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Unter Küster 8.
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Nr. 93.
(Montag.)
Köln, den 22. April 1912.
(Lothar.)
35. Jahrgang.
Die Verabschiedung der Wehr- u. Peckungsvorlagen.
Heute beginnt der Reichstag die erste Lesung der Wehr= und Deckungsvorlagen; seine Mi“glieder haben sich über die Einzelheiten der Vorlagen unterrichtet und schon heute kann gesagt werden, daß die Wehrvorlagen ernster Gegnerschaft bei den bürgerlichen Parteien kaum begegneu werden. Das gilt vor allem von der Flottenvorlage.
Die Ereignisse des letzten Sommers haben erwiesen, daß wir auf einen plötzlichen Ueberfall Englands für alle Fälle vorberettet sein müssen. Diese Bereitschaft unserer Flotte ist aber insofern nicht vorhanden, als im Herbst zur Zeit der Rekruteneinstellung nur ein Geschwader tatsächlich voll artionsfähig ist. Diese Lücke wird beseitigt durch die geforderte Indienststellung des 3. Geschwaders, das den Hauptbestandteil der Flottenvorlage bildet. Mit weniger günstigen Augen kürste die Heeresvorlage
angesehen werden. Erst im vorigen Jahre hat der Reichstag das neue Quiaquennat bewilligt, das die Friedensstärke des Heeres um rund :!000 Mann erhöhte. Der Priegsn nister erklärte damals, daß diese Erhühung für absehbare Zeit zur Sicherung des Reichs genüge. Wenn jetzt die Regierung trotzdem mit sehr beträchtlichen Neuforderungen an den Reichstag herantritt, so müssen zwingende Gründe sie dazu veranlaßt haben. Leichten Herzens wird der Reichstag gewiß nicht zur Bewilligung der neuen Lasten, die nicht nur in finanzieller, sendern auch in wirtschaftlicher Beziehung schwer sind, bereit sein. Aber der Pflicht, das für die Sicherheit des Reichs Erforderliche zu bewilligen, wird die Mehrheit des Reichstags sich nicht entziehen, wenn sie aus den Gründen der Regierung die Ueberzeugung gewinnt, daß die Heeresvorlage unabweisbaren Forderungen entspricht. Die politische Zeitlage ist höchst unsicher, und das Reich muß in der Lage sein, jeder moglichen feindlichen Mächtekombination zur rechten Zeit begegnen zu können. Wir zweiseln nicht, daß die Regierung den
Berechtigungsnachweis ihrer Forderungen
erbringen wird, sodaß mit der Annahme auch der Heeresvorlage zu rechnen#st. Bei der einen oder anderen Forderung freilich wird eine genaue Prüfung vorzunehmen sein, ob sie im Interesse der Sicherheit des Reichs unbedingt notwendig ist. Fraglich kann z. B. erscheinen, ob verschiedene Forderungen für die Feldartillerie und vor allem die verhältnismäßig starke Vermehrang des Offizierkorps in vollem Umfagge begründet sind. Ob bei der einen oder anderen Forderung Ersparnisse gemacht werden können, wird sich dann zeigen. An der Bereitwilligkeit des Reichs. tags, dem Reiche zu geben, nas des Reiches ist, wird es also gewiß nicht fehlen. Aber auch die Regierung hat jetzt Gelegenheit, einmal zu zeigen, daß sie nicht immer nur der nehmende Teil sein will. Bisher ist ein alter Wunsch des Reichstags unerfüllt geblieben:
die Unterdrückung des Duellunfugs im Heer.
Wir glauben nicht zu irren, wenn wir annehmen, daß der Reichstag jetzt, wo er für das Heer so große Mittel bewilligen soll, nicht versehlen wird, diesen seinen alten Wunsch mit allem Nachdruck erneut zum Ausdruck zu bringen. Von der Regierung muß man erwarten, daß sie sich der Erfüllung dieses Wunsches nicht linger entzieht. Sie hat die Pflicht, diese Forderung des deutschen Volkes um so mehr zu erfüllen, als dieses gerade jetzt wieder so schwere Lasten auf sich nimmt.
Die Schwierigkeiten, die der Verabschiedung der Wehr= und Deckungsvorlagen entgegenstehen, beginnen eigentlich so recht erst bei der letzteren.
Die Lösung der Deckungsfrage, sowett die Beseitigung der Liebesgabe in Frage kommt, ist an sich schon keine allzu leichte Aufgabe für den Reichstag. Doch die eigentlichen Schwierigkeiten liegen weniger in der Sache begründet, als in dem Bestreben der Parteien der Linken, auch in dieser wichtigen vaterländischen Frage thren eigensüchtigen Parteiinteressen den Verrang zu geben. Der Li
beralismus hat es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, daß es unbedingt die
Hinterbliebenensteuer
sein muß, die einen Teil der Mehrkosten aufzubringen hat. Er wird es nicht an Versuchen sehlen lassen, seinen Willen auch jetzt noch durchzusetzen. In der liberalen Presse wird der Weg, auf dem man zum Ziele zu kommen hofft, bereits angedeutet. Es ist da seit einigen Wochen fortgesetzt die Rede davon, daß die Wehr= und Dekkungsvorlagen ober wenigstens die letztere bis zum Herbst vertagt
werden müssen. Das eine wie das andere soll selbstverständlich nur dazu dienen, dem Liberalismus die Möglichkeit zu geben, seine Forderung nach der Hinterbliebenensteuer durchzusetzen. Das eine wie das andere aber darf und kann nicht geschehen. Die Wehrvorlagen sind dringlicher Natur und dulden keinen Aufschub. Die Deckungsvorlage aber bildet mit ihnen ein Ganzes und kann daher von ihnen nicht getrennt werden. Weder die rechtsstehenden Parteien noch das Zentrum werden sich dazu hergeben wollen, sondern darauf bestehen, daß beide Vorlagen die zusammen gehören, auch zusammen verabschiedet werden. Auf die Weise, wie der Liberalismus die Angelegenheit erledigen will, kommen wir jedenfalls nicht weiter. Will sich der Liberalismus der vaterländischen Pflicht entziehen, und das Parteiinteresse abermals über die Interessen des Reiches stellen, so mag er es tun. Aber ihn allein wird dann auch die Verantwoitung für ein etwaiges Scheitern der Wehrvorlagen tressen.
Deutscher
42. Sitzung.
Berlin, 20. April.
Am Tische des Bundesrats: Dr. v. Joncauieres, Delbrück. Lisco, v. Breitenbach.
Vizepräsident Dr. Paasche eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 20 Win.
Beratung des schleunigen Antrages Dr. Arendt(Reichsp.) betreffend Vornahme von Erhebungen über die
Sicherheit der Passaaiere and Mannschaften auf deutschen Schüfen.
Abg. Dr. Arendt(Reichsn.): Angesichts der jünasten Schiffskatastrophe muß so schnell wie möglich die Frage zur Erörlerung gestellt werden, ob es möglich ist, deractigen Katastrophen für die Zukurft vorzubengen Große deutsche Zeitungen melden, daß auch auf den deutschen Schissen die Ausrüstung mit Rettungsbooten nicht ausreichend sei. Eine Klarstellung liegt hier im allseitinen Int. resse. Wir werden darauf binzuarbeiten haben. daß für alle, die ein Schiff betreten, Passagiere wie Mannschaften, für den Fall eines Unglücks ausreichende Rettungsmöglichkeiten vorhanden sind. Auf unseren deutschen Schiffen ist jedem Manne der Besatzung im Falle der Gefahr sein Platz engewiesen. Ich möchte anregen, daß auch für die Passagiere in ühnlicher Weise Vorsorge getroffen wird. Gegenüber dem rücksichtslosen Wettrennen der Schisse der verschiedenen Nationer auf hoher See wären internationale Strafbestimmungen am Platze.
Staatssekretär des Reichsemts des Innern Dr. Delbrück: Ich halte es dugegen nicht für angezeigt, heute an dieser Stelle öfsentlich in eine materielle Erörterung dieser Frage einzutreten. (Demonstratives Sehr richtig“ links). Die Erörterungen können nämlich eich abgehen ohne eine Kritik an Vorgängen. welche uns noch gar nicht hinreichend bekannt sind.(Erneuter demonstrativer Beisall links.) Diese Erörterung wird vorzunehmen sein, wenn die Ursachen festgestellt sind, die zu dieser Katastrophe gefühet haben, und wenn sich annähernd übersehen läßt. ob und welche Mittel gesehlt haben, die geeignet newesen wären, die Zahl der Opfer zu beschränken. Unser= großen Schiffahrcesellschaften und die Seeberufk genossenschaften sind seit einigen Ta gen bereits in Verhandsungen darüber eingetreten, ie die Sicherheitsmasreaeln auf unseren Schiffen zu verstärken sind. Ich werde mich mit den beteiligten Kreisen I: allernächster Zeit zu einer geweinschaftlichen Erörterung dieser Frage zusammenfinden. Auch die Frage, ob eine internationale Regelung dieser Angelegenheit angezeigt sei. Ist bereits erwogen worden. Das deutsche Reich wird jederzeit bereit sein, jeder an es herantretenden Anregung Folge zu aeben.(Lebhafter Beifall.)
Aba. Arendt(Reichv.) erklärt sich rach den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs für befriedigt und zieht den Antrag zurück.(Stürmisches Gelächter links.)
Damit ist die Angelegenheit erledigt
Es folgt di erste Beratung des Antrages Wellstein(Ztr.), worin der Reichstag ersucht wird, der sogenannten Eleinen
Strafgesetznovelle,
bezüglich deren ein Kompromiß zustande gekommen ist, seine Zustimmung zu erteilen.
Der Antragsteller Abg. Weilenstein(Ztr.) verzichte; auf das Wort zur Begründung seines Antrages.
Nachlem der Abg Dr. Arendt(Reichsp.) sich gegen den Antrag ausgesnrochen hat, wird die Vorlage in zweiter Beratung mit großer Mehrheit angenommen; dagegen stimmt nur die Reichspartei.
Etat der Reichseisenbahnen.
Hierzu liegt vor eine Resolution der Budgetkommisston, den in der Verwaltung der Reichseisenbahnen beschästigten Personen und Beamten dieselben Verbesserungen zu gewähren, die der Reichstag für die entsprechenden Personen der Reichsroftverwaltung gefordert hat, ferner eine Resolution Albrecht (Soz.), daß den bei den Reicl,seisenbahnen beschäftigten Arbeitern für die Wochenfeiertage der Lohn bezahl wird. Endlich eine Resolution Behrens(Wirtsch. Volksp.), daß die Arbeiter der Reichseisenbahnen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben als Mitglied:: der Arbeiterausschüsse wählbar sein sollen.
Abg. Fuchs(Soz.) begründet die Resolution
Albrecht.
Abg. Dr. Kuckhoff(Ztr.): Scoon im Jahre 1910 und 1911 ist hier in diesem Hause Klage geführt worden, daß bei der Besoldungs rdnung von 1909 die mittleren und unteren Beamten der Reichseisenbahnen schlech weggekom men sind. Auch ohne in die Besoldungsreform eine Bresche zu legen, müßt eu doch Mittel und Wege gefunden werden können, um die Härten, die in der Besoldungsresorm zutage getreten sind, zu beseitigen. Eine ga.se Reihe von Beamtenkategorien. so z. B. Zuaführer. Rangiermeister, Lademeister usw. sind es, die sich benachteiligt fühlen. Da ein Eingriff in die Besotdungsordnung nicht verlangt werden kann, so sollte man es auf dem Wege versuchen, daß man ihnen in möglichst reichem Maße
persönliche Zu sagen bewilligt. Für die kulturelle Durchdringung und für die immer nähere Angliederung Elsatz= Lothringens an Altdeutschland ist die Milwirkung eines zufriedenen mittleren Beamtenstandes von der allergrößten Redeutung. Gerade der mittlere Beamte nimmt Elsaßz=Lothringen im kleinen Bürgertum eine außerordentlich geachtete und einflußreiche Stellung ein. Viele Beamte wählen ihre Frauen aus kleinbürgerlichen Kreisen, und es ist nur zu begrüßen, wenn das starre Preußentum auf diese Weise etwas durch französische Liebenswürdigkeit gemildert wird.(Betfall.) Auch auf einem anderen Gebiete, nämlich bei der
Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild
hat die Reichseisenbahnverwaltung ein großes und dankbares Betätigungsf:'v.(Beis. im Ztr.) Es ist in der Tat kein Rihmesblatt für das deutsche Volk, daß es einen Simpltzissimus hat. (Sehr richtia! im Zentrum end rechts.) Wenn die Reichseisenbahnverwaltung ihre Bahnhöse von diesem Blatte frei hält, so wahrt sie damit nur ihr Hausrecht.(Beifall im Zir und rechts Das gleiche gilt, wenn sie auch sonst gegen die Schund= und Schmutzliteratue Front macht.
Abg. Schwabach(natl.) beingt Wünsche betr. die Entlöhnung der Arbeiter der Betriebswerkstätten, Härten der Besoldung. und Arbeiterausschüsse vor, und wünscht ferner Aufhebung der Fahrkartensteuer.
Eisenbahnminister v. Breitenbach erwidert dem Abg. Fuchs
Montag 2 Uhr Fortsetzung. Militärvorlage.
Preußischer Landtag.
Abgeordnetenhaus.
52. Sitzung.
Berlin, 20. April.
Am Ministertisch: Unterstaatssekretär Stieger.
Das Haus und die Tribünen sind schwach besetzt.
Präsident Dr. Frhr. v. Erssa eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 15 Min.
Eisenbahnetat.
Beim Titel„Sonstige persönliche Ausgaben“ bittet
Abg. Dr. v. Savignn(Zentr.) für die Pensionskasse der Eisenbahnhandwerker und Arbeiter wieder eine Erhöhung der Staatszuschüsse zur Kasse in Erwägung zu ziehen. Die Kassenmitglieder bitten auch, die dreitägige Karenzzeit fallen zu lassen, damit sie vom ersten Tage der Krankheit an die Krankengelder beziehen können. Weiter wünschen sie die Einfüh
rung der beschränkten freien Nerztewahl und eine Einwikung auf die von der Kasse beschäftigten Aerzte. Auf die Mitgliedschaft zu den Stusen der Pensionskassen hat auch die Zugehörigkeit des Arbeitsortes zu den einzelnen Teuerungsklassen Einfluß.
Beim Titel„Unterhaltung und Ergänzung der baulichen Anlagen“ liegt eine Petition vor, um gesonderte Aufführung der Eisen= und Holzschwellen im Etat.
Abg. Dr. Wendlandt(natl.) erörtert eingehend die Frage der Schwellen und spricht die Befürchtung aus, daß die Holzschwellen von den Eisenschwellen immer mehr zurückgedrängt würden. Bei der Auswahl müsse immer auch berücksichtigt werden, welche der beiden Schwellen aus dem Inlande, welche aus dem Auslande kämen.
Abg. Goebel(Zentr.) klagt über die Schäden, die der oberschlesischen Montanindustrie aus dem Wagenmangel der Eisenbahn entstehe. Es ist bisher oft vorgekommen, daß die Wagengestellung im Ruhrrevier prozentual höher gewesen ist als in Schlesien.
Unterstaatssekretär Stiege erwidert, die Eisenbahnverwaltung werde bestrebt sein, einen billigen Ausgleich zu schaffen.
Beim Kapitel„Ministerialabteilungen für das Eisenbahnwesen" bittet
Abg. Wallenborn(Zentr.) dafür zu sorgen, daß den Eisenbahnern und Straßenbahnern genügend Rrhetage gewährt würden, und daß speziell die
Sonntagsruhe besser eingehalten würde.
Unterstaatssekretär Stieger erklärt, daß die Regierung bemüht sei, im Sinne des Wunsches des Vorredners auf die Verwaltung hinzuwirken.
Abg. v. Kloeden(b. k. F.) klagt über die überhandnehmende Qualmertwicklung im Rheintal, infolge der beiden Zuglinien und der Schlepper, und regt an, ob man nicht die Bahnstrecken von Niederlahnstein bis Rüdesheim und von Koblenz bis Bingerbrück elektrisieren könne.
Der Titet wird bewilligt und das Ordinarium ist damit erledigt.
Bei den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben trägt aus dem Eisenbahndirektions. bezirk Cassel
Abg. Tuercke(kons.) Beschwerden über die Bahnhofsverhältnisse in Rotenburg vor, und bittet um Verbesserung, die vom Regierungsvertreter, sowelt wie angängig, zugesagt wird. Gleichfalls wohlwollende Prüfung wird dem Abg. Dr. Wendlandt(natl.) für den von ihm vorgebrachten Wunsch eines Bahnhofsumbaues in großem Stil in Eschwege.
Bei der Besprechung über den Direktionsbezirk Köln tritt
Abe. Busch(Zentr.) für den Umbau des Bahnhofs in Stotzheim bei Euskirchen und für die Errichtung einer Eisenbahnstation Großbül= lesheim ein. Weiter begründet Redner die Notwendigken eines völligen Umbaus der Bahnhofsanlagen und des Stationsgebäudes in Düren.
Abg. Underbera(Zentr.) bringt die Mißstände, welche sich durch die mangelhafte Entwässerung der Bahnunterführung in Kaldenkirchen herausgestellt haben und besonders am 6. und 7. Januar d. J. verkehrsstörend in die Erscheinung traten, zur Sprache, und bittet die von der Eisenbahndirektion und dem Minister zugesagte Beseitigung dieser Mängel möglichst zu beschleunigen und hierbei auf die Interessen der Landwirtschaft möglicht Rücksicht zu nehmen.
Die Abag. Goebel(Lentr.) und Richtarsky(Zentr.) bringen Wünsche für den Osten vor. Zum Direktionsbezirk Saarbrücken bittet Abg. Veltin(Zentr.), an der Moselbahn den Wegübergang statt durch eine Unterführung durch eine Ueberführung zu ersetzen.
Der Rest des Etats wird debattelos genehmigt. Dann gelangt das noch ausstehende Kavitel:
Höhere Lehranstalten aus dem Kultusctat zur Besorechung: in Verbindung damit werden mehrere Anträge beraten. Ein von allen bürgerlichen Parteien unterzeichneter Antraa Eickhoff verlangt die Bereidigung der Kandidaten des Höheren Schulamtes zu Be
gtun des staatlichen Vorbereitungsdienstes. Ein freisinniger Antrag bezweckt eine organische Verbindung der Lehrpläne der Volksschule und der höheren Lehranstalten und fernerhin die Aufhebung der bei den staatlichen höheren Lehranstalten noch bestehenden Vorschulen. Ein freikonservativer Antrag verlanot möglichste Beschleunitgung der Einführung des gemeinsamen Unterbaues der höheren Schulen namentlich in kleineren und mittleren Städten.
Abg. Viereck(freikons.) begründet den letzteren Antrag.
Nach den Ausführungen des Abg. Krüger (kons.) vertagt sich das Haus auf Montag 11 Uhr. Fortsetzung.
Deutsches Reich.
Das preußische Herrenhaus
wird etwa Mitte Mai zur Beratung des Etats, den das Abgeordnetenhaus bis dahin zu erledigen zu können glaubt, zusammentreten. Außer dem Etat hat das Herrenhaus noch einige kleinere Vorlagen zu erledigen, so daß damit zu rechist, daß seine Tagung bis in die Pfingstwoche hinein dauern wird.
Zur Erhöhung der Mannschaftslöhne.
Die Wehrvorlagen sehen bekanntlich eine Erhöhung der Mannschaftslöhne vor, die jedoch erst am 1. April 1913 in Kraft treten soll. Wie wir hören, wird das Zentrum bei der Beratung der Wehrvorlagen beantragen, daß die Löhnung schon vom 1. Oktober d. J. ab erhöht wird. Der Antrag wird zweifellos allgemeine Zustimmung im Reichstag finden.
Marokko.
Nach dem Aufruhr in Fes.
Tanger, 21 An; Vone Nachrichten aus Fes
besagen, daß die Lage ruhig stei Die französischen Truppen haben gegen tausend Gefangene gemacht; zahlreiche andere Meuterer sind in die Umgegend entflohen und haben sich in Häusern versteckt, die von Streiswachen durchsucht werden, während in der Nähe aufgestellte Posten die Flüchtlinge dann festnehmen sollen. Die Zahl der ermordeten französischen Zivilversonen beträgt wahrscheinlich acht; mehrere andere werden vermißt. Die Zahl der ermordeten Instrukteure wird auf fünfzehn angegeben. Angehörige einer andern Nation scheinen nicht umgesommen zu sein. Es bestätigt sich, daß die Aitjussi Sfru angegriffen haben; sie wurden aber von den scherifischen Truppen zurückgeschlagen.
Der italienisch-türkische
Die Antwort der Pforte an die Mächte.
Konstantinovel, 20. April. Der Entwurf der Antwort der Pforte auf die Vermittlung der Mächte ist vorbereitet und nird wahrscheinlich morgen im Ministerrat erörtert werden. Die Antwort ist ein langes Schliftstück mit einer rückschauenden Darlegung der tripolitanischen Frage, worin die versöhr iche Haltung de: Pforte gekennzeichnet und aus die Rechtswidrigkeit des italienischen Vorgehens hingewiesen wird. Die Pforte könne, so heißt es darin, auf ihre Würde nicht verzichten und könne nicht ihre tatsächliche und vollständige Souveränität über Tripolis aufgeben. Die Antwort stellt, ohne die türkischen Friedensbedingungen zu formulieren, eine entschiedene Zurüsweisung der italienschen Bedingungen dar.
Wie lauge bleiben die Dardauellen gesperri?
Konstantinopel, 21. upril. Die Dardanellen werden solange gesperrt bleiben, als die italienische Flotte im Archipel kreuzt. Wie die italienischen Blätter melden, dürsten die Schifffahrtsgesellschaften von Italien Entschädigung wegen der durch die italienische Aktion verursachten Verkehrseinstellung verlangen.
Wie verlautet, will die ru sische Regierung in Konstantinovel gegen die Schließung der Dordanellen Einspruch erheben, da sie den internationalen Bestimmungen widerspecche.
Weitere Operationen der italienischen Flotte.
Konstantinopel, 21. April. Den Blättern zufolge kreuzt die italienische Flotte fortgesetzt im Archipel, besonders in der Umgebung von Chios.
Konstantinopel, 21. April. Gestern erschien ein kleines Kriegsschifs im Hasen von Kalimarkt bei Adalia und feuerte zwei Schüsse ab, ohne Schaden anzurichten. Die Italiener haben das Kabel zwischen Rhodos und Makri durchschnitten.
Tscheschmeh, 2.. April. Zwei italienische Kriegsschiffe bombardierten jestern Alasaka bei Tscheschmeh, richteten aber unvedeutenden Schaden an; verwundet wurde niemand, auch die radiotelegraphische Station den Makri wurde von den Italienern bombardiert.
Der
Roman von L. Haidheim.
20)(Nachdruck verboten.)
In der Residenz entfaltete sich zu Beginn der Saison dieses Jahres das Gesellschaftsleben der höheren Kreise zu ungeahnter Blüte.
Der Zuzug mehrerer vornehmer Familien für dauernden Aufenthalt gab dazu wohl den ersten Anlaß, andererseits hatte die Katastrophe im Hause Fredel loh und die tiefe, anhaltende Verstimmung des Herzogs so schwer auf dessen Umgebung und den mit dem Hofe in Verbindung stehenden Kreisen gelastet, daß man jetzt erleichtert aufatmete, als man den Londesfürsten frisch und munter auf die Jagd gehen sah, wohin neuerdings der Amerikaner Fredelsloh ihn öfters begleitete.
Daß dieser die Gunst Sr. Hoheit, die Ulrih von Fredelsloh mehrfach erbittert zurückgewiesen, sozusagen geerbt, gab dem ersteren einen weite
ren Nimbus.
Walter von Frcdelsloh zeigte sich auch gegenüber den an ihn ergehenden zahlreichen Einladungen keineswegs abweisend. Und er gefiel allgemein sehr gut. In seinem tadellosen, eleganten Frackanzug sah er ungleich besser aus, als in seinen sonstigen Anzügen, und er ergählte selbst in heiterster Laune, daß einige deutsche Damen ihm klar gemacht, es genüge nicht, seine Garderobe beim teuersten Schneide; zu kaufen, man müsse auch in den Spiegel sehen und sich selbst mit dem Vorbild vergleichen, das man sich doch jedenfalls zur Nacheiferug genommen.
Die Namen dieser liebenswürdigen Lehrmeisterinnen nannte er niemals;— aber es wäre doch geradezu ein Armutszeugnis für die Residenzstädterinnen gewesen, wenn sie nicht bald
herausgebracht, daß Herr Walter von Fredelsloh viel im Heimwenderschen Hause verkehrt hatte,— und man hielt also Fräulein Heimwender für diese Lehrmeisterin.
Diese junge Dame war, ebenso wie ihr Bruder, in der Residenz noch nicht viel gesehen worden. Erst nach Weihnachten, als Bruder und Schwester in dem vornehmsten He.el für längere Zeit Quartier nahmen, sah man beide öfter auf der Straße oder in Gesellschaften.
Auch die Familie Hilgeroth, die zu den neu hinzugezogenen gehörte, machte viel von sich reden.—
Herr Hilgeroth hatte sich seit Jahren als einer der intelligentesten Industriellen seiner Provinz im Abgeordnetenhause hervorgetan. Sein stark ausgeprägtes Selbstbewußtsein schien ihm in der Universitätsstadt, di: er sich zuerst als Ruheaufenthalt gewählt, die Sympathien der Gelehrtenkreise wohl entfremdet und seinen Fähigkeiten auch nicht den Spielraum gestattet zu haben, den er für dieselben beenspruchte. Er erkannte, daß sein Reichtum diesen Leuten nicht asnügend imponierk, und ihm selber waren sie wirder zu anspruchslos;— ir solgedessen hatte er die ihm übertragenen Ehrenämter niedergelegt und war fortgezogen. In der Residenz und dem Gesellschaftsleben derselben ühlte er sich wohler.
Mon sagte scherzhaft von ihm: er besitze die schönste Villa, die schönste Tochter und die schönste Uhrkette— eine kaltfornische, von gediegenem Gold, die ihm prahlerisch über die Weste hing. Die intime Freundschaft zwischen den Geschwistern Heimwender und seiner Elfriede, die schnell bekannt wurde, hatte für den Vater der letzteren nur eine angenehme Seite.
Seine Effriede trat in der Gesellschaft sofort mit einem angesehenen Kavalier auf! Darauf war er ungemein stolz. Die Ansicht seiner etwas schüchternen und nicht gerade bebeutenden
Frau, Heimwender verrate in nichts ein wirkliches Interesse für Elfriede, galt ihm nicht viel: als dann der„Amerikaner“ seinen Besuch machte, da schwoll sein Herz vor Va'erstolz und sicherer Hoffnung auf eine glänzende Partie für seine Tochter.
Er hatte noch vier Söhne, die ihrem Vater Geld über Geld kosteten; um so angenehmer war es, wenn Elfriede nicht aus noch mit großen Anforderungen für ihre Zukunft kam.
Was gab es unter diesen Umständen in der Residenz nach den ersten Winterbällen zu erzählen! Das interessanteste war jedenfalls, daß die beiden Freundc, Heimwender und Baron Walter von Fredelsloh, unzertrennlich von den beiden jungen Mädchen waren!
Der Amerikaner tanzte nicht viel, höchstens Quadrillen und Francaisen, Heimwender dagegen war ein flotter Tänzer und jedenfalls der ansehnlichere von beiden.
Seit Jahren hatte man eine so lebhafte Geselligkeit nicht erlebt.
***
Wohl eine gute halbe Stunde von der Restdenz entfernt lag eine kleine, unansehnliche Fabrik am Eingans eines Dorfes, das wegen des Reichtums seiner Bauern bekannt war.
Die Bummelzüge der Eisenbahn hielten auf der kleinen Station abends und morgens; der Landweg führte zur Stadt in Form einer Chaussee, die sich nicht im besten Zustund befand.
Von idyllischer Schönheit des Dörschens Künau konnte keine Rede sein. Die wenigen, aber „reichen“ Höfe waren gut gehalten und die Besitzer waren stolz auf ihr vieles Geld.
Die kleine Fabrik waren ihnen, als sie noch eine bescheidene Färberei war, stets ein Dorn im Auge gewesen, jetzt hatten sie über eingesehen. daß sie nichts dagegen tun konnten, und die vier
oder fünf Herren, die darin arbeiteten, erschienen zuweilen im Krug und waren da so lustig und traten so schlicht auf, daß sie gerabezu eine Anziehungskraft bildeten und vie Großbauern noch öfter und lieber dahin kamen.
Nur einer kam selten mit: der junge Herr Direktor. Weil die Bauern natürlich dies und jenes von seiner Geschichte gehört hatten, so machte der Ernst. der fast sters auf seinem Aurlitz lag, sie auch zurückhaltend Traf es sich aber einmal, daß er länger mit dem einen oder anderen sprach, so sanden sieken Herrn Baron keineswegs stolz, sondern stets freundlich und einfach.
Der in Wien wohnende Besitzer der Fabrik forderte viel von seinen hiesigen jungen Beamten; sie räsonnierten zwar darüber, aber sie setzten ihrem jungen Direktor seinen Widerstand entgegen.
Ein tüchtiger, ehrenwertee Mann, der noch dazu das Herz auf dem rechten Fleck hat, findet ohne große Schwierigkeit die Eumpathien seiner Mitarbeiter. Darum ließ man es Ulrich von Fredelsloh nicht entgelten, daß er sich abends nicht mit in den Krug zum Vier setzte. Man achtete seine Sporsamkeit, galt sie doch der Unterstützung von Mutter und Schwester; man begriff seinen Ernst, ja seine zuweilen hervorbrechende Erbitterung, wußte man doch, an welch schwerer Herzenswunde er krankte, wie ein einziger Blitz aus blauem Himmel die Ehre, die Existenz und das Familienglück seiner Eltern rernichtet hatte.
Ulrich von Fredelsleh sprach nicht über seine persönsichen Erlebnisse. Aber von seinem umfassenden Wissen teilte er in lebhafter Unterhaltung mit, was man begehrte, und es war keiner seiner Beamien, der nicht rühmend anerkannte, daß man viel von ihm lernen könne.
Nur der Onkel in Wien sorderte mehr von Ulrich, immer noch mehr. Sein nach allen Seiten
hin das Neue erfessendes, ruhcloses S.reben verlangte er auch von seinem Nessen, nur ließ er die
sem die Bahn nicht frei, selbständig vorwärts zu schreiten.
„Hände und Füße bindet er mir!“ klagte Ulrich einmal gegen Irma. Diese tröstete ihn, so gut sie konnte. Zuweilen schrieb sie ihm Mitteilungen über Elfriede und Elli. Er las diese mit fast zornigem Interesse, antwortete aber nie darauf.
Ulrich war der Residenz so nahe— in gewisser Beziehung aber dennoch weltensern. Nur in ganz dringenden Fällen ging er selbst in die Stadt; doch nie suchte er dort Freunde und Bekannte auf; und wenn ihm solche begegneten, so wich er ihnen aus, um jede Unterhaltung zu vermeiden.
***
Endlich wollte es Frühlin: werden.
Nach langen Wochen angesirengter Arbeit und steten Kampfes mit sich selber, fühlte sich Ulri 5 ruhiger; statt des verbissen'n Grolls war fast unmerklich eine gerechtere und hoffnungsvollere Stimmung in sein Herz gezogen.
Das dankte er zum größte: Teil seiner Schwester, die ihm eine Tages geschrieben:
„Du wirst vielleicht auch gehört hoben, daß Elfriede sich mit unserem Stiefbruder verlob: hätte. Elli hat mir jedoch in Elfriedes Auftrage mitgeteilt, es sei kein Wort caron wahr.“
Dieser Brief hatte in Ulrichs Innern die Reaktion bewirkt und seit Empfang dieser Mitteilung Irmas beseelte ihn eine fast unbezwingliche Sehnsucht nach Elfriede. Wenn er sie nuc ein einziges Mal— und wenn auch nur von fern — hätte sehen können!
Plötzlich entdeckte er, daß er allerlei Einkäufe in der Stadt zu besorgen habe, die nur er selbst machen könne.
(Fortsetzung folgt.)