52. Jahrgang

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Verantwortlich Potuik u. Feuilleton: Emil Schwivoert für Handel und Wirtschaft: Toni Weinand, für den übrigen revaktionellen Tell: Hugo Rudolph, ##### den Inseratenteil: Jobanne: Linner in Vonn. Für unverlangt eingegangene Ranusteipte übernehmen wir keine Gewähr

Bonner Dolks=Zeitung

Geschäftsstelle: Bonn, Sürst l am Münster

Postscheck=Konto Köln unter Nr. 99841 Verleger Teuische Reichs=Zeitung G. m. v.

Dienstag 2. Januar

Drahtadresse: Tinner, Vonn Druck: Jopgnnes Tinner, Vonn.

fernsprecher: Geschäftsst. Nr. 59, 60,181

ssngg S hritletn 11 Nr 284,

Nr. 1= 1923

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(11 mm breit), umHöhe 40. Lokale Fan ilienanzeigen K 16.

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(90 um breit), um Höhe K 197.

Kleine Stellen= u. Wohnungsgesu he 421. alle underen Gelegenheusanzeigen K 40 das eintache Wort bei viermattg. Aufnagme Bei dreimonatigem Zahlun gsrückstunden saut bewilligter Rudatt fort.

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Bonner Stadt=Anzeiger

Der Kampf um den Rkein.

Merkspruck.

Europas Sicherheit, Friedestand, Bildung, Wissenschaft, Kunst, Tugend und Wohlfahrt beruht darauf, daß Deutschland, was in der Mitte liegt, unantastbar sei. Als Mittelland hat es Beruf zum Mittler. Jahn, 1846.

Mehr Mut!

Zum Geleit ins neue Jahr.

Von Senatspräsident Marx, Berlin.

Welch' schwere Zeit! Das Jahr 1922 hat uns viele Ent­täuschungen, schwere Leiden, harte Teuerung gebracht! Was wird erst das Jahr 1923 mit sich an Sorgen und Leid bringen?

Mit ähnlichen Gedanken werden viele von uns ins neue Jahr geschritten sein. Sicherlich, leider, nicht mit Anrecht! Aber haben solche Betrachtungen einen Nutzen? Ja, wenn sie uns vor Uebermut und Stolz bewahren, dann mag es noch an­gehen. Es besteht aber für Ernstdenkende heutzutage wirklich nicht zuviel Gefahr, in diese Fehler zu fallen. Schaden denn so schwermütige Gedanken nicht mehr als sie nützen? Sollie es für einen Christen, namentlich einen Katholiken, nicht ange­messener sein, mit ruhiger Zuversicht dem kommenden Jahre entgegen zu gehen? Gewiß, es geht uns Deutschen zur Zeit schlecht, recht schlecht. Wir haben einen Weltkrieg verloren, und noch nie ist einem besiegzten Volke Glück und Reichtum bald nach der Niederlage beschieden gewesen. Viel besser ist es uns in manchen Dingen ergangen, als wir selbst Ende 1918 und 1919 angenommen haben. Sehen wir nicht unser deutsches Vaterland noch einig und geschlossen vor uns, nur ver­mindert um die Teile, die uns die Habgier der Feinde rück­sichtslos entrissen? Haben sich nicht so viele Krisen und gefahr­drohende Lagen leichter entwirrt und zu Besserem gestaltet, als wir zu hoffen gewagt haben? Weg mit den lähmenden, hem­menden Grübeleien eines unfruchtbaren Pessimiomus! Legen wir Hand an, jeder an seiner Stelle, um unser Volk und Vaterland wieder zu politischer und wirtschaftlicher Gesundung zu führen! Sind wir doch Glieder einer großen Volksgemein­schaft! Wie viel Elend und Armut wäre beseitigt, wenn alle sich ihrer Pflächt als Christen und Staatsbürger im­merdar bewußt wären! Man klagt so viel über Materialismus und Mammonismus: wäre es nicht besser, jeder prüfe, ob er nicht selbst an diesem Zeitübel kranke, und träfe dann energisch die notwendigen Abwehrmaßregeln gegen diese wahren Feinde des Voltes? Wahrhaktig. Getreideumlage und Wuchergesetze wären gicht erforderlich! Ein festes Band der Liebe und Hingebung für das Volksganze umschlinge uns alle! Dann wird das Jahr 1923 auch das deutsche Volk wieder einen Schritt weiter führen zu Gesundung und Wiedererstarkung!

Eln deutsches Kardinalswort.

Die Reichotreue des rheinischen Klerus.

Bei Gelegenheit der Neujahrsansprache, die Se. Eminenz der Herr Kardinal Schulte in Erwiderung der Glückwünsche zum neuen Jahr vor versammeltem Kölner Metro­politankapitel, in Gegenwart der Mitglieder des Generalvikaria­tes, der Pfarrer der Stadt Köln und der Vertreter der männ­lichen Kölner Ordensgenossenschaften hielt, ging der Kölner Erz­bischof auf das Gelöbnis der erschienenen Geistlichkeit, in diesen Tagen der Rot treudeutsche Gesinnung zu bewähren, mit folgenden Worten ein:

Ob die Machthaber nun endlich auf die Stimme der Ver­nunft, der Gerechtigkeit und der Liebe hören werden? Besonders die Machthaber derjenigen Nation, die als größte Gefahr für den Völkerfrieden nachgerate von Freund und Feind empfunden wird? Ob die franzö­sische Regierung allmählich doch noch zu begreifen anfängt, was für ein Schrecken ohne Ende mit dem sog. Frieden von Versailles über die Welt gebracht worden ist? Ob sie noch in letzter Stunde zu der Einsicht kommt, der Marc Sanguier, der katholische Pariser Deputierte, Aus­druck gab mit den Worten:Ein Friede, der mit Gewalt auferlegt ist, ist überhaup: kein Friede! Ob sie noch durch England und Amerika von weiteren Versuchen zurückge­halten werden kann, ihre bekannten Pläne bezüglich Rhein und Ruhr auszuführen, Pläne deren Ausführung bein geringerer als Lloyd Georges ein Verbrechen genannt hat, wofür nicht nur Frankreich, sondern die ganze Welt zu büßen hätte?

Jedenfalls bringen die nächsten Tage im neuen Jahre nach dieser Richtung schicksalsschwere Entscheidungen über das Rheinland, speziell über rheinische Gebiete, die kirchlich zu unserer Erzdiözese gehören. Bei den Rückwirkungen, die die so oder so ausfallenden Entscheldungen auch auf das religiös=sittliche Leben und die kirchliche Ordnung ausüben kön­nen, haben wir wirklich allen Grund und Anlaß, unsere Gebete in diesen Tagen zu verdoppeln, daß doch neue Heimsuchungen und und unserer genug gequälten Bevölkerung erspart bleiben.

Und laut und feierlich soll es schließlich in dieser Stunde wiederholt sein, das in unser aller Herzen lebende deutsche Ge­löbnis: wir Erzbischof und Klerus von Köln, Stadt und Diözese, stehen mit unverbrüchlicher Treue und mit größ­ter Opfersreudigkeit zu unserer rheinischen Heimat und Bevölkerung, die keine Treulosig­keit gegen Staat und Reich kennt, die deutsch sein und deutsch bleiben wird, mag kommen, was da will!

Lloyd Georges neue Warnung.

In seiner Rückschau auf das Jahr 1922, die er in der Presse veröffentlicht, schreibt der immer wieder und immer ein­dringlicher warnende Lloyd George:

Wie steht es mit dem Frieden? Der ermattete Engel schwebt noch in der Höhe, denn die Wasser sind noch nicht abgeströmt. Vielleicht findet er einen Ruheplatz im großen Westen. Auch Großbritannien ist einigermaßen sicher Irland noch nicht. Je­doch das Festland von Europa ist noch immer sumpfig und unsicher. Die Entschädigungsaussprache in der französischen Kammer ist nicht ermutigend. Die einzige Meinungsverschiedenheit bei der Verhandlung be­stand zwischen denen, die den Vormarsch ins Ruhrgebiet und die Ergreisung von Pfändern im weitern deutschen Gebiet empfahlen, und denjenigen, die es vorzogen, für dieEntwick­lung" des tinlen Rheinusers einzutreten. Besetzen, Kontrollie­ren, Entwickeln, Annektieren alle meinen damit dasselbe, näm­lich die Lestrennung des linken Rheinufers von Deutschland und seine Einverleibung in Frankreich. Solange davon geredet wird, wird es keinen Frieden geben. Mit dieser ernsten Note schließt die friedliche Musik von 1922. Man muß sie deuten im Zusammenhang mit einem andern Ereignis von 1922, der russisch=deutschen Verständigung. Seitdem hat Tschitscherin, der verkörperte Geist des Unheils, Berlin fast zu seinen Wohnsitz gewählt. Die Männer, die ihren Verstand an­strengen, um neue Qualen für Deutschland auszu­sinnen, bereiten damit neue Schrecknisse für ihre und ihrer Nachbarn Kinder vor.

Der Reichstagspräsident an die Rhelnländer.

Unlösliche Gemeinschaft mit der deutschen Republik.

Der Präsident des Reichstags, Löbe, übermittelt folgenden Neujahrsgruß an die Rheinländer:

Bis von den Ostgrenzen des Reiches, von den Ufern der Oder und des Pregel ist in den letzten Wochen die Versicherung der landsmännischen Treue, der Ruf der Solidarität mit den bedrohten Rheinlanden erklungen. Bürger und Arbeiter haben ihn mit gleicher Festigkeit erhoben. Unerschütterlich lebt in ihnen die Gewißheit: Unsere Lands­männer am Rhein und an der Mosel werden auch im neuen Jahr weder dem Druck der Mächrigen und den Lockungen der List er­liegen, sondern in Not und Leid mit der deutschen Heimat den Tag erwarten, da sie wieder frei und ungefesselt ihre Hand über den deutschen Strom strecken und keine fremde Gewalt ihre Gemeinschaft mit der deutschen Republik beeinträchtigen kann.

Das wahre Ilel.

Der PariserMatin" erklärt, daß gegenwärtige leine Frage die französische Regierung dringender beschäftige, als die Ein­führung der Frankenwährungim Rheinland. Das ist ein Eingeständnis, aus dem hervorgeht, daß es sich bei der sogenannten französischenPsänderpolitik um nichts anderes als um die Abtrennung des industriellen Westens vom deutschen Reich handelt.

Seid einig!

Der bayerische Ministerpräsident v. Kuilling richtet zum Jahreswechsel eine Mahnung an das deutsche Volk, in der es heißt:Neues Kraftbewußtsein, neuer Mut, das ist es, was ich dem deutschen Volke vor allem zur Jahreswende wünsche. Fort auch mit der Zwietracht, Partei­sucht und Nörgelsucht! Zurück zur deutschen Einigkeit, zur deutschen Schlichtheit und Einsachheit, zu deut­schem Pflichtbewußtsein, zu ernstem, stillem, unwiderp#ehlichem deutschen Wollen! Der Jahreswechsel ist ein Mahner. Deutsches Volk, höre die Mahnung! Laß dahinten, was deiner und deiner großen Vergangenheit unwündig ist! Rasse 91ch. allen Schwierigkeiten, allen Gefahren und allem Hasse der Gegner zum Trotze, zu neuem Leben und erneuter Kraft und zu neuerwachtem Willen auf!

Eine Schicksalswocke für Deutsch'and.

Die Pariser Konferenz.

Westminister Gazette berichtet aus Paris, in französischen amttichen Kreisen sei man der Ansicht, daß die Pariser Premierministerkonserenz, die am heutigen 2. Januar beginnen soll, von weit größerem Umsange sein werde, als die vorherigen Zusammenkünfte in London. Frankreich sei nach den Worten eines hohen französischen Re­gierungsvertreters der Ansicht, daß diese Woche das Schicksal Deutschlands endgültig aus dem Spiele stehe. Frankreich werde sich dem Gedanken widersetzen, daß die deutsche künftige Zahlungsfähig­keit auf seine augenblickliche Lage gegründet werden

eteng eungen, usi Grohbeitannten eim Grah. ung der französischen Schuld und strengere Kontrolle der ttschen Finanzen anbieten werde, würden von französischer Seite mit der Erklärung abgetan, daß dies Frankreich keine unverzügliche finanzielle Hilfe biete.

Auch der Pariser Berichterstatter der Times zieht aus einer Mitteilung von maßgebender Seite den Schluß, daß die amtlichen franzöfischen Stellen gegenwärtig die Probleme, die der Pariser Konferenz unterbreitet werden sollen, weniger im Lichte einer allgemeinen Regelung als im Lichte von Psändern und Sauktionen im Austausch ge­gen ein Moratorium gegenüber Deutschland sehen. Diese Psänder und Sanktionen würden in einer viel prä­ziseren Form vorgeschlagen werden, als bisher versucht worden sei.

Eine amekikanische Kommission für Europa.

WTB. London, 30. Dez. Blättermeldungen aus Washing­ton zufolge, ist nach der gestrigen Sitzung des amerika­nischen Kabinetts mitgeteilt worden, daß die ameri­kanische Regierung bereit sei, eine Kommission wirtschaftlicher und sinanzieller Sachver­kändigen nach Europa zusenden, um bei der Wie­derherstellung notleidender Länder mit zuhelsen. Es sei zum Ausdruck gebracht worden, daß die Vereinigten Staaten eine Aufforderung dazu erhalten müßten, bevor eine solche Aktion unternommen werden könne. Eine europäische Hauptstadt würde für die Zusammenkunft gewählt werden.

Amerikanischer Kredit für landwirtschaftliche Produkte.

WTB. London, 30. Dez. Wie aus Washington gemeldet wird, hat Senator Bursum(Neu=Mexiko) im amerikanischen Senat eine Resolution beantragt, in der die Gewährung einer #irsprozentigen Anleihe von einer Milliarde Dol­lar an Deutschland gestattet wird. Die Kredite sol­len nach dem Antrag nicht mehr als 59 Millionen Dollar in einem Monat oder 350 Millionen in einem Jahr betragen und dem Ankauf amerikanischer landwirt­

Lesch########te dienen. Die Grnndlage der Antrige sourn grursche industrielle Sicherheiten bieten.

Der Reichskanzler über Deutsch­lands Entschädigunesplan.

In Hamburg sprach am Neujahrstag Reichskanzler Dr. Cuno über die Entschädigungsfrage, deren Lösung schwieriger sei als das Problem der Quadratur des Kreises. Deutschland braucht, so betonte der Kanzler, um leisten zu können, inter­nationale Anleihen, aber Tentiarland hat nuc cann Aussicht auf solche Anleihen, wenn seine Leistungsfähigkeit endgültig klargestellt ist. Das Ziel unsrer Arbeit war, die Leistungsfähigkeit Deutschlands festzustellen und Mittel und Wege zu finden, um diese Leistungsfähigkeit für die endgül­tige Lösung der Reparationsfrage nutzbar zu machen. Das ist in enger Fühlung mit Personen und Kräften des Wirtschafts­lebens geschehen. Frankreich hat das Bedürfnis, mit einer festen Summe

zu rechnen. Zuch wir brauchen bestimmte Größen für die Gegenwarts= u. Zukunftsberechnung unserer nationalen Wirt­schaft. So sind wir entschlossen, eine feste erste Summe auf uns zu nehmen. Wir sind hereit, diese feste Summe in An­leihen durch Vermittlung eines internationalen Finanz= konsortiums aufzubringen und, soweit dies im Anleihewege nicht gelingt, Zins und Tilgungsquote zu bezahlen. Da nach dem Urteil der Welt die deutsche Wirtschaft, zerrüttet, zer­mürbt und verarmt, für die nächsten Jahre unbedingt der Ruhe bedarf, soll der Vertrag, der für den Dienst der Anleihe in den ersten Jahren erforderlich ist, aus dem Ertag der An­leihe selbst gedeckt werden, um der deutschen Wirtschaft eine Zeit der Erholung und Gesundung zu gönnen. Auch der hier­von erhoffte Aufschwung unsrer wirtschaftlichen Kraft soll der Gegenseite zugute kommen. Darum machen wir uns anhei­schig, für eine weitere Reihe von Jahren bis zu begrenzter Höhe durch Vermittlung des gleichen Konsortiums weitere Anleihen aufzulegen, wenn und soweit das Konsortium dies für möglich hält.

Eine solche Reglung der finanziellen Seite der Frage würde zugleich den Weg für die Durchführung der wirtschaftlichen Not­wendigkeiten ebnen, die in ihrer Auswirkung einen wesentlichen Teil des Gesamtproblems bilden. Denn so würde die Grundlage dafür geschaffen werden, daß die auseinander angewiesenen In­dustrien Europas, namentlich die Frankreichs und Deutschlands, zu langfristigem Ausgleich ihrer Interessen mit dem Endziel balrmöglicher Produktivität zusammenarbeiten; zu einer solchen Kooperation sind die deutschen Wirtschaftskreise bereit. Wir sind uns meine Herren, tief der schweren Verant­wortung bewußt, die in dem von Ihnen umrissenen Vor­schlag liegt. Wir nehmen die schwere Verantwortung einer solchen Lösung vor allem aber deshalb auf uns, weil am Ende des Weges, den wir gehen wollen, die Freiheit des deutschen Volkes steht. Diese Hoffnung wird in unserm Volke in allen Schichten und Erwerbsständen die letzten Kräfte auslösen, für die Freiheit zu arbeiten und Opfer zu bringen,

Opfer des Besitzes, Opfer der Arbeit, Opfer und Arbeit für jeden nach dem Maße seiner Kraft.

Die Reichoregierung weiß, daß die wirtschaftlichen Kräfte Deutschlands, namentlich der Industrie und der Bankwelt, trotz der sorgenvollen Frage, ob die Grenze unsrer Leistungsfähigkeit nicht schon überschritten sei, entschlossen sind, die Regierung bei der Durchführung ihres Vorschlages zu unterstützen.

Der Kanzler sprach dann von der Notwendigkeit wirtschaft­licher Eleichberechtigung und verlangte den Abbau der Besatzung am Rhein, und den Verzicht auf Sanktionen. Die Verwirk­lichung der polizischen Pfänderpolitik sei der Tod aller wirt­schaftlichen Reparationen. In Frankreich, so sagte Dr. Cuno, wird die Notwendigkeit der Besetzung der Rheingebiete auch mit der Besorgnis vor

kriegerischen Absichten Deutschlands begründet. Diese Besorgnis ist irrig. Um den Beweis hierfür zu liefern, haben wir die französische Regie, ug durch Vermittlung einer dritten Macht wissen lassen, daß Deutschland be­reit ist, gemeinsam mit Frankreich und den andern am Rhein interessierten Großmächten sich gegenseitig zu treuen Händen einer am Rhein nicht interessierten Großmacht für ein Menschen­alter, also ein Mehrfaches der im Vertrag von Versailles vor­gesehenen Besetzungsfrist, feierlich zu verpflichten, ohne besondere Ermächtigung durch Volksabstimmung gegeneinander keinen Krieg zu führen. Eine solche Verpflichtung würde alle beteilig­ten Völker statt auf Krieg auf Frieden einstellen und die denkbar herste Friedensgarantie bieten. Zu meinem Bedauern muß ich mitteilen, daß Frankreich dieses Anerbieten abgelehnt hat.

Am Ende des alten Jahres stehen wir vor der Frage, ob mit ihm die Politik der Gewalt zu Grabe getragen und das neue Jahr wirtlichen Frieden bringen soll, den Europa und die ganze Welt drinzend braucht, den wirklichen Frieden, zu dem Seine Heiligkeit der

Papst in seiner erhabenen Weihnachtsbotschaft die Völker der Erde aufruft, wofür ihm der tief empfundene Dank aller, die guten Willens sind, sicher ist. Wir glauben nicht besser als auf dem von uns betretenen Wege an der Erreichung dieses hohen Ziekes mitarbeiten zu können. Daß das neue Jahr uns hierzu verhelsen wird, bleibt unste Hoffnung.

Aber nicht mit einem Wort der Hoffnung möchte ich schlie­hen, sondern mit einem Wort des Entschlusses, zu dem wir uns vor aller Welt bekennen: Wir alle im deutschen Volke wollen uns, wenn unste Hoffnung wahr wird, in starker Opfer= und Arbeitsgemeinschaft, wenn aber neue Enttäuschungen kommen, in dem gleich starken Wissen zusammenfinden, uns durch nichts, aber auch gar nichts trennen zu lassen und weiter in Einigkeit und Recht um die Freiheit des Volkes und Vaterlandes zu eingen.(Stürmischer Beifall.)

Der amerikanische Vorschlag.

WXB. New vork, 30. Dez. In Washington wurde im Weißen Hause amtlich bekanntgemacht, daß die Vereinigten Staaten die Lösung der Entschädigungsfrage durch eine uninteressierte Gruppe hervorragender Volkswirtschaftler und Finanzleute aus Eng­land, Frankreich, Italien, Belgien und Deutschland vorschla­gen werden, falls die bevorstehende Konserenz der verbündeten Ersten Minister in Pario nicht zu einer Einizung kommen sollte.

Man bringt wieder Geld zur Sparkasse in Oest=rreich.

+ Wien, 20. Dez. Die Inflationskonjunktur ist vorüber; da auch Löhne und Gehälter mit dem Index zuerst stehen blieben und dann rückläufig wurden, weiß Erzeuger wie Verbraucher, daß es einen Spielraum nach oben nicht mehr geben wird, und die Einstellung darauf hat genügt, um das Preisniveau sehr er­heblich zu senken. Die Wiener Börse hat schon seit September keine der ungesunden Haussebewegungen mehr erlebt, die einzig und allein auf der zahlenmäßigen Aufblähung der Aktienwerte beruhten; mit der vorläufigen Stabilisierung der Krone ist auch der Sparbetrieb wieder gewachsen. Die Spareinlagen der Sparkassen und auch der Banken haben sich in den letzten zwei Monaten mehr als verdoppelt; und während Wechselstuben und Bankfilialen, in denen man früher Köchinnen beim Erwerb von Aktien und fremden Geldsorten ebenso beobachten konnte wie Gymnasiasten und Arbeiterfrauen, eine geradezu gähnende Leere aufweisen, erfreuen sich die reinen Sparinstitute eines immer stärteren Zusprucho. Es hat eben wieder einen Sinn, stabile Rücklagen zu machen; und es hat wenig Sinn in der Aufstape­lung und Zurückhaltung von Warenvorräten das Heil zu er­blicken. Das Ergebnis ist eine Preissenkung in Bekleidungs­gegenständen aller Art, und es wird nicht mehr allzu lange

Der Bezugspreis der Deutschen Reichs=Zeitung beträgt für den Monat Januar 909 Mark.

Beim Abholen in der Geschästsstelle beträgt derselbe 80 Mart.. 4eie beträigt brse

dauern, bis in Wien trotz des für die Mark ungünstigen Ver­hältnisses zur Krone billiger gekauft werden kann als samt Um­rechnung im Reich.

In einer Unterredung mit dem Wiener Vertreter derDeut­schen Allgemeinen Zeitung hat der österreichische Bundeskanzlet Seipel vor einiger Zeit darauf hingewiesen, daß die Vorgänge in Oesterreich für Deutschland schon deshalb einer sachlichen Würdigung wert seien, weil früher oder später auch in Deutsch­land der Abbau der Inflation mit allen seinen Wirkungen kom­men müsse. Daß die Genfer Lösung als solche für Deutschland vorbildlich sein könne, hat Seipel damit natürlich nicht sagen wollen; immerhin ist die Frage einer großen internationalen deutschen Anleihe unter ameritanischer Führung auch eine Parallele zur Völkerbundshilfe für das kleine Oesterreich, nur die Ausmaße und die staatlichen Garantien einer solchen Anleihe müßten für Deutschland wesentlich anders lauten.

Don Perosis Wahnideen.

Der jetzt 50jährige bekannte italienische Priester=Komponist Perost leidet seit Jahren an einer Nervenkrankheit, die sich neuer­dings so verschlimmert hat, daß die Familie einen gerichtlichen Beschluß erwirkte, der dem Kranken die freie Verfügung über sein Vermögen entzieht. Begründet wurde dieser Schritt damit, daß der Komponist bisher nur drei seiner Werke veröffentlicht hat, und daß die Gefahr besteht, daß er in seinem Wahn, die in seinem Arbeitszimmer befindlichen Manuskripte vernichtet. Perosi, den Papst Pius XI. nach erhaltener Priesterweihe zum Chormeister der Sixtinischen Kapelle und zu seinem Hauskompo­nisten ernannte, hat sich sett geraumer Zeit schon der katholischen Kirche entfremdet und sich der Sekte der Waldenser zugewandt. Neuerdings verwendet er seine ganze Zeit auf das Studium der Schriften Calvins und berettet sich auf den Uebertritt zur pro­testantischen Religion vor. Jeden Nachmitzag besucht er das Grab seiner Mutter, angetan mit dem Bande des ihm verliehenen Or­dens der französischen Ehrenlegion, in dem er das Sinnbild des Protestantismus zu erblicken vermeint.

Der Kardinal im Kino.

In den Leo=Lichtspielen in München wurde ein neuer Film Stürzende Götter ausgeführt; es sind Bilder aus dem Leben des großen Apostels der Inder und Japaner, Franz Xaver. P. Rudolf Schütz S. J. hat das Vorspiel in sieben Bildern für die Lichtspielbühne bearbeitet. Die unter Regie von Karl Frey über die Leinwand flutenden prächtigen Bilder vom Leben und Wirken des Apostels der Inter beehrte Kardinal Faul= haber und eine ansehnliche Zahl von geistlichen Würdenträ­gern mit ihrem Besuche.

Auswanderung von 200 dänischen Familien nach Kanada.

Infolge der starken Arbeitslosigkeit in Dänemark haben 200 Familien aus dem nördlichen Teile von Jütland, die durch­weg Ackerbauer sind, beschlossen, nach Kanada auszuwandern. Die kanadische Regierung hat versprochen, ihnen in der Pro­vinz Ontario Land zur Verfügung zu stellen und nach einem Aufenthalt von sechs Monaten in ihrer neuen Heimat soll ihnen eine Anleihe von je 500 Dollar für die Familie bewil­ligt werden. Die kanadische Regierung will den Eir, anderern auch die notwinldigen Pferde und Kühe zu billigen preisen be­sorgen. Bleiben fünf oder sechs der dänischen Familien zu­sammen, so will ihnen die Regierung auch eine Schule bauen.

Ein Rubin für 420 Millionen Papiermark. Ein Dampser, der demnächst aus Indien in England eintrifft, hat einen Rubin an Bord, der nach Bekundung der Sachverständigen der größte und tadelloseste seiner Art ist, der bisher in der Welt angetroffen wurde. Der Rubin, der ein Gewicht von 22 Karat hat und von ovaler Form ist, wird auf 12000 Pfund Sterling geschätzt. Das sind bei einem Stande von 35 000 A für das Pfund Sterling 420 Millionen Papiermark.

Wilson tritt vom Anwaltsberufe zurück. Die Anwalts­firma Wilson u. Colby gibt bekannt, daß Expräsident Wilson auf den 31. Dezember hin wieder aus der Firma austritt,um sich einer Beschäftigung zu widmen, die schon seit geraumer Zeit das Denken des Expräsidenten in Anspruch genommen habe. Die Newyoker Blätter glauben, daß Wilson sich im Hinblick auf das neuerwachte Interesse Amerikas der poli­tischen Schriftstellerei über die Weltprobleme zuwenden wolle.

Eröffnung einer neuen russischen Bahnlinie. Die Arbeiten am Bau der neuen Bahnlinie PetersburgRybinsk, an der oberen Wolga, die noch vor dem Kriege von der damaligen Re­gierung begonnen und nach der Revolution in schleppendem Tempo fortgeführt wurden, sind in den letzten Monaten soweit gediehen, daß auf der ganzen etwa 550 Kilometer langen Strecke ein durchgehender Verkehr eröffnet werden konnte. Die neue Linie verkürzt die Verbindung zwischen Petersburg und Rybinsk um etwa 90 Kilometer und erschließt ein waldreiches und für den Flachsanbau geeignetes Gebiet.

Luxemburg bekommt eine Kanone. Mit einem Offizier und einer Begleitmannschaft ist dieser Tage ein 75illimeter=Ge­schütz von Metz nach Luxemburg abgegangen. Europa braucht sich jedoch nicht zu beunruhigen: das Großherzogtum gedenkt nicht, die Kriegsfurie zu entfesseln; es ist vom Rüstungsfieber gänzlich frei. Die Aufgabe, die diese Kanone zu erfüllen hat, ist eine emient friedliche. Die Großherzogin von Luxemburg sieht näm­lich Mutterfreuden entgegen. Da die großherzogliche Armee aber nicht über Artillerie verfügt, so hat sich die Regierung an Frank­reich gewandt und gebeten, ihr ein Geschütz zur Verfügung zu stellen, damit die Geburt des zu erwartenden Sprößlings des großherzoglichen Hauses mit dem gebräuchlichen Salut begrüßt werden könne. Der französische Kriegsminister Maginot hat dem Ersuchen sofort entsprochen und das in Metz liegende 61. Artillerieregiment mit der ehrenvollen Aufgabe betraut, die Salutkanone zu liefern.

Die teuerste Freimarke. Eine Marke zu 5000 A hat die Reichsdruckerei hergestellt. Sie bildet den höchsten Wert einer Markensorte, der Gesellschaftssteuermarken. Außer diesem Werte in graublau gibt es auch zu 1000 in gelbbraun, 500 braun­rot, 400 grün, 200 braun, 100 blau, 50 rot, 20 gelbbraun, 10 hellgrün, 5 blau, 2 rot und 1 A grüngrau. Die Marken werden in den Bezirken der Landesfinanzämter verwendet, in denen diese Art der Entrichtung vom Landesfinanzamt vorgeschrieben ist. Die Marken sind 38.5 Millimeter hoch und 30 Millg ieter breit. Ein oberes viereckiges Feld zeigt auf hellem guillochier­tem Grunde in großen dunklen Ziffern den Wertbetrag. Eine obere Leiste enthält die InschriftGesellschaftssteuer. Unten stehtMark, auf beiden Seiten der Wertbetrag. Ein unteres Feld ist für das Entwertungsdatum bestimmt. Die Marken werden auf weißem Papier mit Vierpaß=Wasserzeichen hergestellt, bis 20 A in einfarbigem Buchdruck, die höheren Werte zwei­farbig.