245 1918

47. Jahrgang

Bonn, Mittwoch den 4. September

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Bonner Dolks=Zeitung Bonner Stadt=Anzeiger

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Für unverlangt eingegangene Manustripte übernehmen wir keine Gewaor

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Von C. Hauptmann.

Die holländische ZeitungZeeuw veröffentlicht unter dieser Ueberschrift einen Brief, den einer ihrer Leser aus Jowa in Amerika erhalten hat. Es heißt darin:

Der Gouverneur unseres Staates Jowa hat veröfentlicht, daß kein Holländisch mehr gesprochen werden darf, nicht einmal in der Kirche und in der Schule. Was das für uns, die wir wenig Umgang mit Engländern haben, bedeutet, kann man ver­stehen. Böswillige haben aus Haß die holländische Kirche und Schule in Paorie, wo wir vor 4 Jahren rohrten, niedettebrannt, sie haben sogar versucht, den Domine Weersing in der Kirche aufzuhängen, es gelang ihm jedoch mit Gottes Hülfe, mit seinen Angehörigen nach Grand Rapids, diesen Bosewich­tern zu entkommen.

Das ist die Zivilisation, womit Herr Wilson

Europa beglücken will.

Als Gegenstück dazu sei hier ein Kriegobuch einer französischen Dame angeführt, dessen Inhalt den Unterschied zwischen französischer und amerikanischer Bildung zeigt. Das bei Ollendorf in Paris er­schienene Buch heißtDie Stimme einer Frau im Kriegsgetümmel. Nomain Rolland hat die Ein­leitung dazu geschrieben und es ist bemerkenswert, wie die Verfasserin, Frau Capy. die Kriegspsychose ihrer Landsleute beurteilt. Sie belauscht im Laden ein Gespräch:Oh, meine Liebe, was für ein Ent­setzen! Die Deutschen töten die kleinen franzö­sischen Kinder und fressen sie... und ruft ver­zweiselt aus:Sind wir denn in Paris oder im finstersten, letzten Dorf von Europa?Wer hatte nicht geglaubt, daß Frankreich das Land des guten Geschmacks wäre? So sieht sie diesen alten Ruhm ihres Volkes in Trümmern gehen und die Schuld daran tragen die Kriegshetzer, die mit der Feder, statt mit dem Bayonett kämpfen, weil sie dazu unfähig sind.

Man soll den Feind richtig einzuschätzen ver­suchen, nicht ihn beschimpsen! Und gerade die Soldaten sind ihrer Beobachtung nach am freisten von der Verhetzung,sie haben keinen Haß und keine Schimpfwörter gegenüder dem Feind. Auch die deut schen Frauen, im sonstigen französischen Pressestil me­geres(austro=) boches genannt, nimmt sie in Schutz und gibt einige Stellen aus Briefen an, die man bei gefallenen Deutschen sand, rührende Zeugnisse rein menschlichen Empfindens. Ja, sie wagt es so­gar, von deutschem Edelmut zu berichten, wenn sie

Es war bei Arras... Ein verwundeter Fran­zese schleppte sich mühselig zum Verbandsplatz. Da waren schon mehrere andere Verwundete, unter ihnen ein Deutscher. Als dieser an der Reihe war zum Verbinden sagte er zum Santickter in ziemlich gutem Französisch:Verbinden Sie erst diesen Mann, er ist schwerer verwundet als ich. So ge­schah es. Dem französischen Soldaten schnürte das Gefühl die Kehle zu, und er reichte dem Deutschen die Freundeshand.

Schonungslos werden die Landsleute der Ver­fasserin gegeißelt in einem AbschnittDie Wilden: Einer der Schwarzen gab den weißen Kulturträ­gern eine empfindliche Lehre. Als die Zivilisten den Negern empfahlen, alles zu verbrennen und zu ermorden, wenn sie nach Deutschland kämen ant­wortete einer von ihnen:Ich habe meine Mutter, meine Frau, meinen Sohn daheim zurückgelassen. Die Erinnerung an sie möge mich vor solchen Schandtaten behüten. Da schwiegen die Zivili­sierten.

Zahlreiche, oft ganze Seiten umfassende Zensur­lücken lassen es vermuten, daß es dem französischen Zensor doch zuviel wurde der Anerkennung der Deutschen wenigstens brachte vor kurzem die Neue Jürcher Zeitung eins der Bruchstücke, die der Zensur zum Opfer gefallen sind, überschrieben: Das Lied der Gefangenen". Daß gerade diese er­greisende einsache Geschichte wegbleiben mußte, ist außerordentlich vielsagend; sie erzählt nur von der Wandlung, die in den Bewohnern eines fran­zösischen Ortes vorgeht, in den deutsche Kriegsge­fangene kommen. Das Wunder geschieht daduich, daß man sie, die man nur durch die Lügenberichte

der Zeitungen kannte, nun wirklich sieht und

singen hört.Als die Gefangenen ankamen, in dem schmerzerfüllten Land, schrieen die Frauen voll Wut:Mörder Mörder! Nieder mnit den Boches! Als sie sie aber öfters gesehen und singen ge­hört haben, heißt's:Lieben, glauben, hoffen, trau­ern, sagte das Lied der Gefangenen. Und die Bauern verstanden. Sie fühlten, daß sie alle, Freunde wie Feinde, Menschen seien, und daß das­selbe ewige Gefühl ihren Weg erhellte... Die Natur kam zu ihrem Recht. Man liebte die Gefan­genen.

Und solche Stellen, sagt A. Mendt im Tag da­rüber, werden von der französischen Zensur für zu gefährlich gehalten weil sie Wahrheit künden!

Wahrheit hält man für unangebracht", sagt M.

Capy und führt einen erbitterten Kampf gegen alle die Lügenfabriken und Hetzer: vor allem die

Presse, das Theater, den Roman und die Schrift­stellergrößen, die Maulhelden, die, mit dem Bauch am Schreibtisch sitzend, immer nur weitermorden und=vernichten wollenbis aus Ende. Deren Phrasen von Heldentum und Aufopferung der anderen zerpflückt sie mit schonungsloser Offenheit und Leidenschaft. Und machtvoll verkündet sie in all dem Vernichtungsrausch die frohe Botschaft der Lebenwollens. Auch Richepin und unsern alten Feind Barres verschont sie nicht.

Diese wenigen Angaben mögen genügen, um de Seite des Buches zu kennzeichnen, die uns angeht. Das Feinste der Schrift aber liegt in dem Allge­meinmenschlichen, den echten Empfindungen, die diese Wahrheitsucherin ausspricht.

Das Merkwürdigste ist jedoch bei der Veröffent­lichung dieses Buches, daß es in Frankreich ver­öffentlicht wurde, das läßzt erkennen, daß man dort den Krieg über und über satt ist. Die Weltfirnna Ollendorf würde das Buch nicht verlegt haben, Romain Rolland würde nicht die Vorrede dazu geschrieben und seinen Ruf nicht aufs Spiel gesetzt haben, wenn beide nicht großer Zustimmung sicher wären.

Jede Wirkung löst eine Gegenwirkung aus. Die Saat des Hasses in Frankreich bewirkt jetzt eine Reaktion und man sieht den Augenblick heran­nahen, wo man offen gegen die Regierung und den Mob Front machen wird, welche den Haß gesät haben.

Der amerikanische Mob und Wilson befinden sich allerdings noch im ersten Stadium der Krieg= pychose das beweist der odige Bericht derJeeuw.

Amtl. österreschisch=ungar. Bericht.

WTB. Wien 2. Sept. Amtlich wird verlautbart:

Nichts Neues.

Der Chef des Generalstabes.

Die Lage im Westen.

WTB. Berlin 2. Sept. Die Loolösung unster Truppen vom Feinde in der Gegend von Baillen! geschah auf die Minute planmäßig und völlig un bemerkt. Den schwachen Patrouillen, die wir zur Verschleierung zurückgelassen hatten, gelang es, dem Feinde die starke Besetzung unsrer frühern Gräben vorzutäuschen. Erst nach Tagen griffen am 31. August, vormittags 9 Uhr, dichte engiische Schützenlinien unsre Nachhuten in dem Bergge­lände östlich Bailleul an. Der äußerst geschickten Verteidigung gelang es, das Vorgehen des Fein­des dermaßen zu verlangsamen, daß der Gegner erst in den Abendstunden die Linie Dranoeter­Ravetsberg erreichte. Die Freude an dem fast kampflos gewonnenen Gelände wird den Englän­dern wesentlich getrübt werden, wenn sie erkennen, wie planmäßig die Rückzugebewegung der deutschen Truppen vorbereitet gewesen ist. Die Stadt Bailleul, die uns die Enländer im April sast un­berührt und voll von Lebensmitteln und Beklei­dung überlassen mußten, ist jetztdank der feindlichen Beschießung ein wüster Trümmerhausen. Ebenso ist das ganze Gelände, das wir dem Gegner frei­gegeben haben, wüst und leer. Kaum ein Unter­stand blieb ungesprengt. Die Straßen sind an den wichtigsten Punkten durch Sprengung zerstört. Nich: eine einzige Brücke ist brauchbar geblieben. Die großen englischen Pionierparks mit Holz Stachel­draht, Eisenbahnschwellen, Zement usw., die uns bei unster Ossensive in die Hände sielen, und die wir bis jetzt noch nicht hatten aufbrauchen können, sind zurückgeschafft worden. Zahllose Kilometer Telephondraht haben unsre Nachrichtentruppen ge­sammelt und dabei gleichzeitig die Telephonstangen zerstört. Wir haben den Engländern nur Trümmer und Trichter geschenkt.

Berlin 2. Sept. Die Stellungen, die die Deut­schen vor der Gegenoffensive Fochs inne hatten, waren aus einer abgebrochenen Offensive entstan­den. Sie waren nicht geeignet, eine nachhaltige, auf Kräfteersparnis hinzielende Verteldigung zu führen. Infolgedessen sind sie auch nicht ausgebaut gewesen. Von dem Augenblick an, wo die deutsche Führung sich entschlossen hatte, Arras und Soissons durch eine großzügige und freiwillige Rückverle­gung ihrer Linien den feindlichen Plan einer dop­pelten Flügelumfassung zu stören, war die Aufgabe der in Flandern noch verbliebenen Offensiostellung. die durch die erfolgreiche Apriloffensive entstand, als keilförmiger Bogen in die Linie Kemmel MeterenMerrisMerghemnördlich Bethune verlief, die logische Folge der zwischen Scarpe und Oise geführten Frontstreckung. Mit derselben sorg­samen Vorbereitung wie bisher wurde auch hier die Aufgabe dieses Abschnittes durchgeführt durch die dem Feinde die Möglichkeit eines umsassenden Angriffs an dieser Stelle entzogen wurde. Die Räu­mung selbst blieb dem Feinde tagelang verborgen Alles, was in diesem Gelände ihm irgendwie von Nutzen sein konnte, war in voller Ruhe zurückge­

schafft. Selbst die zahlreichen Leitungsdrähte wur­den abgebaut, die Unterstände und wichtigen Ver­teidigungspunkte, Brücken und Brunnen nachhaltig zerstört. Zurückgelassene schwache, mit zahlreichen Maschinengewehren ausgerüstete Nachhuten fügten den endlich folgenden Engländern, die sich so oft im Verein mit den besten französischen Divisionen ver­geblich um die Wiedereroberung des Kemmels be­müht hatten, schwere Verluste zu. WTB. Englischer Heeresbericht vom 1.., abends. Heute morgen nahmen australische Truppen Pe­ronne. Nachdem sie feindliche Gegenangrisse auf Mont=St. Quentin gestern abend abgewiesen hat­ten, nahmen die Australier um 5,30 Uhr heute früh ihr Vorrücken in Verbindung mit den englischen Truppen zu ihrer Linken wieder auf Früh am Morgen stürmten die australischen Angriffsbatail­lone die deutschen Stellungen westlich und nördlich Peronne und fühlten nach. Während der heftige Kampf zwischen den zerschossenen Straßen und Ge­bäuden andauerte, erreichten sie die östlichen Vor orte der Stadt. Die australischen Truppen halten Peronne, Flamen und St. Denis und machten be­deutende Fortschritte an den östlichen und nordöst­lichen Ausläufen des Mont=St. Quentin. Links von den Anstraliern nahmen Londoner Truppen, die östlich von Chaulnes angriffen, Buchavesnes und Rancourt mit der Hochfläche, die diese Dörfer über­ragt und erreichten die westlichen Ausläufer des St. Pierre=Vaast=Waldes. Im Laufe dieses er­folgreichen Angriffes, bei dem zäher Widerstand geleistet und von englischen und australischen Trup­pen überwunden wurde, machten wir über 20000 Gefangene und erbeuteten einige Geschütze. An der übrigen Schlachtfront fanden zahlreiche erfolgreiche Unternehmungen an einer Anzahl von Punkten südlich der Straße Arras=Cambrai sstatt. Unsere Truppen vertrieben den Feind von der Hochfläche bei Morval und nahmen Beauleucourt, den Hügel östlich von Rancourt und Fremicourt. Wir be­drängten den Feind hart in Le Transloy und voll­endeten die Einnahme von Bullecourt und Hande­court=Cahnicourt. Wir machten einige Hundert Gefangene bei diesen Unternehmungen. Ein seind­licher Gegenangriff gegen die von den Kanadiern heute früh nördlich Handecourt genommenen neuen Stellungen wurde abgewiesen. Unsere Patrouillen schoben sich im Abschnitt von Lens leicht vorwärts. An der Lysfront dauert unser Vorrücken an. Unsere Truppen haben Drulien, Verrier und Steenwerck erreicht und stehen mit dem Feinde in enger Füh­lung bei Neuve=Eglise und Wulverghem. Im August 1918 wurden von den britischen Truppen in Frankreich 57318 deutsche Gefangene einschl. 1283 Offizieren gemacht. Im gleichen Zeitraum erbeuteten wir 657 deutsche Geschütze, darunter über 150 schwere Geschütze. Ueber 5750 Maschinen­gewehre und über 1000 Grubenmörser wurden ge­zählt. Unter der übrigen Beute befinden sich drei Eisenbahnzüge, neun Lokomotiven, zahlreiche voll­ständige Munitions= und Pionierlager, die viele hunderttausend Runden Artillerie= und Mörsermu­nition sowie Kleingewehrmunition und ungeheures Kriegsmaterial jeder Art enthalten.

Der französische Bericht.

Amtlicher Bericht vom 1. September, 3 Uhr nach­tittags. Die laufenden Aktionen hielten während Nacht an. Französische Infanterieabteilungen verschritten den Somme=Kanal östlich von Epenan­purt(nördlich Nesle). Mehr südlich bemächtigten ch die Franzosen Nouy=le=Petit(östlich Nesle) und jachten 250 Gefangene. In der Gegend nördlich en Soissons besetzten die Franzosen Leury und hwächten mehrere hart vom Feinde gehaltene Viderstandszentren. Etwa 1000 Gefangene sind in je Hände der Franzosen gefallen.

Amtlicher Bericht vom 1. September, 11 Uhr bends. Im Laufe des Tages ziemlich große Ar­llerietätigkeit in der Gegend der Somme und des kordkanals. Nördlich der Ailette faßten wir in den Läldern westlich von Coucy=le=Chateau und füdlich es Flusses Fuß. Wir bemächtigten uns des Dorfes recy=an=Mont. Sonst überall ruhiger Tag.

Deutsche Kohlen nach der Schweiz.

Welche Bedeutung die deutsche Kohlenlieferung an die Schweiz im Gegensatz zu derjenigen von seiten des Verbandes hat, lehren folgende Zissern, die wir der schweizerischen Zeitschrift Industrie und Welthandel vom 15. August entnehmen: Die Koh­leneinfuhr in die Schweiz vom 1. bis zum 31. Juli 1918 betrug aus Deutschland 215 257 Tonnen, aus den Verbaudsstaaten 16 385 Tonnen. Sie betinz vom 1. bis 7. August aus Deutschland 38 568 Ton­nen, aus den Verbandsstaaten 5936 Tonnen. Ziffern sprechen für sich selbst.

Iwangsaushebungen von Legern.

Das französische Kriegsministerium macht durch die Presse in einer neuen längeren llotiz auf die Rekrutenanwerbungen des Neverdeputierten Diag­ne aufmerksam, der 75000 Schwarze nach Frank­reich geschleppt hat, darunter 55 000 aus dem fran­zösischen Westafrika und 15000 aus Requatorialaf­rika. Jur Entschuldigung dieser Zwangsausheb­

Platanenallee Nr. 14

Roman von Dr. P. Meißner. 44

Nachdruck verboten. Alle Rechte. vorbehalten.

Na, so sicher ist das nicht, lieber Braun, aber das bringe ich schon heraus. Jedenfalls hätten wir den saubern Herrn jetzt in der Hand.

Ja, wir könnten ihn sofort daraufhin verhaften

lassen.

Das könnten wir schon, aber ich glaube, das wär sehr dumm. Vor allem wollen wir aber das Paket wieder schließen.

Helmsiedt sah noch schnell den übrigen Inhalt durch, aber er war ohne Belang.

Wissen Sie, Braun, Brief und Briefhülle möchte ich schnell noch photographieren, besser ist besser.

Schnell waren die nötigen Vorbereitungen ge­

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troffen, der Apparat eingestellt, die Projektions­lampe warf ihr greiles Licht auf das Kuvert und den Brief, die Helmstedt auf einem senkrecht stehenden Reißbrett vorsichtig befestigt hatte. Die Exposition nahm nur wenige Minuten in Anspruch.

So, entwickeln tue ich später. Nun müssen wir uns eilen, es ist gleich dreiviertel sieben. Wollen Sie sich inzwischen ein Auto bestellen? Frau Waitz weiß die Telephon=Rummer.

Helmstedt holte einen Kasten herbei, in dem eine Menge Socten Siegellack lagen. Mit Sorgfalt suchte er eine Stange aus, die genau die Farbe der abgelösten Siegel hatte. Mit ihrer Hilfe wurden die Siegel wieder aufgeklebt, und als nach der Skizze der Bindfaden geschnürt war, hätte kein Mensch sehen können, daß das Paket jemals ge­öffnet worden wäre.

So, Braun, nun schnell zur Bank. Seien Sie vorsichtig, daß die Siegel nicht brechen Bestellen Sie einen Gruß an Herrn Hammer und meinen Dank. Dann kommen Sie wieder her, denn wir müssen noch darüber reden.­

Also ein gemeiner Diebstahl, während der Herr nebenan ermordet lag, oder eine Unterschlagung. Das mußte festgestellt werden. Erst wollte er die Platten entwickeln und vergrößern.

Die Kaminuhr holte gerade zum Schlagen der achten Stunde aus, da ließ sich Braun wieder mel­den. Helmstedt zeigte ihm die wohlgelungenen Aufnahmen.

Wenn ich das nicht gemacht hätte, könnte uns der ganze Zimt nichts nützen. Wenn der Kerl in der nächsten Zeit das Paket holt und Brief und Briesumschlag vernichtet, sind wir die Blamierten.

Da hoben Sie recht. Ob er den Brief wohl ge­stohlen hat?

Das müssen wir herausbekommen, und deshalb dat ich Sie, nochmals wiederzukommen. Gehen Sie morgen früh gleich zu dem Postamt, zu dem die Villa gehört, und fragen Sie nach, ob der alte Ribbentrop ein Postbuch für Einschreibesendungen gehabt hat oder ob ihm solche gewöhnlich auf Quit­tungsformularen bestätigt worden sind. Ist das erstere der Fall, dann suchen Sie in der Villa nach dem Buch und sehen nach, ob dieser Brief schon von ihm eingetragen war. Ist das nicht der Fall, dann hatte er den Brief auch noch nicht an Jakob ge­geben, und dieser hat ihn gestohlen. Existiert kein Buch, dann kann es sich nur um eine Unterschlagung handeln.

Ja, Herr Doktor, zur Post kann ich wohl gehen. aber in die Villa das geht wohl nicht, denn Ja­kob wohnt doch da wieder und dann wäre es mit meiner Kraftfahrerlaufbahn wohl zu Ende. Herrgott, das habe ich ja ganz vergessen! Nein, Braun, das geht natürlich nicht. Also kommen Sie von der Pest zu mir. Ich gehe dann selbst.

Nun habe ich noch was, Herr Doktor. Ich weiß jetzt, wo der Jakob von der Wäscherolle aus hinge­gangen ist.

Nanu, Braun, wie haben Sie das herausbe­kommen?

Er hat es mir selbst erzählt. Es war mir auf­gefallen, daß Jakob, als ich am letzten Sonntag mi: ihm zusammen war, mit großer Ungeduld auf die ausländischen Renndepeschen warteten. So kamen wir auf Rennen und Wetten zu sprechen. Als nun die Depeschen im Englischen Kassee, wo wir saßen, ausgehängt wurden, sprang er cof und las sie eiftig. Als er zurückkam, eilte er mir freudestrah­lend mit, er hätte heute einen blaren Lapren ge­

ungen fügt die halbamtliche Nlotiz folgende, von rühmlichem Menschenempfinden eingegebene Erklä­rung hinzu:Diese Rekruten sind wahrhaft Ath­leten, die für die Deutschen surchtbare Gegner sein werden. Ihr Deutschenhaß ist ebenso wild(farouche), wie ihre Ergebenheit zu unserem Land unbedingt Ist.

Englische Friedenspropaganda.

Aus Beschwerden, die der Daily Mail zugehen, erfährt man, daß gegenwärtig eine starke Friedens­prepaganda in England getrieben wird. Die Leute werden aufgesordert, gedruckte Briefe zu unterzeich nen worin Lord Lansdowne gebeten wird, seine Friedensarbeit fortzusetzen. Auch werden in den Fabriken unter den Arbeitern Zettel verteilt, auf denen sie anzeben sollen, ob sie für einen Verhand­lungsfrieden sind.

Kohlen= und Holzuot in England.

Die Kohlennot nimmt in London einen großen Umfang an, weil die Bahnen verstopft sind und die Hälfte der Lastkähne, die sonst die Hauptstadt mit Kohlen versorgten, für militärische Zwecke beschlag­nahmt worden ist. Infolge des Holzmangels wird auf Sohosquare in London das Holzpslaster entfernt, um auf belebtere Straßen gelegt zu wer­den. Aus demselben Grunde wird in Seven Sisters Road das Holzpslaster durch Steine ersetzt.

Englische Kultur.

An die letztwillige Verfügung eines hauptmanns anknüpfend, hält Leveson Gower in der Cimes den oft herbeibemühten, zur Weltredensart gewordenen psychologischen Moment für gekommen, die Särge ganz abzuschaffen. Warum solle man dem gegebenen Beispiel nicht allgemeine Geltung verschaffen? Tiere beerdigt man doch nicht in Kisten, noch ver­brennt man sie; warum denn Menschen? Warum soll man nicht den menschlichen Leichnam ohne Um­stände der Erde übergeben, am besten mitternachts, wie es früher geschah, und dadurch kostspielige Särge oder die überflüssige und gefühlswidrige Feuerbestattung ersparen?" Sachlich mag hierüber jeder urteilen, wie es ihm beliebt. Wir machen nur die eine Anmorkung dazu: Welches Gezeter über deutsche Roheit und schamlase Oertiertheit würden die Pharisäer des Verbandes erheben, wenn der Vorschlag in Deutschland aus Licht getreten wäre!

Die Ernte in Rumänien.

WTB. Buharest, 31. Aug. Die Getreideernte im besetzten Gebiet beträgt nach Schätzung des land­wirtschaftlichen Fachblattes Ggrarul 50000 Wag­gons Weizen, 5000 Hafer, 2000 Roggen, 1200 Gerste. Das Maisergebnis ist noch nicht festgestellt, da die Maisernte noch nicht beendet ist. Die Gesamtpro­duktion wird voraussichtlich 80000 Waggons be­tragen.

Explosion in Odessa.

WTB. Kijew, 1. Sept. Eine Explosionskata­strophe fand in Odessa statt. Es kamen, dem Ver­nehmen nach, eine Anzahl österreichisch-ungarischer Offiziere und Mannschaften um. Der Sachschaden ist bedeutend; ein Ceil einer Vorstadt wurde ver­nichtet.

Der Anschlag auf Lenin.

WTB. Wie dem Berliner Lokalanzeiger aus Mos­kau gemeldet wird, soll sich das Befinden Lenins gebessert haben, nachdem die im halse stechenge­bliebene Kutel durch operativen Eingriff entsernt worden war. Die Aussichten auf baldige Genesung haben sich gebessert.

WTB. Moskau, 1. Sept. Laut Oetersburger Prawda fanden am Sonntag abend im Zusammen­hang mit der Untersuchung des Attentates auf Uritzki in Petersburg zahlreiche haussuchungen statt, darunter auch im hause der englischen Botschaft. hierbei entstand ein Schußwechsel. Ein Mitglied der Untersuchungskommission wurde getötet, zwei Kom­missare verwundet, ein Engländer, dessen Oersön­lichkeit noch nicht festgestellt ist, wurde getötet. Im Botschaftsgebäude wurden Verhaftungen vorgenom­men. Das Gebäude wurde von Roten Gardisten be­setzt: Waffen und Weinvorräte sowie Dapiere wich­tigen Inhalts wurden beschlagnahmt.

Ein Sliegerangriff auf Cattaro.

WTB. Wien, 2. Sept. Das Kriegsministerium teilt amtlich mit:

Am Dormittag des 30. August versuchten vier eng­lische Landflugzeuge Anlagen und Schisse des Colfes von Cattaro anzugreisen. Ihre Bomben waren wirkungslos und fielen größtenteils in die See. Don vier Flugzeugen entham nur eins; die andern drei stürzten ab und zerschellten an den Felsen. Ein verwundeter Flieger konnte geborgen werden; die übrigen sind tot.

80 Prozent Kriegsgewinnsteuer in Amerika.

hollandsch Nieuwsbureau meldet aus Washington: Das Repräsentantenhaus genehmigte die Gesetzes­vorlage über die Erhöhung der Einkommensteuer. Diese Erhöhung der Steuern soll eine Mehreinnahme von 8 Milliarden Dollar bringen. Für Kriegs­gewinne ist eine Besteuerung bis zu 80 Prozent vor­gesehen. Die Besteuerung beginnt mit 35 Prozent Die anderen Einkommen unterliegen je nach ihrer höhe bis zu 65 Prozent der Besteuerung.

Amerikanische Kriegswut.

Das State Council für Süd-Dakota hat angeord­net, daß alle Kaiserbilder, die sich in den hausern der Einwohner vorfinden sollten, vernichtet werden.

Welche unmöglichen Auffassungen die Amerikaner haben, geht aus folgenden Berichten hervor. New­york Herald stellt sich den von Deutschland zu leisten­den Schadenersatz wie folgt vor

Der deutsche Goldschatz, alle aufgelegten und im Bau befindlichen Schisse, ein Ceil der Gewinne der Gruben und der Wälder und die Einnahmen aus den Eisenbahnen müssen beschlagnahmt werden. Das sei keine Rache, sondern Gerechtigkeit Die llew­porter Cribune fordert dasselbe.

Eine neue Botschaft Wisons.

WTZ. Washington 1. Sept. Präsident Wilson hat anläßlich des Arbeitertages folgende Botschift er­lassen:

Meine Mitbürger! Der Arbeitertag des Jahles 1918 ist nicht wie jeder andere, den wir erlebt haben. Er hat stets eine tiese Bedeutung für uns gehabt, eber jetzt ist er von allerhöchster Bedeutung. So sehr wir schon vor einem Jahre uns des Kampfes um Tod und Leben bewußt waren, in den die Nation eingetreten ist, so erkannten wir diese Bedeutung doch nicht so klat, wie wir es heute tun. Wir wußten, daß wir alle zusammergehörten, und daß wir zusammenstehen und kämpfen mußten, aber wir machten es uns nicht so kler wie heute, daß wir alle zu den Fahnen gerusen jind und zu eine: einzigen Armee gehören, die aus vielen Teilen be­steht und viele Aufgaben hat und durch eine einzige Pflicht befehligt wird. Wir sind einem einzigen Ziel zugewandt. Wir wissen heute, daß jedes Werk­zeug in jeder wesentlichen Indrstrie eine Waff; ist, eine Wasse, die zu dem elben Zweck b nutzt wird wie das Armeegewehr, und wenn wir sie nieder­legten, so würde kein Gewehr mehr vor Nutzen sein Und wozu ist die Wasse? Woför sämpfen wi:? Weshalb stehen wir unter den Fahren? Weshalb müßten wir uns schämen, wenn wir nicht einbe­rufen wären?

Anfänglich schien es saum mehr als ein Ver­teidigungskrieg zu sein gegen einen militärischen Angriff Deutschlands. Belgien war vergewaltigt, Frankreich sah sein Gebiet überströmt. Deut chland kämpfte wieder wie 1870 und 1866 um seine ehr­geizigen Absichten in Europa zu befriedigen, und es war notwendig, der Gewalt mit Gewalt ent­gegenzutreten. Aber es ist klar, daß dies viel mehr ist als ein Krieg. um das Gleichgewicht dr Mächte in Europa zu verändern. Es ist heute klar, daß Deutschland sich gegen das wandte, was freie Män­ner überall wünschen und besitzen müssen, sämlich das Recht, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, Ge­rechtigkeit zu verlangen und ihre Recierungen zu zwingen, für sie und nicht für ihre prioate:.#### stischen Interessen einer regierenden Klasse zu han­deln. Es ist ein Krieg, der die Nationen und Völ­ter der Welt gegen jede solch: Macht, wie si: heute die deutsche Autokratie darstellt, zu sich rn Es ist ein Befreiungskrieg(war of Emancipation) und ehe er nicht gewonnen ist, können die Menschen nirgends frei von beständiger Furcht leben und atmen, während sie ihren täglichen Geschäften nach­gehen, und wissen, daß die Regierenden ihre Diener und nicht ihte Herren sind. Dies ist daher von allen Kriegen einer, den die Arbeiterschaft unter­stützen muß und zwar mit ihrer ganzen zusammen­gesaßten Kraft. Die Welt, das Leben der Menschen können nicht sicher sein. Keines Menschen Recht kann zuversichtlich und erfolgreich gegen eine herr­schende Regierung von eigenmächtigen Gruppen und Sonderinteressen behauptet werden, so lange Regierungen, wie diese, die nach langem Varbe­dacht Oesterreich und Deutschland in diesen Krieg hineingezogen haben, über die Geschicke und das Glück von Menschen und Nationen bestimmen dür­sen, die Verschwörungen anzetteln, während ehr­liche Männer arbeiten, und Feuer anzünden, zu dem unschuldige Männer, Frauen und Kinder den Brennstoff bilden.

Ihr kennt den Charakter dieses Krieges. Es ist ein Krieg, den die Industrie stützen muß. Die Arbei­terarmee deheim ist ebenso wichtig und wesentlich wie die Armee der Kämpfenden auf den fernen Schlachtseldern des gegenwärtigen Kampfes. Der Arbeiter ist in diesem Kriege ebenso notwendig wie der Soldat. Der. Soldat ist sein Vorkämpfer und Vertreter. Den Sieg nicht erreichen, hieße alles ge­fährden, wonach der Arbeiter gestrebt hat und daß erhohch hielt, seitdem die Freiheit zuerst zu tagen begann, und er seinen Kan.pf für die Gerechtigkeit aufnahm. Die Soldaten an der Front wissen das. der Gedanke daran stählt ihre Muskeln. Sie sind Kreuzfahrer. Sie kämpfen nicht, um ihrer Netion einen selbständigen Vorteil zu erringen. Sie mür­den jeden verachten, der für selbstsüchtige Vorteile irgendeiner Nation kämpfen würde. Sie geben ihr Leben hin, damit die Heimstätten allenthalben so­wie ihr eigenes Heim, das sie in Amerika lieben, heilig und sicher bleiben mögen, und damit die Menschen frei seien, wie sie es verlangen. Sie kämp­

wonnen. Ich spielte den Dummen und ließ mir das erklären. Er packte nun gleich aus; er ginge immer zu dem Zigartenhändler Kaiser am Reichskunzler­platz und setze da, und der zahle ihm dann am näch­sten Tag das Geld aus. Ich meinte, wer es so haben könnte, der wäre sein raus, ich möchte das wohl auch mal versuchen. Darauf wurde er etwas ernster und sagte, er habe auch schon viel verloren. Am ersten Mai hätte er allein sechzig Mark einge­büßt. Ich frug nun weiter und da kam heraus, daß er von Schaffner aus schnell zu Kai'er gelausen sei, um die Tepeschen einzusehen, und da hätte er er­fahren, daß er sechzig Mark verloren hätte.

Das würde allerdings seine Erregtheit und auch die Heimlichkeit erklären, denn es spricht nicht ge­rade für einen herrschaftlichen Diener, wenn er solche Summen beim Rennen ristiert. Jedenfalls ist es gut, daß wir über diesen Punkt jetzt auch Be­scheid wissen.

Und wie ist es mit der Verhaftung von dem

Gadubeit?

Vorläufig noch nicht, vorläufig strengstes Schwei­gen über alles, verstanden?

Gewiß, Herr Doktor, Guten Abend.

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Es handelte sich tatsächlich um einen Diebstahl. Braun hatte auf dem Postamt erfahren, daß der alte Ribbentrop alle Einschreibesendungen und Post­anweisungen, die er zur Versendung brachte, selbst ordnungsremäß in ein Postbuch eintrug. Helmstedt hatte das Postbuch auch im Schreibtisch gesunden und in dem Buche fehlte die Eintragung jenes in Jatobs Paket gefundenen Geldbrieses für Zwi

Es war also vellkommen klat, daß Jakob diesen

Brief auf dem Schreibtisch hatte liegen sehen und ihn entwendet hatte, wie Helmstedt annahm, zu einer Zeit, wo der alte Herr bereits ermordet war. also am 1. Mai nach zehn Uhr morgens.

Als Helmstedt zum erstenmal seit dem Lokalter­min wieder in der Billa Platanenallee 14 war, hatte er die beiden versiegelten Zimmer, Bibliothek und Arbeitszimmer, noch genau in demselben Zu­stand gefunden, wie sie damals verlassen worden waren. Nur die Anordnung der auf dem Schreib­tisch liegenden Papiere schien ihm, wenn ihn sein Gedächtnis nicht täuschte, ein wenig verändert. Sollte in de: Zwischenzeit jemand in dem Zimmer gewesen sein und sich an dem Schreibtisch zu schaffen gemacht haben?

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