50. Jahrgang
Nr. 210— 1921
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Bonner Dolks=Jeitung
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Bonner Stadt=Anzeiger
Dor dem
Ein fauler Kompromiß in der Entente.
Auf dem Quai'Orsay gab es noch zum Wochenschl.ß eine Anzahl Sitzungen und Verhandlungen, ## nsofern von einschneidender politischer Bedeutung sind, als es dem englischen Botschafter, Lord Hardinge, am Samstag gelang, die Spannungen zwischen Paris und London zu mildern und auf ein Einvernehmen vorzubereiten. Dies wird wahrscheinlich in der Form erfolgen, daß Frankreich und England sowie zweifellos auch Italien(dessen Haltung noch nicht feststeht) in Berlin einen gemeinsamen Schritt unternehmen werden, um die deutsche Regierung aufzufordern, sich bereit zu halten, die Truppenverstärkungen nach Oberschlesten zu transportieren. Dagegen wird eine endgültige Entscheidung bezüglich der Jahl der Verstärtungen und ihrer Zusammensetzung, sowie über den Zeitpunkt ihrer Abreise erst durch den Obersten Rat getroffen werden. In Frankreich glaubt man, daß der Oberst: Rat die Absendung so rechtzeitig beschließen werde, daß die Truppen in Oderschlesten in dem Augenblick eintreffen, wenn die Entscheidung des Obersten Nates bezüglich der Aufteilung Oberschle= sens bekannt gegeben wird. Dieses Kompromiß auch der französische Ministerrat grundsätzlich angenommen zu haben. Unter diesen Bedingangen wird der Oberste Rat am 4. August zusammentreten können. Es wird angenommen, daß nicht nur französische Truppen, sondern französische und englische Truppen in derselden Anzahl die Volksabstimmungszone betreten werden.
*
Nach diesem Pariser Uebereinkommen, das zwar die Voraussetzungen zu einer(vorläufigen) Verständigung schuf, nicht aber Endgültiges ergeben konnte, bleibt ungewiß, wer von den ringenden Brüdern Sieger sein wird. Wird die französische Division nach Oberschlesien gehen? Wann und auf welchem Wege? Werden die Engländer und Italie ner auch Verstärkungen abschicken oder den Franzosen die gewünschte Uebermacht lassen? Diese Fragen bleiben ossen; der Oberste Rat soll sie als ersten Punkt auf seine Tagesordnung setzen. Vorläufig ist man nur darin einig, daß dem besiegten Deutschland ein neuer Rippenstoß versetzt werden soll. Dieser Zugeständnis mußten England und Italien den Franzosen machen.
Der gemetnsame Schritt in Berlin soll dahin gehen, daß die deutsche Negierung aufgefordert wird, sich für die Beförderung von Truppenverstärkungen bereit zu halten. Dao ist eine„Demonstration", die gar keinen praktischen Sinn und Zweck hat. Alle Wele weiß aus dem jüngsten Briefwechsel, daß Deutschland bereit ist, die Truppen zu befördern, die von den Verbandsmächten gemeinsam angemeldet werden. In dieser Hinsicht bedarf unsere Regierung keiner Aufforderung. Wenn vorbereitende Maßnahmen für die Beförderung verlangt werden, so muß man doch angeben, wann und wo und in welcher Stärke die Truppen verladen und fortgeführt werden sollen. Aufo Blaue hinein kann doch der Eisenbahnminister nicht in allen möglichen Grenzerten Lokomotiven und Wagen aufstellen und samt ihrem Personal so lange warten lassen, dis der Oberste Rat über den ersten Punkt seiner Tagesordnung schlüssig geworden ist. Die höchst überflüssige Aufforderung soll offenbar nur„das Gesicht wahren“, wie die Chinesen sich ausdrücken. Es soll der imposante Anschein erweckt werden, als eb die Ententemächte einmütig und solidarisch gegen die jürnste deutsche Note Stellung nähmen. In Wirklichkeit könnte man von einer Solidarität mit Frankreich nur dann reden, wenn England und Italien sofort erklärten:„Auch wir fordern den sosortigen Transport der französischen Division!" Das zuu sie aber wohlweislich nicht.
Wenn die französische Empfindlichkeit mit diesem belanglosen„Schritt in Berlin" beschwichtigt wird, so kann es uns recht sein. Diese überflüssige„Aufforderung" ist wahrscheinlich nicht die schlimmste von
Immer noch einer darüber.
(Ein Biergespräch aus dem Wagen.)
Von Wilhelm Müller=Rüdersdoof.
Der Kasten des Wagens:
Ich bin doch weit notwendiger, wertvoller und geachteter als ihr niedrig gestellten Räder! Jo throne hoch oben, bin in schimmerndem Lack und Sammet gekleidet und nehme die Reichsten und Geehrtesten in meinen Schoß. während ihr euch achtlos in jedem Schmutz herumtummelt und mir gehorsame, eiffertige Diener auf allen Wegen sein müßt!"
Die Räder:
Das Hochgesetztsein macht's nicht schon. Der Sammetschoß, worin du prahlend die brüchige Würde und den klapperigen Reichtum nimmst, bedeutet dem Kenner eine gar schädige Eleganz. Dir fehlt vor allem die Rundung in der Bildung, die sicherer durchs Leben trägt. Mit deinem protzigen Talmiecken mußt du stets bedächtig umgehen, und wenn wir dich nicht in Selbstverleugnung hochhielten und dir nicht mit festem Gang den stolzen Weg bahnten, du würdest hilflos zusammensinken. Nein, wir sind dir an greifbarer Wertkraft und wahrer Bedeutung doch über, du aufzetakelte, ausgepotsterte Matrone! Wir sind die vichtigsten am 1se
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4. August.
den Rippenstößen und Nackenschlägen, die sich das arme Deutschland gefallen lassen mußte. Die französische Presse will für ihr Prestige auch noch Kapital schlagen aus einem zweiten Brief, den unser Außenminister an den(ranzösischen Botschafter Laurent gerichtet habe, um die Auffassung zu zerstreuen, als ob Deutschland einem Beschluß des Obersten Nates in Sachen der Truppentransporte irgendwelche Schwierigkeiten machen möchte. Wodurch dieser ergänzende Brief veranlaßt wurde, ist noch nicht ganz Nar. Wir müssen uns vorläufig mit der haldamtlichen Erklärung begnügen, daß der zweite Brief an dem Standpunkt, den der Reichskanzler und der Außenminister eingenommen hatte, sachlich nichts ändere.
Für den weiteren Lauf der Dinge ist der„gemeinsame Schritt in Berlin“ nebensächlich. Worauf er ankommt, sind die Entschließungen des Obersten Rates in den zwei zusammenhängenden Punkten: Truppnnachschub und Grenzfestsetzung.
Herr Briand hat insofern einen taktischen Erfolg erzielt, als er die Truppenfrage auf den ersten Platz gebracht hat. Die Einigung wird nicht glatt und schnell erfolgen können, denn in England und auch in Italten(vergl. die letzte Rede Torrettas) hat man die Gefahr erkannt, die in der Ueberzahl der französischen, mit den Polen fraternistrenden Truppen liegt, so daß man entweder Frankreich zum Verzicht bewegen oder auch neue Truppen aus England und Italien abschicken muß. Diese Trappenverstärkung soll vor der Entscheidung über die deutsch=polnische Grenze nicht bloß beschlossen, sondern auch tatsächlich durchgeführt werden, und das gibt den Franzosen die schönste Handhabe, um ihre Verschleppungstaktik sortzusetzen und auf Zwischenfälle zu sinnen, die sich gegen Deutschland ausbeuten ließen.
Es ist wohl möglich, daß die Konferenz am 4. August ihren förmlichen Anfang nimmt. Der Verlauf und das Ergebnis bleiben aber in dem alten Dunkel, trotz der sog. Einigungsformel. Unsere oberschlestichen Brüder und wir alle kommen aus dem qualvollen Hangen und Bangen noch nicht heraus.
*
Ruhig Blut.
Eine Mahnung der Reichsregierung.
WTV. Berlin 31. Juli.(Amtlich.) Angesichte der herannahenden Entscheidung über das Schicksal Oberschlesiens hat die Reichsregierung im Verein mit der preußischen Staatsregierung beschlossen, in uger Fühlungnahme mit der Bevölkerung Schlesiens dahin zu wirken, daß die Bewohner des Landes sich auch weiterhin höchste Zurückhaltung auferlegen, um zu ihrem Teil dazu beizutragen, eine sachliche Entscheidung zu ermöglichen. Es gilt, der Welt ein Beispiel dafür zu geben, wie ein Volt durch seine Selbstbeberrschun, der sachlichen Lösung einer Frage von so großer Tragweite die Wege ehnet. Die Reichoregierung richtet diese Mahnung nicht nur an die Schlesier, sondern an das deutsche Volk und erwartet, daß jeder, der der deutschen Sache dienen will, ruhiges Blut bewahrt und sich der hohen Verantwortung bewußt bleibt, die uns der Rugenblick auferlegt. Jede unbesonnene Haltung würde die von uns beanspruchte sachliche und gerechte Lösung der Frage gesährden.
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Anweisungen in Berlin.
03B. Paris, 31. Juli. Wie die Havasagentur mitteilt, hat Ministerpräsident Briand noch gestern abend dem französtschen Botschafter in Berlin Instruktionen erteilt und ihn aufgefordert, sich mit seinem englischen und italienischen Kollegen über einen gemeinsamen Schritt bei der deutschen Regierung zu verständigen, um ihr mitzutellen, daß sie durch alle möglichen Mittel den Transport alltierter Truppen durch Deutschland erleichtere, deren Entsendung die Lage in Oberschiesien in jedem Augenblick nötig machen könne.
England stimmt zu.
03B. Paris, 31. Juli. Wie Havas meldet, bestätigte im Laufe des gestrigen Abends der englische Botschafter in Paris die amtliche Annahme des
Die Nchen:
Ohol Aber nicht die wichtigsten! Bedenkt wohl, ihr Rädergesellen, daß auch wir noch da sind! Wir, die wir euch zusammenhalten, damit ihr nicht aus Rand und Band geht. Denn wir sind das gute, bedachtsame Herz für einen jeden von euch, das euch gerade, aufrechte, wirksame Tat ermöglicht und mit weichem, stillen Rühren ener derbes Hastwerk unendlich erleichtert. Ohne unsere Fürsorge würdet ihr euch schief und heiser und sehr bald zu Tode lausen. Ihr seht also wohl ein, daß über eure schätzbare Bedeutung als höchste die unsere geht?
Die Achse:
Als höchste? Oh, ihr Naben und Räder und du Kasten! Im Grunde genommen, wäret ihr trotz aller eurer Vorzüge nicht, wenn ich euch nicht großzügig und umfassend zu einer vielwirkenden Einheit gefestigt hätte. Ich bin die Achse, um die sich alles dreht, auf die sich alles stützt und an der sich alles wichtig macht!
Außenminister Dr. Rosen als Uebersetzer.
Das eben erschienene Heft 3/4 des von Prof. Dr. Mittwoch herausgegebenen„Neuen Oriente“ enthält die deutsche Uebersetzung eines persischen Gedichts von Nasir=i Khusrou durch den neuen Außenminister Dr. Rosen, der auch die Vierzeiler von Omar Khajjam meisterhaft ins Deutsche übertragen hat. Das Gedicht hat folgenden Wortlaut:
Der Adler.
Auf hohem Fels breitet ein stolzer Aar Zum Fluge aus sein mächtig Flügelpaar.
Er blickt auf seiner Schwingen starke Zier:
„Die ganze Welt“, spricht er,„liegt unter mir! Bald können mich die Menschen nicht mehr sehn, Ich kann ein Haar am Meeresgrund erspähn. Ich sehe, was auf Erden nur sich regt,
Wenn eine Mücke sich im Eras bewegt"
So rühmt er sich in seines Stolzes Slücke
Und denkt nicht an des Schichalsrades Tücke.
Im Hinterhalt wa; schon gespannt der Bogen; Wie das Verhängnis kommt auf ihn geflogen Der Pfeil, der Hemzdurchbohrer. Das Gesieder Blutüberströmt sinkt er zur Erde nieder.
Kompromisses durch seine Regierung, das den Gesamtschritt in Berlin zur Regelung des Truppentransportes nach Oberschlesien und die Regelung der Frage der Verstärkungen durch den Obersten Rat betrifft. Noch gestern abend hatte der englische Botschafter in Berlin Anweisung erhalten, sich dem bereits erfolgten Schritte des französischen Botschafters anzuschließen. Die französische öffentliche Meinung werde diese erste Verständigung über das einzuschlagende Verfahren als Auftakt zur freundschaftlichen Lösung dieser Frage von Grund aus ansehen.
Die Pariser Presse.
03B. Paris, 31. Juli. Das Journal des Debats spricht bei einer Betrachtung über das englisch=französische Kompromiß in der Frage der Entsendung von Truppenverstärkungen von einem provisorischen Abkommen. Man müsse sich hüten, diesem Arrangement eine Bedeutung zu geben die es nicht habe, und mit Uebertreibung die zu loben, die es abgeschlossen hätten. Viele Zeitungen schienen gu glauben, daß die Entente aus dieser Krise verstärkt hervorgehe. Das sei unglücklicherweise nicht der Fall. Je mehr man für eine Wiederherstellung einer engen Union zwischen Frankreich und Großbritannien sei, um so mehr müsse ein absoluter Freimut zur Regel werden. Denn die mehr oder weniger aufrichtigen Illusionen führten zu immer neuen Mißverständnissen. Die Episode der letzten vierzehn Tage hätte kein Zeugnis für den gesunden Verstand der Staatsmänner abgegeben. Diese manöverierten gegen einander wie rivalisierende Fraktionsführer in einem Parlament und da sie der Krieges überdrüsfig seien, hätten sie sich auf einer mittleren Formel geeinigt, wie man das bei einer Debatte tue, deren Ende nicht abzusehen sei, und wie man eine Tagesordnung annähme, die nichts beende. Das sei kein Grund zum Enthusiasmus. Der Gegenstand des Streites, die Frage der Verstä kungen sei nicht geregelt. Man begnüge sich damit, Deutschland gegenüber die Fassade zu retten, das eine gute Gelegenheit gesehen habe sich zwischen Frankreich und Großbritannien zu schieben. In Wirklichkeit habe der„Observer" Recht, der heute jage, es habe sich ein tiefer Konslikt gezeigt in den Ansichten, in den Wünschen, ja sogar in den Interessen. Es zeige sich eine große Differenz in der Politik, ja bis zu einem gewissen Maße ein direkter Konslikt in der Politik.
Petit Parisien schreibt, alle Welt wünsche, daß dieses Kompromiß der Vorbote eines noch vollkommeneren Einvernehmens sei. Gemäß des Versailler Vertrages handle es sich heute darum, nicht diese oder jene wirtschaftliche oder strategische Theorie in Betracht zu ziehen, sondern auf der Karte das zu beachten, was als der Wille der oberschlesischen Bevölkerung durch die Volksabstimmung zum Ausdruck gekommen sei. Gewiß müßten die geographi
Relle ief-ler,. SSS5. 8 85
ser Wahrheit halte, sei es wahrscheinlich, daß die Verständigung auch eine Grundlage, ähnlich der wie Graf Ssoza vorgeschlagen habe, schnell erzielen werde.
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Della Toreita gegen franz ösische Truppen sendungen nach Oberschiesien. Rom, 31. Juli. Im Kammerausschuß für auswärtige Angelegenheiten erklärte der Minister des Aeußern Della Toretta auf die Frage eines Abgeordneten, ob Italien zur Entsendung neuer Truppen nach Oberschlesien seine Zustimmung gebe: er habe gegenüber einem verbündeten Staat die Entsendung italienischer Truppen bereits abgelehnt und widersetze sich auch der Entsendung neuer französischer Truppen. Italien wünsche, daß ein so ernster Beschluß im Einvernehmen mit allen anderen Alliierten im Obersten Rat gefaßt werde, Schon jetzt nähmen die französischen Truppen in Oberschlesien eine Vorzugsstellung ein, da Frankreich in Oberschlesien über mehr Truppen verfüge als Italien und England zusammen. Marchese Della Toretta versicherte der Kommission, die italienische Regierung interessiere, sich lebhaft für die oberschlesische Frage im besonderen und die politische Neugestaltung Zentraleuropas überhaupt. Er lasse sich dabei von realen Grundsätzen leiten und sei entschlossen, vor allem die eigenen Interessen zu wahren.
Und wie ein Fisch am Land, der Angel Raub. Zuckt an der Erde in des Weges Staub Der Fürst des Aethers:„Wer in aller Welt Hat aus der Höhe mich so jäh gefällt?“
Er sieht den Pfeil aus Eisen und Holz gemacht: „Wie hat der's nur zu solchem Flug gebracht?“ Da ruft er plötzlich:„Jetzt kann ich's verstehn!" Mit Adlersedern war der Pfeil verschn!
Des Adlers Schwingen liehen Schwung dem Schaft Den Adler fällte erst des Adlers Kraft!
Drum über das, was meine Tage kürzte Klage ich nicht. Von mir ist, was mich stürzte.“
Internationaler Kongreß katn. Sindenten in Sreiburg in der Schweiz.
Vom 19. bis 21. Juli 1921 fand in Freiburg in der Schweiz ein internationaler Kongreß latholischer Studenten statt, an dem Studenten von 22 verschiedenen Ländern teilnahmen, darunter Deutschland, Frankreich, England, Schweiz, Holland, Spa nien, Italien, Oesterreich, Belgien, Ungarn und Amerika. Außer den studentischen Vertretern waren auch noch andere Persönlichkeiten erschienen, die den kath. Studentenbewegungen nahe stehen.
Die Versuche, eine Einigung der kath. Studenten aller Länder herbeizuführen, reichen bis ins Jahr 1689 zurück und gingen damals hauptsächlich von Baron de Montenach(Freiburg in der Schweiz) aus. Nach dem Kriege wurden diese Bestrebungen wieder von der Schweiz und Holland aufgegriffen. Beiden Ländern gesellte sich später Spanien hinzu. Der Schweizer Studentenverein trat zu diesem Zwecke mit den katholischen Studentenorganisationen der verschiedenen Länder in schriftlichen Verkehr. As Ergebnis deo Gedankenaustausches wurden die Grundlagen gefunden, auf denen die Verhandlungen eines Kongresses geführt werden konnten.
Daraufhin unternahmen der Schweizerische Studentenverein die Vorbereitung des Kongresses, und, nachbem die Stadt Freiburg in hochherziger Weise ihren prächtigen Großstadtsaal für die Verhandlungen zur Verfügung gestellt und in Gastfreundschaft für Unterkunft und Verpflegung gesorgt hatte, konnte sie am 19. Juli die studentischen Vertreter
Elue Rede Lioyd Georges.
93B. London 31. Juli. Bei Enthüllung eines Kriegerdenkmals in Thame hielt Lloyd George eine Rede, in der er sagte, er glaube, daß Frankreich und Großbritannien auf dem besten Wege zur Verständigung seien. Die Schwierigkeiten seien beigelegt worden. Wir erkannten an, so fuhr Lloyd George fort, daß es die größeren Opfer sind, die Frankreich Arspruch daran geben, daß seine direkteren Interessen in einigen dieser Fragen Berücksichtigung finden. Das britische Reich hatte nur das eine Interesse, daß der so teuer erkaufte Frieden ein wirklicher und sofortiger Friede wurde. Wenn es so schien, als ob Großbritannien in den europäischen Fragen immer hemmte, immer zur Geduld riet und immer auf Mäßigung drängte, so geschah es, weil dieser furchtbare Krieg uns den Wert des Friedens gelehrt hat. Seien wir darauf bedacht, unseren Kindern nicht das Vermächtnis eines konzentrierten Hasses zu hinterlassen, der eines Tages ausbrechen kann. Aus diesem Grunde wird die ganze Macht des britischen Reiches, die im August 1914 in den Krieg geworfen wurde, heute in die Wagschale des Friedens geworfen.
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Die Dauer der Konferenz.
D3B. Paris 31. Juli. Nach einer Mitteilung der Havasagentur wird die Tagung des Obersten Rates jedenfalls 8 bis 10 Tage dauern. Die Tagesordnung sei überlastet. Man könne annehmen, daß die alliierten Staatsmänner sich auch mit der russischen Hungersnot beschäftigen würden. Endlich wäre es, wie es in der Mitteilung heißt, sehr überraschend, wenn die Orientfrage nicht angeschnitten würde.
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Inst uktion an Generalle Rond.
D3B. Paris, 31. Juli. Wie die Havasagentur mitteilt, ist im Einverstänonis zwischen der englischen und französischen Regierung dem General le Rond als Vorsitzenden der Interalliierten Kommission in Oberschlesien Instruktion erteilt worden, damit in Erwartung des bevorstehenden Zusammentritts des Obersten Nates ein enges Zusammenarbeiten der alliierten Truppen sichergestellt werde mit dem Ziele, jedem eventuellen Aufstandsversuch, ob er von den Polen oder von den Deutschen kommt, Hindernisse zu bereiten.
Die Konferenz in Washing.on
Harding für internationale Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht?
DA. London, 23. Juli. Der im allzemeinen gut unterrichtete Washingtoner Korrespondent der „Daily News“, P. W. Wilson, meldet seinem Blatte, daß Präsident Harding auf der Abrüstungsreich, Italien und Japan möchten die allgemeine Heeresdienstpflicht abschaffen. Wilson behauptet, Amerika würde bereit sein, die Philippinen an Japan abzutreten für den Fall, daß dieses wirklich abrüste. Nach seinen Informationen werde auch der Hardingsche Plan eines neuen Völterbundes auf der Washingtoner Konferenz zur Sprache kommen. Die Konferenz werde öffentlich sein, die Presse werde Gelegenheit zu weitestgehender Information erhalten.
Ein neuer Millionen=
Kredit.
Berlin, 31. Juli. Die Reichobank teilt uns mit, daß sie sich durch Vermittlung des Hauses Mendelssohn und Co., Amsterdam, einen ferneren Kredit von fünfzig Millionen Soldmark beschaffte. Die Gesamtsumme der durch Mendelssohn u. Co. beschaffe ten Kredite erhöht sich damit auf 259 Millionen Soldmark.
Crispien in Paris.
D38 Paris, 30. Juli. Wie der Populaire mitteilt, ist der unabhängige sozialistische Reichstagsabgeordnete Crispien gestern nachmittag in Paris angekommen. Er soll heute abend bei der Gedächtnisseier für Jaurés das Wort ergreifen.
aus 22 Ländern in ihren Mauern willkonmen heißen. Die Verhandlungen leitete der Zentialpräsident des Schweizer Studentenvereins. Die ersten Stunden des Zusammentreffens beim Begrüßungsabend verliefen woller Spannung. Man war besorgt, daß sich aus dem Verhalten der Vertreter Deutschlands und Frankreichs Schwierigkeiten ergeben könnten, die den Erfolg der Tagung in Frage stellten. Denn beide Länder waren mit festen Richtlinien zu diesem Kongreß erschienen. Aus dieser Besorgnis heraus erklangen wohl auch bei der Begrüßungsrede die Ermahnungen des Hochwürdigsten Herrn Bischofo von Genf und Lausanne, sich nur auf das Notwendigste einzulassen und alles, was außerhalb der Erstrebung einer Arbeitsge meinschaft lag, zu meiden. Als sich während der Verhandlungen zeigte, daß Deutschland und Frankreich sast völlig den gleichen Standpunkt verteaten, löste sich die Spannung. Beide waren sich im Gegensatze zu fast allen Ländern einig, es bei einer Arbeitsgemeinschaft bewenden zu lassen und jeden engeren Zusammenschluß als verfrüht abzul ehnen. Diese Uebereinstimmung in den Zielen kam zwar überraschend, findet jedoch ihre natürliche Erklärung in dem Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland und der sich daraus ergebenden Einstellung der Studenten. Indem auch die Vertreter der andern Länder der Auffassung Deutschlands und Frankreichs beitraten, wurde diesen besonderen Umständen Rechnung getragen.
Ungemein fördernd für die Verhandlungen war due von beiden Ländern gestellte Bedingung, daß durch das entstehende Werk die nationalen Verpflichtungen auf jeden Fall unberührt bleiben müssen. Ueberhaupt wurden die ganzen Verhandlungen trotz der Jugend der Teilnehmer nüchtern und sachlich geführt. So konnte es nicht ausbleiben, daß in der Kürze der Zeit volle Arbeit geleistet wurde. Das Resultat der Plenarsitzung und der übrigen bis in die Nacht tagenden Ausschüsse war die Errichtung eines Sekretariates, dessen konkrete Ausgestaltung folgende Gliederung aufwies: 1. Eine regelmäßige zusammentretende Vertreterversammlung. 2. Einen ständigen Arbeitsausschuß. 3. Einen Generalsekretär.
große Legende.
Daß die unvollständigen und unrichtigen Veröffentlichungen Kurt Eisners aus den bayerischen Archiven viel dazu beigetragen das Märchen von der alleinigen Schuld Deutschlands zu stützen, ist bekannt. Die„Süddeutschen Monatshefte“ widmen ihnen ein besonderes Kapitel und bringen nun aus den Lerchenfeldschen Berichten aus Berlin u. a. folgende unbekannte Stelle vom 14. Dezember 1912:
„Gestern war, wie ich gemeldet, der Kaisee bei mir, um zu kondolieren(zum Tode des Prinzregenten Luitpold) und fing gleich von der auswärtigen Politik an und kam bald auf England zu sprechen. So erfuhr ich folgendes: Der frühere Kriegsminister Haldane, der bekanntlich wegen eines Neutralitätsvertrages hier unterhandelt oder sondiert hatte, hat kürzlich Lichnowsky, unseren Botschafter besucht, und diesem mitgeteilt, daß, wenn der Krieg zwischen den vier Mächten(Frankreich und Rußland gegen Deutschland und Oester eich) ausbrechen sollte, gleichviel, ob Deutschland angreist oder angegriffen wird, England Heutschland den Krieg erklären werde. Großbritannien könne nicht zulassen, daß Deutschland Frankreich niederwe je und es dann auf dem Kontinent nur mehr eine Macht gebe, die eine absolute Hegemonie uusüben würde. Dies sei mit den Interessen Englands nicht erträglich.“
Die„Frankf. Ztg.“ bemerkt dazu:
„Die Zeit ist noch nicht gekommen, in der auch in den Ententeländern die Stimmung reif wird für eine unparteiische Untersuchung der Ursachen und der eigentlichen Verantwortung für den Ausbruch des Weltkrieges. Noch sind dort die amtlichen Publikationen, die zu Anfang des Kriegs mit dem Zweck herausgegeben wurden, Deutschland ullein mit der Schuld zu belasten, maßgebend, weil sie die einzigen Informationsquellen für die Massen bilden. Aber unter den Aufgeklärteren regt es sich, wie gerade die von den„Süddeutschen Monatsheften“ erwähnten Zeugnisse beweisen. Es wird freilich noch zähe und schwere Arbeit kosten, die volle Wahrheit an den Tag zu fördern und si: allen zugänglich zu machen.“
Dan Balchetlend inr den. Siaruntens un Finanzministers.
Berlin, 31. Juli. Die Beratungen des Reichekabinetts über die endgültige Gestaltung dee Steuerbuogets, die gestern begonnen haben, werden sich voraussichtlich noch einige Tage hinziehen. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen, wie das B. T. mitteilt, die beiden Projekte, die auf der einen Seite vom Reichswirtschaftsminister vorgelegt worden sind, um den Besitz ausreichend zur Aufbringung der Milliardensumme neben den inschaftsminister schlägt bekanntlich die Beteiligung des Reiches an den sogenannten Sachwerten in Form von Hypotheken, Aktien und dergl. vor. Der Finanzminister tritt dagegen für eine Veredelung des Reichsnotopfers, für Staffelung der Sätze bei steigenden Besitzwerten und für Monopolisierung verschiedener Branchen wie Kohlen, Kali. Zucker und gegebenenfalls auch Tabak ein. Soweit sich bisher aus den Verhandlungen überschen läßt, scheint die Mehrheit des Kabinetts dem Plan des Finanzministers den Vorzug zu geben.
Bier= und Tabaksieue
DA. Berlin, 31. Juli. Aus parlamentarischen Kreisen wird uns geschrieben:
Zu den Verbrauchssteuern, die der not##denden Reichskasse in Zukunft höhere Mehrerträge liefern sollen, gehören die Steuern auf Bier und Tabak. Die Biersteuer soll durchweg um das Biersache erhöht werden, sodaß der jetzt für die anleine Stufe (2000 Hek!. Biererzeugung) geltende Steuersatz von 10 Mark für jedes Hektolite; künftighin 11 Mark betragen wird. Von den folgenden 2000 Hektolitern werden 42 Mark, von den folgenden 10 00 Hekt. 43 Mark usw. zu entrichten sein. Die in Aussicht genommene Vervierfachung der Biersteuern wird an der zuständigen Stelle nicht für so belustend erachtet, daß durch sie eine wesentliche Beeinträchtigung des Bierabsatzes zu befürchten wären, denn der Steueraufschlag werde im Verhältnis zu den andern
Die Vertreterversammlung ist die jährliche Zusommenkunft der Vertreter der kath. studentischen Verbände aller Länder, die sich dem Sekretarial angeschlossen haben. Zu ihrem Vorsitzer wurde ein Schweizer, zum stellvertretenden Vorsitzer ein Italiener gewählt. Der Arbeitsausschuß besteht aus fünf Mitgliedern drei Schweizern und= einem Spanier. Zum Generalsekretät wurde on Schweizer gewählt. Die Gesamtheit der Aufgaben, welche so trefflich in deren dem Sekretariat gegebenen Leitsatz„Pax Romana“ zum Ausdruck kommen, zielen darauf hin, die kath. Studenten der versthiedenen Länder einander näher zu bringen, sei es durch Auskunft und Berichterstattung, sei es durch ver,önssche Fühlungnahme. Außerdem werden caritative und soziale Zwecke verfolgt.
Zum erstenmal nach dom Kriege ist es möglich geworden; daß sich Studenten aller Länder zu einer gemeinsamen Bewegung und Zieleinigkeit zusammengefunden haben. Dies ist nicht durch vieles Reden— wie in einem Schlußwort gesägt wurde— sondern durch weise Zurückhaltung erreicht worden. So ist die Gewähr gegeben, daß ein lebensfähigen Werk geschaffen wurde, das reiche Frucht bringen wird.