55. Jahrgang Nr. 86

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Vonn, Donnerstag, 15. April 1926

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Reichsgesundheitswoche und katholische Weltanschauung.

Von

Geh. Reg.=Rat Pros. Dr. Martin Faßbender, M. d. L.

In den nächsten Tagen, nämlich vom 18. bis 25. April wird die von den Krankenkassenverbänden angeregte und vom Reichsministerium des Innern darauf angeordneteReichsge­sundheitswoche", stattfinden. Das Ziel dieser Veranstaltung

dahin: die allgemeine Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die dringende Notwendigkeit durchgreifender Gesundheitspflege hinzulenten, es aber bei diesem allgemeinen Hinweis nicht be­wenden zu lassen, sondern eine gediegene Auftlärung über die gesundheitlichen Forderungen auf wissenschaftlich einwandfreier Grundlage zu bieten, sowie das persönliche Verantwortlichkeits­gefühl für die Erfüllung der gesundheitlichen Pflichten gegenüber sich selbst und anderen zu wecken und zu stärken. Man hat gegen die Veranstaltung den Einwand erhoben, daß für die breiten Massen des Volkes mit einer auf die turze Spanne Zeit von

einer Woche zusammengedrängten Belehrung kein großer Ein­

sluß auszuüben sein werde, denn die so ausgenommenen Ge­danken und Anregungen würden sehr bald der Vergessenheit an­heimsallen. Auch tämen die Veranstaltungen nur einer ver­hältnismäßig kleinen Gruppe der Bevölkerung zugute. Viel wichtiger sei eine dauernde Belehrung des Gesamtvolkes. Von dem letzteren Gedanken ausgehend, habe ich auch im vorigen Jahre im Preußischen Landtage den Antrag eingebracht, daß in allen Volks= und Fortbildungsschulen, höheren Lehranstalten und Lehrerbildungs=Anstalten, Universitäten und sämtlichen Hochschulen über das Gesamtgebiet der menschlichen Ernährung unter Verücksichtigung sämtlicher Nahrungs= und Genußmittel und mit besonderer Beachtung von Altohol und Nikotin Vor­träge gehalten werden sollen. Aber man kann das eine tun und muß doch deshalb das andere nicht lassen. Wenn dieReichs gesundheitswoche in der richtigen Weise aufgezogen werden wird, kann auch sie viel Gutes stiften. Nicht allein in den brei­ten Kreisen des Volkes, selbst bei den Gebildeten sehlt es ja an den erforderlichen hygienischen Kenntnissen. Auch diejenigen Leute, die auf eine gediegene Allgemeinbildung großen Wert legen, denken zum großen Teil nicht daran, wie sonderbar es anmuten muß: über Geschichte, Kunst, schöne Literatur, Natur­wissenschaften Bescheid zu wissen, aber von dem, was jeden im ureigensten Interesse angeht, nämlich seiner Gesundheit, so wenig zu wissen. Besonders verhängnisvoll erscheint der Um­stand, daß man selbst in sehr wohlgesinnten Kreisen sich über den engen Zusammenhang von Ethik und Hygiene nichttlor ist.

Als grundlegende Voraussetzung für eine segensreiche Wir lung der in Aussicht genommenen Vorträge und Darbietungen ist festzuhalten, daß es mit Aufklärung allein nicht getan ist und ebensowenig auch sich Hygiene in Körperkultur erschöpfen darf. Bis zu einem gewissen Grade ist dem ersteren Gedanken in den für die Veranstaltung maßgebenden Richtlinien durch die Betonung des Verantwortlichkeitsgefühls, dessen Wectung als Aufgabe der Reichsgesund heitswoche bezeichnet wird, Rechnung getragen. Aber es ist wohl zu beachten, daß mit einer Auf­weisung von Pflichten deren Erfüllung noch keineswegs gegeben ist, sondern das Wichtigste bei der Erziehung zum Ver­antwortlichkeitsgefühl die Darbietung ausreichender Beweggründe ist. Daraus ergibt sich aber von selbst der Grund, weshalb die Reichsgesundheitswoche auch eine Betrach­tung unter dem Gesichtswinkel der katholischen Weltanschauung erfordert. Nicht allein mit Rücksicht auf gewisse Gefahren, die aus einer zu wenigschicklichen Form der Aufklärung über Kör­verkultur mit Verschüttung wichtiger eihischer Werte ent­stehen können. Da bedauerlicherweise nach den Erfah­rungen, die man sonst im Leben macht, mit dieser Möglichkeit gerechnet werden muß, habe ich im Hauptausschuß des Preußi­schen Landtages nicht allein die Heranziehung von Geist­

lichen der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften zu den Ortsaus chüssen verlangt, sondern auch betont, daß besonders bezüglich der Gestaltung der Plakate, der Filme und der Vor­träge zu den Filmen den Geistlichen ein maßgebender Einfluß eingere umt werden muß. Aber nicht allein nach dieser Richtung hin erscheint eine Betrachtung der Reichsgesundheitswoche von Standpunkt der katholischen Weltanschauung angebracht, sondern auch deshalb, weil die Pflicht der Selbsterziehung zur Gesundheit mit Rücksicht auf die von der katholischen Kirche beionte Jenseitsbeurteilung auch der Diesseitskultur eine eigen­ortige ist.

Weil wir vom katholischen Standpunkte aus nur dann die Witlungen der Reichsgesundheitswoche als segensreich bezeich­nen lönnen, wenn Ethik und Hygiene in harmonischen Zusam­menhang gebracht und eine harmonische Erziehung der Bevöl­lerung als Ziel angestrebt wird, muß mit aller Entschiedenheit Widerspruch dagegen erhoben werden, die Veranstaltungen ein­seitig als Sonderaufgabe der Aerzte zu bezeichnen. Gesund­heitspflege ist ganz wesentlich eine Erziehungsfrage und deshalb müssen eben die gegebenen Volkserzieher, Geistlich­keit und Lehrerschaft, Hand in Hand mit der Aerzteschaft die ungehener schwierigen Aufgaben zu lösen trachten. Als Gebiete, die für die Wetterentwicklung und den Aufstieg des deutschen Volkes ganz besonders in Betracht kom­men. ist einmal eine Belehrung über die Ergebnisse der Erb­lichkeitsforschung und dann über die Grundsätze rich­

tiger Lebensführung und insbesondere vernünftiger Er­nährung, sodann aber auch die Schärfung der Gewissen, Be­freiung einer religiösen Verpflichtung gegenüber dem Schöpfer von grundlegender Bedeutung. Die Katholiken haben alle Ursache, die Vererbungslehre als ein mit der Sittlich­keitsfrage in engster Beziehung stehendes Gebiet zu betrach­ten. Mit Stolz dürsen die deutschsprechenden Katholiken den Begründer der modernen Erblichkeitslehre und Erblichkeitsfor­schung als einen der Ihrigen bezeichnen. Es ist ein katholischer Priester, der Augustinerabt Johann Gregor Men­del, der im Jahre 1865 ein unscheinbares Büchlein veröffent­lichte, in dem er die für alle Lebewesen geltenden großen Ver­erbungsgesetze in ihrem wissenschaftlichen Unterbau zuerst zur Darstellung brachte. Die epochemachende Entdeckung wurde seinerzeit kaum beachtet, bis am Anfang des 20. Jahrhunderts, also 35 Jahre später, zwei andere Gelehrte, Hugo de Vries und Pros. Correns(jetzt Berlin=Dahlem) diese Gesetze wiederentdeck­ten und damit erst Mendels wissenschaftliche Tat in die rechte Beleuchtung stellten. Die Erblichkeitslehre sagt uns, daß ge­wisse Anlagen in den Keimzellen des Menschen auf Kinder und Enkel übertragen werden, und daß aus den durch gewisse Ein­flüsse geschädigten Keimzellen nur ein minderwertiger und wenig widerstandsfähiger Nachwuchs sich entwickelt. Aus diesen naturgesetzlich und darum gottgewollten Vorgängen verstehen wir heute, weshalb Verwandtenehen so verhängnisvoll sich in häufigen Fällen gestalten. Wir wissen ferner, welche krank­haften Anlagen vererbt werden. Insbesondere auf dem Gebiete der Mißbildungen, der Entwicklung der Blutgefäße, der Sinnes­organe, der Nerven= und Geisteskrankheiten und der Vererbung besonderer geistiger Eigenschaften. Weiter wissen wir, daß, wenn auch die Tuberkulose nicht als fertige Krankheit vererbt wird, so doch eine krankhafte Anlage der Atmungsorgane, aus der sich päter Tuberkulose entwickeln kann. Wir kennen heute die ver­derblichen Einflüsse des Alkohols und Nikotins auf die Keim­zelle und wissen, was daraus für die Kinder für Folgen ent­stehen. Aus diesen Tatsachen der Vererbung hat der einzelne Mensch für sein Handeln bei Eingehung der Ehe und Auswahl des Ehepartners, und ebenso auch bei der Gestaltung seiner Lebensführung mit Rücksicht auf seine Nachkommenschaft die Fol­getung zu ziehen, die strenge sittliche Pflicht. Es ergibt sich diese

Das Ende des Ris=Krieger.

Waffenstillstand in Marokko

Deutschland und Rußland.

= Tanger 14. April. Von allen Fronten des nordaseikani­schen Kriegsschauplatzes wird Einstellung der Feindseligkeiten gemeldet. Abd el Krim selbst hat, nach vorheriger Fühlung­nahme mit Frankreich den Besehl dazu gegeben. Die amtliche Er­klärung des Wassenstillstandes steht unmittelbar bevor.

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Die Finanznot und das italienische Vorgehen im Mittel­meer, das ohne Zweifel auf Vorbesprechungen mit England ge­gründet ist, haben Frankreich bewogen, den marokkanischen Krieg rasch zu beenden Populär ist der Marokko=Feldzug wohl nie gewesen, und insbesondere in der Linken der Kammer hat man sogar durch Abstriche vom Kolonialbudget zu erkennen ge­geben, daß man ein Ende der Abenteuer wünsche. Der punkt scheint recht günstig zu sein. Abd el Krim ist zweisellos zu Verhandlungen bereit, es fehlt ihm an Munition und viel­leicht auch an Lebensmilleln, die Stämme, die sich im Vorjahre willig seiner Führung unterordneten, sind in ihrer Stimmung nicht mehr zuverlässig und vielleicht selbst zu Sonderverhand­lungen bereit. Man hörte zuerst daven, daß ungefähr die schon aus dem Vorjahre bekannten französischen Bedingungen auch jetzt gestellt würden. Die Anerkennung der Oberhoheit des Sul­tans von Marokko über das Rifgebiet würde Abd el Krim akzeptieren. Es handelt sich dabei zunächst um eine religiöse Unterordnung, da der Sultan von Marokko eine Art von Kalisat in Anspruch nimmt. Politisch würde diese Oberhoheit, da der Sultan praktisch ein Vasall Frenkreichs ist, einen erhöhten fran­zösischen Einfluß auch in der früher spanischen Zone bedeuten. Das wäre nichts Neues, da auch nach der Zonenteilung der Form nach die Oberhoheit des Sultans aufrecht blieb, woraus die Franzosen schon früher einige Ansprüche ableiteten. Die ande­ren Forderungen hingegen, die nach vollständiger Entwaffnung und Einführung einer europäisch geführten Polizei, nach Finanzkontrolle und Oeffnung bestimmter Punkte für franzö­sische und spanische Besetzung, haben die Vertreter Abd el Krims bisher abgelehnt. Die Verhandlungen sollen am morgigen Freitag beginnen. Inzwischen hört man durch gut informierte sranzösische Zeitungen, daß die endgültigen Friedensbedingungen weit härter gedacht sind. Man geht planmäßig auf eine Ent­fernung Abd el Krims aus und will zuerst nach die verschiedenen Stämme von seinem Kommando ablösen. Natürlich wäre diese Verhandlungsmethode langwieriger, und ihr Erfolg hängt von dem Grade der Erschöpfung ab, die im Hauptquartier Abd el Krims herrscht. Die Schwierigkeiten der Verhandlungen selbst sind aber nicht die einzigen. Es gibt auch solche zwischen Frankreich und Spanien. Offiziell wird zwar auf beiden Seiten behauptet, daß man voll­ständig einig sei, aber die Militärpartei in Spanien glaubt, daß die Verhandlungen überhaupt nicht mehr nötig sind, weil der volle Niederbruch der Rifleute und der militärische Sieg nahe sei. Man nützt also die diplomatische und finanzielle Bedräng­nis, die Frankreich zu einer raschen Beendigung des Feldzuges drängt, in Spanien dazu aus, daß man größere Vorteile zu Gunsten Spaniens von der Betonung der Bereitschaft zu weite­ren Kämpfen erhofft. Die Liquidation des Rifkrieges muß ja den alten Gegensatz zwischen Frankreich und Spanien er­neuern, den Gegensatz, der vor Frankreichs Eingreifen in den Krieg zu französischer Unterstützung der Rifleute geführt hatte. Noch ist also der Friede in Marokko nicht so nahe, wie es die kluge Kolonialpolitik Briands brauchen würde.

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Ein neuer deutsch=russischer Vertrag.

Die Londoner Times meldete gestern folgendes:

Wie erfahren aus verschiedenen ausgezeichneten Quellen, daß die deutsche Regierung mit der Sowjetregierung über den Ab­schluß eines Vertrages verhandelt, durch den die Bedingungen des Rapallovertrages denen des Locarnopaktes angepaßt werden sollen. In den letzten Tagen sind die englische und die französische Regierung durch den englischen Botschafter in Berlin bzw. den deutschen Botschafter in Paris insormiert wor­den, daß Deutschland im Begriff sei, mit der Sowjetunion einen neuen Vertrag zu schließen, der im Hinblick auf die kürzlich geschlossenen Verträge mit den west= und mitteleuropäischen Mächten alsRückversicherungsvertrag" bezeichnet werden kann. Auch Italsen ist unterrichtet worden. Es wird ausdrücklich erklärt, daß der neue Vertrag in keiner Beziehung im Widerspruch zum Geist oder Buchstaben des Locarnopaktes steht.

Zu dieser Meldung verlautet aus Berlin: Die Nach­richt der Times ist, soweit sie sich mit einer Angleichung der deutsch=russischen Beziehungen an den Locarno=Vertrag befaßt, die mit einer Nückversicherung nichts zu tun haben, zum mindesten verfrüht. Auf ihren Kern zurückgeführt, bleibt von der Timesmeldung nichts anderes übrig, als was allgemein bekannt ist und sich seit Monaten durchaus öffentlich abspielt, was auf der Linie einer immer wieder proklamierten deutschen Außenpolitik biegt und mit den logischen Notwendigbeiten dieser Politik zugleich dem Friedensziel des Locarno=Werks für ganz Europa dient.(Weitere Nachrichten siehe 2. Seite.)

Dr. Wirth in Leningrad.

WTB. Moskau 14. April. Der frühere Reichskanzler Dr. Wirth ist gestern in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Auf­sichtsrates der Deutschen Mologa Holzindurstie,.=G. in Lenin grad eingetrossen, um Verhandlungen über eine Erweiterung der deutschen Waldkonzessionen einzuleiten.

Amerika und Europa.

Umsassende Außenpolitik ohne Europa.

WTB. Washington 14. April. Zu der Rede Coolidges, in der er die Einigkeit der Amerikaner betonte, berichtet der Whaley=Etaten=Dienst:

Es wird versichert, daß die Rede des Präsidenten berechnet war, den Grundstein zu legen für eine Wiederbelebung der alten Hardingschen Idee des Zusammenschlusses kontinentaler Ein­heiten zu kontinentalen Ligen. Es besteht kein Zweisel, daß die Regierung damit beschäftigt ist, eine neue und um­fassende Außenpolitik außerhalb des Völker­bandes zu formulieren. Wir sind aber von zuständiger Stelle unterrichtet, daß die Angelegenheit sich zurzeit noch nicht in end­gültiger Form befindet. Die Basis dieser neuen amerikanischen Politik wird, wie wir hören, in einer vollständigen Trennung von den politischen Angelegenheiten Euro­pas bestehen, doch von keiner Einschränkung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Europa begleitet sein. Ein anderer Punkt der neuen Politik wird die Versicherung der Theorie sein, daß in der amerikanischen Politik für Ligen oder politische Bündnisse oder formelle Organisationen dieser Art kein Platz ist. Dieses neue internationale Programm wird sich während des Sommers ent­wickeln und wird in Ansprachen zuständiger Beamten der Oeffentlichkeit mitgeteilt.

Pflicht als unmittelbare Folgerung aus dem Gebot der christ­lichen Nächstenliebe. Dieses Gebot hat nicht nur Geltung für die Zeitgenossen, sondern erstreckt sich auch auf das kommende Geschlecht, die Nachkommenschaft. Daß ferner bei unserer Le­benshaltung nicht dem Triebleben die bestimmende Rolle zu­fallen soll, sondern nur der Gedanke maßgebend sein darf, sich gesund zu erhalten und seine Arbeitskraft zur Erfüllung der Aufgaben, für die uns Gott der Herr auf diese Erde gesetzt hat, leistungsfähig zu gestalten, ist ebenfalls eine unmittelbar aus dem theozentrischen Gedanken des Christentums und dem daraus abgeleiteten Gedanken des Gehorsams gegen Gott folgende Pflicht. Ferner steht der Gedanke der Selbstbeherrschung, daß wir beim Essen und Trinken und der Verwendung von Genuß­mitteln uns ebenfalls nicht vom Triebleben, sondern von dem Gedanken an die Erhaltung und Erhöhung unserer Arbeits­kraft leiten lossen sollen, im engsten Zusammenhang mit den Zielen der christlichen Aszese. Zur Gesunderhaltung gehört eine ganz bestimmte Auswahl nach Menge und Art der Nahrungs­und Genußmittel. Der Grundgedanke der christlichen Aszese ist nicht Selbstkasteiung wie man vielfach fälschlich glaubt sondern Selbsterziehung und Selbstbeherrschung. In der katholi­schen Literatur besitzen wir über die Fragen der Leibespflege ein sehr schönes Werk aus der Feder des Münchener Theologie­Professors Franz WalterDer Leib und sein Recht im Christen­tum"(Auers Verlag, Donauwörth). Es ist das eine grund­sätzliche Untersuchung über das Verhältnis der modernen Kör­perkultur zur christlichen Ethik und Aszese. Was die übrige Körperpflege angeht, soweit es sich um die Verwertung von Licht, Luft, Wasser im Dienste der Gesunderhaltung handelt, so dürfte schon aus dem Umstande, daß vor mehreren Jahrzehnten bereits ein katholischer Geistlicher, wie Pfarrer Kneipp, die Ver­wertung dieser Gottesgaben im Dienste der Gesundheit gepredigt und auf dem Gebiete der physikalisch=diätetischen Therapie bahn­brechend gewirkt hat, ein Beweis sein, daß die Katholiken diesen Dingen sicher nicht ablehnend gegenüberstehen, soweit diese Heil­faktoren im Nahmen der chxistlichen Sitte zur Anwendung ge­langen.

Ich schließe diese kurzen Ausführungen mit den Worten, die der hochwürdigste Herr Bischof Christian Schreiber von Meißen kürzlich in einem Aussatz in der ZeitschriftJugend­führung unter der AufschriftKörperkultur und Volkserneue­rung geschrieben hat:Richtig ist, daß die gesunde Körper­kultur in sich und erst recht im Hinblick auf unser gesundheit­lich verkümmertes deutsches Volk jegliche Förderung verdient. Sie ist in den durch die Vernunft und das sittliche Gewissen bzw. durch das Christentum gezogenen Grenzen sogar eine sitt­liche Pflicht. Das ist von jeher die Lehre der katholischen Kirche gewesen. Das haben sogar die großen Ordensstifter anerkannt und durchgeführt, wie Lockington Kübe in seiner SchriftDurch Körperbildung zur Geisteskraft" nachgewiesen hat. Das ist aber auch die Stellungnahme der deutschen Bischöse, indem sie im ersten Leitsatz ihrer bekannten Kundgebung zu den verschiedenen modernen Sittlichteitsfragen ausdrücklich erklären:Eine ge­sunde Körperpflege ist nicht nur mit den Lehren des Christen­tums vereinbar, sondern geradezu geboten. Für jeden gläu­bigen Katholiken besteht aber auf alle Fälle die strenge Pflicht die Leitsätze und Weisungen, wie sie von der Fuldaer Bischofskonferenz ausgegangen sind, nach Geist und In­halt gewissenhaft zu erfüllen, da die Beobachtung dieser Wei­sungen nicht bloß eine religiöse und sittliche Angelegenheit, son­dern geradezu eine Schicksalsfrage des gesamten deutschen Volkes ist. Diese Worte haben auch ihre Bedeutung für die gesamten Veranstaltungen der Reichsgesundheitswoche. Wir Katholiken

haben gegenüber unserem Vaterlande und dem Volksganzen die Pflicht nicht allein auf dem letztgenannten Gebiete, sondern auch gegenüber der einseitigen Ueberschätzung rein körperlicher Fähig­keiten, wie sie vielfach in der mo deruen Sportbewegung hervortritt, die rechte Synthese zwischen den Forderungen des Geistes und des Leibes zu finden, eingedenk der biblischen Auf­fassung, daß unser Leib ein Tempel des Geistes ist!

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Eine Irreführung!

Gegen die bischöflichen Leitsätze und Weisungen zu verschie­denen modernen Sittlichkeitssragen erhebt sich stärkerer Widerspruch. Neuestens hat Gottlieb Monitor in einer SchriftKatholik und Körperkultur sich zu den bischöflichen Verordnungen geäußert. Die Schrift ent­behrt jeglichen wissenschaftlichen Wertes. Sie sucht das Ge­wissen der Menschen zu verwirren. Sie stellt einen direkten An­griff auf die bischöfliche Autorität dar. Die Katholiken werden gut tun, die Schrift einfach zu ignorieren.

Das Volksbegehren.

Das endgültige Ergebnis des Volksbegehrens über die Fürstenenteignung liegt jetzt vor. Es sind 12539 939 gültige namentliche Eintragungen erfolgt. Davon entfallen auf Preußen 7 553631, Bayern 751734, Sachsen 1 541 066, Württem­berg 467 835, Baden 500 238, Thüringen 422 680, Hessen 325 609, Hamburg 395 836, Mecklenburg=Schwerin 104 987, Braunschweig 112050, Oldenburg 58 912, Anhalt 89024, Bremen 92544, Lippe 36 250, Lübeck 41 615, Mecklenburg=Strebitz 14 558, Waldeck 4905. Schaumburg=Lippe 10.500. Die Gesamtzahl der für die Sozial­demokraten, Unabhängigen Sozialisten und Kommunisten bei der Reichstagswahl am 7. Dezember 1924 abgegebenen Stimmen betrug 10 688 969.

Weniger Erwerbslose

WTB. Berlin 14. April. Die Entwicklung des Arbeits­marktes in der zweiten Hälfte des Monats März zeigt eine weitere merkliche Besserung. Die Zahl der Hauptunterstützungs­empfänger ist von rund 2017 000 am 15. März 1926 auf 1 942 000 am 1. April 1926, d. h. um rund 3,7 Prozeni zurückgegangen. Im einzelnen haben sich die männlichen Hauptunterstützungs empfänger von 1712.000 auf 1 624000 vermindert, während die weiblichen Hauptunterstützungsempfänger eine kleine Zunahme von 315 000 auf 319 000 erfahren haben.

Bad Kreuznach.

Der preußische Innenminister Severing hat Dienstag Kreuznach besucht, wo er sich eingehend über die Lage des Bades erkundigte, das bekanntlich jetzt mit Zuschüssen der Stadt auf­recht erhalten wird. Der Minister versprach sein möglichstes zu tun, um die Aufrechterhaltung zu sichern und fuhr dann nach Wiesbaden weiter. In Wiesbaden nahm Severing die Wünsche der politischen Parteien und Wirtschaftsgruppen ent­gegen.

Zum Anschlag auf den Berliner=Zug bei Pasing=München.

WTB. München 1. April. Zu dem Anschlag auf den Ver­liner Schnellzug D 40 vom 8. April zwischen Lochhausen und Pasing wird mitgeteilt, daß die Reichsbahndirektion München die Belohnung auf die Ergreisung des Täters von 2000 auf 5000 Mark erhöhte.

General v. Seeckt 60 Jahre alt.

General von Seeckt,

Chef der Heeresleitung, vollendet im April sein 60. Lebensjahr.

Benachteiligung der kath. Kirche in Rumänien.

Von

Senator Karl von Möller,

deutsches Mitglied des rumänischen Reichstages.

Bukarest, Ende März

Der rumänische Senat hat heute nach der Kammer das Wahlgesetz votiert, auf Grund dessen im kommenden Mai die Neuwahlen in die Kammer und in den Senat stattfinden werden Die nationalen und religiösen Minderheiten haben den Gesetz­entwurf abgelehnt, ohne daß man ihren Einwänden Rechnung getragen hätte. Sie betrachten das Wahlgesetz als Klassifizie­rung der Minoritäten als Gruppen minderwertiger Staats bürger. Man fürchtet, daß auch die Deutschen, die bisher die Hauptlast des parlamentarischen Kampfes getragen haben, in das waure Parlment numerisch geschwächt einziehen könnten oder aber Pakte schließen müßten, die ihre Bewegungsfreiheit behinder­den. Eine offenkundige Verletzung des in der Konstitut on von 1923 aufgestellten Grundsatzes von der Gleichberechtigung aller Bürger Rumäniens ohne Unterschied der Volkszugehörigkeit und des Bekenntnisses stellt unter anderen die Zurücksetzung der wisch-katholischen Bischöse im Senat(Oberhaus) dar. Das Wahlgesetz sieht nämlich neben gewählten Senatoren auch Sena toren von Amtswegen vor, darunter die Kirchenfürstm. Wäh rend aber die rumänschen Bischöfe orthodoxe, wie griechisch kathobische vollzählig jenatefähig erklärt wurden, darf sich die römisch katholische Kirche bloß durch einen von ihren sechs Bi­schöfen im Senat vertreten lassen. Hierzu muß bemerkt wer­den, daß die Jahl römisch-katholischer Seelen fast 2 Millionen beträgt die also bloß einen Bischof im Oberhaus haben werden. während zum Beispiel die enundeinehalbe Rillion Griewbisch Katholischer, wmnn ich nitt irre fünf Bischöse ale Senatoren# sitzen wird, und die 50000 Muselmanen des Landes ihren Ober­hirten im Senat sitzen haben. Die etwa 350 000 Lutheraner des Landes sind vom Siebenbürger Sachsenbischof vertreten. die ahn lich starken Kalviner vom reformiert#n Bischof, sogar die Uni tarier sollen, obschon nicht viel zahlreicher als die Türken, ihren Bischof in den Senat entsenden dürfen. Die Urfache der Zu rücksetzung der latein'schen Katholiken liegt in ihrer Zugehörig= keit zum Dutschtum(500000) und Maojarentum, von denen namentlich das Madjarentum übel in rumänische Nasen sticht Besonders schmerzlich wird die Benachteiligung von den Den schen empfunden, da ihr Oberhirt, der Apostolische Administaator der Tschanader Diögese(Temeschburg im Banat 9) Augustin Pacha, ein Ostschwabe, kaum der eine Soator der römisch-katho Lischen Kirche in Rumänien sein wird, obschon die Diözese eine halbe Million von Gläubigen zählt, zumeist Deutsche.

Im Zusammenhange damit verdient angemerkt zu werden. daß das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und Rumänzen. das von den Bukarester Blättern schon im Dezember als ge­schlossen hingestellt und als ein Triumph des rumänischen Stand­punktes gepriesen worden ist, in Wirklichkeit noch immer nicht unter Dach gebracht wurde. Ministerielle Kreise deuten an, daß der Vatikan wie schon seit Jahren auch jetzt noch zögere, die rumän'sche Fassung des Konkordats anzunehmen, andere meinen, der Abschluß werde erfolgen, sobald das neue Kirchengssetz vom Parlamente verabschiedet sein wird. Es hätte dem Reichstage schon im März vorgelegt werden sollen, wurde aber zurückge stellt und wird kaum vor kommenden Herbst dan neuen, nächsten Parlamente unterbreitet werden, so daß bis zum Abschluß des Konkordats noch viel Wusser in die Donau rinnen wird. Die kathobischen Kreise begrüßen im Grunde den Aufschub, da, was von der Textierung des rumänischen Kontordatsentwurfes in die Oeffentlichkeit drang, zumal im Deutschtum die Befürchtung gefährlich weitgehenden Einfluß des orthodoxen Staates auf##ministration, Personelles und Schulwesen der römisch-katholischen Kirche weckte, und man dort meint, die unter Umständen in Aus sicht stehende demokrat'schere Regierung würde einiges Wasser in den schiomatischen Wein ihrer nationalistischen Vorgängerin giehen.

Angarns Schwarze Armee.

Französische Blätter errinnern daran, daß vor einiger Zeit Waffen= und Munitionslieferungen italienischer Herkunft, die für Ungarn bestimmt waren, auf dem Bahnhof der österreichischen Stadt Graz angehalten wurden. Nun wird behauptet, daß### sogmannte Schwarze Armee Ungarns, in Sportvevbänden orga­nisiert, 400000 Mann betrage, und daß Horthy den Plan einer Wiederhersteilung des früheren Umfanges Ungarns nicht aufge­geben habe. Der Schwarzen Armee, die neben den 35.000 Mann bestehe, wie sie Ungarn vertraglich unter Waffen haben darf, habe es bisher nur an Uniformen gefehlt. Ungarische Emissäre sollen nun in Italien und England grauschwarze Uniformen, in Italien allein 600000 Stück, gekauft haben. Da sich die franzö­sische Presse schon seit Wochen bemüht, die Kleine Entente neu zu beleben, so sind diese ungarischen Extratouren sehr geeignet, die französische Südostpolitik gegen die italienische zu stärken.

Der Philosophen=Kongreß

1U. Berlin 14. April. In der Woche vom 13. bis 17. Sep­tember 1926 wird an der Havard=Universität, Cambridge­Massachusetts, der 6. Internationale Kongreß für Philosophie tagen. Die American Philosorhical Association hat zum Be­such dieses Internationalen Kengresses durch einen hierzu ein­gesetzten Organisationsausschuß die Philosophen aller Nationen eingeladen. Als ofizielle Kongreßsprachen sind Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch festgesetzt. An­fragen über den Kongreß sind an den korrespondierenden Sekre­tär des Organisationsausschusser, Prof. John I. Coß. Columbia­Universität, Newyork zu richten.