*

Die tügliche Aubgabe des

otschen Merkur mit den Gratisbeilagen In Fanitientriise.onntagsruhe undPraktischer Ratgeber für Land­und Hauswirtschaft". kostet, durch ausere Boten bezogen, oder auf der Ber abgete!

monatlich 60 Pfg.,

vierteljährlich 1Rl. 80 Pfg.,

duuch den Brieftrager in'? Haus

bnacht, vierteljährlich 8 mk. 22 pse.

86­

Telephon=Kuschluß Nr. 4

Kölnische Landeszeitung.

Wöchentlich die drei Gratisbeilagen:

Im Famillenkreise,Sonntagsruhe undPraktischer Ratgeber für Land= und Hauswirtschaft.

Saferete

Samilienanzeigen bie Zeile 25 Dis. Arbeitügesuche." 10

Geschäftsinserate Verkäufe u. aus den Kreisen Röln(Stadt und Land) Berg­heim, Guskirchen und Mülheim die Zeile 20 Vis.

Inserate aus andern Bezicken die Zeile 25 Sig.

Retlamen 50 big. bis fünlarspelk. Zeile. Bnstustichern Bchehlum

i 8.: H. Theiffing in Köln.

Retationbbrud uud Beslag von

Heinrich Theissing in Köln. Die Sppebition brfinbet sich in Aela,

Unter Küster 8.

5

Nr. 93.

(Montag.)

Köln, den 22. April 1912.

(Lothar.)

35. Jahrgang.

Die Verabschiedung der Wehr- u. Peckungsvorlagen.

Heute beginnt der Reichstag die erste Lesung der Wehr= und Deckungsvorlagen; seine Mi­glieder haben sich über die Einzelheiten der Vor­lagen unterrichtet und schon heute kann gesagt werden, daß die Wehrvorlagen ernster Gegner­schaft bei den bürgerlichen Parteien kaum begeg­neu werden. Das gilt vor allem von der Flottenvorlage.

Die Ereignisse des letzten Sommers haben er­wiesen, daß wir auf einen plötzlichen Ueberfall Englands für alle Fälle vorberettet sein müssen. Diese Bereitschaft unserer Flotte ist aber inso­fern nicht vorhanden, als im Herbst zur Zeit der Rekruteneinstellung nur ein Geschwa­der tatsächlich voll artionsfähig ist. Diese Lücke wird beseitigt durch die geforderte Indienststellung des 3. Geschwaders, das den Hauptbestandteil der Flottenvorlage bildet. Mit weniger günstigen Augen kürste die Heeresvorlage

angesehen werden. Erst im vorigen Jahre hat der Reichstag das neue Quiaquennat bewilligt, das die Friedensstärke des Heeres um rund :!000 Mann erhöhte. Der Priegsn nister er­klärte damals, daß diese Erhühung für absehbare Zeit zur Sicherung des Reichs genüge. Wenn jetzt die Regierung trotzdem mit sehr beträcht­lichen Neuforderungen an den Reichstag heran­tritt, so müssen zwingende Gründe sie dazu ver­anlaßt haben. Leichten Herzens wird der Reichs­tag gewiß nicht zur Bewilligung der neuen La­sten, die nicht nur in finanzieller, sendern auch in wirtschaftlicher Beziehung schwer sind, bereit sein. Aber der Pflicht, das für die Sicherheit des Reichs Erforderliche zu bewilligen, wird die Mehrheit des Reichstags sich nicht entziehen, wenn sie aus den Gründen der Regierung die Ueberzeugung gewinnt, daß die Heeresvorlage unabweisbaren Forderungen entspricht. Die po­litische Zeitlage ist höchst unsicher, und das Reich muß in der Lage sein, jeder moglichen feindlichen Mächtekombination zur rechten Zeit begegnen zu können. Wir zweiseln nicht, daß die Regierung den

Berechtigungsnachweis ihrer Forderungen

erbringen wird, sodaß mit der Annahme auch der Heeresvorlage zu rechnen#st. Bei der einen oder anderen Forderung freilich wird eine ge­naue Prüfung vorzunehmen sein, ob sie im Interesse der Sicherheit des Reichs unbedingt notwendig ist. Fraglich kann z. B. erscheinen, ob verschiedene Forderungen für die Feldartillerie und vor allem die verhält­nismäßig starke Vermehrang des Offi­zierkorps in vollem Umfagge begründet sind. Ob bei der einen oder anderen Forderung Er­sparnisse gemacht werden können, wird sich dann zeigen. An der Bereitwilligkeit des Reichs. tags, dem Reiche zu geben, nas des Reiches ist, wird es also gewiß nicht fehlen. Aber auch die Regierung hat jetzt Gelegenheit, einmal zu zei­gen, daß sie nicht immer nur der nehmende Teil sein will. Bisher ist ein alter Wunsch des Reichstags unerfüllt geblieben:

die Unterdrückung des Duellunfugs im Heer.

Wir glauben nicht zu irren, wenn wir an­nehmen, daß der Reichstag jetzt, wo er für das Heer so große Mittel bewilligen soll, nicht verseh­len wird, diesen seinen alten Wunsch mit allem Nachdruck erneut zum Ausdruck zu bringen. Von der Regierung muß man erwarten, daß sie sich der Erfüllung dieses Wunsches nicht linger ent­zieht. Sie hat die Pflicht, diese Forderung des deutschen Volkes um so mehr zu erfüllen, als dieses gerade jetzt wieder so schwere Lasten auf sich nimmt.

Die Schwierigkeiten, die der Verabschiedung der Wehr= und Deckungsvorlagen entgegenstehen, beginnen eigentlich so recht erst bei der letzteren.

Die Lösung der Deckungsfrage, sowett die Beseitigung der Liebesgabe in Frage kommt, ist an sich schon keine allzu leichte Aufgabe für den Reichstag. Doch die eigentlichen Schwierigkeiten liegen weniger in der Sache be­gründet, als in dem Bestreben der Parteien der Linken, auch in dieser wichtigen vaterländischen Frage thren eigensüchtigen Parteiin­teressen den Verrang zu geben. Der Li­

beralismus hat es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, daß es unbedingt die

Hinterbliebenensteuer

sein muß, die einen Teil der Mehrkosten aufzu­bringen hat. Er wird es nicht an Versuchen seh­len lassen, seinen Willen auch jetzt noch durchzu­setzen. In der liberalen Presse wird der Weg, auf dem man zum Ziele zu kommen hofft, bereits angedeutet. Es ist da seit einigen Wochen fort­gesetzt die Rede davon, daß die Wehr= und Dek­kungsvorlagen ober wenigstens die letztere bis zum Herbst vertagt

werden müssen. Das eine wie das andere soll selbstverständlich nur dazu dienen, dem Libera­lismus die Möglichkeit zu geben, seine Forderung nach der Hinterbliebenensteuer durchzusetzen. Das eine wie das andere aber darf und kann nicht geschehen. Die Wehrvorlagen sind dringlicher Natur und dulden keinen Aufschub. Die Deckungsvorlage aber bildet mit ihnen ein Ganzes und kann daher von ihnen nicht getrennt werden. Weder die rechtsstehenden Parteien noch das Zentrum werden sich dazu hergeben wol­len, sondern darauf bestehen, daß beide Vorlagen die zusammen gehören, auch zusammen verab­schiedet werden. Auf die Weise, wie der Libera­lismus die Angelegenheit erledigen will, kommen wir jedenfalls nicht weiter. Will sich der Libe­ralismus der vaterländischen Pflicht entziehen, und das Parteiinteresse abermals über die In­teressen des Reiches stellen, so mag er es tun. Aber ihn allein wird dann auch die Verant­woitung für ein etwaiges Scheitern der Wehr­vorlagen tressen.

Deutscher

42. Sitzung.

Berlin, 20. April.

Am Tische des Bundesrats: Dr. v. Joncauieres, Delbrück. Lisco, v. Breitenbach.

Vizepräsident Dr. Paasche eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 20 Win.

Beratung des schleunigen Antrages Dr. Arendt(Reichsp.) betreffend Vornahme von Erhebungen über die

Sicherheit der Passaaiere and Mannschaften auf deutschen Schüfen.

Abg. Dr. Arendt(Reichsn.): Angesichts der jünasten Schiffskatastrophe muß so schnell wie möglich die Frage zur Erörlerung gestellt wer­den, ob es möglich ist, deractigen Katastrophen für die Zukurft vorzubengen Große deutsche Zeitungen melden, daß auch auf den deutschen Schissen die Ausrüstung mit Ret­tungsbooten nicht ausreichend sei. Eine Klarstellung liegt hier im allseitinen In­t. resse. Wir werden darauf binzuarbeiten ha­ben. daß für alle, die ein Schiff betreten, Passa­giere wie Mannschaften, für den Fall eines Un­glücks ausreichende Rettungsmöglichkeiten vor­handen sind. Auf unseren deutschen Schiffen ist jedem Manne der Besatzung im Falle der Ge­fahr sein Platz engewiesen. Ich möchte anregen, daß auch für die Passagiere in ühnlicher Weise Vorsorge getroffen wird. Gegenüber dem rück­sichtslosen Wettrennen der Schisse der verschie­denen Nationer auf hoher See wären inter­nationale Strafbestimmungen am Platze.

Staatssekretär des Reichsemts des Innern Dr. Delbrück: Ich halte es dugegen nicht für an­gezeigt, heute an dieser Stelle öfsentlich in eine materielle Erörterung dieser Frage einzutreten. (Demonstratives Sehr richtig links). Die Er­örterungen können nämlich eich abgehen ohne eine Kritik an Vorgängen. welche uns noch gar nicht hinreichend bekannt sind.(Erneuter de­monstrativer Beisall links.) Diese Erörterung wird vorzunehmen sein, wenn die Ursachen fest­gestellt sind, die zu dieser Katastrophe gefühet haben, und wenn sich annähernd übersehen läßt. ob und welche Mittel gesehlt haben, die geeignet newesen wären, die Zahl der Opfer zu beschrän­ken. Unser= großen Schiffahrcesellschaften und die Seeberufk genossenschaften sind seit einigen Ta gen bereits in Verhandsungen darüber einge­treten, ie die Sicherheitsmasreaeln auf unse­ren Schiffen zu verstärken sind. Ich werde mich mit den beteiligten Kreisen I: allernächster Zeit zu einer geweinschaftlichen Erörterung dieser Frage zusammenfinden. Auch die Frage, ob eine internationale Regelung dieser An­gelegenheit angezeigt sei. Ist bereits erwogen worden. Das deutsche Reich wird jederzeit be­reit sein, jeder an es herantretenden Anregung Folge zu aeben.(Lebhafter Beifall.)

Aba. Arendt(Reichv.) erklärt sich rach den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs für befriedigt und zieht den Antrag zurück.(Stür­misches Gelächter links.)

Damit ist die Angelegenheit erledigt

Es folgt di erste Beratung des Antrages Wellstein(Ztr.), worin der Reichstag ersucht wird, der sogenannten Eleinen

Strafgesetznovelle,

bezüglich deren ein Kompromiß zustande gekom­men ist, seine Zustimmung zu erteilen.

Der Antragsteller Abg. Weilenstein(Ztr.) verzichte; auf das Wort zur Begründung seines Antrages.

Nachlem der Abg Dr. Arendt(Reichsp.) sich gegen den Antrag ausgesnrochen hat, wird die Vorlage in zweiter Beratung mit großer Mehrheit angenommen; dagegen stimmt nur die Reichspartei.

Etat der Reichseisenbahnen.

Hierzu liegt vor eine Resolution der Budgetkommisston, den in der Verwal­tung der Reichseisenbahnen beschästigten Per­sonen und Beamten dieselben Verbesserungen zu gewähren, die der Reichstag für die entsprechen­den Personen der Reichsroftverwaltung gefor­dert hat, ferner eine Resolution Albrecht (Soz.), daß den bei den Reicl,seisenbahnen be­schäftigten Arbeitern für die Wochenfeiertage der Lohn bezahl wird. Endlich eine Resolution Behrens(Wirtsch. Volksp.), daß die Arbeiter der Reichseisenbahnen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben als Mitglied:: der Arbeiteraus­schüsse wählbar sein sollen.

Abg. Fuchs(Soz.) begründet die Resolution

Albrecht.

Abg. Dr. Kuckhoff(Ztr.): Scoon im Jahre 1910 und 1911 ist hier in diesem Hause Klage geführt worden, daß bei der Besoldungs rdnung von 1909 die mittleren und unteren Beamten der Reichseisenbahnen schlech weggekom men sind. Auch ohne in die Besoldungsreform eine Bresche zu legen, müßt eu doch Mittel und Wege gefunden werden können, um die Härten, die in der Besoldungsresorm zutage getreten sind, zu beseitigen. Eine ga.se Reihe von Be­amtenkategorien. so z. B. Zuaführer. Rangier­meister, Lademeister usw. sind es, die sich benach­teiligt fühlen. Da ein Eingriff in die Besot­dungsordnung nicht verlangt werden kann, so sollte man es auf dem Wege versuchen, daß man ihnen in möglichst reichem Maße

persönliche Zu sagen bewilligt. Für die kulturelle Durchdringung und für die immer nähere Angliederung Elsatz= Lothringens an Altdeutschland ist die Mil­wirkung eines zufriedenen mittleren Beamten­standes von der allergrößten Redeutung. Gerade der mittlere Beamte nimmt Elsaßz=Lothringen im kleinen Bürgertum eine außerordentlich ge­achtete und einflußreiche Stellung ein. Viele Beamte wählen ihre Frauen aus kleinbürger­lichen Kreisen, und es ist nur zu begrüßen, wenn das starre Preußentum auf diese Weise etwas durch französische Liebenswürdigkeit gemildert wird.(Betfall.) Auch auf einem anderen Ge­biete, nämlich bei der

Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild

hat die Reichseisenbahnverwaltung ein großes und dankbares Betätigungsf:'v.(Beis. im Ztr.) Es ist in der Tat kein Rihmesblatt für das deutsche Volk, daß es einen Simpltzissimus hat. (Sehr richtia! im Zentrum end rechts.) Wenn die Reichseisenbahnverwaltung ihre Bahnhöse von diesem Blatte frei hält, so wahrt sie damit nur ihr Hausrecht.(Beifall im Zir und rechts Das gleiche gilt, wenn sie auch sonst gegen die Schund= und Schmutzliteratue Front macht.

Abg. Schwabach(natl.) beingt Wünsche betr. die Entlöhnung der Arbeiter der Betriebswerk­stätten, Härten der Besoldung. und Arbeiteraus­schüsse vor, und wünscht ferner Aufhebung der Fahrkartensteuer.

Eisenbahnminister v. Breitenbach erwidert dem Abg. Fuchs

Montag 2 Uhr Fortsetzung. Militärvorlage.

Preußischer Landtag.

Abgeordnetenhaus.

52. Sitzung.

Berlin, 20. April.

Am Ministertisch: Unterstaatssekretär Stieger.

Das Haus und die Tribünen sind schwach besetzt.

Präsident Dr. Frhr. v. Erssa eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 15 Min.

Eisenbahnetat.

Beim TitelSonstige persönliche Ausgaben bittet

Abg. Dr. v. Savignn(Zentr.) für die Pen­sionskasse der Eisenbahnhandwerker und Arbei­ter wieder eine Erhöhung der Staats­zuschüsse zur Kasse in Erwägung zu ziehen. Die Kassenmitglieder bitten auch, die dreitägige Karenzzeit fallen zu lassen, damit sie vom ersten Tage der Krankheit an die Krankengelder bezie­hen können. Weiter wünschen sie die Einfüh­

rung der beschränkten freien Nerztewahl und eine Einwikung auf die von der Kasse beschäftig­ten Aerzte. Auf die Mitgliedschaft zu den Stu­sen der Pensionskassen hat auch die Zugehörig­keit des Arbeitsortes zu den einzelnen Teue­rungsklassen Einfluß.

Beim TitelUnterhaltung und Ergänzung der baulichen Anlagen liegt eine Petition vor, um gesonderte Aufführung der Eisen= und Holz­schwellen im Etat.

Abg. Dr. Wendlandt(natl.) erörtert eingehend die Frage der Schwellen und spricht die Befürch­tung aus, daß die Holzschwellen von den Eisen­schwellen immer mehr zurückgedrängt würden. Bei der Auswahl müsse immer auch berücksichtigt werden, welche der beiden Schwellen aus dem Inlande, welche aus dem Auslande kämen.

Abg. Goebel(Zentr.) klagt über die Schäden, die der oberschlesischen Montanindustrie aus dem Wagenmangel der Eisenbahn entstehe. Es ist bisher oft vorgekommen, daß die Wagengestel­lung im Ruhrrevier prozentual höher gewesen ist als in Schlesien.

Unterstaatssekretär Stiege erwidert, die Ei­senbahnverwaltung werde bestrebt sein, einen bil­ligen Ausgleich zu schaffen.

Beim KapitelMinisterialabteilungen für das Eisenbahnwesen" bittet

Abg. Wallenborn(Zentr.) dafür zu sorgen, daß den Eisenbahnern und Straßenbahnern ge­nügend Rrhetage gewährt würden, und daß speziell die

Sonntagsruhe besser eingehalten würde.

Unterstaatssekretär Stieger erklärt, daß die Regierung bemüht sei, im Sinne des Wunsches des Vorredners auf die Verwaltung hinzu­wirken.

Abg. v. Kloeden(b. k. F.) klagt über die über­handnehmende Qualmertwicklung im Rheintal, infolge der beiden Zuglinien und der Schlepper, und regt an, ob man nicht die Bahnstrecken von Niederlahnstein bis Rüdesheim und von Koblenz bis Bingerbrück elektrisieren könne.

Der Titet wird bewilligt und das Ordinari­um ist damit erledigt.

Bei den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben trägt aus dem Eisenbahndirektions. bezirk Cassel

Abg. Tuercke(kons.) Beschwerden über die Bahnhofsverhältnisse in Rotenburg vor, und bittet um Verbesserung, die vom Regierungsver­treter, sowelt wie angängig, zugesagt wird. Gleichfalls wohlwollende Prüfung wird dem Abg. Dr. Wendlandt(natl.) für den von ihm vorgebrachten Wunsch eines Bahnhofsumbaues in großem Stil in Eschwege.

Bei der Besprechung über den Direktionsbe­zirk Köln tritt

Abe. Busch(Zentr.) für den Umbau des Bahn­hofs in Stotzheim bei Euskirchen und für die Errichtung einer Eisenbahnstation Großbül= lesheim ein. Weiter begründet Redner die Notwendigken eines völligen Umbaus der Bahn­hofsanlagen und des Stationsgebäudes in Düren.

Abg. Underbera(Zentr.) bringt die Miß­stände, welche sich durch die mangelhafte Entwäs­serung der Bahnunterführung in Kaldenkirchen herausgestellt haben und besonders am 6. und 7. Januar d. J. verkehrsstörend in die Erscheinung traten, zur Sprache, und bittet die von der Eisen­bahndirektion und dem Minister zugesagte Be­seitigung dieser Mängel möglichst zu beschleuni­gen und hierbei auf die Interessen der Landwirt­schaft möglicht Rücksicht zu nehmen.

Die Abag. Goebel(Lentr.) und Rich­tarsky(Zentr.) bringen Wünsche für den Osten vor. Zum Direktionsbezirk Saarbrücken bittet Abg. Veltin(Zentr.), an der Moselbahn den Wegübergang statt durch eine Unterführung durch eine Ueberführung zu ersetzen.

Der Rest des Etats wird debattelos genehmigt. Dann gelangt das noch ausstehende Kavitel:

Höhere Lehranstalten aus dem Kultusctat zur Besorechung: in Verbin­dung damit werden mehrere Anträge beraten. Ein von allen bürgerlichen Parteien unterzeich­neter Antraa Eickhoff verlangt die Bereidigung der Kandidaten des Höheren Schulamtes zu Be­

gtun des staatlichen Vorbereitungsdienstes. Ein freisinniger Antrag bezweckt eine organische Ver­bindung der Lehrpläne der Volksschule und der höheren Lehranstalten und fernerhin die Aufhe­bung der bei den staatlichen höheren Lehranstal­ten noch bestehenden Vorschulen. Ein freikon­servativer Antrag verlanot möglichste Beschleunit­gung der Einführung des gemeinsamen Unter­baues der höheren Schulen namentlich in klei­neren und mittleren Städten.

Abg. Viereck(freikons.) begründet den letzteren Antrag.

Nach den Ausführungen des Abg. Krüger (kons.) vertagt sich das Haus auf Montag 11 Uhr. Fortsetzung.

Deutsches Reich.

Das preußische Herrenhaus

wird etwa Mitte Mai zur Beratung des Etats, den das Abgeordnetenhaus bis dahin zu erledi­gen zu können glaubt, zusammentreten. Außer dem Etat hat das Herrenhaus noch einige klei­nere Vorlagen zu erledigen, so daß damit zu rech­ist, daß seine Tagung bis in die Pfingstwoche hin­ein dauern wird.

Zur Erhöhung der Mannschaftslöhne.

Die Wehrvorlagen sehen bekanntlich eine Er­höhung der Mannschaftslöhne vor, die jedoch erst am 1. April 1913 in Kraft treten soll. Wie wir hören, wird das Zentrum bei der Beratung der Wehrvorlagen beantragen, daß die Löhnung schon vom 1. Oktober d. J. ab erhöht wird. Der An­trag wird zweifellos allgemeine Zustimmung im Reichstag finden.

Marokko.

Nach dem Aufruhr in Fes.

Tanger, 21 An­; Vone Nachrichten aus Fes

besagen, daß die Lage ruhig stei Die franzö­sischen Truppen haben gegen tausend Gefangene gemacht; zahlreiche andere Meuterer sind in die Umgegend entflohen und haben sich in Häusern versteckt, die von Streiswachen durchsucht werden, während in der Nähe aufgestellte Posten die Flüchtlinge dann festnehmen sollen. Die Zahl der ermordeten französischen Zivilver­sonen beträgt wahrscheinlich acht; mehrere an­dere werden vermißt. Die Zahl der ermor­deten Instrukteure wird auf fünfzehn angegeben. Angehörige einer andern Nation scheinen nicht umgesommen zu sein. Es bestätigt sich, daß die Aitjussi Sfru angegriffen haben; sie wurden aber von den scherifischen Truppen zu­rückgeschlagen.

Der italienisch-türkische

Die Antwort der Pforte an die Mächte.

Konstantinovel, 20. April. Der Entwurf der Antwort der Pforte auf die Vermittlung der Mächte ist vorbereitet und nird wahrscheinlich morgen im Ministerrat erörtert werden. Die Antwort ist ein langes Schliftstück mit einer rückschauenden Darlegung der tripolitanischen Frage, worin die versöhr iche Haltung de: Pforte gekennzeichnet und aus die Rechtswidrig­keit des italienischen Vorgehens hingewiesen wird. Die Pforte könne, so heißt es darin, auf ihre Würde nicht verzichten und könne nicht ihre tatsächliche und vollständige Souveränität über Tripolis aufgeben. Die Antwort stellt, ohne die türkischen Friedensbedingungen zu formulieren, eine entschiedene Zurüsweisung der italienschen Bedingungen dar.

Wie lauge bleiben die Dardauellen gesperri?

Konstantinopel, 21. upril. Die Dardanellen werden solange gesperrt bleiben, als die italie­nische Flotte im Archipel kreuzt. Wie die ita­lienischen Blätter melden, dürsten die Schiff­fahrtsgesellschaften von Italien Entschädigung wegen der durch die italienische Aktion verur­sachten Verkehrseinstellung verlangen.

Wie verlautet, will die ru sische Regierung in Konstantinovel gegen die Schließung der Dorda­nellen Einspruch erheben, da sie den internatio­nalen Bestimmungen widerspecche.

Weitere Operationen der italienischen Flotte.

Konstantinopel, 21. April. Den Blättern zu­folge kreuzt die italienische Flotte fortgesetzt im Archipel, besonders in der Umgebung von Chios.

Konstantinopel, 21. April. Gestern erschien ein kleines Kriegsschifs im Hasen von Kalimarkt bei Adalia und feuerte zwei Schüsse ab, ohne Schaden anzurichten. Die Italiener haben das Kabel zwischen Rhodos und Makri durchschnitten.

Tscheschmeh, 2.. April. Zwei italienische Kriegsschiffe bombardierten jestern Alasaka bei Tscheschmeh, richteten aber unvedeutenden Scha­den an; verwundet wurde niemand, auch die radiotelegraphische Station den Makri wurde von den Italienern bombardiert.

Der

Roman von L. Haidheim.

20)(Nachdruck verboten.)

In der Residenz entfaltete sich zu Beginn der Saison dieses Jahres das Gesellschaftsleben der höheren Kreise zu ungeahnter Blüte.

Der Zuzug mehrerer vornehmer Familien für dauernden Aufenthalt gab dazu wohl den ersten Anlaß, andererseits hatte die Katastrophe im Hause Fredel loh und die tiefe, anhaltende Ver­stimmung des Herzogs so schwer auf dessen Um­gebung und den mit dem Hofe in Verbindung stehenden Kreisen gelastet, daß man jetzt erleich­tert aufatmete, als man den Londesfürsten frisch und munter auf die Jagd gehen sah, wohin neuerdings der Amerikaner Fredelsloh ihn öf­ters begleitete.

Daß dieser die Gunst Sr. Hoheit, die Ulrih von Fredelsloh mehrfach erbittert zurückgewiesen, sozusagen geerbt, gab dem ersteren einen weite­

ren Nimbus.

Walter von Frcdelsloh zeigte sich auch gegen­über den an ihn ergehenden zahlreichen Einla­dungen keineswegs abweisend. Und er gefiel all­gemein sehr gut. In seinem tadellosen, elegan­ten Frackanzug sah er ungleich besser aus, als in seinen sonstigen Anzügen, und er ergählte selbst in heiterster Laune, daß einige deutsche Damen ihm klar gemacht, es genüge nicht, seine Garde­robe beim teuersten Schneide; zu kaufen, man müsse auch in den Spiegel sehen und sich selbst mit dem Vorbild vergleichen, das man sich doch jedenfalls zur Nacheiferug genommen.

Die Namen dieser liebenswürdigen Lehr­meisterinnen nannte er niemals; aber es wäre doch geradezu ein Armutszeugnis für die Residenzstädterinnen gewesen, wenn sie nicht bald

herausgebracht, daß Herr Walter von Fredelsloh viel im Heimwenderschen Hause verkehrt hatte, und man hielt also Fräulein Heimwender für diese Lehrmeisterin.

Diese junge Dame war, ebenso wie ihr Bru­der, in der Residenz noch nicht viel gesehen wor­den. Erst nach Weihnachten, als Bruder und Schwester in dem vornehmsten He.el für längere Zeit Quartier nahmen, sah man beide öfter auf der Straße oder in Gesellschaften.

Auch die Familie Hilgeroth, die zu den neu hinzugezogenen gehörte, machte viel von sich reden.

Herr Hilgeroth hatte sich seit Jahren als ei­ner der intelligentesten Industriellen seiner Pro­vinz im Abgeordnetenhause hervorgetan. Sein stark ausgeprägtes Selbstbewußtsein schien ihm in der Universitätsstadt, di: er sich zuerst als Ruheaufenthalt gewählt, die Sympathien der Ge­lehrtenkreise wohl entfremdet und seinen Fähig­keiten auch nicht den Spielraum gestattet zu ha­ben, den er für dieselben beenspruchte. Er er­kannte, daß sein Reichtum diesen Leuten nicht as­nügend imponierk, und ihm selber waren sie wir­der zu anspruchslos; ir solgedessen hatte er die ihm übertragenen Ehrenämter niedergelegt und war fortgezogen. In der Residenz und dem Gesellschaftsleben derselben ühlte er sich wohler.

Mon sagte scherzhaft von ihm: er besitze die schönste Villa, die schönste Tochter und die schönste Uhrkette eine kaltfornische, von gediegenem Gold, die ihm prahlerisch über die Weste hing. Die intime Freundschaft zwischen den Geschwi­stern Heimwender und seiner Elfriede, die schnell bekannt wurde, hatte für den Vater der letzteren nur eine angenehme Seite.

Seine Effriede trat in der Gesellschaft sofort mit einem angesehenen Kavalier auf! Darauf war er ungemein stolz. Die Ansicht seiner et­was schüchternen und nicht gerade bebeutenden

Frau, Heimwender verrate in nichts ein wirk­liches Interesse für Elfriede, galt ihm nicht viel: als dann derAmerikaner seinen Besuch machte, da schwoll sein Herz vor Va'erstolz und sicherer Hoffnung auf eine glänzende Partie für seine Tochter.

Er hatte noch vier Söhne, die ihrem Vater Geld über Geld kosteten; um so angenehmer war es, wenn Elfriede nicht aus noch mit großen Anforderungen für ihre Zukunft kam.

Was gab es unter diesen Umständen in der Residenz nach den ersten Winterbällen zu erzäh­len! Das interessanteste war jedenfalls, daß die beiden Freundc, Heimwender und Baron Walter von Fredelsloh, unzertrennlich von den beiden jungen Mädchen waren!

Der Amerikaner tanzte nicht viel, höchstens Quadrillen und Francaisen, Heimwender dage­gen war ein flotter Tänzer und jedenfalls der ansehnlichere von beiden.

Seit Jahren hatte man eine so lebhafte Ge­selligkeit nicht erlebt.

***

Wohl eine gute halbe Stunde von der Rest­denz entfernt lag eine kleine, unansehnliche Fa­brik am Eingans eines Dorfes, das wegen des Reichtums seiner Bauern bekannt war.

Die Bummelzüge der Eisenbahn hielten auf der kleinen Station abends und morgens; der Landweg führte zur Stadt in Form einer Chaussee, die sich nicht im besten Zustund befand.

Von idyllischer Schönheit des Dörschens Kü­nau konnte keine Rede sein. Die wenigen, aber reichen Höfe waren gut gehalten und die Be­sitzer waren stolz auf ihr vieles Geld.

Die kleine Fabrik waren ihnen, als sie noch eine bescheidene Färberei war, stets ein Dorn im Auge gewesen, jetzt hatten sie über eingesehen. daß sie nichts dagegen tun konnten, und die vier

oder fünf Herren, die darin arbeiteten, erschienen zuweilen im Krug und waren da so lustig und traten so schlicht auf, daß sie gerabezu eine An­ziehungskraft bildeten und vie Großbauern noch öfter und lieber dahin kamen.

Nur einer kam selten mit: der junge Herr Direktor. Weil die Bauern natürlich dies und jenes von seiner Geschichte gehört hatten, so machte der Ernst. der fast sters auf seinem Aur­litz lag, sie auch zurückhaltend Traf es sich aber einmal, daß er länger mit dem einen oder ande­ren sprach, so sanden sieken Herrn Baron keines­wegs stolz, sondern stets freundlich und einfach.

Der in Wien wohnende Besitzer der Fabrik forderte viel von seinen hiesigen jungen Beam­ten; sie räsonnierten zwar darüber, aber sie setz­ten ihrem jungen Direktor seinen Widerstand entgegen.

Ein tüchtiger, ehrenwertee Mann, der noch dazu das Herz auf dem rechten Fleck hat, findet ohne große Schwierigkeit die Eumpathien seiner Mitarbeiter. Darum ließ man es Ulrich von Fredelsloh nicht entgelten, daß er sich abends nicht mit in den Krug zum Vier setzte. Man ach­tete seine Sporsamkeit, galt sie doch der Unter­stützung von Mutter und Schwester; man begriff seinen Ernst, ja seine zuweilen hervorbrechende Erbitterung, wußte man doch, an welch schwerer Herzenswunde er krankte, wie ein einziger Blitz aus blauem Himmel die Ehre, die Existenz und das Familienglück seiner Eltern rernichtet hatte.

Ulrich von Fredelsleh sprach nicht über seine persönsichen Erlebnisse. Aber von seinem um­fassenden Wissen teilte er in lebhafter Unterhal­tung mit, was man begehrte, und es war keiner seiner Beamien, der nicht rühmend anerkannte, daß man viel von ihm lernen könne.

Nur der Onkel in Wien sorderte mehr von Ulrich, immer noch mehr. Sein nach allen Seiten

hin das Neue erfessendes, ruhcloses S.reben ver­langte er auch von seinem Nessen, nur ließ er die­

sem die Bahn nicht frei, selbständig vorwärts zu schreiten.

Hände und Füße bindet er mir! klagte Ul­rich einmal gegen Irma. Diese tröstete ihn, so gut sie konnte. Zuweilen schrieb sie ihm Mit­teilungen über Elfriede und Elli. Er las diese mit fast zornigem Interesse, antwortete aber nie darauf.

Ulrich war der Residenz so nahe in gewis­ser Beziehung aber dennoch weltensern. Nur in ganz dringenden Fällen ging er selbst in die Stadt; doch nie suchte er dort Freunde und Be­kannte auf; und wenn ihm solche begegneten, so wich er ihnen aus, um jede Unterhaltung zu ver­meiden.

***

Endlich wollte es Frühlin: werden.

Nach langen Wochen angesirengter Arbeit und steten Kampfes mit sich selber, fühlte sich Ulri 5 ruhiger; statt des verbissen'n Grolls war fast unmerklich eine gerechtere und hoffnungsvollere Stimmung in sein Herz gezogen.

Das dankte er zum größte: Teil seiner Schwe­ster, die ihm eine Tages geschrieben:

Du wirst vielleicht auch gehört hoben, daß Elfriede sich mit unserem Stiefbruder verlob: hätte. Elli hat mir jedoch in Elfriedes Auftrage mitgeteilt, es sei kein Wort caron wahr.

Dieser Brief hatte in Ulrichs Innern die Reaktion bewirkt und seit Empfang dieser Mit­teilung Irmas beseelte ihn eine fast unbezwing­liche Sehnsucht nach Elfriede. Wenn er sie nuc ein einziges Mal und wenn auch nur von fern hätte sehen können!

Plötzlich entdeckte er, daß er allerlei Einkäufe in der Stadt zu besorgen habe, die nur er selbst machen könne.

(Fortsetzung folgt.)