50. Jahrgang
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Trutsacr
— 5
Nr. 158— 1921
Bonner Dolks-Zeitung
Geschstrotele: Vom. Sückl on Mänter
=Konto Köln unter Nr. 9984
Verleger: Deutsche Reichs=Zeitung S m. b.., Vonn
Bonner Dolkswacht
Keitag, 1e. Juni
Drahtadresse: Reichszeitung Vonn Druck: Rornanta=Gerlag, Buch u. Sieinor Bonn.
Fernsprecher: Geschäftsstelle 59 u. 60 aummemmmunen Schriftleitung Nr. 4835
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Bonner Stadt=Anzeiger
Der Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit.
Von J. Finke=Vonn.
Die Ueberwindung der meist eingebildeten Gezensätze zwischen Kapital und Arbeit ist eine der vornehmsten sozial= und wirtschaftspolitischen Aufgaben. Wo eine Wirkung ist, da gibt es auch eine Ursache oder mehrere. Da sind einerseits offenbare Auswüchse der sog. kapitalistischen Produktions= weise, anderseits schlagwortmäßige Verhetzung und wirtschaftsfremder Doktrinarismus sozialistischer Theoretiker. In Nr. 371 und 374 der K. Z4g. behandelt Fabrikdirektor Messerschmidt„Die Lösung der sozialen Frage durch Gewinnbeteiligung". Seine Ausführungen empfehlen ein Gewinnbeteiligungsirstem, eine Pflichtdividende, die dem fleizigen Arbeiter neben dem Lohn zufließen soll. Er errechnet für günstige Verhältnisse pro Kopf und Jahr 483 Mark, die dem Arbeiter als Sondererträgnis der Produktion ausgeschüttet, bezw. wofür ihm Kleinaktien zugeteilt werden, solange die Arbeiteraktien nicht drei Achtel des Grundkapitals betragen. Jeder Vorschlag, der geeignet ist, die soziale Frage der Lösung näher zu bringen, muß sorgfältig geprüft werden. Auf die Vorschläge möchte ich mich nicht festlegen, insbesondere sieht man nicht ein, warum der Betrag der Kleinaktien eines Unternehmens auf drei Achtel des Stammlapitals begrenzt sein soll. M. E. sollten in Zukunft nur Aktien in Höhe von 100 Mark Nennwert neu aufgelegt werden. Den Arbeitern sollte ein Bezugsricht eingeräent, tunlichst mit Einzahungserleichterung in Rücksicht auf das kapitalbildende Gewinnbeteiligungssystem. Ich glaube, daß eine Beteiligung des Arbeiters am Unternehmen selbst, den dauernden Wirtschaftsfrieden herbeiführen kann. Da die extrem sozialistischen Forderungen in Deutschland stärker in die Erscheigung treten als im Ausland, sollen kurz englische Verhältnisse zum Vergleich herangezogen werden, die vielleicht eine historische Erklärung bieten.
In England kannte man vor dem Kriege Sparassen fast gar nicht. Selbst der kleinste Sparer var darauf angewiesen, seine Spargelder spekulativ inzulegen. Die Gesetzgebung bedroht unlautere hründungsvorgänge mit sehr harten Strafen, läßt iber sonst keinerlei wirtschaftliche Bevormundung erkennen. Die Anteile— Shareo— lauten über en Pfund Sterling(Friedenswert 20.45 Mark). Der Angestellte und Arbeiter kauft für seine Sparfroschen Anteile des eigenen oder fremden Unteriehmens, er ist an der Wirtschaft unmittelbar beleiligt, er trägt Wagnis und hat Verantwortungszefühl. Auf jeden Fall verwischt diese Beteiligung die Gegensätze, die hier behandelt werden, sie schärft den Blick für die nationalen Aufgaben der besamtwirtschaft und läßt die gemeinsamen Belange mehr hervortreten.
In Deutschland llegen die Verhältnisse umgekehrt. Das Aktiengesetz setzte seit 1834 den Mindesausgabepreis einer Aktie grundsätzlich auf 1000 Mark fest. Der kleine Mann sollte mit Absicht der Spekulation und dem geschäftlichen Wagnis ferngehalten werden. Sicherlich sprachen gute Gründe für solche Maßnahmen und doch wurde dadurch ein scharfer Strich gezogen zwischen verantwortlichem Unternehmertum und unverantwortlichem Arbeitertum. Aber wenn ein Volk politisch reif ist. sollte es auch wirtschaftlich mündig sein. Dagegen entwickelte sich bei uns das Sparkassenwesen zu hoher Blüte. Der Einlagebestand deutscher Sparkassen dürfte etwa 50 Milliarden betragen; vom 1. Januar bis 31. März d. I haben die preußischen Sparkassen allein.8 Milliarden Einlagen zugenommen. Vor dem Kriege legten die Sparkassen ihre Gelder in Hypotheken an. so ist Deutschland das klassische Land der Hypotheken geworden und ein großer Teil besonders des städtischen Crundbesitzes ist den Sparkassen und damit den Sparern vervfändet. Die Kundschaft der Svarkassen sind durchweg soa. kleine Leute, Dienstmädchen, Arbeiter. Handwerker. Angestellte usw. Ein sehr großer Teil des deutschen Nationalvermögens ist alle den kleinen Sparern vervfändet. Seibst großindustrielle Riesenbetriebe sind durch Obligationen belastet und omit Schuldner kleiner und mittlerer Gläubiger unmittelbar, oder durch Banken und Sparkassen. Die kleinen und kleinsten Kavitalbäche(Srargroschen) sammeln sich in den Reservoirs der Sparkassen und Banken zu Großkapita!“ und dienen so zur Bewässerung und Düngung der gesamten Wirtschaft: aber dieses Groskonital gehört Millionen von kleinen und kleinsten Sparern.(18 Millionen Sparkassenbücher in Deutschland.) In England ist auch der„kleine Mann“ unmittelbar am Unternehmen beteiligt, er trägt mit am Risiko— ia Deutschland ist er nur mittelbar an der Wirtschaft interessiert, auf Umwegen, die er'nicht recht überschaut. Der Spargroschen ist ihm Notpfennig. er fühlt sich's Proletarier im Gegensatz zum Unternehmer. Der Arbeiter darf nicht nur ideell durch Betriebsräte an der Betriebsleitung beteiligt. sondern er muß vor und nach, nach Maßgahe der Kapitalbildung und einer Aenderung des Aktienrechtes materiell an den Produktionomitteln interessiert werden. Am Leih= und Hopothekenkapital ist er zum großen Teil durch die Sparkassen beteiligt; seine wirtschaftliche Mündigkeit läßt aber eine aktive Beteiligung auch an den Produktionsmitteln dringend erwünscht erscheinen. Das oberste Gesetz der Wirtschaft ist— Wirtschaftlichkeit. absolute Wirtschaftlichkeit! Dies Ziel wird mit kapitalistisch interessierten Arbeitern sicher erreicht. In sozialisierten Betrieben wird m. E. niemals eine Wirtschaftlichkeit eintreten und deshalb sind
sie unmöglich.
Die Arbeiterschaft soll am Erträgnis der Produktion Anteil haben, sie muß aber auch den Lohn nicht als Alimentation, sondern als Erträgnis „vorab“ ansehen. Der Unternehmergeist ist der Kopf, das Kapital ist das Blut und die Arbeit ist Herz und Muskel des Wirtschaftskörpers. Die sozialistische Theorie sieht als Faktoren der Produktion immer nur das Materielle— Kapital und Arbeit — und doch der Geist(des Unterneh ners) ist es, der lebendig macht. Von je her war es dem Ar
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A. Sauerwald.
beiter möglich, vermittels Unternehmerzeist in die Klasse der Kapitalisten empor zu steigen. Man -nenne das den„kapitalistischen“ Weg. Der soziale Weg läuft jenem parallel. Es werden breitere Kreise mit Wirtschaftssinn und Wagemut an der Wirtschaft unmittelbar beteiligt und in die Klasse der„Kapitalisten" versetzt. Das Endziel der Entwickelung wäre die Solidarität und Personalldentität der Träger von Kapital und Arbeit über die Brücke des Unternehmergeistes und in diesem Geiste.
Kapitalistentum und Unternehmertum ist nicht identisch. Der zinsenempfangende Hypothekengläubiger, Obligationär und Sparer hat mit Unternehmergeist nichts zu tun, der Aktionär nur hinsichtlich des Wagnisses. Darüber hinaus lebt aber die wirtschaftsschöpferische Idee und die schaffende Kraft des Geistes, die erst das Kapital befruchtet, die Arbeit in Bewegung setzt und ihr die Linien vorzeichnet, sowie der kühne Wagemut mit Hoffnung auf Gewinn und Ausstieg. Wenn dieser Geist— den der Sozialismus leugnet— durch Sozialisierung ausgeschaltet wird, ist unsere Wirtschaft dem Tode geweiht.
Anderseits verstehe ich wohl, daß der gleichberechtigte wirtschaftomündige Arbeiter größeren persönlichen Anteil an der Wirtschaft nehmen möchte. Aber gerade die wirtschaftliche Mündigkeit muß ihn sehend machen, daß die Gegensätze zwischen Kapital und Arbeit teils eingebildeter Natur, teils maßlos übertrieben sind. Die Gemeinsamkeit der Interessen der am Produktionsprozeß betekligten Faktoren liegt offen zu Tage. Selbst breite Arbeiterkreise sind durch ihre zinsbar angelegten Spargroschen mit vielen Milliarden— allerdings mittelbar— an der Wirtschaft kapitalistisch beteiligt. Die Wirtschaftskämpfe müssen aufhören: die Einreihung aller gesunden Kräfte in den Dienst des Volksganzen und die Ausräumung der zersetzenden Klassenhetze ist angesichts der drohenden Sanktionen eine nationale Pflicht.
Ich möchte also folgende Forderungen formulieren:
1. Wirtschaftlichkeit der Wirtschaft muß sowohl Voraussetzung als Ziel aller Verbesserungs
vorschläge sein.
2. Unmittelbare kapitalistische Beteiligung der industriellen Arbeiterschaft an den Unternchmungen durch a) Aenderung des Aktienrechtes, b) Anlage eines Teiles der bisherigen und künftigen Spargelder in Aktien. c) Gewinnbeteiligung an Hand der Messerschmiedtichen Vorschläge, im Sinne einer Bildung von verantwortlichem Arbeiterkapital.
3. Umwandlung des patriarchalischen Fürsorgewesens bezw. Wohnungen. Konsuezanstalten
usw. in modernes beteiligungsinstem. Freie Verwendung der Gewinne sowohl zur Erwerdung von Werksaktien als auch zur selbstverantwortlichen Gründung von Wohnbauunternehmungen usw. Ziel ist auch hier die Bildung von Arbeiterkapital und Hebung
des Verantwortlichkeitsgefühls.
4. Weitgehendste Aufklärung der Massen über das wirkliche Verhältnis von Kapital und ArHeit, und steter Hinweis auf die gemeinsamen Interessen der am Produktionsprozeß beteiligten Faktoren in nationaler, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht. Ziel: Wirtschaftsfrieden statt Klassenkämpfe.
Das deutsche Nationalvermögen zählt nach den neuesten Schätzungen etwa 206 Milliarden Geldmark. Es besteht aus Grund und Boden. Häusern, Fabriken, Bergwerken, Bahnen, Post, Tel#erand, Gold und Juwelen, sowie dem Feuerversicherungswert der Wohnmöbel und Marenvorräte. Auslandsforderungen als Aktiva, Schisse usw. kommen kaum noch in Frage. Paptergeld. Inlandforderungen. Anleihepapiere und Hypotheken sind kein Nationalvermögen, weil dem inländischen Gläubiger ein inländischer Schuldner gegenüber steht. wodurch ein Ausgleich stattfindet. Bei 60 Millionen Einwohnern entfallen auf den Kopf der Bevölkerung durchschnittlich 3433 Mark Nationalvermögen, das noch obendrein mit der Rieienhunachek der Wiedergutmachungsschuld belastet ist. Viele verheiratete. sol'de Arbeiter mit schuldenfreier Wohnungseinrichtung und Svargroschen, haben bereits ihren vollen Anteil am Nationalner= mögen. Erwünscht bleibt aber eine aktive ligung an den Produktionsmitteln. In dieser Hinsicht würde ich nicht nur die instematische Neubildung von Arbeiterkapital bearüßen. sondern sogar die Umwandlung von Sparkopital in verantwortliches Unternehmerkezital dringend befürworten.
Wenn nur die Hälfte des Einlageb=standes der Sparkassen unmittelbar in der Industrie angelegt würde, so wären die kleinen Sparer die Besitzer der Produktionsmittel— während sie heute nur Pfandgläubiger sind. Eine gesunde Mischung von Spar= und Unternehmerkapital kann die heute bestehenden Gegensätze von Kapital und Arbeit am leichtesten überwinden. Möge sich, wenn nötig.
das heutige Unternehmerkapital teilweise auf Leihzwecke umstellen, um dem Arbeiterkapital Gelegenheit zu bieten, sich an seiner Stelle, in der Industrie zu betätigen.
Das Versicherungsgesetz für Auge stellte:
Berlin, 9. Juni. Der neue Gesetzentwurf über Aenderung des Versicherungsgesetzes für Ang=stellte hat im Ausschuß nur unwesentliche Aenderungen erfahren. Nach dem Entwurf wird die Versicherungsgrenze von 15 609 aus 23609 Mark erhöhl. Im ganzen werden neun Sehaltsklassen gebildet. Die erste reicht dis 1500 Mark, die zweite bis 3000 Mark, die dritte bis 4000 A. die vierte bis 5000 JA. die fünfte bis 6000 JA. die sechste bis 8000 JA. die siebte bis 10000., die achte bis 15 000 JA. die neunte bis 28 000 M.
An Beiträgen werden„bis auf welterer“ erhoben: in der 1. Klasse 15 60 JA, 2. 24.80 Ml. 2. 30.00 M. 4. 37.30 J. ö. 43.20 A. 6. 55.20 f. 7. 68.40 M. 8. 30,/40 JA. 9. 96.40 M.
Entsprechend der Echöhung der Beiträge sollen auch die Ruhegelder erhöht werden.
Wohin gehen wir
in Europa
„Wohin gehen wir in Europa?“— So fragte der englische Kolonialminister Churchill in seiner Rede in Manchester, von der wir gestern in Kürze schon Einiges mitteilen konnten. Und er fuhr sort:
„Hat der große Krieg die Sicherheit eines dauernden Friedens gebracht? Es führt zu nichts, nur über den Frieden zu reden, wenn wir nicht einen solchen Kurs steuern, daß der Friede von den kämpfenden und leidenden Völkern der Welt tatsächlich vollendet gesichert und erhalten wird. Wenn wir den besorgten oder erregten Völkern der Welt ihren Anteil an der wiederkehrenden Sicherheit nicht geben, nützt es nichts, sich auf das Papier des Völkerbundes zu verlassen. Wollen wir Europa wieder auf die Füße stellen, so gibt es meiner Mei nung nach nur einen Weg: Es muß aufrichtiger Friede zwischen Graßbritannien, Frankreich und Deutschland bestehen!(Beifall.) Es muß ein wirkliches Zusammenarbeiten zwischen diesen mächtigen Nationen stattfinden, um auf den Trümmerstätten des Krieges wiederaufzubauen und die rühmliche Einigkeit Europas wiederherzustellen. Aber das Volk muß sich Frankreich gegenüber gerecht zeigen. Es treten in England gewisse kritische Ansichten zutage, die eine völlige Unkenntnis der Stellung Frankreichs mit seiner 40=MillionenBevöllerung zu dieser großen und unzweifelhaft in ihrem Herzen seindlichen Macht Deutschland mit ihren hinter der Grenze lauernden 70 MillionenEinwohnern erkennen lassen. Frankreich, das zum Schluß des Krieges in den Glauben versetzt worden war, daß es, wenn die Umstände, wie sie im August 1914 bestanden, sich je wiederholen sollten, die Hilfe Englands und der Vereinigten Staaten erhalten würde, hat diese Versicherung nicht erhalten, und nun ist natürlich jedes französische Herz in Sorge über das, was, wenn auch nicht in 10. so doch in 20 oder 30 Jahren geschehen mag. Es ist dies eine völlig verständliche Sorge, die die französische Politik in Schlesien und anderwärts in Bahnen führt, die zu einigen Meinungsverschiedenheiten zwischen uns und dem ritterlichen, heroischen und treuen Volk Frankreichs, geführt haben, wir müssen ihren Standpunkt verstehen lernen, weil es tief im Herzen Deutschlands— sicherlich in seinen Universitäten und in seinen mächtigen Kräfden, die durch den Krieg entthront wurden— lauernde Ideen geben muß, die dem Frieden Europas gefährlich sind. Wenn wir uns die vollen Früchte des Sieges, den England und Frankreich gemeinsam errungen haben, sichern wollen, so müssen wir Vereinbarungen treffen, die die Zusammenarbeit nicht nur Frankreichs und Englands allein, sondern Frankreichs, Englands und Deutschlands gemeinsam zum Zwecke der Wiederaufbauarbeit sichern werden. Lassen Sie es die Aufgabe Graßbritanniens sein, das sich nicht denselben Gefahren gegenübersieht, wie Frankreich und nichts von dem Groll empfindet, der in Deutschlands Herzen lauern mag treu gegenüber Frankreich zu sein und nicht ungerecht gegenüber Deutschland. Lassen Sie es unsere Arfgabe sein, uns zu bemühen, die Erbitterung zwischen dem französi schen und dem deutschen Volke zu mildern. Frankreich jenes Gefühl der Sicherheit zu geben, das ihm zur Ruhe verhilft, und Deutschland das Gefühl, billig und gerecht behandelt zu werden, wodurch es ihm ermöglicht werden wird, die ungestümen Gewalten zu beherrschen, die noch in seinem Innern lauern. Halten wir diese Richtung in den vor uns liegenden Jahren stetig geduldig und freimütig ein, mit Mut, Ehrlichkeit und Ueberzeugung. Lassen Sie es Großbritanniens Aufgabe sein, die gefährlichen Leidenschaften zu besänktigen, die noch reichlich in Europa vorhanden sind, und so die Welt auf der Grundlage des Sieges zu festigen, den unsere Jungen ersochten haben.“
Paris ist gegen Churchtll.
Peris 9. Juni. Hier wird an amtlicher Stelle über die Manchesterrede von Churchill folgendes gesagt: Amtlich liegt über die von Churchill persönlich ausgesprochene Auffassung keinerlei Material vor Wir sehen auch nicht ein, wie die Frage einer deutsch=englischen französischen Kooperation sich stellen kann. Es liegt das daran, daß in England schon mehr Interesse dafür vorhanden sein kann und muß besonders mit Rückhicht auf die innerpolitischen Lebensbedingungen der englischen Regierung. Wir sehen unserseits vor der Hand keinen Vorteil darin. dem Vorschlag näherzutreten. Diese ablehnende Haltung deckt sich, wie unser Berichterstatter erfährt, mit der gleichzeitig in parlamentarischen Kreisen heute herrschenden Stimmung die ausschließlich gegen die Auregung Churchills gerichlet ist.
Sranzösische Rüstungen zur See.
WTB. Paris, 9. Juni. Die französische Kammer begann heute die Aussprache über das Schiffsbauprogramm. Nach vielen Verhandlungen im Marineausschuß haben sich die vereinigten Marineund Landeoheerausschüsse dahin geeinigt, von der Kammer Kredite zum Ban von fünf Panzerschiffen. Typ Normandie, drei leichten Kreuzern, sechs Torpedosägern, zwölf Torpedodooten und zwöll Unterseebooten zu verlangen; außerdem einen Kredit für die Umwandlung eines Pauzerschiffes is ein Flugzeug=Mutterschiff.
Die Einfuhr französischer Weine.
238. Borlin, 8. Juni. Französische Blätter brachten kürzlich eine Meldung, nuch der die Ein fuhr französischer Weine nach Deutschland vom 1. Joli an duuch die deutsche Regierung umtersagt sei. Die Meldung wied els unzutressend bezeichnet.
Seit 1917 besteht ein allgemeines Verbot für die Einfuhr von Wein nach Deutschland. Die Einfuhr von ausländischen Weinen ist seitdem nur im Rahmen bestimmter, im allgemeinen alljährlich besonders festgesetzter Kontingente gestattet. Das letzte Kontingent ist bisher noch nicht erfolgt. Die Einfuhr von ausländischen, somit auch von französiichen Weinen ist aber zurzeit im Rahmen allgemeiner Einfuhrkontingente nicht möglich. Den Imvorteuren steht es auch jetzt frei, ausländischen. somit auch französischen Wein in Deutschland im Transit einzulagern.
Der Aufruhr.
in Oberschlesien.
General Höfer und die Entente.
Berlin, 9. Juni. Der Führer des oberschlesischen Selbstschutzes, General Höser, der in Oberglogau sein Hauptquartier hat, erklärte einem Vertreter der Vossischen Zeitung, er halte die Besetzung von Gleiwitz durch die Engländer für den Anfang der Säuberungsaktion. Nach seiner Meinung reichen die alliierten Truppen für die energische Säuberung des Industriegebietes völlig aus. Schwierigkeiten würden höchstens dort entstehen, wo die lang gezogenen rückwärtigen Sicherungen von den noch immer heftig und mit außerordentlichem Einsatz an Artillerie angreifenden Polen bedroht werden. In solchem Falle wäre natürlich der deutsche Selbstschutz bereit, sich dem interalltierten Besehl unterzuordnen und jede ihm übergebene Aufgabe restlos loyal durchzuführen. General Höfer betonte insbesondere, daß ihm durchaus daran gelegen sei, mit den verantwortlichen Führern der Entente in Oberschlesien mit offenen Karten zu spielen. Er hat seine sämtlichen Pläne und Stellungen dem englischen Oberbefehlshaber ohne weiteres übergeben. Nur auf einer derartigen Basis ist eine rasche und wenn möglich unblutige Durchführung der Befriedigung Oberschlesiens möglich. General Höfer kam dann auf die politische Seite des Selbstschutzes zu sprechen und betonte ausdrücklich, daß alle Gerüchte, daß der Selbstschutz irgendeine parteipolitische Färbung trage, völlig anbegründet seien. Er schloß seine Ausführungen wie folgt:
Ich gebe Ihnen mein Wort, daß bei uns keinerlei Parteifrönelei geduldet wird. Wir denken in keiner Weise daran, irgendwie unser Unternehmen in irgendein zweideutiges Licht setzen zu lassen. Wir sind ledigl'ch dazu da, die oberschlesische Heimat vor dem Einfall der Polen zu schützen, so lange die Interalliierte Kommission nicht die Macht hat, dies selbst zu tun.“
Schwere Kämpfe.
Berlin, 9. Juni. Die Lage in Oberschlesien, besonders in den bedrohten Industriestädten, hat sich bedeutend verschärft. Nach den letzten Meldungen ist es in zahlreichen Industriestädten zwischen polnischen Aufrührern und der deutschen Bevölkerung zu heftigen Kämpfen gekommen, diese Entwicklung beweist die Notwendigkeit einer schnellen Fortsetzung des militärischen Vorgehens durch die Verbandstruppen. Die Stimmung der deutschen Bevölkerung ist verzweiselt, man fürchtet nun, daß die Engländer, nachdem sie Gleiwitz besetzt haben. dasselbe tun wie die Verbandstruppen in den übeigen Städten, nämlich, daß sie sich von den Polen belagern lassen. In Berlin traf heute aus Oberschlesien eine Reihe von Flüchtlingen ein, die dem Auswärtigen Amt die Hilseruse der schwerbedrohten deutschen Bevölkerung übermittelten.
Jur Pfarrerbesoldung
in Preußen.
Von zuständiger parlamentarischer Seite wird der Katholischen Korrespondenz geschrieben:
Die Auszahlung der erhöhten Gehälter an die katholischen Pfarrer für die Zeit vom 1. April 1920 bis 31. März 1921 ist leider immer noch nicht erfolgt, obwohl die Not außerordentlich groß ist. Es ist durchaus verständlich daß die Unzufriedenheit in den beteiligten Kreisen täglich wächst, und daß immer wieder die Frage gestellt wird, wer die Schuld an der Verzögerung der Auszahlung trage. Nach Einsicht amtlicher, sowohl kirchlicher wie staatlicher Aktenstücke können wir folgendes feststellen:
Durch Gesetz vom 17. Dezember 1920 sind— wesentlich dank der Arbeit der Zentrumsfraktion der Preußischen Landesversammlung— 41.5 Millionen Mark aus Staatsmitteln bereitgestellt worden, die gemäß Verfügung vom 24. März 1921 den Regie rungen anteilig zuzuweisen sind. Aus dieser Summe sollen für das Jahr 1920/21 den katholischen Pfarrern Beihilfen gewährt werden, sodaß ihre Bezüge sich den Bezügen der Geamten in Gruppe 10 der Besoldungsordnung anpassen. Zu bemerken ist, daß das Pfarreinkommen sich zusammensetzt aus drei Teilen: Grundgehalt, Ortszu= schlag und Teuerungszuschlag. Mit Hilfe der Staatszuschusses soll in der bisherigen Weise des Grundgehalt der Pfarter auff die Sätze der Gruppe 10 der staatlichen Besoldungsordnung gebracht werden. Ortszuschlag und Teuerungszuschlag sind jedoch in erster Linie von den Gemeinden aufzubringen. Hierzu gewährt der Staat für jede Pfarrstelle einen Zuschuß von 1000 Mark.
Aufgabe der Bischöflichen Behörden ist er nnn. den Pfarrern die Beihilfen zu ihren Bezügen nach dem neuen Pfarterbesoldungsgesetz festz setzen und zu bewilligen, die dann nach Prüfung von den zu ändigen Regierungspräsidenten angewiesen werden. Zu diesem Zwecke muß eine Besoldungsordnung aufgestellt werden, die wöglichst für alle Bistümer einheitlich sein soll. Um das zu erreichen,
finden Verhandlungen zwischen den Bischöflichen Behörden statt, die nahe vor ihrem Abschluß stehen. Wenn man bedenkt, daß die zur Verfügung gestellten 41.5 Millionen Mark bei Weitem nicht ausreichen, um die Psarreinkommen auf die Höhe der Gruppe 10 einschließlich der Ortszulage und des Teuerungszuschlages zu bringen, daß vielmehr die Bistümer selbst noch viele Millionen aufbringen müssen so wird man begreisen, daß große Schwierigkeiten zu überwinden sind, ehe die Auszahlung der neuen Zuschüsse angewiesen werden kann. So tief bedauerlich das ist, so hart es von allen Beteiligten emgfunden wird, von einer Schuld lann# man weder bei der Regierung sprechen, die shen am 24. 3. d. J. die ganze zur Versügung stehende Summe auf die einzelnen Bistümer verteilt hat. noch bei den Bischöflichen Behörden, die aufs Algestrengieste arbeiten, um die mit der Verzeilung auf die einzelnen Stellen verbundenen Scheierigleiten zu überwinden.
Am allerwewigsten trifft natürlich der Zentrumefraktion des Preuß. Landtages eine Schuld an der Verzögerung der Auszahlung. Ihre Mitglieder im Besoldungsausschusse haben in zäher Arbeit bedeutende Verbesserrngen gegenüber der urspünglichen Regierungsvorlage erreicht, die dann auch in der Vollversammlung des Hauses durchgesetzt wurden. Hingewiesen sei nur, daß im Reg erungs ntwerf lediglich vier Fürftel der Gehaltssätze der Klasse 10 vorgesehen waren, daß serner keine Beträge für die emeritierten Parter ausgeworfen waren und dergl. mehr. Daß die Ausführung des Geseyzes Schwierigkeiten machen würde, ließ sich voraussehen. Die katholischen Pfarter sind keine Staatsbeamten, sollen und wollen es auch nicht werden. Es ist darum auch nicht eigentlich Accgabe des Staates, für den Unterhalt der Pfarrer zu sorgen; das ist vielmehr Arfgabe der Kirchengemeinden. Um diesen zu Hilfe zu kemmen bei dem Mangel eigener Leistungsfähigkeit hat der Staat die Verpflichtung übernommen. Beihilfen zu gen Gehältern der kathol'schen Pfarrei zu leisten wie dieses auch Yrt. 1 des Gcsetz's vom 17. Dezember 1920, der hier nochmals wörtlich wiedergegeben sei, klar ausspricht:
„Um die Bischöslichen Behörden in die Lage zu setzen die Besoldungs= und Ruhegehaltsbezüge ihrer preußischen Pfarrer den veränderten Verhältnissen entsprechend zu erhöhen, wird vom 1. April 1920 ab seitens des Staates den Bischöflichen Behörden ein Betrag von jährlich 41 500 000 A überwiesen.“
Weil also das Einkommen der katholischen Pfarrer aus verschiedenen Quellen fließ: Stiftungen, Kirchensteuern, Staatszuschüsse, wird die Berechnung immer gewisse Schwierigkeiten bieten.
Sicherem Vernehmen nach stehen die Verhandlungen zwischen den zuständigen Stellen vor dem Abschluß, sodaß mit einer Auszahlung der Beihilsen in nächster Zeit gerechnet werden kann. Für das besetzte Gebiet kommt auch noch die Beietzungszulage hinzu, die in der Teuerungsklasse A 130.A, in Teuerungsklasse B 120 A und in Teuerungsklasse C 90„A monatlich beträgt. Die Zulan= sall den Pfarrern und den besoldeten Hilfsgeistlichen unmittelbar ausgezahlt werden, nachdem die Regierung es vor einigen Tagen abgelehnt#ar. die Gesamtsummen der Besatzungszulagen den Beschöflichen Behörden zur freien Verfügung zu stellen. Die Besatzungszulage soll nachgezahlt werden vom Tage der Besetzung, frühestens jedoch vom 1. Jan. 1920 ab.
Gemesndeb'dtichen=Pottt##
Die„Köln Vztg.“ nagelte dieser Tage die Pfingstnummer des protestantischen„Wochenblattes für die Gemeinden an der Sleg und Agger. Deutscher Volksbote“ an, wo allen Ernstes politischen Kindern erzählt wurde. Nom und Frankreich, welch' letzteres der Bischöse von Köln und Trier sicher sei, hätten das gleiche Interesse. Deutschland politisch zu zerreißen durch Absolitterung Benerns. Oberschlesiens und des Rheinlandes zur Isoliereng des protestantischen Preußen. Man hätte das fast für den Gipfel bösartigen Blödsinns halten können. Aber er wird noch übertroffen in einem Artikel des in Witten erscheinenden Evangelischen Gemeindeblatt„Friede und Freude“ vom 29. Mai. der den Arbeitern klar zu machen sucht, daß die Römlinge eigentlich schuld daran sind, wenn am 1. Juni der Eisenbahnfahrvreis erhäht werden mußte. Man genieße die Leistung wörtlich:
„Am Fronleichnamstage feierte die hiesige Eisenbahnwerkstätte. Die Katholiken, die etwa ein Drittel aller Angestellten betragen, haben es also sertig gebracht, daß zwei Drittel Evangelische mitseiern. Aber nun das Ungeheuer
liche: Der Lohn wird für diesen Tag ausgezahlt. Wenn das noch anderswo geschieht, kostet uns der Fronleichnamsta# Hunderttausende, die einsach hinausgeworsen werden. Wo bleibt be: dieser Verschleuderung von Staatsmitteln die altpreußische Sparsamkeit, die uns allein graß gemacht hat? Jetzt begreift man aber, warum am 1. Juni das Fahrgeld schon wieder erhöht wird.“
Daß der Verfasser da über Dinge redet, wovon er keine blasse Ahnung hat, wird ihm in der
„Wittener Volkszig.“(Nr. 123) wie folgt nachgewiesen:
„Es freut uns zunächst feststellen zu können, daß nicht nur die hiesige Eisendah#werkstatt, sondern die Werkstätten des ganzen Eisenbahndirektionsbezirkes Essen geseiert haben. Aber nicht, weil die Katholiken es„fertig gebracht haben“, sondern, weil es im Reichslohntarifvertrag vereinbart ist. An dieser Vereinbarung mit der Reichseisenbahnverwaltung ist keine einzige katholische Organisation beteiligt, sondern der sozialdemokratische Eisenbahnerverband, der Allgemeine Eisenbahner=
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empsiehlt
Meckenheimerstr. 33.