Samstag, 2. März 19.

62. Jahrgang Nr. 52.

Volksblatt für das Bergische Land

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Echt vver faisch, bas ist die Frage.

Gesteigerter Streit um die Utrechter Enthüllungen. Weitere Beweise. Weitere Dementis.

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Die holländische Regierung bat uichts mitzsteilen.

WTB Haag, 28. Febr.(Drahtb.) Der Minister des Auswärtigen Jonkher Bee­laerts van Blokland hat alle Gesuche holländischer und ausländischer Journalisten um Gewährung einer Unterredung ab­gelehnt mit der Begründung, daß er! zurzeit nichts mitzuteilen habe und daß die niederländische Regierung außerhalb der Enthüllungen des Utrechtsch Dagblad stehe.

Dem parlamentarischen Mitarbeiter des Telegraaf zufolge zeigt man sich in Haager amtlichen Kreisen überrascht über den Um­stand, daß der niederländische Schritt in Brüssel und Paris dort einen ungünstigen Eindruck gemacht haben soll. Man betont hier demgegenüber, daß die niederländische Regierung natürlich vollkommen berechtigt sei, auf freundschaftliche Weise Erkundigun­gen über derartige Veröffentlichungen ein­zuholen.

Weitere Behauptungen.

WTB Haag, 28. Fehr.(Drahbt.) Der Haaasche Courant enthält eine weitere Erklärung des Chefredakteurs des Ut­rechtsch Dagblads, Dr. Ritter, wonach er nicht nur das Protokoll der französisch­belaischen Generalbesprechungen vom Jahre 1927, sondern auch den französisch=belgischen Militärvertrag selbst in Händen gehabt hatte.

Noch ein Zeuge.

Allgemeen Handelsblad teilt, wie WTB aus Amsterdam berichtet, mit, daß auch ihm das Protokoll über die französisch=belgischen Generalstabsbespre­chungen vom Jahre 1927 zur Veröffentli­chung angeboten worden sei, ohne daß das Blatt jedoch Einsicht in das Dokument selbst erhalten hätte. Bevor Allgemeen Han­delsblad jedoch die Veröffentlichung näher ins Auge fassen wollte, habe es einige Be­dingungen, die sich auf die Untersu­chung nach der Echtbeit des Dokumentes bezogen, gestellt, die jedoch nicht erfüllt wor­den seien. Später seien jedoch, wie das Blatt wisse, die wichtigsten dieser Bedingun­gen, die auch dem Utrechtsch Daablad bekannt gewesen seien, diesem Blatt gegenüber er­füllt worden, worauf das Utrechtsch Dag­blad zur Veröffentlichung geschritten sei.

Die Außenminister erklären.

WTB Berlin, 1. März(Drahtb.) Von zuständiger Seite werden wir ermächtigt, un­sere früheren Meldungen zu den Veröffent­lichungen des Utrechter Tageblattes noch durch folgende Tatsache zu ergänzen:

In der Besprechung, die der deutsche Bot­schafter in London über die Angelegenheit im englischen Außenministerium hatte, ist Uebereinstimmung der deutschen und englischen Auffassung dahin festgestellt worden, daß der Rhein=Pakt von Lo­carno seinen Wert verlieren würde, wenn die Unparteilichkeit Eng­lands durch einseitige Abmachungen mit Frankreich oder Belgien, deren Spitze sich gegen Deutschland richtet, beeinträchtigt wür­de.

Von englischer Seite ist dazu mit Beziehung auf die Veröffentlichung des Ut­rechter Tageblattes erneut erklärt worden, daß keinerlei Zusammenarbeit englischer mi­litärischer Vertreter mit militärischen Ver­tretern Frankreichs und Belgiens stattgefun­den hätte, die mit der absoluten englischen Unparteilichkeit in Widerspruch stände, und daß die Parität der sich aus dem Rhein=Pakt

ergebenden englischen Garantie in keiner Weise kompromittiert sei.

Ferner hat der französische Außen­minister dem deutschen Botschafter in Paris im Laufe einer diplomatischen Un­terhaltung gestern von sich aus erklärt, daß die in Rede stehende Veröffentlichung von Anfang bis zu Ende eine Fälschung dar­stelle.

Der Außenminister habe hinzugefügt, daß die französische Regierung niemals daran gedacht habe und niemals daran den­ken würde, Verpflichtungen zu übernehmen, die mit den Bestimmungen des Rhein=Paktes oder auch nur mit seinem Geiste in Wider­spruch ständen.

Das Utrechtsch Dagblad gegen

die Dementis.

WTB Amsterdam, 1. März.(Drahtb.) Das Utrechtsch Dagblad betont im Hinblick

auf seine gestrige Veröffentlichung, daß es auch jetzt wieder Dementis erwarte. Die De­mentis der verschiedenen Regierungen zu sei­ner ersten Veröffentlichung seien außeror­dentlich unsicher gehalten gewesen wie dies nicht nur das Utrechtsch Dagblad selbst, son­dern auch die gesamte holländische Presse fest­gestellt habe. Man habe sehen können, welch geringer Wert solchen Dementis beigemessen werden könne. Abgesehen davon aber habe das Blatt das neue Dokument in der Zuver­sicht veröffentlicht, daß es dieselben Bürg­schaften, die es hinsichtlich der Echtheit des Geheimvertrages selbst und der bereits bekanntgegebenen Teile der Interpretation habe, auch mit Bezug auf die jetzt von dem Blatt wiedergegebene vollständige Veröffent­lichung besitze.

Das Atrechtsch Dagblad enthält in seiner heutigen Abendausgabe noch eine ergän­zende Mitteilung zu seiner gestrigen Veröffentlichung, die folgenden Wortlaut hat: In einigen ausländischen Blättern ist die Frage gestellt worden, warum wir die Veröffentlichung der auf das französisch=bel­gische Militärabkommen bezüglichen Doku­Tmente, die zu unserer-Verfügung standen, in zwei Abschnitten vorgenommen haben, und warum wir ursprünglich einen Auszug gege­ben haben. Die Antwort auf diese Frage lautet, daß wir der Ansicht waren, das ver­öffentlichen zu müssen, was besonders für Holland von Interesse war. Als unsere erste Veröffentlichung einen gewaltigen Widerhall im Auslande zur Folge hatte, meinten wir später, die vollständige Veröffentlichung vor­nehmen zu müssen.

Der Jandendon=gesanden.

Herr von Preger als der Schuldige. Held beruft ihn ab. Emmiüger als Nüchfolger.

Berlin München.

Berlin, 1. März. Der bayerische Ge­sandte in Berlin, Dr. v. Preger, ist von seinem Posten abberufen worden. Pre­ger war der Nachfolger des Grafen Lerchen­feld und hat jahrelang für die Interessen bayerischer Belange in Berlin gewirkt. Ge­sandter Preger ist in seinem politischen Auf­treten nicht immer sehr glücklich gewesen. Das hängt aber vielleicht weniger mit seiner Per­sönlichkeit als mit den Aufgaben seines Am­tes zusammen, das ja im wesentlichen in der Weiterleitung bayerischer Klagen an die Reichsregierung u. in Entschuldigungsbe­suchen für Münchener Ungeschicklichkeiten be­stand. Der letzte Besuch bei dem preußischen Ministerpräsidenten Braun, bei dem er die Angriffe Helds auf Preußen in einer Mün­chener Pressebesprechung erklären und ent­schuldigen sollte, ist ihm offenbar zum Ver­hängnis geworden.

Die demokratische Reichstagsfraktion hat im übrigen eine Interpellation eingebracht,

die sich mit dem Interview beschäftigt, daß der bayerische Ministerpräsident einem amerikanischen Blatt gegeben hat. In dieser Unterredung befinden sich wieder Angriffe gegen Preußen. Unter anderem soll Held be­kanntlich gesagt haben, das bayerische Volk habe es satt, durch Berlin unterdrückt zu wer­den. Die Interpellation fragt an, was die Reichsregierung zu tun gedenke, um derartige gegen die nationale Würde und gegen die na­tionalen Interessen verstoßenden Aeußerun­gen eines Ministerpräsidenten für die Zu­kunft zu verhindern.

Wer wird

Rechloloe

Berlin, 2. März. Dem Berliner Tage­blatt zufolge verlautet, daß als Nachfolger für den Bayerischen Gesandten v. Preger in Berlin der Abgeordnete und frühere Ju­stizminister Emminger in Aussicht ge­nommen sei. Allerdings sind noch eine gan­ze Reihe weiterer Kandidaten vorhanden, je­doch werden die Aussichten Errminzers als recht gut bezeichnet.

Aus den Hariamenten.

Dr. Bell gegen die Volkspartei. Deutschnationaler Miß­trauensantrag gegen Grzesinski.

Deutscher

Berlin, 1. März.

Der Reichstag hat heute in seiner Bera­tung eine Pause bis zum 13. März eintreten lassen. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung steht der Nachtragsetat für 1928 und der Etat für 1929. Der volksparteiliche Antrag auf Parlamentsreform wurde: dem Rechtsausschuß überwiesen.

Aus der Debatte sind noch die Ausführun­gen des Zentrumsredners Dr. Bell zu er­wähnen. Dieser richtete an die Volkspartei die Aufforderung, mitzuhelfen, daß möglichst schnell eine stabile Regierung zustande kom­ime. Das sei wertvollerer Dienst für das par­lamentarische System als die Annahme von Anträgen. Das Zentrum habe sich immer um eine: Beredelung des parlamentarischen Sy­stems bemüht, aber es halte an den Grundla­

gen dieses Systems und am Budgetrecht fest. Man dürfe bei der Kritik nicht das System mit der Handhabung des Systems verwech­seln. Daß es in Weimar gelungen sei, auf den Trümmern des zusammengebrochenen Kaiser­reichs ein neues Deutschland zu zimmern, sei eine Großtat in der deutschen Geschichte. Die Deutschnationalen vergäßen bei ihren Angrif­fen, daß das parlamentarische System 1918 auf Wunsch der Obersten Heeresleitung in Deutschland eingeführt worden sei. Die Män­gel des Systems habe das Zentrum wohl er­kannt und Dr. Wirth habe sie in der Inter­parlamentarischen Union geschildert. Wenn in Deutschland an die Stelle des Parlamenta­rismus die Diktatur treten würde, so wäre dies das Ende eines freien und entwicklungs­fähigen Deutschlands. Die mehr oder weni­ger verborgene Sehnsucht nach einer Diktatur und der wehleidige Ruf nach dem starken Manne helfe dem deutschen Volke nichts.

Wir brauchen eine starke Regierung, führte Dr. Bell weiter aus, und ein starkes Parlament. In diesem Sinne wollen wir die volksparteilichen Anträge im Ausschuß bera­ten, obwohl wir gegen diese Anträge in vielen Punkten starke Bedenken haben. Wir werden, um eine Reform zu erreichen, nötigenfalls auch vor einer Verfassungsänderung nicht zu­rückschrecken. Das beste Mittel gegen eine ver­antwortungslose Ausgabenwirtschaft ist eine starke koalitionsmäßig gebundene Regierung. die sich auf einen interfraktionellen Ausschuß stützt. Immerhin lassen sich neben dem volks­parteilichen Antrag verschiedene andere We­ge in dieser Frage geben. Wir erbitten von der Regierung eine Sammlung der verschie­denen parlamentarischen Systeme in den deutschen Ländern und im Auslande. Der Redner beantragte schließlich die Ueberwei­sung des Entwurfs an den Rechtsausschuß.

Gegen 8 Uhr war die Sitzung zu Ende. Auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung am Mittwoch, den 13. März, steht der Nach­tragsetat für 1928 und der Etat für 1929. In der Aussprache über die Tagesordnung der nächsten Sitzung wurde von den Nationalso­zialisten und Deutschnationalen eine schleu­nige Regierungserklärung zu den Enthüllun­gen über ein belaisch=französisches Militärab­kommen verlangt. Vizepräsident v. Kardorff erklärte, der Außenminister werde sicher nach seiner Rückkehr von Genf diese Dinge behan­deln

Berlin, 1. März. Der Preußische Landtag überwies in seiner heutigen Sit­zung zunächst einen Zentrumsantrag über die Aenderung des Polizeilastenaus­gleichs zugunsten der Städte mit nur kom­munaler Polizei an den Hauptausschuß.

Dann folgt die Beratung des deutschna­tionalen Mißtrauensantrages gegen den Innenminister der unter Hinweis auf die Erschießung eines Stahlhelmmitgliedes in Pankow damit begründet wird, daßdie mil­de Behandlung der kommunistischen Kampf­organisationen durch den preußischen Mini­ster des Innern das politische Verbrecher­tum immer mehr anwachsen läßt und die Sicherheit in Stadt und Land völlig unter­gräbt.

Innenminister Grzesinski gibt dann eine Sachdarstellung des Pankower Vorfalls und führt u. a. aus: Aus der selbstverständ­lich auch von mir wie von jedem anständigen Menschen aufs schärfste verurteilten Mordtat in Pankow schließen nun die Antragsteller, daß die Sicherheit in Stadt und Land durch angeblich milde Handhebung der polizeili­chen Machtmittel untergraben sei. Das ist eine Behauptung, die durch nichts gerechtfer­tigt ist. Im Gegenteil, die schnelle und rest­lose Aufklärung des Vorfalls, die vielleicht enanchem Hetzer das Konzept verdorben hat, ist allein der schnellen und sorgfältigen Ar­beit der oft geschmähten Polizei zu danken. Auch in vorbeugendem Sinne ist die Polizei intensiv tätig. Aber wollen Sie im Ernste behaupten, daß man grundsätzlich solche Ge­walttaten mit polizeilichen Mit­teln verhindern kann? Wer das be­hauptet, tut es aus politischer Demagogie heraus und nicht aus ehrlicher Ueberzeu­gung.(Sehr wahr!) Die Antragsteller füh­ren den Mord an dem Stablhelmmann zu­rück auf die von mir den kommunistischen Organisationen gegenüber angeblich geübte