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Kreisblatt
Rotations-Druck und Verlag von Rudolf van Haag, Neuß.
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Nr. 230.
Freitag, den 21. Rugust 1914.(Johanna) 89. Jahrg.
Der europäische Krieg.
Den Siegesmeldungen von vorgestern sind gestern weitere erfreuliche Nachrichten gefolgt.
Der deutsche Vormarsch in Belgien
ist unaufhaltsam und wird mit zäher Beharrlichkeit durchgeführt. Ein Teil unserer Truppe ist in Tirlemont, 40 Kilometer östlich von Brüssel, angelangt, und hat hier eine Feldbatterie, eine schwere Batterie und eine Fahne erbeutet und 500 Gefangene gemacht. Ob es sich in diesem Falle um ein Gefecht mit belgischen oder mit französischen Soldaten handelt, wird in der Meldung nicht gesagt. Die Nachricht von dem Erfolge unserer schneidigen Reiterei bei Perwez ist in der Drahtung über Tirlemont durch die erfreuliche Mitteilung ergänzt worden, daß es unserer Kavallerie gelungen ist, dem Feinde 2 Geschütze und 2 Maschinengewehre abzunehmen.
Berlin, 20. Aug.(Wolffbüro.) Unsere Truppen eroberten bei Tirlemont eine Feldbatterie, eine schwere Batterie sowie eine Fahne und machten 500 Gefangene. Unsere Kavallerie nahm dem Feinde bei Perwez 2 Geschütze und 2 Maschinengewehre weg.
Berlin, 20. August. Die deutschen Truppen rückten heute in Brüssel ein.
Der Rückzug des belgischen Feldheeres.
Cranenburg, 20. Aug. Die telephonischen Verbindungen Hollands nach Brüssel sind jetzt unterbrochen. Vorher wurde noch bekannt, daß vergangene Nacht in Antwerpen ein Kabinettsrat abgehalten worden ist, dem auch die Staatsminister beiwohnten. Das belgische Hauptquartier, das zuerst nach Mecheln verlegt worden war, ist jetzt in Antwerpen, wohin sich auch das Feldheer zurückzieht. In Antwerpen werden die Tore geschlossen. Der Bürgermeister von Brüssel fordert die Einwohner auf, sich beim etwaigen Herannahen der Deutschen ruhig zu verhalten.(Inzwischen sind unsere Truppen schon in Brüssel eingerückt.)
Deutschland und Belgien.
WTB Berlin, 20. Aug. Die zum zweiten Male an Belgien gerichtete Aufforderung, mit Deutschland ein Abkommen zu treffen, hat in unserm Volk die Befürchtung erweckt, als sei Deutschland zu Zugestandnissen geneigt. Diese Befürchtung ist unbegründet. Es handelte sich nach unsern ersten Erfolgen um einen letzten Versuch, die irregeleitete Meinung Belgiens zu seinem Besten umzustimmen. Da Belgien dieses Entgegenkommen zurückgewiesen hat, so hat es alle
Folgen seines Handelns selbst zu tragen. Die eingeleiteten Operationen sind durch das Schreiben an die belgische Regierung nicht einen Augenblick aufgehalten worden und werden mit rücksichtsloser Energie weitergeführt. Der Generalquartiermeister v.Stein. Erfolgreicher Vorstoß deutscher Kriegsschiffe. Auch von der Nordsee ist erfreuliche Kunde gekommen. Die beiden kleinen Kreuzer„Straßburg“ und„Stralsund“, die in den letzten Tagen die südliche Nordsee durchstreiften, haben an der englischen Küste ein feindliches Unterseeboot angeschossen uno zum Sinken gebracht.„Stralsund“ wurde in ein Gefecht mit englischen Torpedobootszerstörern verwickelt und konnte zwei feindlichen Fayrzeugen Beschädigungen beibringen. Von allgemeinem Interesse ist auch die Nachricht, d. ein Zeppelinluftschiff die Nordsee bis zum Skagerak überflogen und festgestellt hat, daß unsere Küste frei von feindlichen Schiffen ist. Die Engländer scheinen also vorläufig nicht den Mut zu haben, in Schleswig=Holstein einzufallen, ein Plan, der in früheren Jahren viel erörtert wurde uno zu dessen Erprobung s. Zt. Flottenmanöver vor Esbjerg abgehalten worden sind.
Die Drahtmeldung von der Nordsee lautet:
Berlin, 20. Aug.(Wolffbüro). Die beiden Kreuzer „Straßburg“ und„Stralsund“ haben in den letzten Tagen einen Vorstoß nach der südlichen Nordsee unternommen. Hierbei sichtete„Straßburg“ an der englischen Küste zwei feindliche Unterseeboote, von denen eins auf größere Entfernung mit wenigen Schüssen zum Sinken gebracht wurde.„Stralsund“ kam in ein Feuergefecht mit mehreren Torpedobootszerstörern auf größere Entfernung. Zwei Zerstörer erlitten Beschadiaungen— Bei dieser Gelegenheit konnte ebenso wie bei der Erkundungsfahrt eines Zeopelinluftschiffes bis zum Skagerak erneut die Feststellung gemacht werden, daß die deutsche Küste und ihre Gewässer frei von Feinden sind und die neutrale Schiffahrt unbehindert passieren kann.
England und die Neutralen.
Gegen Deutschland steht die Eitelkeit der Franzosen, die das Schwinden des Ruhms nicht verwinden können, die Gewinnsucht der durch und durch verderbten Gesellschaft, die das weite Rußland beherrscht, und die Wirtschafts= Machtvolitik Englands. Sein Streben geht ganz offen auf Weltherrschaft, jeder Engländer glaubt, daß sie seiner Nation bestimmt ist, und nur dann wird er von der Irrtümlich
keit seiner Ansicht überzeugt, wenn er auf einen Gegner mit Hörnern und Zähnen stößt. Aber diese Weltherrschaft vermeidet er, mit eigenen Kräften zu erringen. Er braucht stets andere, die für ihn kämpfen, wie jetzt Rußland und Frankreich, und sieht schon in dem der wider England Begehren in einem Krieg neutral bleibt, seinen Feind. Das Land mag aus noch so guten Gründen den Frieden bewahren wollen — es ist eine Unfreundlichkeit, den Wünschen Englands nicht zu parieren.
Augenblicklich übt England einen sanften Druck in diesem Sinne auf Italien und auf die Niederlande aus. Italien als Glied des Dreibundes hat für seine Politik keine Wahl. Aus guten Gründen blieb es neutral und faßte die Neutralität in einem für uns günstigen Sinne auf. Im Mittelmeer sind ein paar deutsche Kriegsschiffe, die dort alles im Atem halten. Wir erfahren nur wenig von ihnen, aber die französischen Schiffahrtsgesellschaften, deren Dampfer zwischen Frankreich und der Türkei verkehrten, wagen sich nicht mehr aus den Häfen. Diese Schifse, der„Goeben“ und die„Breslau“, fanden im Hafen von Messina knapp bemessenen Schutz, um Kohlen aufzunehmen. England scheint darin eine unzulässige Begünstigung zu sehen, obgleich es doch nicht Schuld Italiens ist, wenn die in Ueberzahl befindlichen englischen Schiffe den Gegner entwischen lassen. Man braucht nur den Plan des Hafens von Messina anzusehen und begreift, daß der glückliche Ausbruch aus diesem Hafen nur in der Erstürmung von Lüttich sein Seitenstück findet. Jedenfalls empfindet England die Neutralität Italiens als lästig. Von dem Augenblick an, als England eine große Armee auf die Beine bringt, beginnt es auch an der Haltung der Niederlande zu mäkeln. Die dortige Regierung hat sich musterhaft gehalten, im Volke überwiegen Sympathien für uns. Diese Volkssympathien müssen nun den Vorwand abgegeben, daß England vielleicht die Neutralität nicht respektieren kann. Aber es handelt sich darum, daß holländische Häfen für England bequemer sind, wenn es seine Truppen landen will, ats die Belgiens.
Ueberall entscheiden nur englische Interessen, aber wenn Deutschland beim Einmarsch in Belgien den Franzosen zuvorgekommen, so ist das ein schandbares Verbrechen." Und dabei kamen wir nur inivfern den Franzosen zuvor, als wir mit großen Truppen einmarschierten, die Verteidiger von Lüttich wurden schon von französischen Offizieren beraten
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Japans Ultimatum.
Berlin, 20. Aug.(Telegramm aus Kiautschou.) Bestätigung der Mitteilung des japanischen Ultimatums. Einstehe für Pflichterfüllung bis aufs äußerste. Gouverneur.
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Nach englischen Blättern lautet das Ultimatum:
Wir erachten es in der gegenwärtigen Lage für höchst wichtig und notwendig, die Ursachen jeglicher Friedensstörungen im Fernen Osten zu entfernen und die allgemeinen Interessen sicherzustellen, so wie sie in der Bündnisvereinbarung zwischen Japan und Großbritannien aufgefaßt werden.
Um einen starken und dauerhaften Frieden in Ostasien zu gewährleisten, dessen Begründung(establishment) der Zweck dieser Vereinba
rung ist, hält die japanische Regierung es aufrichtig für ihre Pflicht, der
15 Halali!
Roman von Wilhelm v. Trotha.
„Verstanden ja, aber ausgeführt? Sehen Sie, sitzen noch keine fünf Minuten hier, da kommt schon die ewig spionierende Baronin Bethmer, die hat immer etwas zu tadeln,“ sagte die junge Gräfin.
Und richtig, da strich die etwas angealterte Dame vorbei und blieb dann zwei Schritte von dem Tisch mit einem süßlichen Lächeln stehen.
„Süßchen heißt sie schon bei uns,“ platzte Mayrink heraus
„Still Kleiner“, befahl Haldersleben.
„Ach Gott, das ist ja köstlich“, lachte die kleine Hoheit,„einen passenderen Namen konnte man garnicht für sie finden; das muß ich Papa erzählen.“
„Um Gotteswillen nicht, denn dann gibt's ein heiliges Donnerwetter,“ sagte der Graf.
„O, dafür sorge ich schon, daß nichts passiert“, gab übermütig lachend die Prinzessin zur Antwort.
Da begann die Musik ihre ersten Auftakte zu spielen. Der Graf erhob sich und sagte einige Worte der Entschuldigung.
Als Vortänzer mußte er mit Ihrer Hoheit der Frau Erbprinzessin den Ball eröffnen.
Bald war der Tanz in vollem Gange und alles wogte und wirbelte wild durcheinander.
War das ein Schweben und Drängen, ein Wiegen und Hüpfen.
Es wurde sehr gut getanzt und der Erbprinz, der seiner ganzen Natur nach sehr zum Einfachen neigte, lebte in dieser angenehmen Freiheit sichtlich auf. Er tanzte wie ein Wasserfall und stach manchen seiner Leutnants aus.
„Na, Zaucha, heute gibt's kein Drücken, heute wird feste das Tanzbein geschwungen“, sagte der Kommandeur lachend zu dem am Saaleingang stehenden Offizier und klopfte ihm freundlich auf die Schulter.
„Hoheit,“ antwortete etwas verlegen der Dicke,„ich——“
„Ah, Sie sind schüchtern! I dann kommen Sie, da werde ich Sie mal ein wenig lancieren. Sehen Sie mal, da oben— auf dem Drachenfels—“ und während er dies dem Offizier leise
zuflüsterte, wies er auf den Platz, wo die Ballmütter saßen,— „da schimmelt Ihre Hoheit! Teufel noch'mal!'n echter Ulan darf so'n armes Mauerblümchen nicht sitzen lassen! Also schnell, sagen sie, ich hätte Sie gesandt!“
Mit einem tiefen Seufzer stürzte sich der Dicke ins Gewühl und brach sich, nicht ohne hier auf eine Schleppe, dort auf einen Stiefel zu treten, Bahn, während ihm einige leise Flüche von den unglücklichen Opfern seiner Wut, nur schnell seine Damen zu bekommen, nachfolgten.
Endlich war er da.
Mit einer eleganten Verbeugung stand er vor Ihrer Hoheit.
„Sehr liebenswürdig, mein lieber Herr v. Zauchau, aber ich tanze nur die Pflichttänze. Nachher den 2. Lancier dürfen Sie aber auf meine Karte für sich notieren.“
Wer war glücklicher als Zauchau. Und zum Dank dafür leistete er der hohen Frau Gesellschaft und erzählte ihr von der neueste Premiere in Berlin, der er gestern beigewohnt hatte.
Um 10 Uhr fand Souper an kleinen Tischen statt.
Das vierblättrige Kleeblatt saß wieder, wie zu Beginn des Abends an dem kleinen Tisch.
Graf Haldersleben hatte sich der jungen Prinzessin nur sehr wenig widmen können, als er sie dann aber zu Tisch abholte, überzog ein süßes Leuchten ihr Gesicht.
Ich muß sie doch einmal ein wenig aushorchen, dachte Kamtesse Kalk und nahm neben Meyrink Platz.
„Sie haben sich ja so selten gemacht,“ sagte lächelnd die Prinzessin zu Ihrem Tischherrn.
„Haben Hoheit, ah Pardon, haben Sie mich denn ein wenig vermißt?“
„Ach ja, Herr Graf, ich dachte, Sie würden mich doch hie und da beim Tanzen zu einer Extratour holen!“
„Oh wie ungeschickt bin ich gewesen, aber so ein armer Vortänzer kann das nicht immer,“ sagte er mit leuchtenden Augen und beeilte sich leiser hinzuzusetzen,„ich werde aber alles nachholen? Darf ich?“
„Ja,“ gab sie einfach zur Antwort.
Ihm schwoll bei diesem einen kleinen Wörtchen das Herz zum Zerspringen und ein banges, schmerzliches Sehnen, wie nach etwas Unerreichbarem machte sich in seinem Innern breit. Er wußte: Hier aalt es, vorsichtig zu sein und das Herz nicht engaaieren, denn Liebe durfte ihn zu dem holden Fürstenkind nicht
erfassen. Die hätte ihn getötet, denn nie, nie würde er je dies holde Wesen an sein Herz drücken dürfen.
Er schwieg und starrte stumm vor sich hin.
„Graf“, habe ich Ihnen wehe getan?“ hörte er da eine leise Stimme neben sich fragen.
Sofort hatte er sich wieder im Zügel.
„Nein, o nein, ich dachte nur an ein Märchen, das mir so plötzlich einfiel.“
„Wollen Sie es mir erzählen?“
„Ja, aber erst— später! Hier unter den lachenden frohen Menschen würde es sich zu ernst und düster ausnehmen.“
Beide schwiegen.
Meyrink und Gräfin Kalk hatten sich selbst sehr viel zu erzählen, sahen aber recht vergnügt aus; sodaß sie von der kurzen Unterredung der beiden nichts gehört hatten.
„Also Sie wollen im nächsten Jahre wieder die gefahrvolle Rennkarriere aufnehmen?“ hatte die Gräfin gefragt.
„Gewiß, eimal will ich doch das Championat erringen. Jede Renncampagne ist ja, wie ein Kriegsjahr, aber sie bietet doch auch herrliche Stunden.“
„Gewiß,“ fiel Graf Haldersleben lebhaft ein,„ich glaube es gibt Momente, wo man sich nichts anderes wünscht, als das Genick zu brechen.“
„Nee, lieber Freund, das ist nun ganz und garnicht nach meinem Wunsch oder Geschmack", fiel Meyrink lachend ein.
„Rechnen muß man jedenfalls immer damit“, sagte der Graf.
Die beiden Damen machten recht ernste Gesichter, bis die Gräfin lebhaft auffahrend sagte:
„So etwas müssen Sie nicht an die Wand malen, Herr Graf, das klingt zu grausig.“
Haldersleben entging nicht der ernste Blick, mit dem die junge Hofdame den Sportsmann an ihrer Seite streifte und daß sie sich nur künstlich zur Lustigkeit zwang.
Meyrink hatte den Blick aufgefangen und reichte der Gräfin die Hand.
„Halten Sie mir immer den Daumen, Komtesse, dann werde ich auch die nächste Campagne überstehen und sie vielleicht die letzte sein lassen,— wenn„man“ es wünscht.“
Er sah ihr hierbei so strahlend in die Augen, daß ein glühendes Rot das vornehm=schöne Gesicht von Gräfin Hermine überzog