Donnerstag; den 24. Juni 1830.

Redigirt und herausgegeben von

Thormann.

Preußen.

Schloß Fischbach, 16. Juni. Vorgestern früh schieden bereits zwei erlauchte Glieder aus dem hier versammelten erhabenen Verein der Königl. Familie, indem Ihre Kaiserl. Hoheit die Großherzogin von Weimar mit der Prinzessin Karl Königl. Hoh. nach Warschau abreisten. Gestern wurde von den höchsten Herrschaften die wegen unsicherer Witterung bisher immer ausgesetzte Partie nach der Schneekoppe un­ternommen, obgleich am Morgen das Witter sehr zweifelhaft war. In Steinseifen, am Fuße des Ge­birges, war das Rendezvous der aus den verschiedi­nen Ortschaften zusammenkommenden hohen Gäste, und bis zur Schlingelbaude ging die Fahrt zu Wa­gen, hin und wieder schon unter einigem Regen. Nach einem kurzen Aufenthalt setzte sich der Zug, theils zu Juß, theils auf Tragstühlen, zur Hampel­baude in Bewegung; kaum hatte man indeß diese etwa eine halbe Stunde hinter sich, als ein heftiges Hagel= und Schneegestöber, welches wohl eine Vier­telstunde anhielt, die ganze Ausführung ernstlich be­drohete. Allein der König und die Kaiserin Meje­stäten beschlossen in hoher Beharrlichkeit, die Tour fortzusetzen und hatten den herrlichen Lohn, mit den übrigen Gliedern der erhabenen Familie die Koppe glücklich zu ersteigen, und Sich oben eine Stunde lang bei heiterem Sonnenschein der reizendsten Aus­sichten nach allen Seiten zu erfreuen. Die überra­schende Großartigkeit dieser Natur und die Selten­heit eines solchen Besuchs gaben dem Ganzen einen erhabenen Charakter, der sich auch in der Empfin­dung aller Thei nehmer aussprach. Kaum war die Schneekoppe verlassen, als das Wetter wieder un­günstiger ward, so daß die erlauchten Reisenden bet anhaltendem Regen den Fuß des Gebirges erreichten.

Morgen werden die höchsten Herrschafteu diesen reizenden Aufenthalt wieder verlassen und namentlich Se. Maj..r König aach Berlin und Ihre Maj. die Kaiserin nach Warschau abgehen.

Berlin 19. Juni. Ihre Königl. Hoh. die Prin­zessin Karl ist nebst Ihrer Durchlauchtigsten Mutter, der Großherzogin von Weimar Kaiserl. Hoh., am 14. d. M. in Breslau eingetroffen; Tages darauf

haben Höchstdieselben die Reise nach Warschau fort­gesetzt.

D eutschland und Schweiz.

München, 18. Juni. II. MM. der König und die Königin werden Ihre Reise nach dem Regen= und Obermarn=Kreise morgen antreten und, dem Verneh­men nach, Ihr erstes Nachtlager zu Ingolstadt halten.

Se. Erc. der Hr. Staatsminister des k. Hauses Gr. v. Armansperg erhielt das Großkreuz des Brasilianischen h. Kreuz= und das Großkreuz des Churhess. Löwenordens.

Der Hr. Hofstabsarzt Dr. Wenzel, welcher Se. Maj. den König nach Italien begleitet hat, ist dem Vernehmen nach zum k. Leibarzte ernannt werden

Darmstadt, 12. Juni. Die Auswanderungslust hat in der Provinz Starkenburg so wenig ihre Grän­zen erreicht, daß sie im Gegentheil eher zu wachsen, als abzunehmen scheint. Am 8. d. M. kamen 86 Aus­wanderer aus der Bergstraße durch Darmstadt; sie führten viel Gepäck mit sich. Vorgestern früh folgte ein zweiter Transport aus dem Landgericht Lichten­berg im Odenwalde, wo die Auswanderungslust eben­falls sehr rege ist. Es waren 77 Personen, welche einige und zwanzig Wagen mit sich führten. Män­ner und Frauen im kräftigsten Lebensalter, dickwan­gige Kgaben und blühende Mädchen bildeten den Zug­Alle schienen freudig ihrem neuen Vaterlande, den vereinigten Staaten von Nordamerika, entgegen zu gehen.

Der Kanonische Wächter, eine Zeitschrift von Ale­xander Müller, ist, laut eines vom Kirchenrathe an die Universität zu Leipzig erlassenen Rescripts, wegen seines anstößigen Inhalts in Sachsen zu drucken ver­boten, und von Seiten der Bücher=Kommission in Leipzig allen Buchhandlungen daselbst der Vertrieb dieser Zeitschrift untersagt worden.

Aus der Schweiz, vom 48. Juni. Am 13. d. traf der päpstliche Nuntius in Bern ein; ein Deta­schement Kavallerie war ihm entgegen geritten. Am 14. um 2 Uhr Nachmittags überreichte derselbe dem Hru. Amtsschultheiß Fischer, als Präsidenten der Tagsatzung, in Gegenwart der vorörtlichen Behörde,