere Mitglieder der Professoren= Zunft diesen Uebelstand erkennen und den Verkehr mit den Zuhörern eifrig suchen, zeigen z. B. die Verhältnisse an der Leipziger Hochschule. Das sind aber vereinzelte Ausnahmen: Die große Zahl der Docenten ist vollkommen befriedigt, wenn sie die Collegiengelder eingestrichen hat, und der Zuhörer, wenn er am Ende des Semesters das zusammengestoppelte Dictat des Lehrers schwarz auf weiß mit nach Hause trägt, um es vielleicht zur Zeit selbst wieder seinen Zuhörern vorzulesen.
Deutschland.
* Berlin, 9. August Man wundert sich allgemein, daß die Türken ihre letzten Siege nicht besser ausgenütz haben. Die Ansichten darüber sind verschieden. Die Einen behaupten, die Türken hätten nach der Schlacht bei Plewna den Feind nicht verfolgen können, weil es an der dazu nöthigen Cavallerie gefehlt habe, andere finden die Ursache dieser türkischen Thatlosigkeit in der mangelhaften Ausrüstung und dem herabgekommenen Zustande eines großen Theiles der türkischen Truppen; richtiger indeß dürfte die Ansicht derer sein, welche behaupten, die Türken müßten ihre festen Stellungen innehalten, denn sobald sie die Offensive ergriffen und die Russen in ihren Verschanzungen angriffen, würden sie von der russischen Uebermacht zerdrückt und zermalmt werden. Es wird wohl also darauf ankommen, wer am längsten in seinen befestigten Positionen den Gang der Ereignisse abwarten kann. Lange können ja zwei so große Heere einander nicht gegenüberstehen. Die Verhältnisse zwingen den Einen oder den Anderen zum Losschlagen. Wir haben jedenfalls binnen Kurzem wichtige Nachrichten zu erwarten.
∆ Berlin, 9. Augut. Es ist interessant, die verschiedene
Parteinahme zu beobachten, welche man in Deutschland für die beiden kriegführenden Mächte nimmt. Die Einen nennen den Türken den Erbfeind des christlichen Namens und wünschen den Augenblick herbei, wo derselbe aus Europa hinausgeworfen wird und die übrigen Orientalen ihm nachgeschoben werden. Es sind das gewöhnlich die jugendlichen Kreise, welche nicht durch politisch: Einsicht geleitet, sondern durch ihre Geschichtsbilder aus früherer Zeit bestimmt werden und überall die Türkenglocke läuten möchten. Die große Mehrzahl unseres Volkes ist russenfeindlich. Das zeigt auch die Haltung unserer Presse, die in ihrer Mehrzahl den Beweis liefert, daß sie nicht berubelt ist. Die Grausamkeit der russischen Politik, welche in Polen seit Jahren gegen die Katholiken wüthet, die Engherzigkeit der russischen Handelspolitik, worunter der deutsche Handel leidet, die brutale Kriegführung und die Heuchelei des officiellen Rußlands, die jedem ehrlichen Mann widerlich sein muß, hat die Russen in den weitesten Kreisen verächtlich gemacht. Es hat sich die Einsicht verbreitet, daß die Rufsen ebenso sehr, wenn nicht noch mehr, außerhalb der Cultur stehen, als ihre Gegner. Das Wort Napoleons über den gebildeten Russen: ôtez’epiderme et vous verrez le barbare erscheint noch zu freundlich. Man braucht nichts wegzunehmen, denn die Barbarei ist durch diplomatische Noten und die glaubwürdigsten Berichte der Correspondenten mehr als genug beglaubigt. Der Verlauf des Krieges bringt es mit sich, daß die gegenseitige Grausamkeit sich einander steigert. Denn, indem die Russen jetzt anfangen im Nachtheile zu sein, werden ihre Gräuel von den Türken durch erhöhte Grausamkeit heimgezahlt werden. Zu bedauern ist es, daß die arme Bevölkerung am meisten unter dieser brutalen Kriegführung zu leiden hat. Ueber den Kaiser Alexander wird gemeldet, daß er wegen des ungünstigen Ausgangs der letzten Kämpfe in eine tiefe Melancholie verfallen sei, die durch Nichts gehoben werden könne. Das ist dieselbe Seelenstimmung, in welche die Hunderte und Tausende treuer Katholiken versetzt wurden, die wegen ihres Glaubens nach Sibirien verbannt worden sind. Viele, welche mit dem gemeldeten Unglücke des Czaren Mi.leid haben, müssen es sich eingestehen, daß die genannten Opfer der russischen Politik doch in den Ansprüchen auf Sympathie die Priorität haber..
Die heute angekommenen russischen Journale berechnen die türkischen Streitkräfte wie folgt: Es stehen nördlich bis Rustschuk unter Eschreff Pascha 25,000, die Garnison der Festung 10—15,000 Mann, in Silistria 10,000 Mann, zusammen nicht über 50,000 Mann. Das Corps im Centrum unter MehemedAli hat 45,000, Schumla 15,000, also mit Zuzählung der Garnison von Varna 70—80,000 Mann. Das westliche Corps unter Osman Pascha bei Plewna beträgt 30—40,000 Mann, seine Vereinigung mit der Garnison von Widdin(5000 Mann)
rangiren. Es wäre das erste Mal nicht, daß sie den Goldwäscher um seinen Ertrag gleich aus der Maschine heraus bestohlen hätten— ich ließ ihn aber ablaufen. Doch er mag gehen, und wird uns hoffentlich nicht wieder in die Nähe kommen.“
Mr. Smith hatte indessen wahrscheinlich nicht in besonders guter Laune denselben Baumstamm erreicht, über den hin der junge Graf Beckdorf vorhin den Schatten bemerkt haben wollte. So wie er jetzt wieder mit dem geleerten Eimer zu der Grube zurückging, blickte er fast unwillkürlich den Hang hinauf, dem der Reiter folgte. In demselben Moment scheute dessen Pferd jäh zur Seite, und Beckdorf sah, wie eine dunkle Gestalt gerade vor ihm in die Höhe sprang. Mr. Smith aber, auf seinem wahrscheinlich höchst bequemen, indeß jedenfalls sehr unsichern Sitz, verlor das Gleichgewicht und rollte an der rechten Seite des Pferdes aus dem Sattel. Wohl hatte er dabei dessen Zügel nicht losgelassen, ehe er aber nur im Stande war wieder auf die Füße zu kommen, ja wahrscheinlich ehe er nur seine Lage recht begriff. tauchten aus allen benachbarten Büschen, wie aus dem Boden wachsend, Indianer auf, und der Weiße lag macht= und wehrlos in ihrer Gewalt, ehe er eine Waffe ergreifen oder sich zur Wehr setzen konnte.
Fischer durch den plötzlichen Lärm aufmerksam gemacht, war ebenfalls in die Höhe gesprungen, als der gellende Hülfeschrei des Ueberraschten zu ihnen niederschallte.
„Halt,“ rief Beckdorf, indem er fast unwillkürlich die dort am Boden liegende Brechstange aufgriff,„und wenn das ein Spieler ist, so können wir doch nicht geduldig mit zusehen, wie ihn die Rothfelle da oben abschlachten.“
„Schade wär's gerade nicht um ihn,“ meinte Fischer,„aber— Sie haben Recht. Wenn wir ihm helfen können, dürfen wir nicht müßig bleiben. Wollen sie ihn aber umbringen, so schneiden sie ihm sechsmal da oben den Hals ab, ehe wir hinaufkommen.“ Und mit den Worten den neben ihm liegenden scharfen Spaten aufgreifend, sprangen die beiden Männer so rasch sie konnten den ziemlich steilen Hang hinan, bis sie den Reitweg erreichten und dann rascher vorwärts konnten. Indessen aber, und während das wilde Geschrei des Amerikaners noch immer durch die Berge drang, hatten sich etwa fünfzig Indianer um ihn gesammelt, und seine Arme und Hände so mit Bast auf dem Rücken zusammengeschnürt, daß er nicht im Stande war nur die geringste Bewegung mit ihnen zu machen. Aber die zu seiner Rettung anspringenden Deutschen hatte er entdeckt, und in den flehendsten Tönen bat er sie, ihn aus den Händen dieser Mörder zu befreien.
Beckdorf, als der Flüchtigere der Beiden, war Fischer um etwa
ist zweifelhaft. Die Südarmee unter Suleiman Pascha beträgt 60,000 Mann. Die Zuzüge der Reserve von Sofia sind noch unbekannt. Russischerseits gehen von der einberufenen Landwehr 136,000 Mann zur Donauarmee ab. Dieselben werden in die einzelnen Corps eingetheilt. Die gesammten der Donauarmee zugedachten Verstärkungen betragen 270,000 Mann.
Aus Ischl in Oesterreich, 9. August, bringt das„Wolff'sche Bureau“ eine in folgender Art stilisirte Depesche:
„Se. Majestät der Kaiser ist heute früh abgereist, Allerhöchstderselbe wurde vom Kaiser Franz Josef bis Ebensee begleitet. Der Abschied des Kaisers Wilhelm von dem Kaiier Franz Josef, der Kaiserin Elisabeth und dem Kronprinzen Rudolf war ein sehr herzlicher. Ueberhaupt trat nährend des ganzen Zusammenseins das aufrichtigste Einvernehmen beider Monarchen zu Tage.“
Fürst Bismarck trifft am 20. August in Gastein zu dreiwöchentlicher Cur ein; bei Straubinger wurde für den Reichskanzler Wohnung bestellt.— Graf Harry Arnim ist am 3. d. M. in Carlsbad eingetroffen und hat im Hause„zum österreichischen Wappen“ sein Logis genommen.
Fürst Hohenlohe=Schillingsfürst kehrt am Sonntag über Metz auf seinen Posten nach Paris zurück.— Das Leichenbegängniß des.=M. General Steinmetz hat heute unter den üblichen militärischen Ehren in Potsdam stattgefunden. Prinz Karl und Friedrich Karl wohnten der Leichenfeierlichkeit bei.
Nach officiellen Andeutungen ist man im Reichsjustizamt mit der Ausarbeitung eines Gefängnißgesetzes beschäftigt. Es wird indessen bezweifelt, ob vorher eine Commission von Sachverständigen einberufen werden wird.
Nach dem„Deutschen Montagsblatt“ steht im Laufe der nächsten Monate ein Wechsel in der Leitung der Berliner Polizei bevor, und zwar soll nicht nur der Polizei=Präsident v. Madai seine jetzige Stellung mit einer höheren vertauschen, sondern es soll auch der Stellvertreter des Hrn. v. Madai, Frhr. v. Hertzberg, eine Stelle als Regierungs=Präsident in den westlichen Provinzen erhalten.
Von einem 190 Gramm schweren Stücke des sogenannten amerikanischen Ledertuches, welches zum Verdeck eines Kinderwagens gedient hatte, wurde in diesen Tagen hier unter dem Löthrohr nach sorgfältiger Trennung der Schlacken 2c. eine Bleistange von 60 Gramm Gewicht gewonnen. Es zeigt dies, wie gewissenlos die betreffenden Fabrikanten verfahren sind und wie ihnen gegenüber alles andere eher als ein Beschönigungsversuch angebracht und erlaubt ist.
Der innere Ausbau an dem ehemals Radziwill'schen Palais, welches bekanntlich zu der Wohnung des Reichskanzlers hergerichtet werden soll, wird mit großem Eifer betrieben, um die Baulichkeiten soweit herzustellen, daß sie der Reichskanzler, wenn möglich, noch in diesem Jahre beziehen kann. Sobald der Reichskanzler in das neue Palais übergesiedelt ist, wird, wie wir hören, das Gebäude Wilhelmsstraße 76, in welchem Fürst Bismarck gegenwärtig seine Wohnung hat, abgebrochen werden, um an seiner Stelle ein neues und umfangreiches Gebäude für das auswärtige Amt herzurichten.
Herr v. Radowitz ist nach mehrtägigem Aufenthalt in Varzin nach Berlin zurückgekehrt. Während der Dauer seiner Abwesenheit hatte. Herr Bucher den Empfang der fremden Diplomaten übernommen. Nach dem Eintreffen des Staatssecretärs v. Bülow, der Nachurlaub erhalten hat, wird sich Lothar Bucher auf längere Zeit zum Reichskanzler begeben. Graf Münster sollte vor Rückkehr nach London einen kurzen Abstecher nach Varzin machen.
Durch die Blätter geht übereinstimmend folgende Notiz:„Es steht jetzt fest, daß der im Cultusministerium ausgearbeitete UnterrichtsgesetzEntwurf dem Landtage noch in der Herbstsession zugehen wird. An eine Abwickelung des Gegenstandes ist indeß in diesem Jahre nicht zu denken. Der Landtag wird sich also diesmal nur der Information halber mit der Vorlage beschäftigen. Wie verlautet, wird der früher erwähnte Vorschlag, eine Intercalarcommission zur Vorberathung des Entwurfes zu ernennen, wie sie sich bei den Justizgesetzen bewährt hat, als Antrag eingebracht werden. Ob die Regierung zustimmen wird, ist noch sehr ungewiß.
Vorkommnisse bei den letzten Reichstagswahlen haben zu der Bestimmung geführt, daß am Tage derselben der Schul=Unterricht nicht ausfallen darf, weil die Lehrer ihrer Pflicht als Wähler doch genügen können. Sollte ein Klassenzimmer als Wahllocal benutzt werden, so würde nur der einzelne Lehrer den Unterricht ausfallen lassen dürfen. Dagegen ist bei den Urwahlen zum Hause der Abgeordneten wegen des herrschenden Wahlsystems der Unterricht auszusetzen.
Sämmtliche Eisenbahn=Beamte bei einer Privatbahn, deren Leitung einer königlichen Direction unterstellt ist und deren Beamte durch diese Direction aufgestellt werden, find, nach einem Erkenntniß des Ober=Tribuuals vom 5. Juli, preußische Staatsbeamte im Sinne des§ 355 des Strafgesetzbuches.„In dem Erkenntniß vom 3. November 1875,“ führt das Erkenntniß des Ober= Tribunals aus,„ist mit Recht ausgefühit,
zwanzig Schritt voraus, und mit der gehobenen Brechstange wollte er auch ohne Weiteres, nur dieser ersten Regung seiner Menschlichleit folgend, mitten in die Schaar der Wilden hineinspringen, als sich die ganze Masse derselben ihm entgegenwarf und fünfzig Pfeile, auf der angespannten Sehne ruhend, seine Brust bedrohten.
„Herbei, Fischer,“ rief er, dadurch aber nicht im Mindesten eingeschüchtert, seinem Kameraden zu—„hol' die Fitschepfeile der Henker; wenn wir einem halben Dutzend der Burschen nur Eisen zu schmecken gegeben haben, werden sie schon Vernunft annehmen.“
Fischer hatte übrigens von diesen Pfeilen eine ganz andere Meinung, denn in so großer Nähe wären sie tödtlich gewesen, da die nur schlecht befestigten Steinspitzen mit Widerhaken fast jedesmal in der Wunde sitzen blieben.
„Halt, Beckdorf!“ rief er ihm deshalb erschrocken zu,„setzen Sie sich keiner größeren Gefahr aus, als unumgänglich nöthig ist, denn erst wollen wir versuchen, was sich mit Ueberredung bei den Braunfellen ausrichten läßt.“
„Hülfe! Rettung! Um Gottes willen helft mir!“ schrie da wieder, als er sah, daß die Weißen zögerten, der Gefangene, indem er umsonst versuchte sich von seinen Banden zu befreien.„Schießt sie nieder wie die Wölfe— oh, daß ich meine Arme frei hätte!“
„Heda, Ihr Leute,“ redete Fischer, der jetzt keuchend herankam, die Indianer in Spanisch an, denn Einige von ihnen verstanden fast immer diese Sprache, die sie früher in den Niederungen durch den Verkehr mit den Missionären gelernt hatten,„Ihr dürft den Mann nicht umbringen.“
Ein wildes Geschrei von Stimmen, aber kein verständlicher Lauk dazwischen, antwortete ihm, und wieder gellte der Angstschrei des Gebundenen durch die Luft. Eine Anzahl der Indianer hatte ihn gefaßt, um ihn den Berg hinaufzuschleifen.
eine verflixte Geschichte,“ sagte Fischer,„wir Zwei können nichts mit der Bande anfangen, noch dazu ganz ohne Waffen, wie wir sind; und wenn auch Einer von uns fortspringen und Hülfe holen wollte, kämen wir doch zu spät.“
„Was können sie nur gegen den Amerikaner haben, während sie uns ganz unbelästigt lassen?— Wir dürfen den Mord nicht zugeben.“
„Das ist derselbe Lump, der neulich Einen ihres Stammes erstochen hat,“ sagte Fischer,„und wahrscheinlich wollen sie sich jetzt an ihm rächen. Recht haben sie, so viel ist sicher, aber wir müssen doch sehen, ob wir ihn frei bringen. Mich kennen auch die Meisten von ihnen, und ich will einmal zwischen sie gehen; bleiben Sie übrigens mit Ihrem Stück Eisen in der Nähe, denn so gereizt, möchte ich ihnen nicht zu viel trauen."(Forts. folgt.)