50. Jahrgang
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Bonner Doltes=Seitung
Gecsktaesteche. Som. Stch un Bünderl
Postscheck=Konto Köln unter Nr. 90841 Verleger: Deutsche Reichs=Zeitung G. m. ö H, Vonn
Bouner Volkswackt
Samtstag). Jullil
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Bonner Stadt=Anzeiger
Entspannungen!
Das oberschlesische Problem.
Der Reichskanzler Dr. Wieth konnte den Vertreiern der politischen Parteien gestern im Anschluß in die Kabinetts=Sitzung mitteilen, daß die Besprechung der von den Deutschnationalen eingebrachten Interpellation über Oberschlesien im Einverständnis mit der Deutschnationalen Fraktion vertagt wurde. Die Interpellation sollte in der gestrigen Reichstags=Sitzung zum Gegenstand einer Aussprache der Parteien zu den Vorgängen in Oberschlesien und zur Oberschlesienfrage überhaupt gemacht werden. Die Vertagung stützt sich auf das Uebereinkommen, das zwischen dem deutschen militärischen Befehlshaber ir Oberschlesien, dem General Höfer, und dem englischen General Hennicker abgeschlossen worden ist. Diese Vereinbarung wird die Grundlage abgeben für die von der Interalliierten Kommission zu erlassenden Anordnungen. Nach dem Abkommen soll die Räunung Oberschlesiens innerhalb sieben Tagen vollkandig durchgeführt sein. Zunächst müssen die volnischen Insurgenten innerhalb 38 Stunden eine neue Linie erreicht haben, die östlich von Lublinitz liegt und die Stadt Sleiwitz freiläßt. Erst wenn die Polen diese Linie erreicht haben, wird der deutsche Selbstschutz sich von der gegenwärtigen Linie zurückziehen, und zwar so, daß er mit dem Nord= und Südflügel in je einen Halbkreis einschwenkt. Zwischen den beiden Halbkreisen wird völlig geräumt Oppeln liegen. Die neuen deutschen Linien werden im Norden etwa östlich Kreuzburg, im Süden östlich Oberglogau liegen. Nachdem der keuiche Selbstschutz diese Linie erreicht hat, müssen sich die Polen an die deutsch=polnische Srenze zurückziehen. Erst nach der völligen Räumung Oberschlesiens durch die Insurgenten hat der Selbstschutz die beiden Halbkreise zu räumen und sich aufzulösen. Die interalliierten Truppen werden das jeweilig zeräumte Gebiet sofort besetzen. Nach Beendigung der Räumung dürfen sich im Abstimmungsgebiet nur noch alltierte Truppen besinden.
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Oberschlesien ist das Kernprobiem der deutschen Politik der Gegenwart und der nächsten Zukunft.
Die Annahme des Altimatums durch das Kabinett Wirth erfolgte bekanntlich unter der Voraussetzung, daß Oberschlesien beim Reiche verbleibt. Ein Verluß Oberschlesiens oder auch nur eines Teiles desselben würde alles hinsällig werden lassen, was in Ausführung des Ultimatums bisher in die Wege geleitet worden ist. Der Bestand der gegenwärtigen Regierung ist in einem solchen Falle in Frage gestellt, ja die jetzige politisch=parlamentartsche Kombination wird dann einsach unmöglich werden. Es hat den Anschein, als wenn eine solche Entwicklung der Dinge von zegnerischer Seite gar nicht einmal ungern gesehen würde, wenn auch erklärlicherweise die offizielle Politit der Verbandsländer derartigen Tendenzen nicht Raum geben zu wollen erklärt. Jetzt wird aber die oberschlesische Frage in derselben Weise, ja noch ausgeprägter, zu einem Kernpunkt der ganzen Europa=Politik gemacht, wie das seither mit der Ruhrgebietsfrage geschah.
Würde eine für Deutschland ungünstige Entscheidung bezüglich Oberschlesiene die Reichsregierung zum Rücktritt zwingen, so wäre eine für die ganze innere Lage außerordentlich gesahrvolle und unsichere Situation geschaffen. Es wäre, wie die Dinge heute zu deurteilen sind, in solchem Falle kaum darauf zu rechnen, daß sich ein Ministerlum zur Uebernahme der dann sich ergebenden politischen Hinterlassenschaft finden würde. Man muß dann mit allem rechnen. Vor allem muß man im Auge behalten, daß die Kommunisten nur auf einen Vorwand warten, um ihrerseits mit aller Kraft die politische Herrschaft zu erobern. Ein Zustand der Verwirrung oder gar des Chaos, wie er dann eintreten könnte, würde solche Tendenzen auf das stärkste begünstigen und die Ruhe im Innern äußerst
Die Reklame
des Schmerzes.
Von Rudolf Schönheit.
In einer seiner eindrucksvollsten Reden während des Krieges beschäftigte sich Lloyd Georges mit den Eindrücken seiner ersten Pariser Reise. Er sei als junger Student, der von Elsaß=Lothringen so gut wie nichts wußte, zum ersten Mal nach Paris gekommen und von all dem Neuen und Eigenartigen hätte nichts einen tieseren Eindruck auf ihn gemacht. als jene in schwarzen Trauerflor eingehüllte Statue der Stadt Straßburg auf dem Platze de la Contorde.
Wie Lloyd Georges ist es auch mir ergangen. Ich war ein kleines Bübchen, als mich meine Mutter zum ersten Male mit nach Paris nahm. Für JungStraßburg war es in den schönen Friedenszeiten das Höchste, einmal nach Paris zu fahren. Nach Berlin sehnte sich niemand. Man hatte es dort nie begriffen, wie man die Herzen der elsässischen Jugend einjangen müßte. Ich war benommen von diesem unerwarteten Rasen und Treiben auf den Straßen. Da plötzlich stockte der eilende Fuß und der kleine Knirps blieb wie gebannt stehen. Wir waren in den Bannkreis jener schwarzverhüllten Frauengestalt gekommen, die den Vorüberschreitenden den Schmerz einer ganzen Nation, lautlos und ohne Unterbrechung wie etwas Ewiges entgegenzuschreien scheint. Jeder Windstoß, jedes leiseste Lüfthen fing sich in den Kreppschleiern. So bohrte sich unwillkürlich jener bleibende Eindruck in die Seele und fraß sich dort fest, daß jene Figur mit der Städtekrone auf den fast biondschimmernden Flechter. nicht von Stein sein könnte, sondern daß es sich hier um ein beseeltes Wesen handeln muß, das Tag
gefährden. Die Kommunisten sind gegenwärtig ungemein rührig, und wenn man aus ihrer wilden, aus Anlaß des Falles Hölz geradezu blutrünstigen Agitation auch nicht auf die hinter ihnen stehenden Massen zu schließen braucht, so darf man sich doch nicht verhehlen, daß die Kommunisten immer sche viele Elemente zufließen, die zu allen Handlungen fähig sind. Es muß damit gerechnet werden, daß wir in absehbarer Zeit, wahrscheinlich schon im Herbste, eine ungewöhnlich kritische wirtschaftliche, finanzielle und vor allen Dingen auch politische Situation vorfinden.
Höfers Plau angenommen.
Berlin 24. Juni. Der oberschlesische Berichterstatter des Berliner Tageblattes erfährt aus Oppeln, daß der von General Höser und General Henniker ausgearbeitete Plan betrefsend die Räumung Oberschlesiens durch die Insurgenten und den deutschen Selbstschutz von der Interalliierten Kommission angenommen worden ist. Der Abschluß der Verhandlungen werde augenblicklich nur deshalb verzögert, weil die Interalkiierte Kommission noch mit Korfanty verhandelt.
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Eln wicktiges Dokument.
Die amtlichen Zahlen der Interalliierten Kommission über das Abstimmungsergebnis in Oberschlesien.
Berlin, 24. Juni. Das amtliche Organ der Interalliierten Kommission in Oppeln, das„Journal officiel de haute Silesie“, veröffentlicht folgende Abstimmungsziffern:
deutsche Stimmen polnische Stimmen
voln. Stimmen.
Wenn man das Ergebnis betrachtet, beträgt die deutsche Mehrheit 60 Prozent gegen 40 Prozent für die Polen, wenn man die Stimmenzahl in Rechnung stellt. Nach der Zahl der Gemeinden berechnet ist das Verhältnis 55 Prozent zugunsten der Deutschen gegen 45 Prozent für die Polen. Die Mehrheit der Gemeinden für Deutschland ist, alse unbestreitbar so groß, daß die rechtliche Begründung der deutschen Forderung auf Belassung Oberschlesiene bei Deutschland nicht angezweiselt werden kann.
Oberschlesien und die Arbeiter.
D38. Peris 24. Juni. Der Sonderberichterstatter des Populaire in Oberschlesien, Caussy, schreibt, die deutschen Arbeiter in Oberschlesien fragten sich mit Schrecken, ob die Wohltat der deutschen Gesetze ihnen durch die Vereinigung mit Polen würde erhalten bleiben. Diese deutschen Gesetze seien Kranken=, Unfall=, Invaliden= und Altersversicherung. Arbeitelosenunterstützung, Achtstundentag, Betriebsräte, Verpflegung zum Kollektiovertrag, Frauenund Kinderschutz und die Arbeiterinspektion, die namentlich in den Bergwerken außerordentlich gut organisiert sei. Schließlich die Vertretung der Arbeiter im Reichswirtschaftsrat. In Polen existieren
und Nacht, Monat für Monat, Jahr für Jahr von einem hoffnungslosen Schluchzen geschüttelt wird.
Bis jetzt merkt wohl noch niemand, wohin ich eigentlich hinaus will. Darum müssen Sie mir gestatten, daß ich mich vorstelle. Ich bin im eigentlichen Sinne kein Deutscher, auch kein Elsässer mehr, ich bin Deutsch=Ostafrikaner, und ich werde es blei ben über meinen einst zerfallenden Kadaver hinaus. Was war mir noch Deutschland, was überhaupt Europa mit seiner übersättigten dekadenten Kultur? Nichts! Denn ich hatte ja mein Neuland, meinen innersten Menschen gefunden in jener herrlichen, spröden Wald= und Steppeneinsamkeit. Dort unten wurde mir Nietzsches Wort kler:„Gehe nicht unter die Menschen, sondern gehe unter die wilden Tiere, denn sie sind menschlicher als die Menschen.“ Unter General von Lettow haben wir um jeden Fußbreit unseres geliebten Landes gerungen gegen mehr als eine zehnfache Uebermacht, und die Besten von uns schlafen den ewigen Schlaf dort unten südlich des Aequators. Dann hat man Deutsch=Ostafrika von der Weltentafel mit einem einzigen Schwammstrich fortgewischt und hat uns obendrein heimatlos vertrieben von Haus und Hof, und uns in unser armes Vaterland„repatriert".
Ja, wir wollen wieder gut machen, nicht weil ihr etwa im Recht seid, sondern weil ihr die Macht habt. Um wieder gutmachen zu können, gebt uns aber unsere Kolonien zurück. So wie sie waren, mit den dunklen Urwäldern Kameruns, den Sandwüsten Südwest=Afrikas, den schimmernden Bergen und unendlichen Steppen Deutsch=Ostafrikas und den einsamen Eilanden der Südsee. Gebt uns unsere treuen Schwarzen wieder, die mit uns gezogen sind, die mit uns gehungert und gedarbt haben, die nicht um ihrer Löhnung und Sold willen durchgehalten haben, sondern die bei uns geblieben sind, bis sie
die meisten dieser Gesetze nicht. Ihre Einführung sei bis jetzt nicht vorgesehen. Der polnische Reichotag nahm wohl ein Gesetz zugunsten der Unabhängigleit Schlesiens an, demzufolge die Pensionsberechtigten ihre Bezüge behalten sollten. Von den anderen Arbeitergesetzen sei aber keine Rede. Korsantg erklärte dem Berichterstatter, er beabsichtige nicht, die Kapitalisten zu bekämpfen.
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Itallenlsch poluischer Zusammenstoß. 036. Oppeln 24. Juni. Nach hier vorliegenden Meldungen hat sich südlich Kosel in der Nähe von Klein=Rensa ein heftiger Zusammenstoß zwischen italienischen Truppen und polnischen Insurgenten ereignet. Einzelheiten sehlen noch.— In Nybnik ist ein Kompagnie polnischer Pioniere zu Aufräu
mungsarbeiten eingetroffen.
Brland, die Sanktionen und das Kabinett Wirtk.
Die Sanktionen sollen bleiben.
N3V. Paris, 24. Juni. Im Kammerausschuß für auswärtige Angelegenheiten gab heute nachmittag Ministerpräsident Beiand Erklärungen ab über die Sanktionen, die ergriffen worden seien, um die Ausführung des Friedensvertrages von Versailles sicherzustellen, des Ferneren über die Maßnahmen, die festgesetzt worden seien, um den Anwerbungen in Deutschland für Oberschlesien ein Ziel zu setzen, über die Entwaffnung Deutschlands und schließlich über die Beratungen, die in Wiesbaden in der Reparationsfrage gepflogen worden sind. Ministerpräsident Briand sprach sich auch über die Verhandlungen aus, die die Alliierten mit der Regierung von Angora und der griechischen Regierung führen, um die Pazifizierung des Orients zu sichern, und schließlich auch über das Ergebais der Unterhandlungen, die er mit Curzon geführt habe.
Nach einer Havasmeldung haben Mitglieder des Ausschusses erklärt, daß die Erläuterungen des Ministerpräsidenten in großen Zügen mit denen übereinstimmen, die er vor einigen Tagen vor der Senatskommission abgegeben habe und die einen befriedigenden Eindruck hervorgerufen hätten. Der Ministerpräsident soll von der Notwendigkeit gesprochen haben, die Sanktionen, die ergriffen worden seien, um Deutschland zu zwingen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, aufrecht zu erhalten. Das Rabinett Wirth stütze sich zwar auf sozialistische, aufrichtige pazijistische Elemente, aber jede Schwäche seitens der Entente laufe nach der Ansicht des Ministerpräsidenten Gefahr, die Rechtsparteien wieder aus Ruder zu bringen, was einer Wiederbelebung des alldeutschen Geistes gleichkäme.
Ministerpräsident Briand habe auch von den Verhandlungen zwischen Loucheur und Rathenau gesprochen und erklärt, daß der Minister für die befreiten Gebiele den Eindruck gewonnen habe, daß die deutsche Regierung den guten Willen habe, einen Plan der Zusammenarbeit zu suchen und die Wiederherstellung der verwüsteten Gebiete zu unterstützen.
Im Reichstag.
Im Reichslag entstand gestern bei der Beratung der Novelle zum Reichonstopfer und zur Vermögenszuwachssteuer zwischen der Rechten und der äußersten Lin#en eine Auseinandersetzung. die den Reichskanzler zum Eingreisen nötigte. Der Abg. Geyer hatte die Gelegenheit benutzt, um Angestellle und Arbeiter gegen die sogenannten kesitzenden Klassen zu hetzen.
Darauf erwiderte der
Reichskanzler Dr. Wirth:
Ich hätte nicht geglaubt, daß die Verabschiedung des Notopfers Anlaß zu einer solchen Debatte geben könnte. Wie kann der Abg. Geyer sich die Behauptung aus den Finzern saugen. daß die Lohnsteuer eine Verschärfung der Einkommensteuer sei? Derartige törichte Behauptungen soll'e man nicht für möglich halten. Zu einer Kritik gegen die Regierung siegt gar kein Grund vor. Unterstützung aller Parteien, die mitarbeiten wollen, ist uns willkommen. Von einer Stellungnahme gegen die
von uns gerissen wurden, weil sie in ihren primitiven Kinderherzen instinktiv fühlen, daß wir es mit ihnen gut und ehrlich gemeint haben.
Und nun höre du deutsches Volk: Du mußt deinen Schmerz um die verlorenen Kolonien in das Gewissen der Welt einhämmern. Das Volk, mag es noch so komptiziert sein, hat immer Verständnis für jremdes Weh und Seelenleid. Und dieses Weh ist heute einer deiner Wasfen. Mit diesem Pfunde mußt du wuchern.
Den Weg habe ich eben gewiesen. Stelle ein Denkmal auf, wie es die Franzosen um EljaßLothringen taten. Dort, wo die Linden anfangen, dem Brandenburger Tor gegenüber, so daß es jedem der aus der Säulenhalle tritt, gleichsam in die Seele springt. Behänge es mit schwarzen Trauerschleiern. Begehe nicht die Torheit und setze es irgenwo hin, auf eine sonnige Bergeshöhe oder in einen idyllischen Winkel auf einen Friedhof oder ein Schlachtfeld. Nein, die tränenlosen Augen unseres Volkes gehören mitten in die Brandung des täglichen Lebens!
Nimm eine unserer Pflanzengestalten. eine jener unvergeßlichen Frauen, die eben so treu wie die Männer ihre heilige Scholle und das Herdseuer in Afrika bis zuletzt gehütet haben, und zwei Kinder, die drunten in dem Land der ewigen Sonne geboren wurden. Laß den Mann und das Weib Abschied nehmen von einem unserer goldtreuen Schwarzen; und als versöhnendes Glied laß das kleinste der Kinder seine Aermchen fest um den Nacken seiner knieenden schwarzen Amme legen, die die einzige sein darf. die ihrem Schmerz durch diche ehrliche Tränen Ausdruck gibt. Ein wuchtiger Ernst muß auf der Gruppe liegen, denn es darf bei Gott kein sentimaezier Schmachtsetzen werden. Dieser bescelte Stein, diese furchtbaren Augen unseres Volkes wer
Rahailter dan on din dche sn. Wie wslen fachgemäß arbeiten und ich erkenne vor allem an, daß der Stichtag vom 31. Dezember 1919 denkdar unglücklich gewählt war. Wir erkennen das ungeheure Opfer, das gerade die Besitzenden gebracht haben, an. Die Geldentwertung hat dafür geforgt, daß namentlich der Mittelstand das Opfer der großen politischen Katastrophe geworden ist. Deshalb haben wir nachzuprüfen, inwiefern die Werte, die wir Goldwerte genannt haben, bei einer neuerlichen Steuervortage besonders herangezogen werden können. Bei dieser ruhigen objektiven Prüfung müssen wir ohne Kampf zwtschen links und rechts vorgehen und die Streitaxt begraben. Nur sie sind gefährlich, die sich hierher stellen, und törichte Reden halten, ohne mitgearbeitet zu haben.
Der Abbau
der Kelegsgeselschasten.
Berlin, 24. Juni. Im Hauptausschuß des Reichstages verlangt bei Beratung des Nachtragsetats des Reichswirtschaftoministeriums Abg. Dr. Quaatz (D. Vp.) Aufklärung darüber, wo im Etat die einzelnen Beteiligungen des Reiches an den Kriegsgesellschaften erscheinen. Der Reichswirtschaftsminister erwiderte, daß die Kriegsgesellschaften nach Erledigung ihrer wirtschaftlichen Aufgaben zur Abwicklung dem Reichsschatzministerium überwiesen würden, das die finanziellen Ergebnisse zusammenstellt und nach Auflösung aller Kriegsgesellschaften Abrechnung über alle Gewinne und Verluste bei den einzelnen Gesellschaften liefern wird. Weiterhin gab der Minister eine ausführkiche Uebersicht über den Abbau der Kriegsgesellschaften. Danach seien folgende Kriegsgesellschaften noch nicht abbaufähig: der Reichskommissar für die Kohlenverteilung mit 1078 Angestellten, die Reichsschuhversorgung mit 50 Angestellten, der Reichskommissar für Ein= und Ausfuhrbewilligung mit 513 Angestellten, der Reichsbeauftragte für die Ueberwachung der Aus= und Einfuhr mit 670 Angestellten. Trotzdem wurde der Personenbestand auch dieser Gesellschaften nach Möglichkeit vermindert. Die Zahl der Angestellten hat sich bei den noch nicht abbaufähigen Gesellschaften vom 30. April bis 31. Mai dieses Jahres um 281 Personen verringert und infolgedessen auch die Kosten für die Gehälter um rund 240000 Mark pro Monat. Folgende Gesellschaften befinden sich im Abbau: Zentrale für Petroleumverleilung (in Liquidation), Mineralölversorgungsgesellschaft (in Liquidation). Reichsbekleidungsstelle, Reichswolle.=G.(in Liquidation), SeidenverwertungsGesellschaft(in Liquidation), Reichslederstelle, Reichsstelle für Druckpapiere, Wirtschaftsstelle für das deutsche Zeitungsgewerbe(in Liquidation), Deutsche Tabak=Handels=Gesellschaft von 1916(in Liquldation), Zigaretteneinkaufs=Gesellschaft(in Liquidation), Deutsche Versicherungsbank(in Liquidation), Textil=Notstandsversorgung(in Liquidation) und die Reichestelle für Zement. Bezüglich letzterer teilte der Minister noch mit, daß wahrscheinlich bereits im Herbst die Zementwirtschaft vollständig freigegeben werde. Der Nachtragsetat des Reichswirtschaftsministers wurde bewilligt. Efolgt die Beratung des Nachtragsetats des Reichsministeriums für Wiederaufbau.
Minister Dr. Rathenau machte zunächst vertrauliche Mitteilungen über die Möglichkeiten und die Voraussetzungen einer systematischen Wiederaufbauarbeit in den zerstörten Gebieten Nordfrankreichs. Nachdem sich noch einige Ausschutzmitglieder zu dem vom Minister entwickelten Programm geäußert hatten, wurde die allgemeine Besprechung geschlossen.
Weiterberatung morgen.
Ein neuer Krieg.
TU. Berlin 25. Juni. Der Lokal=Anzeiger meldet:
Die geiechische Regierung richtete nach Moskau eine Note, in der sie erklärt, daß
Griechenland sich mit Sowjet=Rußland als im Kriegszustand befindlich betrachtet.
Ein Negeraufstand im Kongostaat?
MXB. Brüssel 24. Juni. Das belgische Kolonialministerium erhielt Nachrichten aus dem Kongostaat, daß ein dort ausgebrochener Negeraufstand weitere Ausbreitung genommen habe. Die Neger
den bald in tausend Zungen und mit tausendfachem Munde zu allen Völlern des Erdballes reden, und er Lohn wird unser sein.
Kinderspiel.
Von Maria Mayer.
Der Frühling ist die Zeit des Kinderspieles. Im Garten hinter dem Haus, am Spielplatz, draußen im Wald. Reigen schließen sich, Bälle fliegen, Füßchen trippeln, und die Mündchen singen und schwätzen von früh bis spät. Wen hat noch kein Hans=Thoma=Kinderreigen entzückt? Wer ist noch nicht froh geworden bei einem Kinderbildchen des Münchener Malers Zumbusch? Kinder bei Spiel und Scherz. Lauter reine, helle, klingende Kinderfreude. Kein Kindertränlein, kein Kinderleid. Und es gibt auch kein Kinderleid beim Spiel.
Vielleicht ist dein Kind schon einmal zu dir gelaufen, das Gesichtchen erhitzt, ein Krönchen auf, aus goldenem Löwenzahn. Wie ein Engelein, das Sankt Petrus davongesprungen von den himmlischen Kinderwiesen. Es wollte dir vorplaudern, dir von seiner Freude mitgeben, weil Freude allein so schwer zu tragen ist. Da aber hast es zur Seite geschoben unwillig, zornig. Und es wollte dir doch sein Herzchen ausschütten, wie es die bunten Blümchen auf deinen Schoß ausgeschütte:. Warum ließest du das Silberbrünnlein nicht weiter rauschen? Kinder fühlen auch tief.
Wenn das Herz deines Kindes ganz dir gehören soll, wenn du da drinnen zu Hause sein willst, der Weg. der sicher hineinführt, der geht durch sein Spiel und seine Lieder. Willst du froh und felig sein, Mutter— spiel und sing mit deinem Kind! Spielt und singt mit den Kindern, alle die ihr mit ihnen zu tun habt.
hätten ein eigenes Heer gebildet und verfügten über Wasfen und Munition in ausgedehntem Umfang. Auch unter den im Kongostaat tätigen amertkanischen Negern hätten die Unruhen Unterstützung gefunden. Der Zustand werde für sehr ernst ge# halten.
Ein Saaeparlament.
IXA. Saarbrücken, 24. Juni. Die Saarregierung beabsichtigt angeblich ein Saarparlament von 30 Herren einzusetzen. Die Mitglieder sollen zus Hälfte von der Regierung ernannt, zur andern Hälfte von der Bevölkerung gewählt werden.
Ausgewanderte!
Seit der Kriegserklärung der Vereinigten Staaten an Deutschland und Oesterreich=Ungarn sind zum ersten Male wieder eine größere Anzahl Angehöriger der beiden Staaten in Amerika naturalt. siert worden. In Naw York haben 311 Personen den Bürgereid abgelegt.
4 Jum Max Hölz=Prozeß.
Der zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilte Mordbrenner Hölz soll von der kommunistischen Partei mit Gewalt zu einem Volkshelden ausgeblasen werden, aber er eignet sich dazu in gar keiner Beziehung. Trotz seiner auf die Pose gestellten Verteidigung hat er in der langen Zeit der Gerichtsvehandlungen auch nicht ein Wort gesagt, das aus dem Rahmen des Ordinären heausgefallen wäre. Er konnte nur in der üblichen kommunistischen Phraseologie schimpfen.
Die kommunistische Hetze hätte bei einem Todesurteil viel mehr Anklang gefunden, wie bei diesem gewissenhaft abgewogenen Spruch arf lebenslängliche Kerkerstrafe. Bei alben Menichen, die noch klar denken können, wird der Verdacht auf einen böswilligen Justizmord zu Boden fallen müssen angesichts der Tatsache, daß dieser Gerichtshof trotz der unerhört herausfordernden Haltung des Angeklagten und trotz der furchtbar belastenden Zeugenaussagen doch so peinlich gewissenhaft war, dem Angeklagten den letzten winzigen Zweifel an dem Mordbeweis zugute kommen zu lassen. Mancher wird die Geduld, mit der das Gericht die fortgesetzten Frechheiten des Angeklagten ertragen hat, für übermäßig gehalten und zur Wahrung des Anstandes und derAutorität eine schärfer=Ahndung der vielen Schimpf= und Spottworte gewünscht haben. Es tat sich da im Gerichtssaal dasselbe Problem auf, das auch im Reichstage und anderen Versammlungen Kopfschmerzen macht: den Leuten, die systematisch durch Roheiten ihre Gegner aufreizen und einen Krach herbeiführen wollen, ist mit Gewalt sehe schwer beizukommen. Man läuft sogar Gefahr, durch einen scharfen Widerstand, so berechtigt er sein mag, unwillkürlich die Zwecke der Ruhestörer zu jördern.
Allem Anscheine nach hatte Hölz darauf gerechnet, daß noch vor Abschluß des Prozesses ein Krawall im Gerichtssaal oder wenigstens vor dem Gezichtsgebäude ausbrechen würde. Glücklicherweise ist eine derartige„Demonstration“ nicht zu stande gekommen. Die Kommunisten in Berlin hatten nun für den Tag nach dem Urteilsspruche einen Massenaufmarsch zugunsten ihres„Helden" vorberettet. Dabei gingen die Drahtzieher von der Erwartung aus, das Gericht werde ein Todesurteil fällen und dieser Mordspruch werde eine große Entrüstung im revolutionären Proletariat“, herbeiführen. Buch diese Rechnung erwies sich als falsch. Die„Massendemonstration“ war an Zahl und Stimmung recht schwach.
Die Regierung hat den Vorteil, daß sie wegen der Bestätigung des Urteils nicht angegangen werden kann. Der Spruch auf Todesstrafe hätte die Einholung einer landesherrlichen Entscheidung veranlaßt. Dann würde wahrscheinlich(schon wegen der nicht ganz vollständigen Aufklärung des Falle## Heß) auf Umwandlung der Todesstrafe in leben#### länglichen Kerker erkannt worden sein, und das hätten die Kommunisten ausgenutzt, um das Ge, richt als parteiisch und die Regierung als furchtsam hinzustellen. Es ist also nach jeder Hinsicht besser, daß der Gerichtshof selbst schon auf jeben### längliche Einsperrung erkannt hat. Für die Regierung gilt es jetzt nur noch, daß sie dem Drängen auf weitere Begnadigung oder gar auf wolle Amnestie widersteht.
Das Kinderspiel, wie soll das sein? Vor allen. ganz einsach. Je einfacher, desto mehr kann sich des Kindes Phantasie daraus zaubern. Ein Holzkloß wird zum Märchenschloß, eine Pfütze zum Weltmeet, ein Kieselstein zur Erdkugel. Einfach, rasch zum Auffassen und leicht zum Ausführen. Sind viele Kinder zusammen, dann ist das Schönste ein Reigenspiel. Was haben wir doch für einen Löstlichen Schatz an deutschen Sing= und Reigenspielen. Blinde Kuh und Brückebauen, Goldener Wagen und Dornröschen, Fuchs und Schwarzer Mann. Reizende Reigen= und Liederspiele enthält das Büchlein „Macht auf das Tor“ aus dem Verlag Robert Langewiesch. Es ist für frohe Mütter gedacht.
Von Karl Weis.
Streif ich durch graue Armutsgassen,
Schäm ich mich fast der guten Kleider Sie wollen nicht zum Elend passen In diesem Winkel stummer Neider.
O Felsennot, wer kann dich brechen?
An Mitleid fehlts zu edlen Taten—
Und ferne rauscht in vollen Bächen Der Ueberfluß in goldnen Laden...
Durch meine Seele weht ein Ahnei Von Tempelhalten. Richtumbrandet;
Vergessen ruht das fremde Mahnen:
Daß einst der Tod am Ufer landet...
Ach, grimmes Schicksal seh ich lauern,
Und straffer spannt es fort den Bogen— Und ein Geschlecht beschwört in Schauern Den Gotteszorn der Zeitenwogen.
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