Demnerstag, 25. Oktober 1928
61. Jahrgang Nr. 259
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Vorvereitende Verhanblungen.
Bentrum und Soztalbemokralte nehmen Bühlung—Schwietige Verhandlungen in Aussicht— 9·5 Konkordat.
Erbreiterung der Regierung?
Volksblatt für das Bergische Land
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn= und Feiertage. Verlag Daubenbüchel und Haake Telefon Bensberg Nr. 4. Postscheck=Konto: Daubenbüchel und Haake, Köln Nr. 84482. Druck: Joh. Heider, Bergisch Gladbach. Bezugspreis pro Monat.20 Mark
Berlin, 24. Okt. Die K. V. berichtet: Als Auftakt zu Koalitionsverhandlungen haben heute morgen im Reichstag Besprechungen zwischen Vertretern der Zentrumsfraktion und der Sozialdemokratischen Partei stattgefunden. Vom Zentrum nahmen an diesen Verhandlungen teil die Abgeordneten Stegerwald, Lammers, Bell und Esser. Von den Sozialdemokraten waren erschienen Wels, Dittmann, Dr. Breitscheid und Hertz. Die Aussprache war vertraulich und trug vorbereitenden Charak= ter. Der Standpunkt des Zentrums zur Regierungsbildung ist bekannt und in der letzten Rede des Reichskanzlers Dr. Marx in Magdeburg noch einmal festgelegt worden.
Das Zentrum ist für Bildung der Großen Koalition unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß die noch strittigen Vorfragen geklärt werden und die Gewähr für Schaffung einer Regierung auf lange Dauer gegeben werden kann. Die Hauptschwierigkeit bildet nach wie vor im Reiche der Streit um den Panzerkreuzer. Daneben wird der Ausgang der Koalitionsverhandlungen in Preußen auch auf die Dinge im Reich einwirken, wenngleich ein direkter, unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Regierungs
bildungen im Reich und in Preußen nicht besteht. Hier wird ein Gegenstand der Unterhaltungen die Stellungnahme sein, die die jetzigen und zukünftigen Koalitionsparteien zum Konkordat einnehmen.
Zweckmeldungen.
WTB Berlin, 24. Okt.(Drahtb.) Die B. Z. am Mittag bringt in ihrer Ausgabe vom 24. Oktober Mitteilungen über Kon kordatsverhandlungen u. behauptet dabei u.., der Konkordatsentwurf sehe für die katholische Kirche vor, daß zukünftig nur noch ein Gesamtetat vorgelegt werden soll, der preußische Staat also keinerlei Möglichkeit der Einzelnachprüfung mehr hätte. Hiergegen werde nicht zuletzt vom preußischen Finanzminister ein Veto eingelegt. Der preußische Finanzminister erklärt dem Amtlichen Preußischen Pressedienst dazu: Die Mitteilungen der B. Z. am Mittag sind durchaus unrichtig. Sie zeigen zugleich, wie wenig die wahren Tatbestände bezüglich des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche der Oeffentlich keit bekannt sind. Die Dotationen, die von dem preußischen Staat aus der konkordatären Vereinbarung von 1821 an die katholische Kirche gezahlt werden, werden an die einzelnen Dibzesen ausgeteilt. Eine Rechnungslegung über die Verwendung findet nicht statt. Die Mitteilungen des genannten Blattes sind daher nicht nur unrichtig, sondern auch unverständlich.
Prattische Ardeit zat Keichsresorm.
der Länderkonferenz.
WTB Berlin, 24. Okt.(Drahtb.) Der Ausschuß für Verfassungs= u. Verwaltungsreform hat in den letzten drei Tagen das Problem des Verhältnisses von Reich und Ländern in einer eingehenden Aussprache behandelt und die Hauptfragen der Reform zu klären versucht. Er hat beschlossen, zur weitern Behandlung der Frage und zur Erzielung von bestimmten Vorschlägen der einzelnen Probleme zwei Unterausschüsse einzusetzen. Der erste Unterausschuß hat die Aufgabe, unter der Aufrechterhaltung und der Bildung von leistungssähigen Ländern über die Frage der territorialen Umgliederung des Reichs Vorschläge zu machen. Der zweite Ausschuß hat zu untersuchen, wie eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Reich und Ländern hergestellt und dauernd gesichert und in welcher Weise der Dualismus zwischen Reich und Preußen beseitigt werden kann. Derselbe Ausschuß hat weiter festzustellen, ob und wie neben der landeseignen Verwaltung eine Auftragsverwaltung in dem Sinne geschaffen werden kann, daß das Reich die Landesregierungen mit der Führung von Angelegenheiten der Reichsverwaltung beauftragt.
Die beiden Unterausschüsse unter dem Vorsitz des Reichsministers des Innern zen sich zusammen aus je drei Mitgliedern des Reichskabinetts, je sechs Vertreter der Länder und zw ei nicht beamteten Sachverständigen, und zwar sind im ersten Unterausschuß vertreten, Preußen, Bayern, Württemberg, Hessen, Hamburg u. Anhalt, im zweiten Unterausschuß Preußen, Bayern, Sachsen, Baden, Thüringen und Mecklenburg Als Generalsachverständiger für beide Ausschüsse ist bestellt Reichssparkommissar Staatsminister a. D. Sämisch, als weitere Sachverständige die besherigen Berichterstatter Reichsminister a. D. Hamm, die Staatssekretäre Zweigert und Popitz. Staatsminister Apelt, Ministerial
direktor Poetzsch=Heffter und Prof. Naviasky. Die Unterausschüsse werden in der ersten Novemberwoche durch den Reichsminister des Innern zur Konstituierung einberufen werden.
Vorläufiges Gesamtergebnis
des Kommunisten=Volks
begehrens.
Berlin, 24. Okt. Nach dem nunmehr vorliegenden vorläufigen Gesamtergebnis beträgt die Zahl der zum kommunistischen Volksbegehren in der Panzerkreuzerfrage abgegebenen gültigen Stimmen 1216501. Da im ganzen Reichsgebiet 41347994 Personen stimmberechtigt und ein Zehntel dieser Stimmen erforderlich sind, um dem Parlament den Gesetzentwurf vorlegen zu können, der den Bau des Panzerkreuzers verbietet, beträgt der Prozentsatz der Eintragungen 2,94 Prozent. Es fehlen den Kommunisten also 7,06 Prozent. Das endgültige Gesamtergebnis wird voraussichtlich am 9. November (!) bekanntgegeben.— Die Zahl der gültigen Eintragungen beträgt in Köln=Aachen 30 255, das sind 2,11 Prozent; KoblenzTrier-4121, das sind 0,53 Prozent, und Berlin 248458, das sind 16,12 Prozent
abgelehnte deutschnationale Triumvirat.
PM Berlin, 25. Okt. Ueber die Vorgänge, die zur Wahl Hugenbergs an die Spitze der Deutschnationalen Volkspartei führten, berichtet heute die Kreuzzeitung u.
Der Gedanke eines sogenannten Triumvirats ist aus den Kreisen der Landesverbände, die sich in der Julitagung unter dem Vorsitz von Geheimrat Hugenberg zusammengeschlossen hatten, schon seit längerer Zeit Graf Westarp nahegelegt worden. Hugenberg hat einer solchen Lösung grundsätzlich zugestimmt und war bereit, mit Graf Westarp
zusammen die dreiköpfige Parteiführung zu bilden. In den letzten Tagen vor dem 20. Oktober verbreiterte sich der Kreis derer, die diesen Gedanken des Triumvirats als einen geeigneten Weg zur Herbeiführung voller Einstimmigkeit betrachteten, immer mehr, u. Graf Westarp ist wiederholt von verschiedenen Seiten gedrängt worden, dem Triumvirat zuzustimmen und persönlich sich hineinwählen zu lassen. Er hat indessen den Gedanken einer dreiköpfigen Führung bekämpft. Nachdem die Ablehnung des Grafen Westarp feststand, haben auch andere maßgebende Mitglieder der Reichstagsfraktion, an die man sich gewendet hatte, den gleichen Standpunkt eingenommen. So ist der Gedanke einer Führung durch drei gleichberechtigte Vorsitzende an dem Widerspruch und der Ablehnung des Grafen Westarp gescheitert. Es wäre für die Partei schwer gewesen, so schließt das Blatt, der Haltung Westarps zustim
mend, wirksam für den Kaisergedanken einzutreten, wenn sie bei sich selbst den Führergedanken verlassen hätte.
Thälman=Direktorium.
PM. Berlin, 25. Okt. Dem linkskommunistischen„Volkswillen“ zufolge, wird die K. P. D. seit dem 19. Oktober von einem dreiköpfigen Direktorium geleitet, das aus Thälmann, Nemmele und Heinz Neumann besteht. Nach außen werde diese Körperschaft als „Pol=Sekretariat“ bezeichnet, in Wirklichkeit bedeute aber ihre Bildung eine Ausschaltung des gesamten Zentralkomitees.
Nach derselben Quelle sind zahlreiche Mitglieder des Zentralkomitees nach Moskau zitiert worden.(Moskau ist wohl unzufrieden und zieht die Angehorsamen zur Rechenschaft.)
Um die Reparatiennofung.
Belgien ist widerspenstig.
WTB Paris, 24. Okt. Der Brüsseler Korrespondent des Echo de Paris will über die Unterredungen, die Parker Gilbert gestern in Brüssel hatte, folgendes berichten können: Parker Gilbert habe vergeblich versucht, die Entscheidung, die die belgischen Minister in einem vorher abgehaltenen Ministerrat betreffend Aufrechterhaltung der belgischen Forderungen getroffen hatten, in seinen Unterredungen mit Francqui und de la Croi wankend zu machen. Bei dem Frühstück, zu dem Ministerpräsident Jasper eingeladen hatte, habe Finanzminister Houtard die Aufgabe gehabt, Parker Gilbert die Augen zu öffnen. Er habe das getan und den Generakagenten daran erinnert, daß die jährlichen Kriegslasten im belgischen Budget 3,5 Milliarden ausmachten, während Belgien von Deutschland nur eine Milliarde Annuitäten erhalte. Die Schlußfolgerung sei, daß Belgien sich jedem Unternehmen widersetzen werde, das die Verminderung seines Guthabens zur Wirkung haben könne. Verzweifelt habe Parker Gilbert um eine [Audienz beim König nachgesucht. Sie sei ihm zugestanden worden, aber auch da sei der Reparationsagent auf einen grundsätzlichen Widerstand gestoßen. Daraushin habe er sich entschlossen, sofort nach Berlin zurückzureisen.—
Dem New York Herald wird aus Brüssel gemeldet, daß im Verlauf der Unterredung mit Parker Gilbert belgischerseits der Standpunkt vertreten worden sei, daß die belgische Regierung mit dem System der Dawes=Annuitäten sehr zufrieden sei und daß, wenn auch immer die andern alliierten Mächte die Herabsetzung der deutschen Zahlungen begünstigen mögen, die Brüsseler Regierung sich einem derartigen Beschluß, so weit er Belgien berühre, immerwidersetzen werde.
Parker Gilbert wieder in Berlin.
WTB Berlin, 24. Okt.(Drahtb.) Nachdem Parker Gilbert heute vormittag von seiner Reise nach Paris, London und Brüssel wieder in Berlin eingetroffen ist, wird in unterrichteten Kreisen damit gerechnet, daß er morgen die Fühlung mit den maßgebenden deutschen Stellen aufnimmt, um ihnen ein Bild seiner Verhandlungen u. Eindrücke im Auslande zu geben. Mit diesen Besprechungen dürften die Verhandlungen über die Einsetzung der Expertenkommission, die seinerzeit in Genf beschlossen worden ist, in das entscheidende Stadium treten.
mit
Rumänien.
Berlin, 24. Okt. Die Krisis in den deutsch=rumänischen Verhandlungen dauert unverändert an: Obwohl die rumänische Delegation Ende September von ihrer In
formationsreise nach Bukarest mit erhevlichen Mehrforderungen zurückkehrte, bemühte sich die deutsche Delegation, in den langwierigen Verhandlungen doch noch zu einem beide Teile befriedigenden Ergebnis zu kommen. Als die Intransigenz der Rumänen eine Einigung immer wieder verzögerte, sah die Delegation sich zu einem Alternativangebot gezwungen, das unter weitgehender Berücksichtigung der bisherigen Forderungen der Rumänen im wesentlichen vorsieht: Gegenseitigen Verzicht auf alle schwebenden Streitigkeiten, Freigabe allen beschlagnahmten deutschen Eigentums, Wiederaufnahme des Zinsendienstes für die rumänischen Vorkriegsanleihen in Deutschland, Zahlung eines diesen Zinsendienst übersteigenden(Forderung der Rumänen vom September) Betrages von Deutschland. Ein künftig abzuschließender Handelsvertrag wurde ebenfalls in Betracht gezogen, doch sind Einzelheiten hierüber im neuen Abkommen nicht enthalten, ebenso nicht über den von Deutschland an Rumänien zu gewährenden Warenkredite. Auf dieses Ultimatum der deutschen Delegation hat die rumänische Regierung gegen Erwarten mit der Erhebung neuer wesentlich höherer Forderungen geantwortet, so daß augenblicklich die Delegationsverhandlungen zu einem völigen Stillstand gekommen sind. Seit Ende voriger Woche haben lediglich nur noch persönliche Besprechungen der beiden Delegationsführer stattgefunden. Sollten die Rumänen nicht einlenken, so ist mit einem endgültigen Abbruch der Verhandlungen zu rechnen.
Jede Abrüstungskonferenz* eine Komödie.
WTB London, 24. Okt. Daily Chronicle zufolge erklärte Lloyd George gestern abend auf die Frage nach seiner Ansicht über das Weißbuch: Das Dokument bestätigt, was ich in Varmouth gesagt habe. Die Preisgabe unseres Standpunktes in der Frage der ausgebildeten Reserven bedeutet, daß jede Abrüstungskonferenz eine Komödie sein wird. Es ist ein vollständiger Verrat an der Sache des Weltfriedens. Nach dieser von uns unterstützten Vereinbarung kann Frankreich ein Heer von fünf Millionen Mann aufrechterhalten, Polen ein Heer von zwei Mil
lionen, die Tschechoslowakei ein Heer von 1½ Millionen und Italien und andere europäische Länder Seere van fünf Millionen Mann. Der Kelloggpakt ist unter diesen Umständen nicht einmal das Fahrgeld Lord Cushenduns für seine Reise nach Paris zur Unterzeichnung des Paktes wert.
Die interalliierte Rheinlandkommission.
Koblenz, 24. Okt.. Im Zusammenhang mit der viel erörterten Verlegung der Interalliierten Rheinlandkommission dürfte es allgemein interessieren, einiges über den Umfang der Kommission zu erfahren. Sie umfaßt vom Präsidenten Tirard bis zum letzten Büroangestellten 173 Köpfe. Diese