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General-Anzeiger für die rheinische Hauptstackt. 2 Kölner Fremdenblatt.

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Nr. 343. 23. Jahrgang. Geschäftsstelle: Fernspr. 420., Köln, Mittwoch, 8. Dezember 1909. Redakt.: 5231,5232,5233,5234. Heute 20 Seiten.

Das Neueste vom Cage.

Im Hamburger Freihafen explodierte gestern ein Gasometer in einem Gaswerk. Im Nu stand das Gebäude in Flammen. 2as Dach stürzte ein. Bisher sind sechs Leichen geborgen. 40 Personen sind im Krankenhaus eingeliefert worden, von denen bereits mehrere ihren Verletzungen erlegen sind. Es sollen sich noch mehrere Leute unter den Trümmern befinden.(Siehe Seite.)

Der Fischereikreuzer Ziethen und das Torpedoboot S 61 sind von Wilhelmshaven aus in See gegangen, um Nachforschungen nach dem Verbleib eines seit dem letzten großen Sturme ver­nißten Finkenwärder Fischerkutters anzustellen.

Vom Schöffengericht in Hamm(Westfalen) ist der Redak­teur Gulbranson vom Simplizissimus wegen Beleidigung der Zeche Radboo zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Ler König von Dänemark ist gestern wieder in Kopen­hagen von seiner Auslandsreise eingetroffen.

Turch die Explosion einer Pulverfabrik in Umbogint­wini(Sudafrita) wurden zwei Europäer und drei Eingeborene gerotet und ein Europäer und fünf Eingeborene schwer verletzt.

= Die Stärke der Parteien im Reichstage

hat sich seit Beginn der laufenden Legislaturperiode(25. Januar bzw. 5. Februar 1907) bezüglich der Mitgliederzahl nicht wesentlich verschoben. Und doch hat der Tod bei den 397 Volksvertretern seildem reichliche Ernte gehalten. An die zahlreichen Ersatz­wahlen haben sich bekanntlich jeweils eingehende Erörterungen in allen Parteilagern geknüpft. Es sind bis heute durch Tod 21 Mitglieder ausgeschieden. Diese verteilen sich auf die Par­tien wie folgt: Zentrum 6(die Abgg. Prinz v. Arenberg, Dasbach, Dr. Ruegenberg, Graf v. Hompesch, Wattendorff und de Witt), Konservatie 6(die Abgg. Nißler, Fürst zu Inn= und Kayphausen, Zindler, v. Winterfeldt=Menkin, v. Gersdorff und Böning), Nationalliberale 4(die Abgg. v. Kaufmann, Reese, Schellhorn und Quarck), Freisinnige Volkspartei 1(Schmidt­Halle) und 1Wilder(Keller=Bingen=Alzey), Sozialdemokratie 3(die Abgg. Auer, Ehrhart und Goldstein). Jufolge Man­datsniederlegung sind 8 Abgeordnete ausgeschieden(3 Polen, 2 Wirtschaftliche Vereinigung, 2 Nationalliberale und 1 Zeu­trum). Bei den bisher getätigten Ersatzwahlen hat das Zentrum (außer Wahrung des alten Besitzes) ein Mandat erobert(Bingen­Alzey), die Nationalliberalen haben einen Sitz von der Wirt­schaftlichen Vereinigung gewonnen(Siegen=Wittgenstein=Bieden kepf), dagegen zwei an die Sozialdemokratie verloren(Neustadt­Landau und Koburg). Die Freisinnige Volkspartei hat ebenfalls ein Mandat an die Sozialdemokratie verloren(Halle), und die Konservativen haben einen Sitz(Emden=Leer) an die Freisinnige Vereinigung abgegeben. Die Sozialdemokratie hat die obigen drei Mandate gewonnen. Zwei Reichstagssitze sind zurzeit un­

besetzt: Mülheim=Wipperfürth(de Witt) und Eisenach=Dermbach (Schack). Die größeren Parteien sind also so ziemlich in ihrer bisherigen numerischen Stärke in den Reichstag zurückgekehrt, das Zentrum(einschl. der Elsaß=Lothringer) mit 109, die Kon­servativen mit 59, die Reichspartei mit 24, die drei linkslibe­ralen Parteien mit zusammen 49 Abgeordneten. Ten größten Gewinn bei den inzwischen nötig gewordenen Ersatzwahlen haben die Sozialdemorraten zu verzeichnen. Die Zahl ihrer Fraktionsmitglieder hat sich von 43 auf 46 erhöht. Den größten Verlust haben die Nationalliberalen erlitten. Sie haben zunächst von ihren 55 Mandaten zwei an die Sozialdemokratie abgeben müssen und weiter drei hervorragende Fraktionsmit­glieder verloren durch den infolge Meinungsoifferenzen bei Ver­abschiedung der Reichsfinanzreform erfolgten Austritt der Abgg. Frhr. v. Heyl, Graf Oriola und Lehmann.

Eine sozialdemokratischeHinrichtung. Eine Bluttat hat ein sozuldemokratischer Gemeindeschullehrer in Ougrée bei Lüttich an seiner Frau begangen, welche ihm untreu war. Der Mann hat seine Frau erschossen. Das ist ein Familiendrama, wie es leider nicht allein da steht, aber der Vorgang hat nach der grundsätzlichen Seite Momente, welche die belgische Presse zu einer besonderen Beleuchtung des­selben veranlassen. Der schon seiner Parteizugehörigkeit, seiner politischen, religiösen und moralischen Weltanschauung nach ge­kennzeichnete Mörder hat nach der Gazette de Lége in den ersten Reihen an dem Ferrerrummel teilgenommen, um gegen die nach den Sozialisten verbrecherische Verurteilung und Hin­richtung des Anarchisten und Mordprofessors Ferrer zu pro­testieren. Mit welchem Recht verurteilt ein Sozialist die freie Liebe? Mit welchem Recht verurteilt und tötet ein Sozialist seine Genossin, die von ihrer Freiheit Gebrauch gemacht hat? Die sozialdemokratischen Grundsätze schließen jedes Recht dieser Art aus. DieHinrichtung der Frau erfolgte ohne jede juristische Formalität. Sie fand bei verschlossenen Türen, ohne Verteidiger, ohne Zeugen, nachts statt. Man könnte behaupten, sie sei infolge Meinungsdelikts erfolgt, der Mann machte sich zum Richter und zum Henker, nachdem er sich auf Grund von Handschriften seine Ueberzeugung gebildet, schreitet er zur un­mittelbaren Exekution. Und weiter immer nach der grund­sätzlichen Seite: Man hat von sozialistischer Seite die Schauer der Exekution in den Gräben von Montjnich ausgemalt; ist die Küche, wo eine Frau mit dem Revolver am Gesicht nieder­gemacht wird, weniger tragisch? Ist eine solche expeditive Rechts­pflege nicht überraschend bei einem Mann, der die spanischen Bräuche so heftig geschmäht hat? Hatten es die Henker Ferrers so eilig? Die Sozialisten haben verkündigt, daß ihre Lehren die gesellschaftliche Atmosphäre reinigen würden! Ehegatten würden sich friedlich trennen, wenn sie einander nicht mehr paßten, und ohne Groll auseinander gehen. Das ist nicht ein­getroffen. Die Trennung ist nicht immer friedlich; es geht auch der Revolver dabei los. Auch in der Geschichte Ferrers.

Feuilleton des Kölner Local=Anzeiger. 8. Dez. 1909.

# Unter der Last der Krone.

10] Roman von R. M. White.

Er nahm ein Päckchen aus seiner Tasche, dem er zwei kleine, sorgfältig verschlossene Phiolen entnahm.

Ich erhielt dies von Doktor Solerno, sagte er.Die eine Medizin muß ihm alle zehn Minuten tropfenweise auf die Lippen geträufelt werden. Die andere erhält er alle Stunden einen Teelöffel voll in ein Glas Wasser. Doktor Salerno erklärte mir, daß eine zweite derartige Ausschweifung dem Könige verhängnisvoll werden müsse. Seine Konstitution wäre nicht mehr so stark, daß sich Erno derartiges leisten könne.

Er neigte sich über den Kopf des Schläfers und ließ sorglich einen Tropfen aus der kleineren Flasche auf seine Lppen fallen. Der König machte eine schluckende Be­wegung und wandte sich dann auf die Seite.

Geben Sie Vera Galloway das Zeichen, sagte die Königin.Ich muß in die Salons zurückkehren.

General Maxgregor trat an das Fenster und lüftete zwei­mal rasch den Vorh ng. Einige Minuten vergingen, ohne daß das junge Mädchen gekommen wäre,

Die Königin und der General wechselten erstaunte Blicke.

Warum kommt sie nicht? fragte die Königin.Viel­leicht wird sie ebenfalls bewacht. Es kann einer unserer Feinde mir gefolgt sein und bemerkt haben, daß Vera im Garten zurückbrieb. Das wäre schlimm.

In diesem Augenblick erwachte der König. Er richtete sich halb auf und stierte aus kleinen, häßlichen Augen vor sich hin.

Die Königin war im Augenblick an seiner Seite und suchte die Worte zu verstehen, die er vor sich hinmurmelte. Er schien sie ansangs nicht zu bemerken; und als sein Blick endlich auf sie fiel, erkannte er sie nicht, sondern erblickte in ihr irgend eine Schreckensgestalt, die ihn wahrscheinlich in seinen Träumen gepeinigt hatte.

Bist Du da bist Du da! kam es in abgerissenen Lauten aus seinem Munde, wäjrend er Margarete in hellem Entsetzen anstarrte.Geh fort mit dem Messer fort, fort! Ich will das rote Kleid nicht, ich sehe aus darin wie ein Henker oh, Du willst mich ermorden? Fort, fort!

Mit einem wilden Schrei sprang der unglückliche Mann auf und eilte zum Fenster. Ehe ihn die beiden daran hatten hindern können, hatte er es aufgerissen und machte, fort­während schreiend, Miene, hinabzuspringen.

Ein Sprung brachte General Paul Maxgregor an seine Seite. Seine feste Faust packte den König von hinten und zog ihn in das Zimmer zurück, während die Königin rasch das Feuster schloß, Die Gefahr schien beseitigt; keiner dachte daran, daß man von der hohen Terrasse, die hinten den Garten abschloß, hatte in das Zimmer sehen können.

Der General hatte inzwischen den Konig, der siy aufäng. lich gegen seinen Griff heftig gesträubt hatte, wieder auf das Ruhelager niedergelegt. Er suchte ihm beruhigend zuzu­sprechen; König Erno aber verstand ihn nicht. Seine Blicke 1 irrten noch eine Weile im Zimmer umher; dann schlossen sich seine Augen wieder, und er sank von neuem in Schlummer.

Geben Sie noch einmal das Zeichen, Paul, sagte die Königin hastig, während sie ihrem Gemahl einen Tropfen der Medizin auf die Lippen träuselte;Vera muß kommen, wir brauchen hier noch jemanden, und ich darf überdies nicht länger der Geselischaft unten fern bleiben."

Margregor trat wieder an das Fenster und gab das Zeichen. Zwei Minuten noch blieb alles still; dann wurde in der mit Jessie verabredeten Weise an die Tür gepocht, und auf den leisen Ruf der Königin trat das junge Madchen ein.

8. Kapitel.

Ich konnte nicht eher kommen, da ich durch einen Menschen aufgehalten wurde, der sicherlich nichts von allem wissen darf, erklätte Jessie hastig.Majestät tennen den

Prinzen Boris Mazaroff

Sicherlich lenne ich ihn, erwiderte die Königin.Und

In Ougrée zielten die Revolverschüsse in der Untreue auf ein Meinungsdelikt. Wir wissen nicht, mit welchen Argumenten das sofort getötete Opfer sich verteidigt hat, aber es hätte doch seinem Henker sagen können: Ich habe nach den Prinzipien der Partei gehandelt, zu deren Stützen du gehörst. Als Frau eines Frei­denkers habe ich mich überzeugt, daß ich frei denken und handeln kann. Die freie Liebe hat ihre Propheten; ich könnte Bebel, Vandervelde und hundert andere auführen, die du besser kennst, als ich. Verstoße mich, dazu hast du ein Recht, aber du darfst mich nicht töten wegen einer Tat, welche die Freidenkerei nicht verurteilen darf.

* Verbrechergesellschaften iu Portugal.

Das Verbrechen des Königsmordes in Portugal ist immer noch nicht gesühnt Schüchtern suchte man nach den Uebeltätern, bis man es geraten fand, die Nachforschungen abzubrechen und alles im Dunkeln zu lassen. Die hochgestellten Persönlichkeiten, die für den Gang der Justiz im Lande verantwortlich sind, sahen sich auf Grund der Berichte der untergeordneten Stelle einer großen Geheimorganisation gegenüber, deren Mitglieder durch das Los zu den Verbrechen bestimmt werden. Durch eine Serie von Mordtaten, die sich an den Königsmord anschloß, wurde auch praktisch vorgeführt, daß diese Verbrechergesellschaften vor nichts zurückschrecken. Was sie sich vorgenommen, führen sie aus. Die Gerechtigkeit dankt ab vor einer geheimen Macht, die Todes­urteile nach Belieben fällt und vollziehen läßt und mit diesem Terror ein unheimliches Regiment ausübt.

Einige Zeit nach dem Königsmord stellte sich ein armer Schuh­macher der Polizei, um ihr mitzuteilen, zwei Republikaner hätten ihn aufgefordert, gegen gute Bezahlung eine Bombe in den Wagen zu werfen, der König Manuel nach dem Parlament bringen sollte. Log der Schuster? Die zwei Republikaner wur­den verhaftet. Der eine erlitt vor dem Untersuchungsrichter einen Herzschlag, der andere saß in Haft, als der Schuster ver­giftet aufgefunden wurde. In den letzten Zügen liegend, ver­sicherte er noch, daß man ihn aus dem Wege geräumt habe, weil er den teuflischen Plan verriet Aus Mangel an Beweisen wanderten die Akten ins Archiv.

Kurze Zeit darauf zeigte eine neue Untat, daß eine förmliche geheime Verbrechergesellschaft besteht. Einige Soldaten, die an der Revolution am 28. Januar teilgenommen, wurden auf Grund der Aussagen eines Sergeanten zu schweren Gefängnisstrafen verurteilt. Der Sergeant wurde nach drei Wochen auf der Straße von einem Unbekannten durch einen Dolchstich ins Herz getötet. Der Mörder ging flüchtig. Die in Lissahon erscheinen­den republikanischen Organe schrieben sofort, der Sergeant sei das Opfer eines eifersüchtigen Liebhabers geworden. Die Nach­forschungen der Polizei ergaben aber nicht das Mindeste in dieser Hinsicht. DerVerräter" warhingerichtet" worden.

Kürzlich wurde in der Zollverwaltung ein großer Waffendieb­stahl entdeckt. Ein Zollbeamter ging nach dieser Entdeckung

Sie taten klug daran, ihn nichts merken zu lassen. Er hat es nicht gesehen, daß Sie hier heraufgingen?

Nein! Ein Freund von mir war mir behilflich, ihn aus dem Garten zu bringen. Lord Merehaven wurde gebeten, ihn zu sich rufen zu lassen; er konnte gar kein Miß­

trauen sassen."

Gut, gut! Aber können wir auch ungesehen hinunter? Mazaroff wird für die nächsten zehn Minuten von Lord Merehaven in Anspruch genommen sein.

So lassen Sie uns gehen! Sie werden den König bewachen, mein General! Und Sie lassen niemanden ein, der nicht das verabredete Zeichen gibt.

Leise schloß hinter ihnen der General die Tür. Neben­einander schritten die beiden Frauen durch den Garten und durch die Salons beide hochgewachsen und schön, beide danach angetan, Bewunderung und Entzücken hervorzurufen. Wie königlich blickte Margarete von Astorien, wie mädchenhaft lieblich Jessie Harcourt! Ueberall verstummten unwillkürlich die Gespräche, wo die beiden vorübergingen.

Mit einem Händedruck und einem Blick, der Jessie reichlich für alle ausgestandene Angst und Sorge belohnte, entließ die Königin das junge Mädchen. Jessie zog sich in ein kleineres, stilles Nebengemach zurück; wenigstens für einen Augenblick mußte sie Ruhe haben.

Hinter einer Wand exotischer Gewächse, deren dichtes Blättergewirr keinem neugierigen Blick Zutritt gestattete, ließ sie sich auf einem Sessel nieder. Das seine Köpfchen sank ihr müde auf die Brust; schwer hatte sie mit dem Schlaf zu käm fen, der sie zu überwältigen drohte.

Da öffnete sich die Tür, und an der Seite eines vor­nehmen, grauhaarigen Diplomaten, in dem Jessie Lord Merehaven erkannte, betrat Prinz Boris Mazaroff den Raum.

Ich versichere Ihnen, mein Lord, daß ich nichts als die lautere Wahrheit spreche, hörte das junge Mädchen ihn sagen, während die beiden langsam dem Ausgange zuschritten, der in die Satons führte.Die geheimen Verträge zwischen Rußland und Astorien sind zur Unterzeichnung fertig. Sie