Benetlicher

Durch unsere Träger 30 Pfg.,

unter Kreuzband 50 Pfennig.

Vierteljährl. Bezugspreit:

Duuch die Post 20 Pfennig.

Erichetn:

Bittwocht und Santtagt.

Druck und Verlag von Josef Kroth, Vonn Breitestraße 12.

1432

Nr. 102.

OURRPATEIAT

Unser Wahlspruch:

Gleiches Recht für Aile!

: Die ein heitige Selonatgelle oder deren Raum 10 Pfennig; für aus­wärtige Auftraggeber 20 Pig.

Betlomen 50

die Zeile.

Beumtertlicher Scheitletter:

Dr pur. 9. Stöchr, Boun.

Privatwohnung:

Dötschstraße 7.

Veenbrrebe 1130.

Samstag don 21. Dezember 1912

7.

Bonner Angelegenheiten.

Unsere Stadtverordneten

hatten sich zur Abwecholung diesmal am Don­nerstag Nachmittag versammelt. Eine große Zahl Zuschauer wohnte der Versammlung bei, meistens gesunde kräftige Gestalten, denen die Fleischnot nicht anzusehen war. Waren es doch die Bonner Metzger, die ihren Vertreter, den Ober= und Metzgermeister Stadtv. Kaiser er­wartungsvoll betrachteten! Beigeordneter Foller vertrat die Teurungsmaßnahmen der Stadt ohne Zweisel mit viel Geschick Und nach den Er­fahrungen, die diese Kommission mit der Metzger­innung gemacht, muß man das Be halten dieser allzuselbstbewußten Innung als geradezu stöerig bezeichnen. Allerdings scheint sich der Heir Kaiser nicht in voller Uebereinstimmung mit seinen Metzgermeistern zu finden, denn verschiedene der Zuschauer waren über die Ausführungen des Herrn Kaiser und des Herrn Foller so überrascht, daß man annehmen mußte, die Verhandlungen seien nicht ganz offen geführt worden. Anders wenigstens kann man die halblauten Bemerkun­gen: der ist die längste Zeit Obermeister gewesen etc. nicht verstehen. Jedenfalls war im Kollegium große Bereitwilligkeit vorhanden, den städtischen

Fleischverkauf aufzugeben nur erwarte

man auch von den Herrn Metzgern, daß sie ihre Preise nicht erhöhten. Die Arbeitsleistung der Teurungskommission fand allseitige Anerkennung.

Mit unseren Ehrenbürgern haben wir kein Glück oder richtiger: die verehrlichen Herren Ehrenbürger erfreuen sich dieser Ehre nicht lange. So widmete denn auch gestern wieder der Vor­sitzende Herrn Justi einen warmen Nachruf. Wir sind nun wieder ohne Ehrenbürger! Hoffentlich wird diesmal einem Jungen diese Ehre zu Teil, der nicht so bald das Zeitliche segnen wird einem Odium muß man vorbeugen!

Um nicht durch geschäftliche Auskünfte den einen oder anderen Bonner Gewerbetreibenden zu schädigen, wurde die Vergebung von sechs Schlagkarren in der Geheimen Sitzung an einen Auswärtigen beschlossen. Man wollte den Bonner Meistern nicht 270 Mark mehr geben, als einem Auswärtigen. Dafür haben die Liberalen kein Verständnis bei Keller und Scheidt, den Millionären, kam es ihnen auf 100000 Mark nicht an.

Bekanntlich ist die Zusammensetzung des Kollegiums seit der Eingemeindung etwas demo­kratischer angehaucht sie ist gesünder, und es wird mit den unentgeltlichen Festen und Privi­legien etwas vorsichtiger verfahren. So sollen auch künftig die Herren Oberlehrer der städtischen höheren Schulen nicht mehr das Privilegium der Schulgeldfreiheit ihrer Söhne haben, mit anderen Worten, vor ihren Kollegen an staatlichen Gym­naften nichts mehr voraus haben. Sehr richtig Aber Herr Henry wollte diese Vergünstigung nicht nur für die jetzt schon das Gymnasium be­suchenden Oberlehrers=Söhne bestehen lassen (wie dies in der Uebergangsbestimmung entgegen­kommend vorgeschlagen war) sondern auch noch für die kommenden! es seien dies doch höch­stens noch 5 oder 61? Unter allgemeiner Heiterkeit wurde der Antrag abgelehnt. Hoffent­lich lassen sich aber trotzdem die Herren Ober­lehrer nicht abhalten, vertrauensvoll usw.

Du sollst deine Rede nicht ablesen.

Herr Stadtv. Blömers verstieß gegen dies ungeschriebene Gesetz, indem er versuchte, einen fünfzehn Seiten langen Bericht vortragend ab­zulesen, obwohl die Stadtverordneten alle im Be­sitze dieses Schriftstückes waren. Einer blickte den andern verwundert an. Professor Mönig­meyer glossierte den Fehltritt über die Maßen, indem er durch alle möglichen Gesten seine Kollegen darauf aufmerksam machte. Endlich

unterbrach der Vorsitzende den Redefluß des welt­verloren Lesenden mit obigem Hinweis und der Bemerkung, wir seien jetzt auf der fünften Seite angekommen. Aber Bloemers hatte noch nicht genug des grausamen Spiels und glaubte der Versammlung einige langatmige Seiten nicht schenken zu dürfen. Man hatte das Gefühl als ob er mit vollem Eigensinn eine offene Tür ein­rennen wolle. Wir meinen,

Geerteerd.

Novelle von E. Bely.

29(Nachdruck verdotm.)

Die alte Großmutter, welche in Maniel's Haus gewirthschaftet hat, hat's vergessen nun ist deren Ruhestätte ebenfalls längst verweht. Kaum vierzehn­jährig ist Geerteerd allein gewesen aber die Haus­frauensorgen haben ihre jungen Schultern nicht gedrückt, sie ist schlank unter ihnen emporgewachsen und drüben im Nebenhause Jo und zwischen ihnen das Gutsein.

Heimlich genug denn Reick Toben ihre Augen sind wachsam gewesen hat sich Jo zu Geerteerd zu finden gewußt, wenn sie auf den spärlich bewach­senen Wiesen herumgelaufen ist, oder halb vom Dünen­hafer verborgen im Sande lag, den kleinen Eidechsen zusehend, wie sie behend hin und her schlüpften. Schiffe hat er ihr gebaut aus alten angeschwemmten Brettern und dann hat sie allemal gesagt: Jo, wenn Du groß bist und über's Wasser kannst, gehn wir in die weite Welt. Die nächste Welle hat dann oft das kleine Fahrzeug davon gerissen, aber die Kinderaugen haben einander zuversichtlich angeguckt.

So soll's einmal sein.

Es kommt jetzt über Geerteerd wie ein Druck, sie kann es in den engen vier Wänden nicht mehr aus­halten, sie muß hinaus, das Meer sehen.

Heimlich eilt sie in die Dünen und bahnt sich geradewegs den Pfad nach dem Strande. Im Stillen hat sie gehofft, Jo wäre auch draußen. Aber kein Mensch ist weit und breit zu sehen das Meer glatt und träge, endlos vor ihr.

Wie sie lange ausgeblickt hat, drückt sie die Hand auf's Herz das weiß sie, daß jene Wellen sie begraben hätten, wenn Jo ein Opfer der See geworden wäre aber plötzlich steht es wie eine große, brennende Frage über den grauen Wogen:

Wenn Jo wiederkam, wie es geschehen ist, aber nicht zu ihr zu einer Andern?

Sartfe..

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ist ein so dringendes Bedürfnis und steht so un­mittelbar bevor, daß hier billig Lorbeeren zu pflücken sind. Go steht ja dieser Punkt bereits auf der Tagesordnung der Spezial=Kommission (durch die Anregung des Herrn Henry in der vor­letzten Sitzung). Natürlich mußte Herr Sanitäts­rat Schmidt, wieder verärgert, seine Bedenken zegen derartig undurchgearbeitete Anträge laut­dar machen, da er ja in der Kommission sitzt; diese habe sich schon seit langem mit der Frage besaßt, sie müßte aber gründlich durchgearbeitet werden man erhielt den Eindruck, daß er den Lorbeer für sich verlangte Na, man tau! Wenn sich schon die Herren um die Vaterschaft streiten, kann die Sache ja nicht schief gehen.

Herr Blömers soll sich, wie wir hören, am Schluß der Sitzung über seine Vorleserei beim Vorsitzenden, seinem früheren Chef, entschuldigt haben. Wir glauben ihn doch als gewählten Vertreter der Bürgerschaft darüber erhaben! im Gegenteil, wir würden ihm raten, gegen das Ver­bot anzugehen, evtl. auf dem gerichtlichen Wege, damit er in Zukunft seine Reden wieder vor­lesen darf. O. T.

Städtischer Gesangverein:

Samson von Händel.

Von allen Oratorien Händels ist mir der Samson eigentlich das liebste. Es ist darin dramatisches Leben und lebendige Charakteristik vorhanden, wie in keinem seiner anderen Werke. Welche Plastik und welches Leben in den Chören, welche Tiefe und Innigkeit in den Solopartien! Keine einzige Arte enthält auch nur die Spur von Langeweile, eine Melodienfülle sondergleichen! Melodien, die längst bekannt sind und für die Ewigkeit aufgebaut scheinen.

Mit der Bearbeitung des Herrn Chry­sander kann ich mich herzlich wenig befreunden. Ich glaube, Händel würde sich im Grabe herum­drehen, wenn er dieses mixtum compositum dieses gelehrten Herrn anhören müßte. Wer seit Jahren denSamson in der Originalgestalt gehört hat, der wird sich mit Händen und Füßen gegen diese Verballhornisierung wenden müssen. Mir ist der Händel in der Originalgestalt nie zu lang gewesen. Und jetzt kommt dieser Herr, schneidet hier ein Stückchen ab und dort eins, wirft alles durcheinander, macht Anleihen in allen andern möglichen Oratorien und posaunt der Welt aus, daß er ein großes Werk vollbracht habe. Dazu die Verzierungen, die vollständig überflüssig sind. Die Werke aller anderen Meister sind von diesen Zutaten gereinigt worden, und da kommt dieser Herr Chrysander und hält sich berufen, Händel zu verbessern und der Welt alle jene Schnörkeleien vorzusetzen, die er für Ver­besserungen hält. Ich glaube, unsere großen Musiker werden mit der Zeit zu der Anschauung gelangen, daß der wahre Händel noch immer der wahre Jakob ist, nicht der Händel des Herrn Dr. Chrysander, trotz der Reklametrommel, die von den verschiedensten Seiten reiht lebhaft ge­schlagen wird. Wem ein Händelsches Oratorium zu lang ist in der Originalgestalt, der kann ja wegbleiben. Bei einem Johann Seb. Bach würde man es auch nicht wagen, seine Werke zu be­schneiden oder zu verstümmeln. Doch das nurh nebenbei.

Ihre dunkelrothen Lippen theilen sich, die spitzen weißen Zähne blitzen daraus hervor.

Jo Jo, murmelt sie, und das seltsame Leuchten ist in ihren Augen, ihres Vaters Wort von dem Ver­änderlichsein fällt ihr ein büßen hättest Du's sollen. Dann macht sie eine abwehrende Bewegung. Hat er nicht gestern auf dieser selbigen Stelle von Meerie Möllers gesagt:

Die soll ich und Dich will ich! Sie fürchtet das helläugige, blonde Mädchen nicht, das so dienstbar um Reick Toben herum ist.

Sie zieht das schwarze Tuch, welches sie über den Kopf gehängt hat, fester zusammen und geht weiter am Strande entlang. Was auch von jung auf ihr Herz bewegt hat, immer hat sie hierher gemußt. Wenn es dann recht um sie rauscht und braust, ist's ruhiger in ihr geworden.

Sie hat ihre Mutter nicht gekannt, neben ihr ist Niemand gesessen, der ihr wunderliche, schwermüthige Lieder gesungen hat, wie sie's andere Frauen hat thun hören. Aber das Meer singt, das wird nicht müde und die Weise wird ihr nicht leid, immer wieder zu hören.

Plötzlich bleibt sie stehen und blickt scharf aus, in der Ferne bewegt sich etwas auf dem Sande.

Ein Seehund! sagt sie. Dann lacht sie spöttisch. Viele von den fremden Leuten, die ihr in den heißen Monaten den Strand verleiden, fahren tagelang hin­aus nach den Balgen und waten durch die Watten und liegen stundenlang im Sand, um meist unverrich­teter Sache von ihrer Seehundsjagd heimzukommen. Jetzt ist keiner da, der mit der Flinte herbeieilen kann.

Sie denkt daran, Jo zu rufen bis sie aber in's Dorf gelangt ist, mag der feltene Strandgast wieder das Weite gesucht haben.

Wie prüfend streckt sie die Arme von sich Muskeln hat sie, hat der Vater oft gesagt, wenn er sie mit hinaus genommen hat zum Fischfang und fast *

zornig ists dabei nachgekommen: Wärst ein Junge ge­worden recht wärs!

Eine eigene, wilde Lust kommt sie an wenn sie ein Mann wäre, so würde die Seefahrt und das Jagen an der Küste ihre Lust sein aber sie ist ja nur ein Weibsbild

Ein Lachen geht über ihr Gesicht, als sie jetzt zu ihren Füßen eine Planke gewahrt, die von den Wellen angeschwemmt ist. Hastig rafft sie das Brett empor und schleicht in die Nähe des Thieres. Der Richtung, aus welcher sie kommt, abgewendet, liegt es behaglich im Sande.

Nur ein Weibsbild, murmelt sie und hebt das Brett und führt drei wuchtige Schläge ein Blut­strahl springt gegen ihre linke Hond das Thier ist verendet.

Nun wirft sie das Brett von sich und fühlt, nachdem die wilde Kampflust von ihr gewichen ist, einen leisen Schauder. Einem wehrlosen Wesen hat sie das Leben geraubt aber das ist doch nur während der Dauer einer Secunde. Dann schleppt sie ihre Beute höher nach den Dünen hin, geht zurück und faßt in die Wellen, um die Spuren von ihren Händen zu vertilgen, und sagt: Weil ich nur ein Weibsbild bin, deshalb freut's mich.

Dann eilt sie dem Dorfe zu. Vor dem unschein­barsten, abseits liegenden Hause stehen ein Bursche und ein Mädchen. Als sie näher kommt, erkennt sie Edo Finnink und Anne. Das Mädchen will davon, der Matrose hält es aber am Arm fest und lacht halb verlegen, halb sich ermuthigend. Ist nur die Geerteerd, spricht er dann.

Anne schlägt die freie Hand vor die Augen und kichert und wehrt sich. Geerteerd hebt fröhlich den Kepf. Seid Ihr eins? fragt sie den Burschen.

Just, entgegnet Edo und läßt Anne noch immer nicht davon und dann, als bedürfe er der Ent­schuldigung: Weil Du's gesagt haft, Geerteerd.

Ist gut, wenn sich Einer rathen läßt, spricht site.

Zur Hochzeit laden wir Dich ruft Edo.

Wenn Anne will wie Du! sagt Geerteerd.

Was soll sie nicht? fragt der Matrose. Denn fieh. weil Du's gesagt hast, darum wird Hochzeit.

Anne läßt plötzlich die Hand sinken und guck empor, der Sinn von dem, was die Beiden reden, ist ihr nicht verständlich. Geerteerd bleibt nicht, damit Edo eine Erklärung geben kann. Sie ist froh im Herzen und guckt zum Himmel empor. Die Freude am Glück Anderer ist ihr auch ein Gefühl sie kann es nicht ganz in ihren Gedanken zurechtlegen, was sie empfindet, eigenes Glück macht weichherzig.

Die! sagt Anne und sieht ihr nach.

Edo nickt. Das ist eine Deern!

Betroffen verzieht das Mädchen den Mund.

Der geht Keiner nach die ist zu schwarz.

Der Matrose schleudert seinen Hut in die Luft Deern für die ist ein Kapitän gerade gut.

Anne starrt ihn an, er schüttelt sie leicht an der Schulter. So ein Donnerwetter, das ab und an die Weibsbilder regieren muß, vor dem hat sie keiner Resgell

Das bringt Anne über einen aufsteigenden, arg wöhnischen Gedanken weg.

Die sandige Dorfstraße ist öde, wie zuvor wie ein Steinbild sitzt Maniel neben seiner Aphrodite.

Geerteerd legt die Hand über die Augen und blick scharf nach ihm aus. Aber freilich, das wetterharte faltige Gesicht ihres Vaters läßt nichts von sich ablesen Jo muß längst bei ihm gewesen sein sie hat je gar nicht so lange am Strande bleiben wollen. Wen­er sie jetzt dort sucht? Was schadet's das ist der letzte vergebliche Weg, zu einander kommen sie schon ann nichts so gewiß sein, als das.

Langsam geht sie dem Hause zu.

Maniel sieht sie kommen.,

(Fortsetzung folgt.)