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Eche der Gegenwart
eschant täglich und kostet für brei Mtbükte intk. Stempel 1 Thir. 5 Sgr. burch die Pos 1 Thir. 10 Sgr.
Der
2. August.
„„
1861.
Insergte finden durch das
Echo der Gegenwart
die allgemeinste Verbreitung; die Zeile oder deren Raum wird mit
1 Sgr. berechunt.
Vienstag.
Rr. 255.
Der ungarische Landtag
ist aufzelöst. Langjährige Streitigkeiten zwischen dem mogyarischen Adel und dem österreichischen Laiserhause haben oft genug stattgefunden, und Europa hat sich sehr wenig darum gekümmert. Diesmal knüpfen sich allgemeinere Interessen daran und so ist die Theilnahme größer. Einmal sind die Magyaren ein Glied in der Kette der Nationalitäten, die von dem romanischen Element(un dessen Spitze Frankreich) aufgestachelt werden, um dem germanischen Element jede denkbare Verlegenheit zu bereiten. Es handelt sich um die seit einem Jahrtausend errungene Weltstellung Deutschlands. Wenn Frankreich diese Weltstellung erschüttern will, dann hetzt es die Nationalitäten gegen Deutschland, die durch das Uebergewicht der deutschen Sprache, Kultur, der deutschen Woffen sich bedrückt glauben, also die Polen, Mogyaren, die Italiener, die Slaren in Oesterreich und der Türkei. Da muß sich also Deutschland wohl darum bekümmern, was aus den Gährungen wird, in welche diese Völker gerathen sind.
Es kommt noch ein zweites Interesse hinzu. Oesterreich ist endlich in seiner Noth nur Ein Rettungsweg übrig geblieben, das Mittel, welches es schon vor fünfzig Jahren hätte anwenden sollen. Deutsche Freiheit, deutsche Kultur ist die einzige Kraft, die das Reich verbinden, seine Dissonanzen allmälig lösen kann; konstitutionelle Einrichtungen können allein dieser deutschen Kultur zur Entfaltung ihres vollkräftigen Lebens und Wirkens verhelfen. Mit höchster Bezeisterung haben sich daher auch alle liberalen deutschen Elemente auf die Entwickelung der Februar=Verfassung des Gesammtreichstags geworfen, während die Pelen und Czechen recht gut wissen, warum sie diesen Institutionen alle denkbaren Hindernisse bereiten. Ebenso gut wissen es die edlen Magyaren.
Sollten wir das Unwahrscheinliche, das hoffentlich Unmögliche erleben, daß die Freiheit in Oesterreich wieder unterginge, dann könnten nur die Polen, die Czechen, die Magyaren daran Schuld sein! Die Deutschen haben ihre Aufgabe begriffen, und sie haben sie, so schwierig sie ist, mit aller Kraft des Verstandes und Gemüths in Angriff genommen.
Doch man sagt uns ja: die Magyaren haben ihre Verfassung, sie vertheivigen ihre Konstitution, sie ringen für ihre Freiheit. Wir möchten die englischen Publizisten, die diese Konstitution feiern, einloden, unter dieser Konstitution zu leben. Sie würden bald inne werden, daß es auf keinem Fleck der Erde eine schroffere Absonderung der Nacen und drückendere Adelsvorrechte gibt, keine ärgere Ausheutung des Volkes zu Gunsten Einer Klasse, als in dem Lande, von welchem der ungerische Edelmann, aber nur er, zu sagen pflegt: Extra Hungariam non est vita, si est vita non est ita; sie würden finden, daß nur der ungarische Adel lebt und genießt, während der ungarische Bauer und die nichtmagyarischen Einwohner arbeiten, geplagt und rechtlos sind. Sie würden einen Mittelstand nur in wenigen Städte finden, von deutschen Elementen gegründet in Blüthe gebracht, und als Korporationen und wenigstens zum Theil mit den Vorrechten des pripilegirten Standes begnadigt. Aber auch die Deutschen und die Juden haben sich seit dem Olteber. 1860 in Magyaren verwandeln müssen. Der Slovake ist noch immer„kein Mensch.“ Die Stuhlrichter und Komitatsbeamten sind seit
dem Oktober v. J. wieder von den Edelleuten gewählt und dem Volke aufzedrungen; wer nicht Edelmann ist, hat dort keine Gerechtigkeit zu hoffen. Die Bauern, die den weggejagten deutschen Stuhlrichtern die Hände küßten, weil sie menschlich von ihnen behandelt wurden, haben wieder die ganze Herbigkeit und Herzlosigkeit eines unfühigen und herrschsüchtigen BeamtenAdels kosten müssen. Murcen darf über diese schöne Wirthschaft Keiner, verstohlen gelangen die Klazen nach Wien. Man weiß, daß kein Arel eifersüchtiger auf seine Vorrechte und drückender im Amte ist, als der kleine Adel, und mit diesem kleinen besitzlosen, ämtergierigen Adel ist ganz Ungarn überschwemmt. Die schönen Freiheiten, welche die Landtage von 1847 und 1848 auch für andere Volksklassen dekretirten, weil der kleine Adel die Fänste der verachteten Stände brauchte,(die Polen haben ja das auch ost genug gethan), wie sellen sie Leben gewinnen in einem Lande, wo ein erobernder Stamm seit langen Jahrhunderten seine Sitten, seine Anschauungen, seine Rangstufen behauptet hat!
Die Konstitution der Ungarn ist in Wahrheit fast weiter nichts, als der Koder der Privilegien des Edelmanns. Als Osterreich, damals noch befangen in der Idee von den historisch=politischen Individualitäten, verführt durch einige Magnaten, die dem kleinen Adel durchaus nicht gewogen sind, die aber gegen seinen Terrorismus, wie sich nun sattsam gezeigt hat, nichts vermögen, im Oktober v. J. die Komitats=Verfassung, d. h. die Macht des kleinen Adels wieder herstellte, mußte es wissen, daß dieser kleine Adel einen furchtbar zähen Kampf für jene seine Konstitution unternehmen würde. Das zeigte sich sofort in den Komitatsversammlungen. Man rechnete in Wien darauf, der Sturm würde sich bis zum Zusammentritt des Landtags gelegt haben. Aber im Februar erschien die Reichsverfassung, und in ihr erkannte sofort der kleine Adel Ungarns seinen furchtbarsten Gegner, seinen moralisch überlegenen Gegner. Denn wenn diese ReichsVerfossung Wurzel faßt, wenn die Grundrechte, auf denen sie fußt, und die sie im ganzen Reiche durchgeführt wissen will, mit Ernst und Beharrlichkeit verwirklicht werden, diese Grundrechte, in denen sich eben das freie, Gleichberechtigung schaffende, tolerante deutsche Wesen ausspricht, dann ist es aus mit der Macht des kleinen Adels, dann werden die verachteten Racen und Stände in ihre Menschenrechte eingesetzt. So mußte also nun der ungarische Komitats=Adel seinen ganzen Widerstand gegen diese Reichsverfassung richten, und er hat denn auch lieber einen Landtag in die Luft gesprengt, als daß er auf Unterhandlungen über die Reichsverfassung eingegangen wäre. Die ganze Weisheit seiner Adressen und Repliken läßt sich in die poar Sätze zusammenfassen: wir wollen nicht unterhandeln, wir wollen keine Reichsverfassung, wir wollen nur PersonalUnion. Denn als ein abgesondertes Rein(in bloßer Personal=Union) kann man das deutsche Element, in dessen Besitz etwa ein Fünftheil des ungarischen Bodens ist, und das die Handwerker, Gewerbsleute, Fabrik= und Bergwerks=Arbeiter zum größten Theile liefert, erdrücken und magyarisiren; in der Reichsverfassung aber könnte der Magyarismus schließlich durch das geistige Uebergewicht des deutschen Elements überwunden werden.
Daher ja keine Reichsverfassung, und um jede Unterhandlung abzuschneiden, lieber auch keinen Landtag; haben doch die Magyaren ihre
Komitats=Versammlungen, ihre Stuhlrichter, und die werden schon Spektakel genag machen von ihrer Freiheit, ihrer Konstitution, und das
sze Herr Deak sagt,„in strerger Gesch
Die konstitutionelle Entwickelung Oesterreichs, ihre Käupfe und Gegenkämpfe sind nicht das Werk eines oder weniger Jahre; dieser große Prozeß, der für Deutschland hochwichtig ist, wird noch mehr, als den gegenwärtigen sehr schwierigen Moment zu durchlaufen haben. Mögen die Staatsmänner Oesterreichs niemals die letzten und großen Ziele desselben aus den Augen vertieren!
Wochenschau.
Elberfeld, 25. August. Unsere geneigten Leser erinnern sich wahrscheinlich noch, daß, bemerkt die„Elberf. Zig., vor einigen Jahren unter den europäischen Diplomaten eine akute Schmerzelei über Völkerleiden grassirte. Der Kaiser Nopoleon ward zuerst von der Epidemie ergriffen und gab den Anfall seiner dolorösen Gefühle in seiner bekannten Thronrede kund. Wenn große Fürsten den Schnupfen haben, leiden, wie bekannt, ihre Minister gewöhnlich gleich an einem Steckkatarrh. Die Schmerzseuche rflanzte sich daher bald vom Throne auf die Diplomatie fort und ward so allgemein, daß, als die europäischen Premierminister und Gesandten in Paris zusammenkamen, sie sich sefort zu einem Kongreß von Heulweibern konstituirten und unter Vorklage des Heern v. Cavour über die Leiden Italiens unter Oesterreichs Druck und den despotischen Regierungen seiner Fürsten peinjammerten; selbst der preußische Premier, Herr v. Manteuffel, schluchzte Sympathien und unser Pariser Gesandte soll mehrmal sein Schnupftuch haben wechseln müssen. Die Thränen sammelten sie und brachten dieselben, zur Quintessenz abgezogen, in ein Protokoll. Nur der österreichische Gesandte, der zu ahnen schien, auf wessen Haupte sich später das Wasser der Thränendrüsen als glühende Kohlen sammeln würde, hielt, um nicht den Ton der hohen Heulgesellschaft zu verletzen, sich hinter seinem Tuche eine Hand voll kleingeschnittener Zwiebeln vor die Augen, um zum wenigsten einen Thränenfler in den Augen sicht. bar werden zu lassen. Es war ein rührendes Schauspiel urd so ansteckend, daß seitdem die Revolutionäre aller Länder fragten, ob sie auch nicht allen Grund zu einer erklecklichen Schmerzelei hätten. Wir wurden selbst angesteckt und, obwohl wir ein Lächeln über die allgemeine Diplomatenrührung nicht unterdrücken konnten, glaubten wir doch ein Weh in unsern revolutionären Hühneraugen zu empfinden. Die Krankheit scheint aber heut zu Tage bei vielen der europäischen Diplematen gründlich geheilt zu sein. Sie heulten damals ungemein erbaulich über die derzeitigen Leiden Italiens und jetzt, wo die Leiden des schönen Landes zehnmal größer sind, haben sie für dieselben auch nicht ein Tröpfchen Wasser mehr in den Augen und denken durchaus nicht daran, wieder zu einem Pariser Heulklub zusammen zu treten, obwohl sie Veranlassung hierzu im Ueberfluß haben. Nur der russische und österreichische Gesandte sollen in einer Note zu Paris erklärt haben, daß sie nahe daran seien, Thränen über die Leiden Italiens zu verzießen und deshalb den Kaiser bitten, ihnen durch Beseitigung der Gründe den
Ausbruch dieses schmerzenreichen Zustandes zu ersparen. Der Kaiser, wie die Welt weiß, eine sehr empfindsame Seele, schaute mit tiesem Mitgefühle das Werden eines Wasserergusses in den Augen dieser Diplomaten und soll in einer Depesche sein feuchtes Sackluch seinem Freunde und Verwandten, dem König Viktor Emanuel, mit den Worten übersandt haben:„Sieh, was Du angerichtet hast. Wenn Du nicht in zwei Mona. ten die Schmerzensklogen Süditaliens zum Verstummen gebracht hast, werde ich mich genöthigt sehen, öffentlich zu weinen, und Du weißt, was das zu bedeuten hat.“ Selbst der lange dürre Lord Palmerston soll erklärt haben, doß er um die Zeit auch hinlängliche Empfindungen zusam. mengebracht haben werke, um sich einige Thränen auszupressen.
Somit haben Cialrini, Pellini und die andern Sarden noch zwei Monate hindurch von den Westmächten die Erlaubniß erhalten, in Süditalten zu erschießen, zu plündern niederzabrenuen, einzukerkern und die anderen Versuche, ihre Beglückungslehre den Neapolitanern begreiflich und angenehm zu machen, auzustellen, und es sind die rechten Männer, diese Frist trefflich zu ihrem Zwecke zu benutzen. Bis dahin will also die eurepäische Diplomatie ihre Schnupftücher trocken behalten und das Wasser in ihren Thränensäcken sich sommeln lassen. Der Himmel segne diese Weichherzigkeit und Bedächtigkeit zugleich! Wird Cialdini bis zum Ablaufe dieser Zeit allen Jammer und Widerstand der Neapolitaner ein gesargt eingemauert oder ins Ausland traus. portirt haben? Er fühlt die Rothwendigkeit des Sieges der Sarden sehr wohl und wir begreifen sie mit ihm; dennoch ist es sehr zweifelhaft, ob Sardinien die genügende Macht hat, Süditalien wieder zu erobern. Sardinien muß diese Aufgabe fast allein lösen und kann sich dabei auf die Hülfe der anderen Italiener wenig verlassen; es muß sogar befürchten, daß, wenn es zur Unterdrückung der Neapolitaner die sardischen Truppen aus den anderen aunektirten Ländern zieht, sich diese empören, so ist die Stimmung jetzt dort gegen Piemont. Die Noth soll daher auch den General Cialeini auf den Gedanken gebracht haben, sogar ein Bündniß mit dem Teusel, das heißt mit den Aktions=Männern und den Republikanern, zu schließen. Er hatte schon den Anfang gemacht, dasselbe in Ausführung zu bringen. Er hatte dem erzrevolutionären und exal
tirten Aktions=Manne Nicotera den Auftrag und gewiß auch die Geldmittel gegeben, zur Vertheidigung der Hauptstadt ein Korps von 8000 Menschen anzuwerben. Dieser, dem nichts willkommener sein konnte, machte sich sofort ans Werk, und hatte in einigen Tagen eine so heirliche Bande von 800 Mann zusammen, daß man sich in Turin entsetzte, und selbst Cialdini davor erschrak. Er bedeutete dem Nicotera, daß er sein Korps auflösen müsse, und keine Leute mehr anwerben dürfe. Wäre der Plan durchgeführt worden, würde die Mob=Herrschaft in Neapel fertig gewesen sein. Und welch ein Mod! 8000 bewaffnete Camoristen, Lazzaroni und andere Strolche unter dem Kommando eines Nicotera würden ein Hölleyregiment in Neapel geführt, und jeder ordentliche Mensch würde sich aus dieser unglücklichen Stadt geflüchtet haben. Cialdini ist schon terroristisch übergenug; doch dies Korps würde wahrscheinlich eine SchreckensHerrschaft ausgeübt haben, noch schlimmer als die der Sansculoten in Frankreich war. Wir daher auch den Obergeneral, daß er sich
loben
Der Umban von Paris.
Die„Allg. Ztg.“ hat seit lange nachzuweisen gesücht, vpn welchen überaus nachtheiligen Folgen die grelle Centrolisation des französischen Lebens, namentlich der vielbewunderte Umbau von Paris aus einer Stadt des Bürgerthums in eine Stadt der Paläste, für die ewigen Interessen der Bildung und Freiheit sein und werden maß. Gerade weil in Frankreich so viele Momente zur Centralisation drängen, darum war es ehne conditio sine qua non dauernden gesunden Lebens, daß dieses Centrum vor Allem das bürgerliche Leben Frankreichs repräsentirte, jeues Leben, dessen Faktoren Intelligenz, Arbeit, und durch Arbeit gewonnene mäßige Kapttalien sind. Das„Welthistorische der bewundernswürdigen Revölution“ llegt insonderheit in dem, was sie für den Fritten Stand gethan hat.„Ou'estce que Je tiers-Stat?“ war der Titel der berähmten Brochare des genialen Sieyes.„Was ist der dritte Stand? Nichts! Was soll er werden? Alles!“ Darin konzentrirt sich das Prograum jener Zeit, auf welche die Franzesen fort and fort zurückgreifen, als den Ausgangspunkt der neuen Aera, die für sie mit dem Jahr 1789 bezonnen'hat. Die„Allg. Ztg.“ hat feit lange darauf aufcterksam gemacht, daß das Kaiserreich durch den Umbau von Paris die letzte Quelle gesunden Lebens in Frankreich zu verstopfen unternömmen, vas Sicherheits=Ventll zerstört hat, welches noch elnigermaßen dafür bürgte, daß der Cäsarismus, der Milttär=Despotismus nicht zur nothwendigen Regierungsform für Frankreich wird. Die„Allg. Zig.“ hat nientals engtstähben Ja erkiären, voß sie die Wohlfahrt
von iesem Gedanken und von Nicotera losgemacht hat; aber was nun? Auch der Plan, eine Nationalgarde von 30,000 Neapolitanern zu bilden, ist fehlgeschlagen, und nur einige Kompagnien sind zusammengetreten, die ins Feuer zu führen sich wahrscheinlich Cieldini wehl haten wird.
Das Wichtigste in dieser Woche in Deutschland ist die Erklörung des wärtembergischen Kriegsministers über die Würzburger Konferenzen in der Abgeordneten=Kammer. Sie wird jeden Deutschen befriedigen, der eine wahre, innige, friedliche Vereinigung der deutschen Fürsten und Bölkerstämme will. Der Minister erklärte, daß die Wärzburger Konferenzen sich einzig auf die Wehrhaftigkeit und Schlagfertigkeit ihrer Völker bezegen haben. Die Rheinfürsten haben die Uebereinkunft getroffen, bei dem Drohen eines Krieges mit Frankreich sofort mit 200,000 Mann an die Grenze zu rücken und den ersten Stoß des Feindes aufzunehmen. Dieser Beschluß ist wahrhaftig deutsch, muthig und entschlessen. Der zweite Beschluß ist nicht weniger schön und deutsch, und liegt eben in den Verhältnissen dort oben; darum ist er aufrichtig, und die Rheinfürsten werden sicher nach ihm handeln. Sobald ein preußisches Heer zu den Heeren jener deutschen Fürsten stößt, erhält Preußen das Ober=Kommando. Wir haben immer behauptet, daß es so kommen werde, und haben nie, es sei denn referirend, was jede Zeitung thun muß, in das Geschrei so vieler deutschen Blätter gegen die Würzburger eingestimmt, mit Ausnahme einiger Bemerkungen gegen die Idee der Trias und gegen den selbstständigen, unabhängigen Oberbefehl der Heere jener Fürsten. Recht ist es, daß, so lange wir nicht in ihren Schlachtreihen stehen, die Fürsten einen eigenen Oberbefehlshaber ernennen, denn die Forderung würde unbillig sein, daß wir da befehlen wollen, wo wir mit unserer Wehre nicht sind; wie lange werden wir aber unsere süddeutschen Brüder auf unsere Hülfe in den Togen der Gefahr warten lassen? Unser Vertheidigungs=System wie unsere Politik und Bundespflicht gebieten uns, so rosch als möglich mit unseren Armeekorps bei Mainz und dem Main zu sein; wo möglich müssen wir dort noch rascher sein, wie an der belgischen Grenze. Ganz Deutschland wird daher den Beschluß der Rheinfürsten mit Freuden begrüßen und wir um so mehr, weil es von jeher unser Wahlspruch war: „Vereinigung der deutschen Nation durch die Einigkeit ihrer Fürsten.“ Sachsen und Hannover brauchen solche Beschlüsse nicht ausdrücklich zu formuliren. Sie verstehen sich von selbst. Sobald das deutsche Volk gegen Westen oder Norden zum Kampfe aufmarschirt, sind wir Sachseus und Hannovers Hegemon. Der ganze Nord=Westen muß, wenn die deutsche Nation zum Kriege herausgefordert wird, wenn auch nicht unter unserer Fahne, doch unter unsern Schlachtkorps und unter unserm Kommando mitmarschiren, und sie werden sich dessen auch nicht weigern. Zweifelhaft war dies nur bei dem Süden, oder könnte doch in gewissen Fällen zweifelhaft werden; die Würzburger Beschlüsse haben uns hierüber beruhigt, so weit dies Beschlüsse vermögen, denn wir hegen großes Vertrauen zu den Rheinfürsten und ihrem deutschem Sinne. Hoffentlich werden von jetzt die Würzburger Beschlüsse nicht mehr der Gegenstand eines endlosen Geschimpfes, des Verdächtigens und selbst des Verleumdens vieler deutscher Blätter sein. Der würtemberger Kriegs
der Nachbarvölker in jeder Richtung für eine wesentliche Bedingung der Wohlfahrt Deutschlands betrachtet, wenigstens als einesolche, welche dessen Entwicklung in Freiheit und Würde wesentlich erleichtert. Eben deshalb bekämpfte sie stetig das Kaiserreich, aber das Kaiserreich ist nicht identisch mit Frankreich, und es gibt in diesem Augenblick wohl keinen ehrenhaften Franzosen mehr, der das Rézime vom 2. Dezember für mehr als höchstens eine traurige Nothwendigkeit hält. Endlich scheint auch die liberale Partei über den wahren Endzweck der innern Reformen in Frankreich, auf welche das Kaiserreich seine angebliche Popularität stützt, klar zu werden. Sie haben im Grunde keinen anderen Zweck als den: soziale Zustände zu schaffen, welche das Rézime vom 2. Dezember zur Nothwendigkeit machen. Leider müssen wir gestehen, däß Louis Napoleon sein Ziel fast erreicht hat, und wir färchten, die Behauptung,„daß einst Frankreich blutige Thränen über alle Pracht weinen wird, die es jetzt bewundert“, hat nur zu viel Aussicht wahr zu werden. Für den Augenblick lebt und herrscht noch in Paris jene Generation, welche„das Bürgerkönigthum“ greß gezogen, aber sie wird aussterben, denn der Cäsarismus, das Kaiserliche Paris, erzieht keine Bürger. Die„Gironde“, der„Courrier du Dimanche“, der„Temps“, also Organe der verschievensten Parteien, erheben jetzt gegen das Régime vom 2. Dezember, und namentlich gegen den Umsturz und Neubau von Paris dieselben Anklagen, wie es seit der Gründung des Kaiserreichs die„Allg. Zig.“ gethan. Leider kommen die Klagen und Autlagen zu spät, und
die Folgen des Umbaues von Paris werden da durch nicht aufgehoben. Momentan sino sie nur gering; aber dofür wirken sie stätig und werden dadurch mit der Zeit zu furchtbarer Höhe anschwellen. Gewiß zeichnet heute die„Gazette de France“ diese Folgen deshalb nicht zu grell, wenn sie auf die Rede des Präfekten Hausmann Nachstehendes erwidert:„Es ist ohne Zweifel ein hübsches Ding, aus einer Backsteinstadt— mit Sunton und dem Präfekten Hausmann zu reden
— eine Marmorstadt zu machen. An und für sich ist die Sache nicht übel, und die Umwandlung, wenn sie von ein wenig Geschmack unterstützt wird, gibt der Stadt ein monumentales Ansehen, aber man hätte gleichzeitig die kleinen Rentiers und Arbeiter, welche sie bewohnen, in Millionäre umwandeln müssen, sonst läuft das Monument Gefahr, jenen stolzen Palästen des Todes zu gleichen, welche die Eitelkeit der Vergangenheit in den Ebenen Egyptens errichtete. Zwanzig Jahrhunderte haben sie betrachtet, aber wenn man in sie eindringt, findet man nichts als Oede und Schweigen*).
*) Die„Gazette de France“ erinnert sich vielleicht des Schlusses von Chateaubriands wundervoller Parallele zwischen Washington und Napoleon: „Die Könige Egyptens errichteten ihre Todtenpyramiden nicht in Mitten blühender Gesilde, sondern in öden Sandsteppen! Diese hohen Leichensteine erbeben sich wie die Ewigkeit in weitem einsamen Raume. Napolcon hat das Denkmal seines Ruhmes nach diesem Vorbilde gebaut!“(Gehet hin nach den unbekannten Wäldern, wo das Schwert Washing= tons funkelte. Was werdet Ihr finden?— Gräber?
— Nein, eine Welt! Washington hinterließ als
i auf seinem letzten Schlachtfelde— die wranten Stagten!)
Wir erkennen an, daß Paris nicht davon bedroht ist, in Oede und Schweigen zu fallen; seine Bevölkerung vermehrt sich jeden Tag, den Wohnungen mangeln weniger die Bewohner, als diesen die Wohnungen. Aber das wahre Leben der Völker und der Städte steckt nicht in der selbst sieberhaften Thätigkeit für die eitlen Sorgen des Lebens. Es besteht vor Allem in der nützlichen und produktiven Thätigkeit aller harmonisch mit einander gemischten und engverbundenen sozialen Kräfte. Eine Stadt, worin nur Millionäre leben können, ist eine Stadt, die offen dem Niedergange entgegengeht. Der Diener tritt dort nothwendig an die Stelle des Arbeiters, die Sklaverei an die Stelle der freien Arbeit. So war die Lage Roms zu jener Zeit, auf welche Herr Hausmann anspielte. Die Lehmhäuser, welche verschwanden, waren vor den Besiegern der Welt von einer thätigen und arbeitsamen Bevölkerung, die ihr Feld mit Hülfe einiger Sklaven selbst bebaute, bewohnt worden, einer Bevölkerung, welche die Größe des Vaterlandes einem bequemen Leben vorzog. Die Marmorpaläste, welche„der Neffe Cäsars“ an ihre Stelle setzte, wurden fast nur von Freigelassenen, welche vom Vaterlande nur das Recht liebten, die ganze Welt zu Dienern zu haben, und einigen durch Schwindel bereicherten Rittern bewohnt. Diese servile Bevölkerung zog die Spiele den Siegern vor, and die für ihr Vergnügen bestellten Aecilen wurden durch ihren Antrieb nicht bleß die wichtigsten Beamten der Stadt, sondern fast der Welt. Das Volk fiel in eine Art offizieller Bedürftigkeit, und der über die Lebensmittel=Versorzung bestellte Beamte wurde
einer der einflußreichsten und beschäftigtsten des Kaiserreichs. Nach drei Jahrhunderten eines solchen Lebens war Rom nicht mehr in Rom, und die Barbaren, mit zahllosen Sklaven gemischt, waren überall. Vergeblich haben die Kaiser die Ueberfluthung der ewigen Stadt durch die servilen Massen vom Lande mittelst Gesetzen zu hindern gesucht. Die Bedürfnisse des Müßiggangs und der Eitelkeit waren stärker als die Kaiser. Die Gesetze wurden überschritten, kaum nachdem sie entstanden, und ihre Urheber verletzten sie oft zuerst. Die Verödung der Umgebung Roms, die noch heute nach fünfzehn Jahrhunderten besteht, bezeugt am besten, welchen zerstörenden Einfluß die„Marmorstadt“ auf ihre Rachbarschaft geüdr.“— Das sind furchtbare Prophezeiungen, aber leider nur zu wahr, und auch furchtbar für uns, denn die soziale Zersetzung im Innern Frankreichs, welche das Kaiserreich zum Nutz und Frommen des MilitärDespotismus systematisch betreibt, muß nothwendig zu ungeheuren Reaktionen gegen das Ausland führen. Wie sie vor Allem gegen Deutschland gerichtet sein werden, so ist auch dieses vor Allem berufen, die Kultur der Gegenwart vor dem modernen Cäsarismus zu retten. Wir müssen daher fort und fort an die Gefahr erinnern, welche uns von dem französischen Kaiserthron droht, aber wir wiederhelen, daß wir weit entfernt davon sind, Haß und Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich säen zu wollen. Das Kaiserreich bedroht nicht bloß uns, es bedroht, wie der„Temps" das trefflich nachgewiesen, vor Allem Frankreich selbst. Denn die Herrschaft nach Außen hat eben so gewiß die