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Kölner

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General-Anzeiger für die rbeinische Hauptstadt. 2 Kölner Fremdenblatt.

Nr. 58. 24. Jahrgang. Geschäftsstelle: Fernspr. 420.

Köln, Mittwoch, 2. März 1910. Redakt.: 5231,5232, 5233, 5234. Heute 16 Seiten.

Das Neueste vom Tage.

ae Reichskanzler gedenkt, gegen den 20. März reisen und mit dieser Reise einen Erholungsurlaub zu verbinden.

qnegers Zustand hat sich infolge der künstlichen Ernährung den Darm nicht verschlechtert.

anfolge Bochwassers sind die Ortschaften am Ufer der Holland und Belgien in Gefahr. Die Hochöfen und ahriken in der Nähe von Maastricht sind überschwemmt. In agstricht selbst stehen Hunderte von Häusern unter Wasser.

Frankreich beabsichtigt, sieben neue Panzerschiffe zu

auen.

ueberschwemmungen, die infolge der Schneeschmelze und aiter Regengüsse eintraten, verwüsteten in den letzten Tagen witere Orte Oyios. Der Verlust von mehreren Toten soll zu n sein. Mehrere hundert Personen sind obdachlos. Auch

nörtlichen Teile des Staates New York sind infolge Steigens z pudsonflusses Ueberschwemmungen eingetreten.

gegen das Zentrum.

A Worte oder Taten? Ein eigenartiges Bild zeigt regenwattig der Kampf um die preußische. Wahlrechts­orlage. Auf der linken Seite stehen die Sozialdemokraten, enen sich die verschiedenen Schattierungen des Linksliberalismus naselen, auf der rechten Seite Konservative und Zeutrum. Nur die Nationalliberalen wissen anscheinend noch nicht recht, wo sie Platz nehmen sollen. Die Parteien der Linken, die in per Wahlrechtsfrage den StandpunktAlles oder nichts" ver­reten, suthen ihrer Forderung durch möglichst geräuschvolles Auf­reien Nahdruck zu verschaffen. Sie protestieren und demon­krieren, halten landauf und landab Versammlungen mit großen seden und inszenieren Straßendemonstrationen. Die Rechte mo das Zeutrum machen keinen Spektakel nach außen, sie verieren nicht mit phrasenreichen Reden, sondern suchen in uhiger ernster Arbeit etwas zustande zu bringen, von dem sie erzeuge sind, daß es einen Forschritt gegenüber dem bisherigen ustande bedeute. Sie suchen bei aller Betonung ihres grund­hichen Standpunktes soviel zu erreichen, als unter den gegen­nrtigen Verhältnissen durchzusetzen ist, und wenn es auch nicht m Ideal entspricht, so nimmt man es hin als eine Etappe auf im Wege zum Ziele, kurz man treibt ernsthafte Politik durch Ereichung des Möglichen unter Berücksichtigung der realen Ver­hatnuisse. Sämtliche sechs Zeutrumsmitglieder der Kommission sind piekerholt geschlossen für die Uebertragung des

Bei der jetzigen Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses ist das Zentrum gar nicht imstande, seinen Willen einseitig durchzusetzen; und selbst wenn dies möglich wäre, so kommen immer noch Herrenhaus, Begierung und Krone als gleichberechtigte gesetz­gebende Faktoren in Betracht, die mit in Rechnung zu stellen sind. Würde sich das Zentrum auf den Standpunkt der linken Parteien stellen, so würde das Gesetz eben ohne es gemacht, und die Befürchtung, daß Schlimmeres zustande käme, ware nicht von der Wano zu weisen. Es ist nötig, daß der Wähler die ganze Sachlage unter diesem Gesichtspunkte betrachtet und sich durch die Hetzereien der freisinnig=sozialdemokratischen führer nicht in seinem Urteil beeinflussen läßt. Namentlich darf man erwarten, daß die Zentrumsangehörigen überall im Lande diesen Grad politischer Einsicht zeigen und zu ihren Vertretern im Parlamente Vertrauen hegen. Es ist kein Kunststück, sich den Mantel des Volksfreundes umzuhängen und Brandreden überReaktion und Volksverrat, gegenJunker und Pfaffen zu halten, aber es ist eine schwierige Aufgabe, in redlicher Ab­sicht und umsichtlicher Arbeit so viel Brauchbares zu schaffen, als zurzeit eben erreichbar ist. Daher möge man mit Ruhe ab­warten, was aus den vorläufigen Beschlüssen der Kommission in der zweiten Lesung und später im Plenum wird. Es ist ja

alles noch in der Schwebe,

und man kann noch nicht voraussehen, wie die schließliche Ent­

scheidung fallen wird, auch nicht, wie sich die Regierung stellen wird,

* Der Reichstag

nahm gestern zunächst die Wahl eines neuen Präsiden­ten an Stelle des verstorbenen Grafen Udo zu Stolberg­Wernigerode vor. Auf Antrag des Vorsitzenden der Zentrums­fraktion Abgeordneten Dr. Freiherr v. Hertling wurde Abg. Graf Schwerin=Löwitz(kons.) durch Zuruf zum Präsidenten des Reichstags gewählt. Der neugewählte Präsident nahm die Wahl mit warmen Worten des Dankes für das ihm bewiesene Vertrauen an und versprach für die Erfüllung der großen und

wahren. An den Reichstan über richtert, Eicr,###ch ega.

der Erfüllung seiner Aufgaben, in der Förderung der Geschäfte und in der Wahrung der Ordnung des Hauses nach Kräften zu unterstützen, dem alle ohne Ausnahme hätten ein Interesse daran, daß die Verhandlungen des Reichstags würdig geführt würden, und damit das Ansehen des Deutschen Reichstage im Innern wie im Auslande gestärkt zu sehen. Präsident Graf Schwerin=Löwitz dankte dann den beiden Vizepräsidenten Dr. Spahn und Erbprinz zu Hohenlohe=Langenburg für ihre umsichtige und sachkundige

Leitung der Geschäfte des Hauses während der langen Krankheit des Präsidenten und bat dieselben um ihre weitere Unterstützung. Die Antrittsrede des Präsidenten wurde allseitig mit Beifall

Alsdann wurde die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern fortgesetzt. Das Rededuell, welches sich in der letzten Sitzung am Freitag zwischen den Abgg.

Wente als Mitbegründer des Bauerbundes und Dr. Diedrich Hahn als Direktor des Bundes der Landwirte abgewickelt hatte, wurde gestern von dem Abg. Dr. Boehme, dem Geschäfts­führer des neugegründeten Bauernbundes, wieder ausgenommen. Der Abg. Dr. Boehme, der früher der Wirtschaftlichen Ver­einigung des Reichstages angehörte, ist bekanntlich nach seinem Uebertritt zum Bauernbund aus derselben ausgeschieden und jetzt fraktionslos. Da der Deutsche Bauernbund als eine Filiale des Hansabundes sich selbstverständlich der linksliberalen Sympathien zu erfreuen hat, was ihm bei den Laudwirten nicht gerade günstig ist, begann er mit der Versicherung, daß auch der Deutsche Bauernbund unbedingt an der deutschen Schutzzollpolitik festhalten werde. Alsdann trat er in eine Polemik gegen den Abgeord­

bei einem Versuche bleiven. Ruch der nntionamerral­

Fuhrmann begann mit einer Polemik gegen den Abgeordneten Dr. Hahn. Die Reden der bauernbündlerischen Abgeordneten Böhme und Fuhrmann fanden eine gründliche Erwiderung von seiten des Abgeordneten Dr. Hahn, der wieder mal als der Sieger aus diesem Rededuell hervorging. Auch Abgeordneter Dr. Heim griff in die Debatte ein und erweckte durch seine sach­lichen Ausführungen, die mit dem bei ihm bekannten Humor ausstaffiert waren, das Interesse des ganzen Hauses. Insbeson­dere wurde dadurch der in der liberalen Presse so sehr geruymte

an den Deutschen Baueri Die nebenher gehende

Anschluß des Fränkischen Bauernbundes bund in das richtige Licht gestellt.

Debatte hatte ein geringes Interesse.

begann gestern die Spezialberatung des Etats der Berg= und Salinen=Verwaltung. Auf eine Anregung des Abg. Kessel(kons.) erklärte Handelsminister Sydow, daß er gern dahin wirken werde, diesen Etat übersichtlicher zu gestalten. Es werde Aufgabe der Budgetkommission sein, zu untersuchen, warum der diesjährige Abschluß des Etats weniger günstig sei Inzwischen war ein sozialdemokratischer Antrag Borgmann eingelaufen, der genaue Angaben über Arbeitszeit und Arbeits­leistung der staatlichen Bergwerksarbeiter verlangt. Es beschlossen, diesen Antrag ebenfalls bei der allgemeinen Debatte über den Bergwerksetat zu behandeln. Im Mittelpunkt der Debatte stand die Rede des Abg. Brust(Zentr.), da derselbe als alter Bergmann aus seiner Kenntnis des gegenwärtigen

Feuilleton des Kölner Local=Anzeiger. 2 März 1910.

Auf dem Reimerhof.

(12) Novelle von Fritz Gantzer.

Die furchtbare Erregung fiel in sich zusammen.

Nein, nein... doch ja,... nein... stotterte sie auf die Frage, noch halb abwesend. Und dann kam die Sehnsucht nach Licht, nach Helligkeit, die alles spuk= und schattenhaft Erscheinende verdrängte, mit solcher Allgewalt über sie, daß sie mit noch immer zitternden Knien in das Zimmer ging und die Lampe entzündete.

Da ward es ganz ruhig in ihr. Als die alte Reimer­hofbauerin ging sie mit der in der Rechten hochgetragenen Lampe auf den Flur zurück. Das volle Licht fiel auf katharina Randows Gestalt, die mit geschlossenen Augen segen den Türpfosten gelehnt stand.

Um des Himmels willen! Wie sah das Mädchen aus! Bleich wie der Tod! Das Haar hing ihr nebelfeucht ino wirr im Gesicht. Und quer über Stirn und linke Dange hinweg lief ein blutunterlaufener, dickgeschwollener Streifen wie von einem Peitschenhieb.

Auf nackten Füßen stand sie in der Tür, staubbeschmutzt. der dürftige Rock hing ihr zerschlissen und zerfetzt am norper. Ihre ganze Erscheinung mutete an, als wäre sie Lochenlang hungernd auf der Landstraße gewandert und hatte sie im Gebüsch und im dürftigen Schutze von Heu­hobern genächtigt. Eine richtige Landstreicherin.

Und der Hunger war wohl das stärkste in ihr. Denn - nun der grelle Lichtschein ihre Augen zum Oeffnen ddung, war das erste Wort, das über ihre Lippen kam, ein Bekenntnis ihres Hungers.

Brot!" stieß sie heiser hervor.Um Gottes Barmherzig­eit willen, ein Stück Brot!

wehes Mitleid packte das Herz der Bäuerin. die legte ihren Arm um die Schultern der Ermatteten und führte sie ins Zimmer.

Romm, Katharina! sagte sie fast zärtlich.Ich will dich satt machen.

Sie schob ihr einen Stuhl am Tische zurecht, lud zum Setzen ein und trug herbei, was die wohlgefüllte Speise­

kammer bot.

Katharina hatte ihrem ganzen Beginnen mit apathischer Gleichgültigkeit zugeschaut. Aber als ihr dann eine Schnitte Brot auf den Teller gelegt wurde, kam ein funkelndes Begehren in ihre Augen. Mit zitternden Händen griff sie danach und würgte es mit hungriger Gier hinab. Ein vor ihr stehendes Glas Milch verschlang sie unterdessen fast mit den Blicken. Als sie dann auch dies hinuntergestürzt hatte, lehnte sie sich aufseufzend zurück, schloß sekunden; lang die Augen und begann dann ein Erzählen. Mit zitternder, leiser Stimme, stockend und mitunter lange Pausen machend, als fehle es ihr an Kraft zum Weiter­reden.

Und die Reimerhofbäuerin vernahm:

Ich weiß nicht, was ich Ihnen zuerst sagen soll, Frau Reimer. Ich glaube, es muß ein heißer Dank sein. Zum zweiten Male haben Sie mir Ihr Haus geöffnet. Diesmal einer, die am Verzweifeln und Verhungern war. Und ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll... Wie das alles kam? Ja, wie war es doch! Mein Kopf ist wirr und wüst. Er läßt ein klares Denken kaum noch zu... Aber so war es wohl: Ich kam auf den Lindenhof zu meinen Verwandten. Damals an jenem Regentage. Ich wußte sofort, was ich schon unterwegs geahnt: Gut wirst du's hier nicht haben. Ich fand kaum ein freundliches Auge. Nur der Jüngsten Gesicht lächelte mich an. Und der verbot man's barsch.

Ich wollte arbeiten. Gewiß. Und ich hab's mit red­lichem Willen getan, so gut ich gekonnt. Aber ich machte es weder dem Bauer recht, noch der Bäuerin. Am aller­wenigsten der Aeltesten. Sie ließ mir keine ruhige Viertel­stunde, und ihr höhnisches Reden nahm kein Ende.Ja, auf dem Reimerhof bist hier freilich nicht, hieß es.Da hätt'st wohl bleiben mögen? Gelt? Da wärst gepflegt worden wie eine Prinzessin. Aber hier ist kein Reimerhof. Hier bist Magd. Und hier sollst du's bleiben.

Ich hab's nicht hören gewollt und bin still meiner Ar­beit nachgegangen. Aber all mein Sinnen und Denken war immerfort mit Sehnsucht hier. Und ich hab heimlich

oft geweint.

Dann sing die Katharin' anders an. Sie erging sich in Schmähworten über den Hansjakob und nannte ihn

einen ehrlosen Lump.

Da bin ich aufgefahren und hab' ihr's verboten, so zu reden. Sie hat höhnisch gelacht und es abermals gesagt. Ich bin maßlos zornig geworden, und wiederum hab' ich gefordert:Laß das!"

Sie hat nicht geschwiegen. Da bin ich dicht vor sie hin­getreten und hab gesagt:So du noch ein einzig schlechtes Wort über den Hansjakob sprichst, lauf' ich aus eurem Dienst. Er ist besser als ihr alle zusammen. Da hat sie das Gesicht in Wut verzerrt, zu einer Peitsche gegriffen, die gerade neben ihr gestanden, und mich, ehe ich zurück­springen konnte, geschlagen. Sehen Sie, Frau Reimer, dies Mal hat sie mir gezeichnet.

Stöhnend schwieg Katharina. Die aufs neue mächtig in ihr lebendia werdende Erinnerung an die zugefügte Schmach verhinderte sie minutenlang am Weiterreden.

Die Reimerhofbäuerin suß mit tiefgesenktem Kopf und fand kein Wort. Es war ihr, als wenn ein leises Gefühl der Beschämung in ihr aussteige. Aber ehe es ihr recht zum Bewußtsein kam, redete Katharina schon weiter.

Ich will's kurz machen: Ich blieb nicht länger. Wie ich ging und stand, lief ich davon, voller Scham und Grimm und voller Sehnsucht nach einem freundlichen Menschengesicht. Ich wollte zu Ihnen. Es trieb mich, als wüßte ich in diesem Hause treue Mutteraugen und streichelnde, liedtosende Mutterhände, die alles hinwegwischen und gut­machen, was die böse Welt da draußen getan. Aber ich wagte es nicht. Ich fürchtete mich. Vor mir selber.

Fortsetzung folgt.)

Neues Feuilleton siehe Seite 6.