Nr. 144.— Ruhrort=Homberg=Moers. Lonnerstag.
Aeeroereirzer
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27. November 1884. 11. Jahrg. Meiderich=Oberhausen.
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Illustrirtes Sonntagsblatt.“
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Die Expedition.
Toge=dalender.
27. November 1701. Celsius geb.— 1870. Sieg der I. Armee bei Amiens. La Fere capitulirt.
28. November 1870. Amsens wird von den Deutschen besetzt.— Siegreicher Kampf des X. Corps bei Beaume.
Socialdemokrarische Antrage.
Das Wichtigste in der Zusammensetzung des neuen deutschen Reichstages ist vielleicht der Umstand, daß die Vertreter des Socialdemokratismus numerisch so weit angewachsen sind, daß sie eine Fraction bilden, d. h. doß sie selbstständige Anträge stellen können. Bisher wurden sie durch ihre geringe Zahl zu einer wesentlich pr'siven Haltung verurtheilt. Sie stellten wohl dann und wann auch einen Antrag, aber diese Anträge konnten sie
nur mit Hülfe von Mitgliedenn anderer Parteien stellen und es durften
dieselben schon aus diesem Grunde keine socialdemokratischen sein. Jetzt aber
sind sie nicht nur in der Lage, sondern auch durch die ihren Wählern gegebenen Versprechungen gezwungen, Farbe zu bekennen, mit ihrem Programm und ihren Zielen hervorzutreten. Man kann allerdings
nicht erwarten, daß sie nun Alles, was sie auf dem Herzen haben
und erstreben, zum Besten geben werden. Nein, auch sie
die Methode angenommen, immer nur die nächsten iele vorzustecken. Aber es durfte nicht schwer halten, aus den ersten schon die folgenden abzuleiten. Es wird sich jetzt thatsächlich zeigen, ob unsere
Socialdemokraten practische, ausführbare, dem Gemeinwohle sorderliche Resormen anstreben, oder ob sie die unverbesserlichen Ideologen und Umstürzler
sind, für die sie bis jetzt von so Vielen gehalten werden und auch gehalten werden müssen. Die Reichsregierung und der Reichstag scheinen bereit zu sein, socialdemokratische Anträge, so weit es ihnen möglich ist, zu berücksichtigen und zur Ausführung bringen zu helfen.
Es wurde bereits berichtet, daß die socialdemokratische Fraction eine Reihe von desfallsigen Antragen vorbereitet hat, welche die Einfuhrung eines Normalarbeitstages, das Verbot der Frauen= und Kinder=Arbeit in den Fabriken, eine bessere Controle über die Fabriken im Interesse der Gesundheit der Arbeiter 2c. bezwecken. Man weiß auch bereits, daß sie den Antrag auf Aufhebung des Socialistengesetzes und einen solchen im Sinn des Rechts auf Arbeit stellen wird, welch Letzteres ja auch Fürst Bismarck anerkenot.
Auf principiellen Widerstand dürften die Socialdemokraten in keinem dieser Punkte beim Reichskanzler stoßen. Der Normalarbeitstag kann natürlich nur auf Grund einer internationalen Verständigung eingeführt werden, da ohne eine solche die kürzere Arbeitszeit unsere Industrie bedeutend in's Hintertreffen bringen würde. Wenn wir recht gehort haben, wollen denn auch die Social= demokraten das Ersuchen an den Kanzler stellen, zum Zwecke der Einführung eines allgemeinen Normalarbeitstags eine europäische Conferenz zu berufen. Von besonders großem Interesse wird das Gegeneinanderhalten der Vorschläge betreffs Wahrmachung des Rechts auf Arbeit sein, welche von socialdemokratischer, von staatssocialistischer Seite und von Seiten der Reichsrezierung kommen werden. Von diesem Standpunkte aus ist es auch
zu beklagen, daß es keinem unserer staatssocialistischen Professoren, namentlich dem Dr. Adolf Wagner, nicht vergönnt war, in diesen Reichstag zu gelangen.
Besonders gespannt darf man auch darauf sein, wie die Antrag auf Aufhebung des Socialistengesetzes aufgenommen werden wird. Von dessen Ablehnung sind wir durchaus nicht überzeugt, da es sich gezeigt hat, daß gerade die Mäßigung, welche dasselbe den socialdemokratischen Agitatoren auferlegte, das Anwachsen der socialdemokratischen Wählerschaft hat herbeiführen helfen, daß ferner das Vorhandensein eines gegen diese einzelne Partei gerichieten Ausnahmegesetzes das Mißtrauen der Arbeiter gegen die Arbeiterfreundlichkeit der Rezierung erhält und stärkt und daß die Stellung der gouvernementalen Parteien zum Socialistengesetz bei den letzten Wahlen
das Zusammengehen der Socialdemokraten mit denselben verhindert hat. Die Gegnerschaft der Deutschfreifinnigen gegen dieses Ausnahmegesetz kam dieser Partei namentlich bei den Stichwahlen zu Statten. Wenn letzteres durch gemeinrechtliche Reformen ersetzt und beseitigt würde, würde diese der Partei Eugen Richters günstige Lage wesentlich modificirt werden, wenn nicht etwa von Seiten der gemäßigten und conservativen Parteien eine neue Kluft zwischen sich und den Arbeitern geschaffen würde. Eine solche konnte z. B. herbeigefuhrt werden durch Befurwortung oder Beantragung
Auf Irrwegen.
Roman von E. Vely.
(27. Fortsetzung.)
Hortense zuckte die Achseln, als verstehe auch sie jetzt seine
tungen nicht.... W2. E. R.u.#2 aiun im E.—
„Dann“, fuhr er fort,„weil die Dame, deren Diener ich bin und welcher Sie Ihre Talente andoten, sich nach Frauenart wiederum lebhaft für Sie interessirte, machte ich vorhin drüben einen Besuch— von wo aus Sie an uns gewiesen waren. Dort vernahm ich Näheres, auch, daß man Ihnen die Adresse meiner Freundin, der Frau Professor von Kaven gegeben. Darf ich fragen, weshalb Sie sich nicht an die Dame wandten?“
Hortense hielt wiederum ohne jedes Zeichen von Erregung seinen Blick aus und erwiderte:
„Ich fand inzwischen, was ich gewünscht.“
„In der That!“ sagte Jener lächelnd, und der Blick, welchen er auf das Nebenzimmer richtete, trieb jetzt doch Hortense das Blut in die
goden— genan se wie vier, ganz genau sol, bestüigte Frau Fischer
uoch dund.
Der Fremde murmelte etwas von Wiederkommen, grüßte Hortense mit spöttischem Blick, aber tiesem Bückling, und sprang] die Stiegen hinab. Frau Fischer kam dieser Abschied üderraschend schnell, nach den Geduldsproben, welche der Herr vorhin ihr gegenüder abgelegt.
Sie sagte dann:„Ich hätte ihm eigentlich einen Regenschirm anbieten sollen— od er wohl wiederkommt! Es schien ihm sehr zu gefallen! Od er wohl wiederkommt!“
„Ich fürchte, er kommt wieder!“ sprach die junge Frau in einem eigenen Tone, und dann ging sie in ihr Gemach.
Die Wirthin stieg kopfschüttelnd die Treppe hinah: die Frau Müller hatte doch auch sonderdare Launen— sie blickte vom Fenster aus in den Regen und sagte vorwurfsvoll:„Ja, der Regenschirm, der Regenschum kann noch Alles verderden!“
Hortense ließ sich drinnen auf einen Stuhl sinken— jetzt war ihre Kraft zu Ende. Draußen hatte sie sich mit Aufbietung ihres vollen Willens zu halten gewußt, nun drach sie unter der Erkenniniß zusammen, daß dieser Mensch da im Besitz ihres Geheimnisses sei, daß er nicht ruhen würde, dis er es völlig ausgespurt, an die Oeffentlichkeit gebracht.
Und dann!„„„„„f2*
Wenn man eines Tages Leo Alles schonungslo# enchullte, ihm dar
legte, wie sie, welche sein volles Vertrauen besaß, das seine gemißbraucht,
einer Beschrankung der Allgemeinheit oder Gleiphei, des Wahlrechts,
sie in letzter Zeit nationalliderale Blatter in Vorschlag gebracht haben. Soiche Bestrebungen sind Wasser auf die Muhle der socialdemokratischen Fuhrer, die man dekampfen will.— Alles in Allem: die begonnene Session wird einen ausgepragt socialpolitischen Charakter tragen.—
Politische Nachrichten.
* Berlin, 26. Nov. Der Kaiser wird die nächste Hofjagd in der Schorfhaide am 28. und 29. d. Mis. abhalten. Im Grunewald wird erst im Januar eine Hofjagd stattfinden.
— Ueber den Empfang des Reichstagspräsidiums durch den Kaiser theilen wir noch Folgendes mit: Der Kaiser begluckwünschte Herrn von Wedell=Piesdorf zu seiner Wahl, indem er zugleich dem Bedauern Ausdruck gab, daß Herr von Levetzow nicht wiedergewählt sei. Die Wahlen, meinte der Kaiser, seien ebei underechenbar. Se. Majestät erkundigte sich sodann, ob heute eine Sizung stattgefunden habe. Als dies verneint und besonders durch den Umstand motivirt wurde, daß die zahlreichen neu eingetretenen Mitglieder des Reichstages sich erst orientiren und das Material studiren müßten, wies der hohe Herr darauf hin, daß er in derselben Lage sei, auch ihm gehe täglich viel neues Material und Aktenstücke zu, welche er aufmerksam durchlesen musse. Im Uebrigen verfolge er die Verhandlungen des Reichstages mit steiem Interesse. Auch in der Audienz, welche dem Präsidium vom kronprinzlichen Paare gewährt wurde, wurden politische Fragen nicht berührt. Der Kronprinz wies im Laufe des Gespräches auf die Erfahrungen hin, welche er im Staatsrathe gemacht habe. Er wisse sehr wohl, daß es keinetwegs leicht sei, eine Versammlung zu leiten. Auch die Kronprinzessin richtete wiederholt huldvolle Worte an die drei Herren und beruhrte ihre diesjährige Reise, und kam zu. A. auch auf die Kunstschätze des germanischen Museums in Nürnberg, sowie auf ihren Aufenthalt in Tirol zu sprechen.
— Zur Vorgeschichte der Präsidentenwahl im Reichstage
schreibt die„Koln. Volkszig.“: Verschiedene Blätter bezeichnen die Nachricht, das Centrum habe Herrn von Malzahn=Gültz als ersten Präsidenten refusirt, als unrichtig. Man hat natürlich nicht an eine formelle Zurückweisung zu denken; vielmehr wird sich die Sache so entwickelt haben, daß bei den vertraulichen Vorbesprechungen Herr von Maltzahn=Gultz vom Centrum minder genehm erklärt wurde und daraufhin die Conservativen Herrn von Wedell
Piesdorf desinitio vorgeschlagen haben.
— Ueder den neuen Reichstagspräsidenten, Herrn von Wedell, schreibt ein parlamentarischer Correspondent der„Bresl. Zig.“: Seiner Richtung nach gehört Herr von Wedell namentlich in kirchlicher Beziehung zu den Ultras. Er ist der eigentliche Ucheber der sachsischen Sonntagsverordnung, die so viel döses Blut gemacht hat. Im Widerspruch mit den beiden anderen Regierungspräsidenten der Provinz, den Herren von Diest und von Kampt, hat er sie in Gemeinschaft mit dem Generalsuperintendenten dem Oderpräsidenten abgerungen.“
— Die Verhandlungen der Bundesrathsausschüsse über die Ausdehnung des Krankenkassen= und des Unfallversicherungsgesetzes sind noch nicht abgeschlossen. U. a. hört man, daß auf Antrag Preußens der§ 3, welcher von Reichs=, Staats= und Communalbeamten handelt, sowie von§ 7, welcher die directe Vertretung der Arbeiter und die Schiedsgerichte betrifft, gestrichen worden sind und zwar,— der„Nat. Ztg.“ zu Folge,— der erstgedachte Paragraph hauptsächlich deshalb, weil nach der Erklarung des preußischen Bevollmächtigten demnächst ein neuer Gesetzentwurf betr. die Regelung der Pensionen der Reichsbeamten und ihrer Wittwen und Waisen vorgelegt werden soll. Die nächste Sitzung des Bundesrathes, in der über die Vorlage beschlossen werden soll, wird wohl erst Freitag stattfinden.— Das Postsparkassengesetz hat ebenfalls eine sehr umfangreiche Debatte in den Ausschussen hervorgerufen. Die süddeutschen Staaten und das Königreich Sachsen bereiteten große Schwierigkeiten und der letztgenannte Staat beantragte Ablehnung des Gesetzes. Gleichwohl eine solche nicht zu erwarten, sondern die Annahme, wenn auch vielleicht mit erheblichen Aenderungen, sicher vorauszusehen.
— Die Reichsregierung beabsichtigt, eine Reform der Fabrikgesetzgebung im Anschluß an die sociale Gesetzgebung vorzunehmen. Zunachst sind namhafte Fabrikbesitzer aufgefordert worden, sich nach dieser Richtung hin eingehend zu äußern.
— In Abgeordnetenkreisen hält man es nicht für möglich, Reichshaushaltsetat bis zu den Weihnachtsferien— also bis zum 20. December etwa— auch nur in zweiter Berathung zu erledigen. Ein Antrag, den gesammten Etat zur Vorberathung an die Budgetcommission zu verweisen, wird zwar vorbereitet, hat jedoch keine Aussicht auf Annahme. Man wird vielmehr, wie in früheren Jahren, eine Reihe von Etatsgruppen durch Plenarberathung erledigen und die wichtigsten Theile durch die Commission vorberathen lassen.
— Die„Voss. Ztg.“ macht darauf aufmerksam, daß von den 28 Mitgliedern der freisinnigen Partei, welche für das Socialistengesetz im letzten Sommer stimmten, nur 10 wiedergewählt sind. 18 sind durchgefallen oder haben schon vor dem Wahlkampfe der Bewerdung entsagt.
— der destälde dandigg un en Aatnnd oun daidenere Person eröffnet werden.
— Die„Nordd. Allg. Zig.“ erklärt abermals in sehr kategorischem Tone, daß eine Erdnachfolge des Herzogs von Cumberland in Braunschweig absolut unmoglich sei und verdinder damit einen heftigen Angriff gegen die Centrumspartei und Windthorst.
— Der schwer erkrankte, hochbetagte Bischof von Limburg ist schon vor einigen Tagen mit den Sterbesacramenten versehen worden. Der Bischof kehrte bekanntlich erst im Vorjahre in seine Diocese zurück.
— Der fruhere preußische Landtagsabgeordnete und Präsident der Elderfelder Handelskammer, Strücker, ist gestorden.
Herr A. Woermann aus Hamburg, der zur Theilnahme an der afrikanischen Conferenz in Berlin weilt, war für Montag Abend vom Reichskanzler zur Tafel geladen.
Die„Weser=Zig." berichtet: Drahtnachrichten aus Kavstadt melden, daß einer der Herren von der Expedition Höpfner mit neuen Kaufcontracten über Gebiete nordlich von Angra Pequena angekommen ist und sich in diesen Tagen nach Bremen begeden wird.
— Ueber die an der Ost= und Westgrenze stattgehabten militärischen Aenderungen schreidt Eugen Richter auf Grund des Militäretats der„Pos. Zig.“: Durch die Verschiebung zahlreicher Truppen nach dem Osten werden auf Reichsrechnung für 14 Millionen Mk. Neudauten von Kasernen, Magszinen und Lazarethen erforderlich. Erspart werden dadurch Kasernendauten im Innern Deutschlands nur für 5—6 Bataillone und 14 Escadrons. Die Festung Thorn ist im laufenden Jahre mit Fleischpräserven und Vickualien für 394350 Mk. approvisionirt; der Bau eines domdensicheren Proviantmagazins für eine Million Mark ist daselbst eingeleitet. Wus die Truppentheile selbst im Osten anbelangt, so sind die Batterien der Feldartillerie. Abtheilungen in Konigsberg und Bromberg für 6 statt 4 Geschötze bespannt worden. Der Stad für eine Cavallerie=Division wird im kommenden Jahre in Königsberg ausnahmsweise schon im Frieden formirt. Die sons undekannte Einrichtung von Landwehr=Inspectionen soll für das 1. und 2. Armeecorps eingefuhrt werden. Für die Festungen Königsberg und Thorn werden besondere Generalstadsoffieiere a gestellt. Die Commandauten von
eee Bhate beie Pe Ve cee die beiden Feldartillerie=Abtheilungen in Mez und Straßburg sind edenfalls zu 6 Geschutzen bespannt. In beiden Festungen werden Kasernen für neue Verstärkungen gebaut. Neue Befestigungen(mit einem Kostenaufwand von 1¾ Millionen Mk.) haben bereits begonnen. Nothwendig erklätt wird noch die Anlage von Grenzforts für 10—12 Millionen. Außerdem aber handelt es sich noch um beträchtliche Aufwendungen zur Verstärkung des Artillerie= und Waffenwesens im Allgemeinen.— Durch den ganzen Militäretat werden die Beiträge der einzelnen Bundesstaaten für das Reich nur um 5 Millionen erhöht, während 34 Millionen Mark für militärische Zwecke aus Anleihen flüssig gemacht werden sollen.
— An der königlichen landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin sollen im Laufe des jetzigen Winter=Semesters Unterrichtskurse für practische Landwirthe stattfinden. Der Veranstaltung liegt die Ueberzeugung zu Grunde, daß kaum ein gewerblicher Beruf zu finden sein dürfte, der es in gleichem Maße, wie, der landwirthschaftliche erschwert, sich bezüglich des practischen Wissens in einer umfassenden Unternehmung auf der Höhe der Zeit zu halten und zu diesem Lweck mit den einschlägigen theoretischen Kenntnissen fortdauernd vertraut zu bleiben. Und doch liegt in der Schwierigkeit und Complicirtheit des Betriebes der Wirthschaft des Landwirthes die dringendste Aufforderung, ducch gediegenes Wissen und Können die sich der Rentabil tat des Landbaues heute mehr denn je entgegenstellenden Hemmnisse zu überwinden.
— Es ist schon und rühmlich, daß neuerdings deutsche Volksschullehrer fur hohe Besoldung nach Sudafrika und Südamerika gesucht werden. Aber vorsehen müssen sie sich doch; denn der Lebensunterhalt und die Lebensweise in jenen Ländern sind ungemein kostspielig.
— Am 1. Oetober 1878 ist das Geset über die Zwangserziehung verwahrloster Kinder in Kraft getreten. Auf Grund desselben sind vom 1. October 1878 bis 31. März 1884 7714 Kinder in Zwangserziehung gegeden und zwar: Ostpreußen 273, Westpreußen 250, Berlin 322, Brandenburg 621, Pommern 627, Posen 448, Schlesien 1264, Sachsen 672, Schleswig=Holstein=Lauenburg 361, Hannover 587, Westfalen 473, Hessen=Nassau 832, Rheinpr.vinz 959, Hohenzollern=Sigmaringen 5.
— Das Urtheil des Bremer Seeamtes in der Angelegenheit des Zusammenstoßes des„Hohenstaufen“ mit der„Sophie“ wird am 9. Decemder verkündet werden.
— Wie die„N. A. Z.“ erfährt, sind die auf die bekannte Beraubung der deut chen Kutter„Diedrich“ und„Anna“ bezüglichen Dokumente Seitens des Londoner Auswärtigen Amtes dem öffentlichen Ankläger übergeben worden, damit gegen die enalischen Shiffer, welche an jener Beraubung theilgenommen hatten, das Strafverfahren sofort eingeleiter werden kann.
— Das in Bordeaux erscheinende Journal„Gironde" meldet, in Pauillac seien vier angeblich deutsche Matrosen des italienischen Schiffes
schmachbedeckt, daß ihr Gepissen schuldbelastet— denn, wenn auch ihr unglucklicher Gatte der Ausfuhrende einer ehrlosen Handlung gewesen, sie selder war der moralische Urheber—
Wenn Leo sie dann verachtete, er, dessen Gemüth so kindlich, dessen Leben so rein war— sie würde es nicht ertragen.
„Nein, niemals!“ rief sie verzweiflungsvoll aus,„nie, niewals.“
Sie wanderte sinnend, überlegend auf und ab. Was sollte sie thun! — gleuch sezt entfiehen! Und wohin!. Sstesi 9
Und wenn sie blied, lebte sie dann nicht unter dem beständigen Drucke, daß eine Stunde kommen musse, welche ihm ihr Geheimniß schonungslos enthüllen würde! Jener Mann ruhte nicht, war nicht zu erbitten— das hätte sie auch nicht gewollt—
Wohin fliehen?— Sie schreckte zurück, sollte sie ein zweites Mal den Kampf aufnehmen mit der Ungewißheit! Jetzt, gerade jetzt fliehen, wo er vielleicht den ersten Triumph gefeiert, wo er sich nach einem Herzen sehnte, das ihn verstand, nach einer Seele, die seine erste freudige Regung mit fühlte— nein, das wäre so seige wie erbarmungslos gewesen.
Noch mußte sie ausharren— wenn er ganz, ganz hinauf geflogen in die Wollen— dann—
Sie hatte die Commode geöffnet und ihre schlanken Hände spielten mit der Waffe, welche sie neulich aus seinem Zimmer genommen. In jenem Augenblick, in welchem er darnach gegriffen, wäre sie ihm verhangnißvoll geworden, hätte er eine einzige kleine Kugel gehabt, welche in ihren gepaßt. Sie hatte ihn das rusen horen—
Wie kalt der Lauf war— sie schauderte— eine ebensolche Waffe hatte auch ihr Gatte auf sich gerichtet.—
„Nein, nein,“ stammelte sie und sank, noch immer die Pistole fest umklammernd, zu Boden.
Eine Weile war es still um sie dier; auch aus ihrer Brust kam kein Laut, sie verschloß alles Weh tief, tief innen.
Da— Schritte— ja, diesmal täuschte sie sich nicht— und wieder gslitt sie bis zur Thüre—
Diesmal wandten sie sich nicht ab, kamen sie direct, hastig.
„Leo!“ rief sie.
Er Kand vor ihr und streckte ihr beide Hände entgegen.„Gesiegt, Schwester Hortense, gesiegt!“
Es war gut, daß er sie in diesem Augenblicke Schwester genannt— sie gewann durch dies eine Wort alle Fassungskraft wieder.
„Ich wußte est“ sagte sie und der Ton klang wie der einer Matter
Dann zog sie ihn nach dem Fenster und wies auf seinen gewöhnlichen Sitz.
„Werden wir nun Alles, Alles erzählen!“
Und während ihr leise gerothetes Antlitz ihm lächelnd zugeneigt war, berichtete er von seinem Erfolg, von Susens Güte, von der prinzlichen Huld, von Prinzeß Maxa's Protection.
„Ich wußte es!“ sprach sie vor sich hin,— sie meinte damit, daß es so hätte kommen müssen, daß er ihr eines Tages aus den Händen flattern würde, wie ein Vöglein, dem es zu eng im Neste geworden.
„Und“, setzte er hinzu,„mn fehlte nur eins, ein liedes Gesicht, ein Herz, daß ich dakeim wußte, sich sorgend, an mich denkend— und als sie mir Alle Gutes, Hoffnungsvolles gesagt, da schlich ich mich in einen der dunklen Gänge des Schloßgartens und sprach leise vor mich hin: „Hortense“.
O. der innige Klang, mit dem er diesen Namen genannt.
„Bruder Leo!“ erwiderte sie leise,„Sie verwöhnen die blasse Schwester — mag nie eine Stunde kommen— nein,“ sie konnte nicht weiter sprechen.
Er nahm ihre Hände und drückte sie fest gegen sein Herz.
„Hortense, noch darf ich nicht sagen, nicht fragen—“
Rasch hatte sie ihm die bedenden Finger entzogen.
Nur das nicht, das nicht! ächzte ihr Herz— aussprechen nicht— es mußte in seiner Brust verborgen bleiden, daß, wenn er einmal jählings erwachte, das nur geträumt zu haben meinte.
Sie lachelte.„Wissen Sie, Bruder Leo, daß Sie mir stolzer, männlicher in Wesen und Haltung erscheinen— das macht der Abglanz fürslicher Guode.
„Lassen Sie mich einen offentlichen Erfolg genießen, wie der gestrige es privatim war, dann— dann“—
„Dann—“ wiederholte sie leise und wandte die Blicke ab.
Er gewahrte plöglich die am Boden liegende Wasfe und deutete darauf.
„Was soll das!“
Hortense hob sie empor.
„Ich nahm sie Ihnen, Leo, an dem Tage, an welchem Sie erkrankten.“„„———
„Sie hat eine traurige Bedeutung für mich— meine Mutter entriß sie den Händen eines Mannes, welchen sie liebte und dem sie entsagen mußte.“——=i5es Schick
Noch tiefer beugte sich der schöne Frauenkopf— wunderliches sal— auch im Leden des Sohues mußzte jenes Werkzeug eine Rolle elen.
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