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General-Anzeiger für die rheinische Hauptstadt. 2 Kölner Fremdenblatt.

Nr. 18. 24. Jahrgang. Geschäftsstelle: Fernspr. 420. Köln, Mittwoch, 19. Januar 19/0. Redakt.: 5231,5232,5233,5234. Heute 12 Seiten.

das Neueste vom Tage.

Auf dem in der Abteufe befindlichen Schacht Vder Zeche Holland in Gelsenkirchen wurden heute nacht 11 Uhr sechs Bergleute ver­schuttet. Die Bergleute konnten sich anscheinend in eine Mauer­nische retten. Die Rettungsarve##ten sind im Gange.

In Hetschburg bei Weimar ist gestern ein Vulverturm in die Luft geflogen, weil vermutlich Arbeiter bei der Füllung von Signalkapseln nicht vorsichtig umgingen. Drei Menschen­leben sind zu beklagen.

an der Budgetkommission des Reichstages bezeichnete Staats­sekretär Dernburg den Zeitpunkt zur Uebernahme der Otavi­bayn in Südwestafrika auf das Reich für vorteilhaft; nicht so sicher sei die Rentabilität einer Nord=Südbahn.

Die badische Regierung hat mit Rücksicht auf die geringe Größe des Landes den Plan einer eigenen Staatslotterie auf­gegeben. Dagegen soll der Anschluß an die preußische Klassen­lotterie(mit einem Ertrage von 500000 M. für Baden) erwogen

werden.

Bei den englischen Wahlen wurden bis gestern abend 11 Uhr als gewählt gezählt: 120 Unioniften, 97 Liberale, 21 Kan­didaten der Arbeiterpartei, 28 Nationalisten. Die Unionisten ge­wannen 52 und die Liberalen 9 Mandate, die Arbeiter 1.

In Tiflis entaleine ein vollbesetzter Straßenbahnwagen wegen Versagens der Bremse auf einem steilen Abwege und stürzte um. Es wurden sieben Tote und elf Schwerverwundete ge­borgen.

CO Im Reichstage wurde gestern die Beratung von Interpella­

tionen fortgesetzt. Zunächst kam die sozialdemokratische Inter­pellation über den Mansfelder Bergarbeiterstreik zur Verhandlung, welche darüber Beschwerde führt, daß bei diesem Streik Militär zugezogen worden sei, um den Bergarbeitern die Ausübung ihres Koalitionsrechtes zu erschweren und sie an dessen Ausübung zu hindern, und daß ferner Offiziere und Be­amte sich viele Verstöße gegen Reichsgesetze hätten zu schulden kommen lassen. Gewissermaßen als Illustration zur Begründung dieser Interpellation waren auf denTisch des Hauses" ver­schiedene Zeitschriften mit Bildern niedergelegt.

Der sozialdemokratische Abg. Sachse, der Vorsitzende des sozialdemokratischen Bergarbeiterverbandes, begründete die Inter­pellation. Er wies darauf hin, daß der Mansfelder Bergarbeiter­streik nur deshalb entstanden sei, weil man den Arbeitern das Koalitionsrecht nicht zugestehen wollte, und sie deshalb maßregelte. Trotz der Anwesenheit des Militärs seien aber Ausschreitungen der Arbeiter nicht vorgekommen. Die Bergherren seien in bru­taler Weise vorgegangen; sie hätten mit allen möglichen Mitteln versucht, die Arveiter in den reichstreuen Bergarbeiterverein hineinzudrängen, einen förmlichen Spitzeldienst eingerichtet und die Leute, die sozialdemokratischen Versammlungen beiwohnten, brutal gemaßregelt. Dabei sei die wirtschaftliche Lage der Ar­

beiter eine denkbar traurige geworden, der Durchschnittslohn sei im Jahre 1909 auf 3,38 M. herabgesunken. Die Arbeiter hätten sich auch über schlechte Behandlung zu beklagen gehabt, der Gesundheitszustand habe sich ungeheuer verschlechtert und die Knappschaftsärzte hätten nichts tun können, da sie nach der Pfeife der Bergherren hätten tanzen müssen. Nicht nur die Arbeiter sondern auch die Bürger hätten unter dem Streik und der Militärherrschaft zu leiden gehabt, und die Offiziere hätten es wohl bedauert, das die Sozialdemokratie die Ordnung auf­recht erhalten habe, so daß sie von den Maschinengewehren keinen Gebrauch machen konnten und den sozialdemokratischen Ordnungs­männern sogar ein Zeugnis ihres Wohlverhaltens ausstellen mußten.

Staatssekretär Dr. Delbrück beantwortete die Interpellation mit dem Hinweise darauf, daß das Militär nach Artikel 66 der Reichsverfassung von den zuständigen Landräten herangezogen worden sei, nachdem namentlich in Hettstedt schwere Ausschrei­tungen verübt worden seien, denen gegenüber Polizei und Gen­darmerie wehrlos gewesen seien. Damit seien die Voraussetzun­gen für die Heranziehung von Militär erfüllt gewesen. Darüber, daß Militär und Beamte sich mit den Reichsgesetzen in Wider­spruch gesetzt hätten, seien Klagen bisher nicht erhoben worden.

Der Kriegsminister Frhr. von Heeringen erklärte die Angriffe der Interpellation gegen das Militär für durchaus un­begründet. Die Truppen seien auf Anordnung der zuständigen Behörden in das Streikgebiet berufen worden. Die Koalitions­freiheit sei dadurch in keiner Weise gefährdet worden, und wenn die Streikleitung sich ruhig verhalten habe, so sei das nur mit Rücksicht auf die Anwesenheit der Truppe geschehen; die Truppe habe auch nicht zurückgezogen werden können, bevor der Streik zu Ende war. Bei diesen Ausführungen des Kriegsministers erhob sich ein wachsender Lärm in den Reihen der Sozialdemo­kratie, der schließlich so ohrenbetäubend wurde, daß der Vize­präsident Erbprinz zu Hohenlohe kaum die Ruhe wiederherstellen konnte. Der Kriegsminister ging dann unter fortdauerndem Widerspruch vonseiten der Sozialdemokraten auf die Ausfüh­rungen des Abg. Sachse näher ein und schloß damit, daß bei der ganzen Geschichte so gut wie nichts herausgekommen sei, und daß es die erste Aufgabe des Militärs sei, das Vaterland zu schützen.

Der freikonservative Abg. Arendt als Vertreter des Mans­felder Bergkreises im Reichstage trat unter wachsendem Lärm der Sozialdemokraten ebenfalls den Ausführungen des Abgeord­neten Sachse entgegen, die er als maßlose Uebertreibungen kennzeichnete. Mit vollem Recht wies aber der Abgeordnete Arendt darauf hin, daß die Sozialdemokraten selbst die Koali­tionsfreiheit nicht respektierten, sondern Andersdenkende drang­salierten und sie in ihre Organisation hineinzuzwingen sich be­mühten.

4g

Abg. Dr. Fleischer(Zentrum) trat aus seiner eigenen Kenntnis der Verhältnisse im Mansfeldischen den Ausführungen

des Abg. Sachse entgegen und stellte u. a. fest, daß die arbeits­willigen katholischen Arbeiter bei dem Streik ihres Lebens nicht mehr sicher gewesen seien, daß sie von den sozialdemokratischen Arbeitern terrorisiert worden seien, wie nie zuvor. Den Sozial­demokraten waren diese Feststellungen sehr unbequem; aber mit dem WorteLügen", wofür sie vom Präsidenten zur Ordnung gerufen wurden, konnten sie dieselben nicht mehr aus der Welt schaffen. Mit Recht erklärte Abg. Dr. Fleischer, daß die Sozial­demokraten, wenn sie einen andersdenkenden Verband so sehr terrorisierten, nicht das Recht hätten, sich hier als Hüter der Koalitionsfreiheit aufzuspielen. Der Vertreter der katholischen Fachabteilungen sei nicht einmal in einer Versammlung zuge­lassen worden, um seinen Standpunkt darzulegen. Ebenso ge­fährlich, wie der Herrentrotz der Unternehmer, sei das Drauf­gängertum der Streikorganisationen. Redner beurteilt dann

gungerenm der Sirellergansnt

vom Standpunkt der katholischen Fachabteilungen aus den Streik. Der konservative Abg. Pauli(Potsdam) stellte fest, daß der

Abg. Fleischer die Ausführungen des Abg. Sachse recht gründlich widerlegt habe. Der freisinnige Aba. Gothein hielt die

Hinzuziehung von Militär, die nur im äußersten Notfalle ge­schehen solle, nicht für geboten. Abg. Vogel(nat.=lib.) behaup­tete, daß die ganze Aufregung im Mansfeldschen künstlich geschürt worden sei. Ohne die Furcht vor Maschinengewehren hätte aber die Ordnung kaum aufrecht erhalten werden können. Abg. Breiski(Pole) bestritt die Notwendigkeit einer Heranziehung des Militärs.

Zum Schluß bemerkte der Abg. Giesberts(Zentr.), den Standpunkt der christlichen Gewerkschaften vertretend, daß er bezüglich der Solidarität der Interessen der Mansfelder Arbeiter und der daraus fließenden Berechtigung zur Arbeitsniederlegung anderer Meinung sei als sein Kollege Fleischer. Das Ganze gelte von der Frage der Heranziehung des Militärs. Die Heran­ziehung von Militär sei wohl mehr geschehen zur Einschüchterung der Arbeiter als zur Aufrechterhaltung der Ordnung.

Heute findet eine Interpellation betr. Handhabung des Vereins­gesetzes statt.

0 Im Abgeordnetenhause erbat sich beim Beginn der

gestrigen Sitzung der Präsident v. Kröcher die Erlaubnis, dem Kaiser zu seinem Geburtstage die Glückwünsche des Hauses darzubringen. Darauf wurde die erste Lesung des Etats fort­gesetzt. Der Abg. Dr. Pachnicke(Freis. Ver.) begann seine Rede mit einer Beschwerde über die andauernde Abwesenheit des Reichskanzlers, durch die ein Einblick in die Stellungnahme des­selben zu den allgemeinen politischen Fragen unmöglich gemacht werde, und die in einem konstitutionellen Staate nicht angebracht sei. Wenn der Finanzminister v. Rheinbaben in die Bresche einspringe, so könne das nicht als ausreichender Ersatz für das Fehlen des Ministerpräsidenten betrachtet werden, denn die Volks­vertreter wollten mit dem Ministerpräsidenten selbst verkehren, damit jede Partei wisse, wie sie mit dem neuen Mann dran sei. Der gegenwärtige Ministerpräsident von Bethmann Hollweg habe

Feuilleton des Kölner Local=Anzeiger. 19. Jan. 1910.

# Unter der Last der Krone.

50] Roman von R. M. White.

Das sollte Ihnen schwer werden, unterbrach sie Peretori kurz.Aber da tauchen ja auch endlich ein paar männliche Individuen auf. Kommen Sie nur bitte herunter, wenn's

beliebt! Die Frau Gräfin ist verreist da, wenn Sie's

mir nicht glauben, lesen Sie den Brief, den sie für Annette zurückgelassen hat. Ich wollte ihr eine wichtige Nachricht bringen, und ich kam noch in so früher Stunde, weil ich davon unterrichtet war, daß sie abzureisen gedachte. Wie ich mich mit diesem Herrn hier dem Hause nähere, sehe ich die Gestalt eines Mannes hineinschlüpfen. Wir beschleunigen unsere Schritte und finden auch tatsächlich die Haustür offen

eine sträfliche Nachlässigkeit; denn es stand ja jedem Strolch

frei, sich hier einzuschleichen. Von dem Mann, den wir hatten hineingehen sehen, war nichts mehr zu erblicken. Ich habe geklingelt, daß mir die Finger davon erlahmt sind, aber kein Minsch hat sich gerührt. Ich glaubte schon, das Haus wäre ausgestorben, als ich Sie endlich kommen hörte. Vorwärts, wir mussen das ganze Haus durchsuchen! Irgendwo muß sich doch der Kerl verborgen halten.

Sein Auftreten war so entschieden, und er sah über­dies so vornehm aus, daß niemand einen Widerspruch wagte. Man drehte überall in den unteren Zimmern das elektrische Licht auf, da es doch noch niat hell genug war, um auch in die Ecken und Winkel sehen zu können. Alle Zimmer wurden auf das genaueste durchsucht, und schließlich beteiligte sich die gesamte Dienerschaft daran; denn die Nachricht, daß sich jemand eingeschlichen habe, hatte sich inzwischen im ganzen Hause verbreitet und die Leute sehr rasch aus den Federn getrieben.

Eine Viertelstunde etwa mochte man vergeblich gesucht haben, als Peretori plötzlich sogte:

WVier unten ist er offenbar nicht. Er muß sich in ein

Was liegen da für

oberes Stockwerk gefluchtet haben.

Räume

In der ersten Etage liegen nur die Gesellschafts­zimmer; sie haben einen besonderen Zugang, der stets ver­schlossen gehalten wird," erwiderie die Person, die zuerst ge­kommen war und offenbar den Possen einer Haushälterin innehatte.Wenn er nach oben gegangen ist, kann er nur im zu eiten Stock sein, wo unsere Zimmer, die Küche Wäsche­kammer, Plättstube und solche Räume sind, oder er ist auf den Boden hinaufgegangen.

Das ist das wahrscheinlichste! meinte Peretori.Wir hätten da zuerst suchen sollen.

Da kam von der Tür des Zimmers her ein leiser Auf­schrei; als der Prinz sich umwandte, gewahrte er Annette, die Zofe der Gräfin.

Wenn der Kerl auf den Boden gegangen ist, kann er auch in mein Zimmer geschlichen sein, erklärte sie ängstlich. Es liegt oben auf dem Boden. Es muß gleich nachgesehen werden gleich! Ich wage mich nicht eher wieder hinauf. Ter Kerl kann sich ja unter das Bett gelegt haben, und ich werde vielleicht ermordet, während ich schlafe.

Gewiß wir wollen sogleich hinaufgehen, stimmte ihr Peretori bereitwillgst zu. Er konnte ein triumphierendes Lächeln kaum unterdrücken.Rufen Sie nur die Leute zu­sammen, daß sie mich begleiten.

Er machte Lechmere, der allem ziemlich verständnislos zugesehen hatte, ein kurzes Zeichen und kehrte zur Treppe zurück. Dort flüsterte er ihm hastig zu:

Vernehen Sie nun, weshalb ich diese Komödie ins Werk setzte? Wir müssen den anderen vorausgehen und die Kammer des Mädchens in aller Eile durchsuchen. Der Einbrecher wird ja natürlich nicht gefunden werden, viel­leicht aber etwas anderes.

Er zwinkerte mit den Augen und stieg dann hastig, immer mehrere Stusen auf einmal nehmend, die Treppe hi auf. Lechmere konnte ihm taum folgen und war ganz außer Atem, als sie oben anlangten.

Eine angenehme Kletterpartie! meinte er, sich ver­

pustend.Nun aber aus Werk. Hoffentlich haben wir uns nicht vergeblich angestrengt.

Es waren oben zwei Türen; die eine führte, wie Peretorie sich rasch überzeugte, zu den Bodenräumen, die andere in die Kammer des Mädchens. Sie traten schnell ein und sahen sich nach einem Versieck um, das Annette mög­licherweise zur Unterbringung der Dokumente gedient haben konnte.

Die Einrichtung des Raumes war natürlich nur sehr einfach und bestand in einem Schrank, einem Waschtisch, Bett und dem Korbe des Mädchens. Außerdem waren ein paar schlecht gedruckte Bilder an die Wand genagelt, neben Photographien in billigen Holzrahmen, die kein glänzendes Zeugnis für den Lebenswandel des Mädchens ablegten zumeist waren es Soldaten in Unisorm, deren Kontersei hier hing.

Peretori deutete stumm auf den Schrank, während er selbst daran ging, den unverschlossenen Korb zu durchsuchen. Lechmere verstand die Aufforderung und machte sich seiner­seits daran, in dem Schrank nach den Dokumenten zu forschen.

Es mußte natürlich sehr schnell gehen, denn in jedem Augenblick konnte ja jemand kommen. Lechmere war denn auch mit seiner Musterung rasch zu Ende; in dem Schrank waren die Schriftstücke sicherlich nicht verborgen.

Aber auch das Forschen in dem Korbe blieb ergebnislos, ebenso eine Durchstöberung der Waschtisch=Schubladen. Annette schien die Papiere an einem anderen Orte als in ihrer Kammer verborgen zu haben.

Lechmere und der Prinz hatten die Sachen kaum wieder notdürftig in Ordnung gebracht, als sie die Schritte der Männer, die ihnen gefolgt waren, auf der Treppe hörten. Sie verließen eiligst die Kammer des Mädchens und gingen in die Bodenräume hinüber.

Peretori schien plötzlich irgend einen Entschluß gefaßt zu haben. Er durchschritt rasch sämtliche Räume des Bodens und stand schließlich, ganz wie er erwartet hatte, an einem zweiten Ausgang, der auf eine Hintertreppe hinausführte.